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Alternative Auftriebstheorie nach Newton


FO_DAIHQ

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Moin zusammen!

 

Ich habe im Internet durch "Zufall" ein interessantes Projekt gefunden, den "bionischen Flügel": http://www.science-skeptical.de/energieerzeugung/felix-schaller-der-bionische-fluegel/0010594/

 

Ihm zu Grunde liegt eine alternative Erklärung des Auftriebs nach Newton, die "Aerokinetik", wie sie der Verfasser dieser Seite nennt: http://www.flugtheorie.de/AUFTRIEB.HTM

 

Meiner Meinung nach klingt das deutlich logischer als die Wirbeltheorien usw., da auch eine Ursache betrachtet wird. Ich habe das Ganze allerdings nur überflogen, da ich eigentlich lernen muss :D

 

Dennoch würde mich eure Meinung dazu interessieren, wir haben ja wirklich sehr beschlagene Flugmechaniker und Aerodynamiker hier ;)

 

Eine Diskussion mit neuen Erkenntnissen wäre super (ausser, das Ganze entpuppt sich als totaler Quatsch :o )...

 

Einen schönen Abend noch!

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Na ja ...

 

in schöner Regelmäßigkeit erscheinen immer wieder diese "alternativen Theorien" zur Aerodynamik/Auftriebserzeugung, "Newton" ist nur eine davon, eine andere ist "Coanda-Effekt" - und alle gehen am Wesentlichen vorbei:

 

1. Newton gilt natürlich immer (z.B. Impulserhaltung, Kraft ist proportional zur Impulsänderung)

2. Der Coanda-Effekt ist bei kleinen Anstellwinkeln tatsächlich wirksam - siehe laminare/turbulente Grenzschicht.

3. Bernoulli gilt im abgeschlossenen System immer.

 

Es sind eben alle Effekte GEMEINSAM zu betrachten, wenn man den Auftrieb einigermaßen korrekt erklären will. Das ist mathematisch nicht ganz trivial, daher wird immer wieder versucht, eine "einfachere" Sicht unter die Leute zu bringen.

 

Es gibt da aber einen guten Realitätstest, der lautet:

Ist es möglich, mit so einem "genial neuen" Ansatz den Auftrieb an einem ganz konkreten Profil einigermaßen korrekt zu BERECHNEN bzw abzuschätzen, wie sich Änderungen an so einem Profil auswirken? Mit den konventionellen Ansätzen geht das, bei Joukowsky-Profilen braucht man nicht einmal einen Computer, wenn man fleißig genug ist. Für das superkritische Profl eines Verkehrsflugzeuges reichen Papier und Bleistift dann natürlich nicht mehr.

 

Und selbstverständlich: Ohne einen Windkanal kommt man so oder so nicht aus.

 

Zusammenfassend: Seit langer Zeit benötigt niemand mehr solche "genialen" Ansätze. Abgesehen von manchen Autoren, die sich trotz mangelndem Sachverstand mit sowas wichtig machen wollen (es muß dabei im Text auch regelmäßig mindestens ein Einstein-Zitat vorkommen, das nachweist, wie "genial" die neue "Theorie" ist).

 

Es gibt unten einen Beitrag von Ralf (Volume): "Aerodynamik und Flugmechanik", den ich für sehr lesenswert halte. Ich hoffe, daß da noch eine Fortsetzung für den Bereich kleiner Anstellwinkel folgt, der von einem einfachen Sinus/Cosinus-Gesetz abweicht - das ist ja eben der Bereich, in dem wir normalerweise fliegen. Ich habe ein paar Formeln, die man anführen könnte, die aber ohne ein wenig "höhere" Mathematik nicht auskommen und daher hier ziemlich nutzlos wären.

 

Gruß

Peter

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Die Abhandlungen von Kollege Apel strotzen derartig vor Fehlern und absolutem Unsinn, dass man dutzende von Seiten dazu schreiben müsste. Dazu ist mir die Zeit aber einfach zu kostbar, ich komme ja nichtmal dazu einfach nur mal die Basics von Aerodynamik und Flugmechanik hier vernünftig zu erläutern, schon ganz ohne auf diverse andere Aussagen reagieren zu müssen...

Wenn Herr Apel von "Wahrheit" spricht, dann gehört das in den Bereich von Philosophie und Religion. Der Naturwissenschaftler kennt keine Wahrheiten, nur Naturgesetze und Definitionen. Eine Theorie und Formeln die es erlauben, ein Phänomen zu beschreiben und zu berechnen genügen dem Naturwissenschaftler völlig. Er hat gar nicht den Anspruch eine "Wahrheit" zu finden. Er weiss, das Modelle und Theorien nicht vollkommen sind, aber solange sie ihren Zweck erfüllen, genügt ihm das völlig.

Und so kann so manche primitive Theorie völlig ausreichen, wenn sie erlaubt eine qualitative Aussage zu machen. Und um eine quantitative Aussage zu machen, ist es oft wichtiger dass eine Theorie zu einer beherrschbaren Formel führt (oder ein numerisches Lösungsverfahren erlaubt), als dass sie die absolute "Wahrheit" repräsentiert.

 

Newton ist keine "Alternative", Newton ist Grundlage jeder Kraft (und Auftrieb ist per Definition eine solche). Auch Bernoulli ist keine Theorie, sondern lediglich eine Form des Energiesatzes, und damit unbestrittenes Naturgesetz.

 

Wirbel sind unbestritten ein Modell, basierend auf einer einfachen Rechenmethode (sie lassen sich mit einer einfachen Formel beschreiben, mit Komplexen Zahlen sogar zweidimensional). Wirbel (wie in der Aerodynamik benutzt) sind keine "Wahrheit", denn in ihrem Kern herrschen unendliche Geschwindigkeiten (also viiiiiiiel schneller als Lichtgeschwindigkeit), und das kann bekanntlich nicht sein. Bei der Wirbeltheorie der Profilaerodynamik ist dazu in der Flügelnase auch noch ein unendlich starker Wirbel, dort herrschen also Geschwindigkeiten von "Undendich Quadrat" (genaugenommen Unendlich durch Null ;-). Natürlich kann das nie die "Wahrheit" sein, aber es erlaubt das hinreichend genau zu berechnen, was der Aerodynamiker braucht, und damit hat es in der Naturwissenschaft seine Berechtigung.

 

Wer die falschen Fragen stellt, wird nie richtige Antworten erhalten.

 

Gruß

Ralf

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Eine Theorie und Formeln die es erlauben, ein Phänomen zu beschreiben und zu berechnen genügen dem Naturwissenschaftler völlig. Er hat gar nicht den Anspruch eine "Wahrheit" zu finden.

 

Danke erst einmal für eure Beiträge. Das obere Zitat macht mich allerdings stutzig: Ist das Warum nicht gerade die Forschungsmotivation? Dem Ingenieur mögen ja Formeln reichen, aber dem Wissenschaftler?

 

Was mich verwundert: Diese Theorie nach Newton war mir vorher überhaupt nicht bekannt- auch im Studium wurde uns der Auftrieb wie üblich immer nur durch eine unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeit und damit einhergehend eine ungleiche Druckverteilung erklärt.

Das hat zumindest bei mir schon einige Fragen aufgeworfen, die Newton ganz gut beantworten kann. Ich frage mich, warum also die Potentialtheorie die offiziell vermittelte Theorie ist?

 

Das sich am Ende aus Newton Bernoulli ergibt, schliesst dann ja nur den Kreis...

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Ich frage mich, warum also die Potentialtheorie die offiziell vermittelte Theorie ist
Weil sie genauso richtig ist. Das Flugzeug fliegt, weil es Luft nach unten beschleunigt, was nach Newton eine Kraft erzeugt. Aber Luft beschleunigt ja nicht einfach so nach unten, Luft über dem Flügel wird von Unterdruck runter gesaugt, Luft unter dem Flügel wird von Überdruck nach unten gedrückt. Diese Drücke muss ich kennen, um die Beschleunigung berechnen zu können. Wenn ich die Druckverteilung aber bereits kenne, kann ich die Kraft auch daraus direkt bestimmen, ich brauche also nur zu wissen, dass Newton existiert, aber nicht wieviel Luft denn nun wie stark beschleunigt wird. Es erklärt den Auftrieb, aber es macht ihn nicht berechenbarer. Somit ist es keine sehr praktische Theorie. Aus der Potentialtheorie kann ich direkt Druckverteilungen entlang der Flügeloberfläche berechnen, und darus direkt den Auftrieb.

Wo Kollege Apel Recht hat, ist dass Wirbel (die Potentialtheorie) nicht Auslöser für Strömung sind. Können sie ja auch gar nicht, denn sonst müsste man ihnen Energie zuführen, mit der sie dann Strömungen erzeugen können. Kollege Apel irrt aber darin, dass sie die Folge von Strömungen sind. Wirbel sind ein Teil der Strömung, sie sind eine Darstellungsart für Strömung. Ich kann eine Strömung durch Stromlinien darstellen, durch Geschwindigkeitspfeile, oder aber durch Wirbel (praktisch Punkte die in ihrer Größe der Wirbelstärke entsprechen). Anschaulich ist diese Darstellung nicht, aber perfekt für Berechnungen.

Man kann es mit der Wetterkarte vergleichen, im Uhrzeigersinn drehende Wirbel stellen wir durch Hs dar, gegen den Uhrzeigersinn drehende Wirbel stellen wir durch Ts dar, je stärker desto größer. Die Wirbellinien nennen wir dann Isobaren. (meist sind die Wirbel nicht ideal rund, aber das könnte man durch Zerlegung in mehrere Wirbel noch verfeinern) Ob nun die Hochs und Tiefs den Wind machen, oder oder ob da Hochs und Tiefs sind weil der Wind in einer bestimmten Richtung bläst ist dem Meteorologen im Prinzip egal. Keines tritt für sich allein auf, beides kann nur zusammen existieren.

Und so gibt es Wirbel und Drücke am Flügel auch nur zusammen, wer davon Henne und wer Ei ist interessiert den Naturwissenschaftler überhaupt nicht. Hauptsache, er kann den Zustand beschreiben und berechnen.

 

Und wo Kollege Apel völlig auf dem Holzweg ist, ist sein toller neuer Begriff der Aerokinematik. Um mal Wikipedia zu bemühen:

Die Kinematik (altgriech. κίνημα kinema ‚Bewegung‘, von κινεῖν kinein ‚bewegen‘) ist die Lehre der Bewegung von Punkten und Körpern im Raum, beschrieben durch die Größen Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung, ohne die Ursachen der Bewegung (Kräfte) zu betrachten. Die Bewegung ist im Allgemeinen durch Zwangsbedingungen, z. B. die konstante Fadenlänge bei einem Pendel, eingeschränkt. Durch solche kinematischen Bindungen reduziert sich die Anzahl der Freiheitsgrade eines Körpers.

 

Die Bewegung von Körpern unter Einwirkung von Kräften ist Gegenstand der Dynamik. Kinematik und Dynamik sind Teilgebiete der Mechanik.

Newton und Kinematik im selben Zusammenhang zu nennen ist Quatsch. Newton ist Beschleunigung, und Beschleunigung ist Dynamik.

 

Was bei Apel perfekt ist, ist die Animation der zwei vom Flugzeug erwischten Luftteilchen:

BILD1.GIF

Hier sieht man nämlich perfekt was manche bestreiten, zwei Luftteilchen die dereinst mal nebeneinder lagen, werden auch weit hinter dem Flügel wieder nebeneinder parallel zueinander fliegen, wenn eins davon über und eins unter dem Profil durchgeflutscht ist. Was natürlich nicht gilt, ist dass Luftmoleküle die an der Nasenleiste getrennt werden, an der Endleiste auch wieder nebeneinander liegen werden. Denn das ignoriert all das, was kurz vor und hinter dem Flügel passiert. Um den vollen Auftrieb zu erklären, muss man den vollen Einflussbereich des Flügels betrachten.

Die meisten Versuche, Bernoulli zu widerlegen starten damit, das unsinnige Stromlinien vordefiniert werden, und dann gezeigt wird, dass man so keinen Auftrieb erzeugen kann...

 

Gruß

Ralf

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Danke erst einmal für eure Beiträge. Das obere Zitat macht mich allerdings stutzig: Ist das Warum nicht gerade die Forschungsmotivation? Dem Ingenieur mögen ja Formeln reichen, aber dem Wissenschaftler?

 

Hallo,

 

 

die Frage nach dem Warum könnte man, ohne echten Zugewinn, ewig weitertreiben. Deshalb stehen am Anfang jeder naturwissenschaftlichen Theorie sog. Postulate oder Axiome, die nicht weiter begründet werden.

 

Diese Postulate sind seit längerem nicht mehr auf Anschaulichkeit gezüchtet, sondern so, dass mit möglichst wenigen davon möglichst viel abgeleitet werden kann.

 

Ob Naturwissenschaftler nach Wahrheit suchen, ist natürlich auch eine Definitionsfrage. Ich persönlich verwende diese Definition von Wahrheit:

 

Die Wahrheit ist dasjenige Modell der Wirklichkeit, das die besten Zukunftsvorhersagen gestattet.

 

Auf die Art darf ich weiter nach der Wahrheit suchen. ;)

 

Grüsse, Frank

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Weil sie genauso richtig ist.

 

Das bestreite ich auch nicht-offensichtlich liefert sie ja ganz brauchbare Resulate ;) Dennoch komisch, das Newton meist weggelassen wird.

 

Danke jedenfalls für deine lehrreichen Ausführungen (wieder einmal)! Das Projekt bionischer Flügel klingt für mich sehr interessant, gerade, weil es so einfach scheint. Schade, dass dir die Zeit fehlt, detailliert zu den (falschen) Darstellungen von dem Herrn Apel zu antworten, einige Passagen wären es wohl wert...

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Das Projekt bionischer Flügel klingt für mich sehr interessant, gerade, weil es so einfach scheint.
Wenn in der Aerodynamik etwas einfach scheint, hat man meist etwas wichtiges übersehen :D
Die Regel unter konventionellen Flugzeugbauern gilt auch noch heute: je glatter desto besser. Bei Konstruktionsvergleichen hat man festgestellt, dass Turbulent umströmte Profile teilweise doppelt so hohem Grenzschichtwiderstand ausgesetzt sind wie Laminarprofile [15]. Dennoch verwundert es vorerst aus dieser Erkenntnis heraus, dass kein Tier in der Natur ein Laminarprofil oder eine glatte Oberfläche hat. Paradoxerweise entwickelt jedes Tier eine andere Strategie, um genau den Zustand einer laminaren Grenzschicht zu umgehen.
Die Turbulent umströmte ebene Platte kann bei im Flugzeugbau üblichen Reynoldszahlen im Millionenbereich durchaus 4-10 mal so hoch sein, und selbst komplette Profile können 2-5 mal so viel Widerstand machen.

Wenn man sich viele unserer Verkehrsflugzeuge (bevorzugt jene westlich des großen Teichs konstruierten ;-) anguckt, dann wird man am Flügel ebenfalls viele Elemente finden, die die ungestörte laminare Strömung auf dem Flügel aktiv vermeiden. Vortex Generatoren machen jede laminare Strömung kaputt, trotzdem helfen sie in vielen Bereichen weiter. Denn noch schlimmer als turbulente Strömung, ist abgelöste.

Von Tieren die bei Reynoldszahlen im Tausenderbereich fliegen zu lernen wie man bei Reynoldzahlen im Millionenbereich fliegt, ist eine ziemlich dämliche Idee. Das wäre genauso, wie von Modellfliegern lernen zu wollen, welche Profile am besten auf einem A380 funktionieren.

Kollege Apel versucht auch einen Universalansatz von der Mücke bis zum Space Shuttle, das ist völliger Unsinn. Aerodynamik bei Reynoldszahlen von 500 und bei Machzahlen von 20 ist etwa so vergleichbar, wie die Statik von Blütenblättern und 800m Hochhäusern, oder die Hydrostatik eines Wasserläufers mit einem Containerfrachter. Gerade in letzter Zeit (Stichwort Nannotechnologie) haben wir gelernt, wie sehr größenabhängig unsere Physik ist.

Wir können sicher noch etwas von unseren fliegenden Mitbewohnern des Planeten lernen, aber wir werden wenig 1:1 übernehmen können.

 

Gruß

Ralf

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Flo, es ist ja garnicht abwegig, nach den "tieferen Erklärungen" zu suchen. Die führen aber in der Praxis auf Gleichungssysteme, die mit vernünftigem Aufwand nicht einmal auf Großrechnern lösbar wären. Ich habe jetzt (zur Abschreckung? :009: ) doch mal ein Bild von einer Seite eines Skripts gemacht, das ich vor Jahren einmal (für interessierte "Anfangssemester") zu diesem Thema angefertigt habe.

 

Man geht von einem infinitesimalen Volumen im Strömungsfeld aus, mit der Masse Delta-m und einer lokalen Geschwindigkeit v. Um die Bahn dieses Volumenelements zu krümmen, benötigt man eine infinitesimale Druckdifferenz. Dann wendet man Newton an ("Kraft ist Masse mal Beschleunigung" und die Formel für die Zentralkraft, die auf das infinitesimale Raumvolumen auf seiner gekrümmten Bahn einwirkt). Nach ein wenig Umordnung kommt dann ein Ergebnis heraus, das ganz unten steht:

 

seewhyvbsev.jpg

 

Du erkennst an der Ergebnisgleichung z.B. sofort, warum es die "Kutta-Bedingung" gibt: Bei unendlich kleinem Krümmungsradius wäre der Druckgradient unendlich - geht nicht.

 

Was ist aber nun gewonnen? Der nächste Schritt wäre die Berechnung der lokalen Strömungsgeschwindigkeit v mit der Beziehung von Bernoulli. Damit bekommst Du dann eine Differentialgleichung, für die Du aber erstmal keine Anfangsbedinungen hast. Für das gesamte (eigentlich unendlich große!) Strömungsfeld wird das ein dreidimensionales Randwertproblem, das jedem Ingenieur die Tränen in die Augen treibt und in der Praxis völlig unbrauchbar ist.

 

Deshalb benutzt man eben verschiedene sinnvolle(!) Vereinfachungen, die das Problem lösbar machen. Untersucht man diese Vereinfachungen, so wird man darin natürlich einige "Fehler" finden, z.B. unendliche Geschwindigkeiten in einem Wirbelzentrum. Solche kritische Bereiche untersucht man dann - da ohnehin weitgehend irrelevant - eben nicht.

 

Schlußendlich: Auftriebserzeugung (Erzeugung von Druckgradienten) ist ganz einfach, Du mußt nur - wie auch immer - eine Strömung krümmen, zum Beispiel mit einem Brett, das Du schräg in eine Luftströmung hältst. Das reicht für ein grundsätzliches Verständnis völlig aus, aber leider reicht so ein Grundverständnis eben nicht aus, um konkrete Tragflächenprofile usw zu berechnen. Glaub' es oder nicht: Es gibt ja (noch) nicht einmal eine geschlossene mathematische Theorie der Differentialgleichungen. Da der Ingenieur aber nicht warten kann, bis die Mathematiker soetwas irgendwann vielleicht finden, muß er sich mit Vereinfachungen (Potentialtheorie, Wirbeltheorie usw) begnügen.

 

Es gibt da eine Anekdote über den "Papst der Strömungslehre", Ludwig Prandtl: Gefragt, was er sich wünsche, wenn er in den Himmel käme, antwortete er: Ich möchte dann zwei Dinge verstehen: Die Quantenmechanik und die Strömungsphysik. :005:

 

Viele Grüße

Peter

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Du erkennst an der Ergebnisgleichung z.B. sofort, warum es die "Kutta-Bedingung" gibt: Bei unendlich kleinem Krümmungsradius wäre der Druckgradient unendlich - geht nicht.
Wobei man daraus zwei mögliche Schlüsse ziehen kann:

- An der Endleiste muss ein zweiter Staupunkt existieren

(eine auf Null abgebremste Strömung kann in eine beliebige Richtung wieder beschleunigen, "Knicke" in der Stromlinie sind so möglich)

- Die Strömung muss parallel zur Endleiste abströmen

Traditionell wählt man den ersten Ansatz, der mathematisch wesentlich einfacher zu bewerkstelligen ist, richtiger ist wohl der zweite...

In der Praxis tritt das Problem nicht auf, da es im Bereich der Endleiste immer eine Grenzschicht endlicher Dicke gibt (mindestens in der Größenordnung realistischisch herstellbarer Endleistendicken), die für die nötige Ausrundung sorgt. In der Theorie muss man wieder mal eine Modellvorstellung verwenden, von der man genau weiss, dass sie mit der "Wahrheit" nichts zu tun hat. Im Vergleich mit der Praxis kann man den Unterschied bei der Berechnung des Auftriebs als in der Größenordnung der Messgenauigkeit vernachlässigen. Zur Berechnung der Grenzschicht auf den hinteren 10% des Profils und für die Berechnung des Momenten- und Rudermomentenbeiwerts ist der Fehler bereits in einer Größenordnung die problematisch ist.

Einige moderne Rechenverfahren beziehen den Nachlauf daher in die Berechnung ein, d.h. bei der Berechnung der Geschwindigkeiten wird eine virtuelle Endleiste ein Stück hinter dem Profil angenommen. Das entspricht dann der zweiten oben erwähnten Annahme an der realen, und der ersten oben erwähnten Annahme an einer virtuellen Endleiste.

 

Man kann sich kaum vorstellen, wie wichtig das Bisschen Endleiste in der Praxis ist. Dies in der Berechnung abzubilden ist eine echte Kunst. Endleistendicke und der Radius der Endleistenkanten hat einen extremen Einfluss auf Widerstand und Rudermoment, das geht soweit, dass man es im Flug sogar fühlen kann. Fliegt man (zufällig) genau in dem Bereich, in dem an der Endleiste keine Druckdifferenz besteht (das Ruder praktisch Lastfrei im Wind hängt), dann kann man eine deutliche Hysterese fühlen. Das ist in ganz klein der selbe Effekt, wie man ihn am Auto am Heck hat, da macht der Radius an der Kofferraumklappe bzw. ein ganz kleiner Spoiler einen enormen Unterschied in der Fahrstabilität bei hoher Geschwindigkeit aus. (siehe z.B. Audi TT, erste Generation) Der Microwirbel hinter der Endleiste beeinflusst das ganze Ruder. Bei Großflugzeugen kann sowas zu Flatterproblemen führen.

 

Gruß

Ralf

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Wow, sogar ich als Physikmuffel (jeder Lehrer ist an mir gescheitert :009:) lese hier interessiert mit. Tolle Beiträge, die das Ganze auch noch relativ verständlich darstellen.

Danke!

 

Um mal von der Physik weg zu kommen :D

Die Idee Vogelflügel für die Luftfahrt zu kopieren gibt es ja schon lange. Neben all den physikalischen Eigenschaften die benötigt werden:

Die Konstruktion eines Flügels der bei einem grossen Flugzeug hunderte Elemente an einem dazu noch beweglichen Holm befestigt werden müssten dürfte ziemlich schwierig werden.

Und was man zusätzlich nicht vergessen darf. Ein Vogel kann mit seiner Federkonstruktion den Flügel jederzeit passend in den Wind oder die Strömung stellen. Sein Gehirn und seine Muskeln machen das möglich. So vermeidet der Vogel jederzeit einen Strömungsabriss.

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Wobei man daraus zwei mögliche Schlüsse ziehen kann:

 

Es gibt noch einen dritten moeglichen Schluss - und der ist durchaus auch richtig:

Bei sehr kleine Kruemmungsradien (z.B. In den Wirbelzentren) ist die Inkompressibilitaetsannahme nicht mehr haltbar (bzw. der Fehler den man durch annahme eines inkompressiblen Mediums macht ist nicht mehr vernachlaessigbar).

 

Damit ist die Erklaerung fuer den scheinbaren Fehler, dass der Druckgradient unendlich hoch sein muesste auch relativ unspektakulaer: Es gibt in der Wirklichkeit keine inkompressiblen Fluide.

 

Florian

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Die Vögel vermeiden nicht den Strömungsabriss, sie managen ihn.

Rein leistungsmäßig sind Vogelflügel uns unterlegen, wo sie groß punkten ist im Bereich der Steuerung. Dazu gehört auch das stabile fliegen mit abgerissener Strömung. Guck dir mal die Punktlandung eines Storchs im Horst an, da stehen alle Federn auf der Oberseite der Flügel hoch. Die Kunst ist, diesen instabilen Zustand künstlich so zu stabilisieren, dass er den Flugweg perfekt wie geplant hinbekommt, selbst bei böigem Wind. Das geht natürlich nicht allein mit Bewegungen der Schwanzflosse, dazu muss man den ganzen Körper einsetzen und aerodynamisch und mit Gewichtskraft steuern. Derartig schnelle Korrekturen gehen nur bei kleinen, leichten Fluggeräten. Mit steigender Masse und Größe werden die Kräfte enorm, die es bräuchte den Schwerpunkt gegenüber dem Druckpunkt zu bewegen. Nicht umsonst kann der Albatros keine Punktlandung auf dem Horst machen...

 

Die Technik ist aus der Natur inspiriert und an das Flugprinzip der Vögel angelehnt, welchen es nach wie vor spielend gelingt, sich wesentlich effizienter durch die Luft zu bewegen als jedes moderne Flugzeug.
Das ist eine gewagte Behauptung. Wie ist das Nutzlast-Leergewicht Verhältnis eines Vogels? Ein Singvogel kann einen Wurm transportieren, ein Seeadler einen ganzen Lachs oder ein Bergadler ein ganzes Murmeltier (allerdings nicht sehr weit...). Ein Flugzeug, das gerade mal sich selbst tragen könnte würden wir nie als effizient bezeichnen. Ein 450kg Segelflugzeug kann 220kg Piloten tragen, und damit sogar steigen. Da kommt der Seeadler wohl nur mit äußerster Mühe dran, der kann froh sein den Lachs bis zum Seeufer tragen zu können, in der Thermik damit noch zu steigen dürfte ihm schwerlich gelingen.

 

Im Falle eines Strömungsabrisses können sich die einzelnen Elemente zusätzlich voneinander abheben. Die dabei Aufgestellten Elemente bilden eine Rückstrombarriere gegen den Strömungsumschlag. Dieser kann so daran gehindert werden in die Auftriebsrelevanten Unterdruckbereiche vorzudringen.

Das Thema Rückströmklappe wurde bereits in den frühen 80ern in Aachen behandelt und in Freiflugversuchen erforscht. In 2000 hat bei der DLR jemand das ganze nochmal dupliziert und mit Rechnungen und Windkanalversuchen untermauert. Die Frage ist nur, wozu man das eigentlich wirklich braucht, wenn man eigentlich nie in der Nähe des Strömungsabrisses rumfliegen möchte. Denn wirtschaftlich ist es nicht, so zu fliegen. Der effizienteste Flugbereich (= bestes Gleiten) liegt immer ein gutes Stück davon entfernt.

 

Gruß

Ralf

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Was bei Apel perfekt ist, ist die Animation der zwei vom Flugzeug erwischten Luftteilchen:

Hier sieht man nämlich perfekt was manche bestreiten, zwei Luftteilchen die dereinst mal nebeneinder lagen, werden auch weit hinter dem Flügel wieder nebeneinder parallel zueinander fliegen, wenn eins davon über und eins unter dem Profil durchgeflutscht ist.

 

Zwei Fragen/Amerkungen hierzu:

1. Hast Du mir irgendwo eine Herleitung dieser Aussage. Ich hab das nirgendwo bewiesen gesehen (und interessiere mich nich mehr fuer die Methodik dieses Beweises, anstatt fuer die eigentliche Aussage, da man ja irgendwelche Stetigkeitsaussagen ueber lange Zeitraeume machen muss...)?

2. Ich waere vorsichtig damit, irgendwas als "perfekt" zu beschreiben, das auf Basis einer falschen Theorie zufaellig zu einer richtigen Aussage kommt. Was Apel naemlich mit keinem Wort erwaehnt ist, warum diese Luftvolumina vor dem Durchgang der Tragflaeche nach oben gesogen werden (was nach seiner Theorie ja einen Abtrieb am Fluegel erzeugen muesste).

 

Florian

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Da kommt der Seeadler wohl nur mit äußerster Mühe dran, der kann froh sein den Lachs bis zum Seeufer tragen zu können, in der Thermik damit noch zu steigen dürfte ihm schwerlich gelingen.

 

Dem Segelflugzeug auch nicht, wenn du den Piloten aussen dran hängst...

Der Seeadler, der nen Lachs gefressen hat, wird wohl auch noch fliegen können...

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Hast Du mir irgendwo eine Herleitung dieser Aussage.
Eine mathematisch geschlossene Herleitung ist nicht möglich. Man kann es im Einzelfall durch aufwändige Rechnung zeigen, aber ein allgemeingültiger Beweis ist das nicht.

Es ist halt das Ausgangstheorem, mit dem die ganze Weglängentheorie (von manchen als Bernoulli bezeichnet) begründet wird. Die Vertreter der Wirbeltheorie führen nun an, das die Weglängentheorie Unsinn ist, da sich (durch Rechnung oder mit Rauch im Windkanal) zeigen lässt, das zwei an der Nasenleiste nebenanderliegende Moleküle an der Endleiste eben nicht nebeneinder liegen. Das ist aber bereits eine Verdrehung der Ausgangsaussage, denn diese gilt nur über den gesamten Einflussbereich des Profils, also praktisch nur vom unendlich vor bis unendlich hinter dem Flügel, praktisch gesehen von 2-3 Profiltiefen bis 6-10 Profiltiefen hinter dem Flügel. Dann stimmt die Aussage nämlich auch. Und in der (deshalb von mir so gelobten) Darstellung mit ruhender Luft und bewegtem Flügel kann man das perfekt sehen.

 

Was Apel naemlich mit keinem Wort erwaehnt ist, warum diese Luftvolumina vor dem Durchgang der Tragflaeche nach oben gesogen werden (was nach seiner Theorie ja einen Abtrieb am Fluegel erzeugen muesste).

Ein Abtrieb vor dem, oder meinetwegen auch vorne am Flügel. zusammen mit dem deutlich stärkeren Auftrieb auf und hinter dem Flügel gibt das in Summe immer noch Auftrieb, aber gepart mit einem kopflastigen Moment. Ich hätte deutlich größere Probleme wenn dieses Moment bei der Apel´schen Theorie nicht auftreten würde...

 

Gruß

Ralf

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Flo, es ist ja garnicht abwegig, nach den "tieferen Erklärungen" zu suchen.

 

Danke, Peter, für den Beitrag. Das Problem ist ja eigentlich nur "Nebenkriegsschauplatz" und eher eine phylosophische Frage. Ich bin mir aber sicher, dass vielen Forschern nicht nur eine Formel reicht. Eine allumfassende Erklärung wäre für sie mit Sicherheit noch um einiges befriedigender :D Das diese sehr schwer zu bekommen ist (wenn überhaupt möglich), ist allerdings auch klar...

 

Danke auch für die mathematische Beleuchtung der Auftriebserzeugung. Es ist schon interessant, wie schnell eine doch eigentlich einfache Berechnung komplex werden kann und auch widersprüchlich. Das es keine geschlossene Differentialgleichungstheorie gibt, wusste ich nicht. Wundert mich aber auch nicht, man kann sich ja in der Mathematik auch schnell mal verlieren...

 

Wenn in der Aerodynamik etwas einfach scheint, hat man meist etwas wichtiges übersehen [/Quote]

Ok, ich muss zugeben, ich habe diesen Thread etwas blauäugig eröffnet und im dritten Semester auch noch wenig Praxis und Ahnung im Vgl. zu euch. Ich hab aber dank euch wieder sehr viel gelernt und ich finde es nach wie vor komisch, dass wir auf Newton nie eingegangen sind bisher.

 

Was ich konkret bei dem bionischen Flügel verpennt habe, ist die Effizienz. Ich kenne ja die Polaren überhaupt nicht und das Ganze auf ein grösseres Flugzeug übertragen, muss natürlich auch nicht funktionieren :004: Ich werde diese Denkweise jedenfalls als kritisches Hinterfragen in Zukunft anwenden, aus Fehlern lernt man ja :D

 

Zu Florians Anmerkung: Die Antwort steht in dem Artikel über den bionischen Flügel. Die auf die Flügeloberfläche gesogene Luft verursacht eine Gegenkraft in Auftriebsrichtung:

"So in etwa versucht die Skipping-Stone Theorie Auftrieb zu erklären. Leider ist es nur so, dass die Oberseite etwa 2/3 der am Auftrieb beteiligten Kraft liefert. Wie entsteht also auf der oberen Tragflächenseite die Anhaftung und damit die Ablenkung der Partikel entlang der Krümmung nach unten? Wie bereits erwähnt: Fluide existieren nur unter Druckbedingungen. Entsteht wie bei unserem Sandmodell eine Lücke im Windschatten des Körpers würde dort ein Vakuum vorliegen. Bei Luft würde atmosphärischer Druck mangels Gegenkraft aus dem Vakuum deshalb diese wieder zurück an die Oberfläche beschleunigen wollen.

 

Allerdings verlangt die träge Luftmasse gemäß dem 2. newtonschen Axiom eine Gegenkraft zur Richtungsänderung. Diese benötigte Kraft zur Beschleunigung fehlt der Luft nun an dieser Stelle, was die Ursache für den Unterdruck ist. Der relative Überdruck der Unterseite und der resultierende relative Unterdruck der Oberseite ergeben zusammen die resultierende Kraft für den Auftrieb. Manch einer mag nun einwenden, dass dies dem Strömungsgesetz von Bernoulli widersprechen würde. Das Strömungsgesetz, quasi der Energieerhaltungssatz der Strömungsdynamik, fordert hier ein Gleichgewicht von Druck zu Geschwindigkeit. Für die Modellierung von Auftrieb an konventionellen Tragflächen bei überwiegend stationärer Strömung mag diese Methode auch ausreichend sein. Für die modellierung an dynamischen Oberflächen sowie instationärer Strömung eignet sich die newtonsche Metode meiner Ansicht nach besser."

 

Auch, wenn der Schwerpunkt unseres Studiums sicher nicht bei der Entwicklung und Erforschung von Tragflächen liegt, ist das Ganze wirklich ein sehr faszinierendes Thema. Durch die Komplexität sind sicherlich auch weiterhin interessante Verbesserungen möglich.

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2. Ich waere vorsichtig damit, irgendwas als "perfekt" zu beschreiben, das auf Basis einer falschen Theorie zufaellig zu einer richtigen Aussage kommt. Was Apel naemlich mit keinem Wort erwaehnt ist, warum diese Luftvolumina vor dem Durchgang der Tragflaeche nach oben gesogen werden (was nach seiner Theorie ja einen Abtrieb am Fluegel erzeugen muesste).

 

Ich denke, dass an dieser Stelle auch tatsächlich ein Abtrieb entsteht, aber etwas weiter folgen die Luftteilchen einer entgegensetzt gekrümmten Bahn. Um einen Auftrieb zu bekommen, muss die Summe aller unterschiedlich gerichteten Druckgradienten dazu führen, dass ein Abwind entsteht.

 

Gruß!

 

Hans

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Ich denke, dass an dieser Stelle auch tatsächlich ein Abtrieb entsteht, aber etwas weiter folgen die Luftteilchen einer entgegensetzt gekrümmten Bahn. Um einen Auftrieb zu bekommen, muss die Summe aller unterschiedlich gerichteten Druckgradienten dazu führen, dass ein Abwind entsteht.

 

Gruß!

 

Hans

 

Hallo Hans,

 

m.E. muss die Summe aller Druckgradienten Null ergeben, und auch die Summe aller Winde, gleich ob Abwind, Aufwind oder Seitenwind, muss auch Null sein. Das ergibt sich daraus, dass Luft nirgends entsteht oder verschwindet.

 

Der Aufwind vor dem Flügel ist für mich eine Reaktion genau auf diese Nullsummenbedingungen.

 

Grüsse, Frank

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Hallo Frank,

 

ich kann nicht erkennen, wie bei einer Summe aller Druckgradienten gleich Null der Abwind hinter der Tragfläche entstehen kann. Das steht nach meinem Ermessen im Widerspruch zum 2. Axiom von Newton.

 

Gruß!

 

Hans

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Das liegt wahrscheinlich an unterschiedlicher Auslegung des Begriffs Summe aller Druckgradienten.

 

Ich dachte dabei an ein Integral über beliebige geschlossene Wege. Da es zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort genau einen Druck gibt, muss die Summe über alle Änderungen auf einem geschlossenen Weg Null sein.

 

Grüsse, Frank

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Ich denke, dass an dieser Stelle auch tatsächlich ein Abtrieb entsteht
Überall, wo ich Luft nach oben beschleunige "entsteht" Abtrieb. Vor dem Flügel, ganz besonders aber ausserhalb der Randwirbel. Man könnte es auch so formulieren: Die Auftriebserzeugung gering gestreckter Flügel ist deshalb geringer, weil das Verhältnis von auf dem Flügel nach unten beschleunigter zu ausserhalb der Randwirbel nach oben beschleunigter Luft so schlecht ist.

 

Das liegt wahrscheinlich an unterschiedlicher Auslegung des Begriffs Summe aller Druckgradienten.
Wie kann man denn Gradienten Summieren? Im ersten Augenblick dachte ich, du sprichts vom d´Alambert´schen Paradoxon, das die Summe aller Druckkräfte auf einen Körper in Strömungsrichtung Null ist.
Das d’Alembertsche Paradoxon ist eine Aussage in der Strömungsmechanik, die sich aus dem Energieerhaltungssatz herleiten lässt (s.u.). Das Paradoxon wurde erstmals 1752 von Jean Baptiste le Rond d’Alembert formuliert.

Es besagt, dass ein beliebig geformter, undurchlässiger Körper in einer unbegrenzten, reibungslosen und stationären Parallelanströmung keinen Widerstand erfährt, also keine Kraft in Richtung der Strömung, wenn die Voraussetzung erfüllt ist, dass die durch den Körper bewirkte Störung der Strömung in großer Entfernung vom Körper abklingt.

(Wikipedia)

Du sprichst hier von "Summe über alle Änderungen auf einem geschlossenen Weg", was beim Flügel aber relevant ist (solange man nicht exakt einmal um die Welt fliegt ;-) ist die Summe der Änderungen entlang einer Stromlinie, vom Unendlichen vorne bis ins Unendliche hinten, nicht auf einer geschlossenen Bahn. Und da ist die Summe der Druckgradienten nicht Null, und deshalb hat die Luft weit hinter dem Flügel auch eine andere Strömungsrichtung als weit vor dem Flügel.

 

Ich finde es interessant, das bei aller Theorie niemand den Impulssatz für strömende Medien hier bemühlt, denn das ist der entscheidende für die Strömungsmechanik. Auftrieb ist im Prinzip nichts anderes, als eine Kraft auf einen Rohrkrümmer. Ich ändere (vom Pilotensitz als ruhender Betrachter gesehen) die Richtung eines strömen Mediums, damit dessen Impuls in zwei Komponenten (in Flugbahnrichtung und senkrecht dazu), und damit erfahre ich eine Kraft.

Das Problem bei all diesen Betrachtungen ist die Definition der Bilanzhülle.

Es ist viel simpler, eine Druckbetrachtung entlang der Oberfläche eines Flügels zu machen, denn dort habe ich unbestrittene Grenzen, entlang derer ich vollständige, geschlossene Integrale formulieren kann. Dazu stellt die Profiloberfläche auch noch eine Stromlinie dar, ich kann dort also mit dem Wissen integrieren, dass entlang dieser der Energiesatz gilt. Ein Integral über die gesamte vom Flugzeug beeinflusste Luftmasse ist kaum praktikabel zu definieren. Entlang eine beliebigen Linie im Strömungsfeld kann ich nichts vereinfachen. Ein Strömungsfeld entlang von Stromlinien zu integrieren setzt die vollständige Kenntniss davon voraus, theoretisch möglich aber vom Aufwand her enorm, und garantiert nicht mathematisch geschlossen zu lösen.

 

Auftrieb zu erklären und Auftrieb zu berechnen gelingt nicht mit den gleichen Theorien gleich gut. Der Pilot will in der Regel nicht den Auftrieb berechnen, sondern lediglich dessen qualitative Änderung verstehen.

 

Gruß

Ralf

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Ich finde es interessant, das bei aller Theorie niemand den Impulssatz für strömende Medien hier bemühlt, denn das ist der entscheidende für die Strömungsmechanik. Auftrieb ist im Prinzip nichts anderes, als eine Kraft auf einen Rohrkrümmer. Ich ändere (vom Pilotensitz als ruhender Betrachter gesehen) die Richtung eines strömen Mediums, damit dessen Impuls in zwei Komponenten (in Flugbahnrichtung und senkrecht dazu), und damit erfahre ich eine Kraft.

 

Auftrieb ist im Prinzip nichts anderes als eine Kraft auf einen Rohrkrümmer?

 

Da lohnte es sich für mich einmal nachzurechen:

 

Einen waagerechten gerichteten Strömungsfaden (Luftdichte rho, Geschwindigkeit v, Dicke dy , Breite dx) soll auf eine Kreisbahn (Radiusvektor R) um einem geringen Winkel (20°) nach unten gedrückt werden.

Während sich die Masseelemente dm des Strömungsfadens auf der Kreisbahn befinden entstehen die Zentrifugalkräfte dFz:

 

dFz = dm*v^2/R (1)

 

Nach einigen Berechnungen kam ich zu diesem Ergebnis:

Die Summe aller nach oben gerichteten Anteile aller dFz, jetzt mal als Auftrieb bezeichnet, ist gleich dem Massedurchsatz des Strömungsfadens * dem senkrecht nach unten gerichteten Anteil des Abwindes.

 

Jetzt fehlt noch der Zusammenhang zum Druckgradienten. Dazu stelle ich mir dm als einen kleinen Würfel vor.

dm = rho * dx*dx * dy (2)

das in (1) eingesetzt und algebraisch umgeformt ergibt:

 

(dFz/dx * dx)/dy = rho * v^2/R, was der vom Peter H angegeben Gleichung für den

Druckgradieneten dp/dy = rho * v^2/R entspricht.

 

Offen ist für mich noch die Frage, welche Bedeutung die waagerechten Anteile aller dFz haben?

Stehen diese vielleicht für einen induzierten Widerstand?

 

Gruß!

 

Hans

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Während sich die Masseelemente dm des Strömungsfadens auf der Kreisbahn befinden entstehen die Zentrifugalkräfte dFz:
Mach es dir doch nicht so schwer. Wie unser Altkanzler schon so richtig gesagt hat: entscheidend ist, was hinten rauskommt. (und was vorne rein geht). Alles dazwischen macht nur ein Moment, aber keine resultierende Kraft. Du brauchst blos Massenstrom mal Geschwindigkeitsdifferenz zu nehmen. Angenommen du benutzt die Ansträmrichtung als Koordinatensystem, dann ist

v1 parallel = v, v1 senkrecht = 0.

Nehmen wir dann noch an (Kleinwinkelnäherung, Kontinuität), die absträmende Luft würde auch noch mit v abströmen, aber in einem leichten Winkel, dann ist

v2 parallel = v * Cos(Abströmwinkel)

v2 senkrecht= v * sin(Abströmwinkel)

Also

F parallel = Massenstrom * v * 1-Cos(Abströmwinkel) -> Widerstand, immer positiv

F senkrecht = Massenstrom * v * Sin(Abströmwinkel) -> Auftrieb (oder Abtrieb)

 

Offen ist für mich noch die Frage, welche Bedeutung die waagerechten Anteile aller dFz haben?

Stehen diese vielleicht für einen induzierten Widerstand?

Exakt das.

Es gibt keinen Auftrieb ohne Widerstand, jede Impulsänderung senkrecht zur Flugbahn geht auch bei völlig reibungsfreier Strömung mit einem Impulsverlust parallel zur Flugbahn einher, wenn auch mit einem erheblich geringeren.

 

Wieder mal ist die Theorie super zum erklären und verstehen, aber mies zum rechnen, da ja der Ablenkwinkel nicht konstant über die Spannweite ist, und ausserhalb des Flügels sogar eine anderstherum gerichtete Ablenkung stattfindet. Dazu ist es schwierig zu sagen, wie viel Luftmasse der Flügel nun beeinflusst, praktisch "wie viel Durchmesser der Rohrkrümmer hat".

 

Man kann damit sogar den Effekt der Winglets teilweise erklären, im oberen Bereich des Randwirbels (über dem Flügel) strömt Luft nach innen, lenkt man diese nun mit einem senkrechten Flügel wieder genau parallel nach hinten ab, dann heben sich die Querimpulse rechts und links auf, aber ich gewinne ein wenig Impuls in Flugbahnrichtung, da die Luft nun wieder vollständig nach hinten und damit mit vollem Längsimpuls abströmt.

 

Die enzige Theorie die in einfachen und lösbaren Formeln darzustellen ist, bleibt leider die wenig anschauliche Wirbeltheorie.

 

Gruß

Ralf

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Wie kann man denn Gradienten Summieren?

Nun, es sind Vektoren, die könnte man addieren - aber ich will es nicht mehr. Ich hatte Hans' Beitrag zu oberflächlich gelesen, und gedacht, er wolle es irgendwie tun. :009:

 

Ich finde es interessant, das bei aller Theorie niemand den Impulssatz für strömende Medien hier bemühlt, denn das ist der entscheidende für die Strömungsmechanik. Auftrieb ist im Prinzip nichts anderes, als eine Kraft auf einen Rohrkrümmer. Ich ändere (vom Pilotensitz als ruhender Betrachter gesehen) die Richtung eines strömen Mediums, damit dessen Impuls in zwei Komponenten (in Flugbahnrichtung und senkrecht dazu), und damit erfahre ich eine Kraft.

 

Den hatte ich schon im Hinterkopf, aber - sinnloserweise - das Gesamtsystem Erde, Atmosphäre und Flugzeug betrachtet, als ich schrieb, dass die Summe aller Winde (also so etwas, wie die Bewegung des Schwerpunktes) Null ergeben muss.

 

Sinnvoller ist natürlich, die Atmosphäre ohne Erde zu betrachten, und dann ändert sich deren Gesamtbewegung unter dem Einfluss des Flugzeuges.

 

Grüsse, Frank

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