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Vereisung


reverser

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Guten Tag allerseits,

in meinem Fluglotsenroman "Lotsenpech" bin ich auf eine Schilderung der Vereisung gestossen, welches mir als Laie das Phänomen besonders veranschaulichte. Man hat den Eindruck, der Lotse hätte so etwas selber mal erlebt:

Beschrieben wird ein Geschäftsmann, der seine IFR-Lizenz neu erworben hat. Seine Frau ist nie gerne mit ihm geflogen, und ein IFR Flug mit einer Einmot ist ihr ein Greuel. Trotzdem gelingt es ihm, sie zu einem Flug von München nach Zürich zu überreden. "Sie hatte immer ein ungutes Gefühl, wenn sie in dieser kleinen Kiste sass. Die Luftschraube erinnerte sie an ihre Küchenmaschine, die im Bruchteil einer Sekunde Karotten oder anderes Gemüse in unendlich viele Scheiben zerlegen oder häckseln konnte."

"Blindflug ist sicherer als Sichtflug, Liebling", versucht der Mann sie zu beruhigen, "da wird man von der Flugsicherung geführt. Die sehen auf ihren Radarschirmen alle Flugzeuge und halten große Abstände, sodass man sich wie in Abrahams Schoß fühlen kann."

"Es war diesig, als sie zur Startbahn rollten. Das Streckenwetter, das sie bekommen hatten, kündigte leichte Turbulenzen in 8000 Fuß Höhe an. Auch Anton Kapfl war aufgeregt. Ihm fehlte die Gelassenheit, die einen routinierten Blindflugpiloten auszeichnet. Seiner Frau zuliebe versuchte er, einen souveränen, überlegenen Eindruck zu erwecken. Aber seine deutlich zu spürende Nervosität übertrug sich noch zusätzlich auf Ruth.

Es folgen weitere Beschreibungen des Startvorgangs etc.:

"München Radar, hier D-LB, Flugfläche 080 Kempten 04" . "Kapfl vertiefte sich in die Luftfahrkarten. Er wollte keine Fehler machen. Immer wieder glitt sein Blick prüfend über die Instrumente. Die Geschwindigkeitsanzeige verringerte sich etwas. Das veranlasste den Piloten, die Gaszufuhr etwas zu erhöhen. Nach einer Weile wiederholte sich die Prozedur. Kurz danach musste er erneut den Gashebel nachschieben. Auf einmal bemerkte Kapfl, dass er den Gashebel schon am Anschlag hatte. Alarmiert schaute er aus dem Fenster. Es regnete. Er drehte den Kopf in Richtung Tragfläche. "Eisansatz!", fuhr es ihm durch den Kopf. Eine tödliche Gefahr für ein kleines Flugzeug!

"Radar, erbitte eine andere Flugfläche, ich habe Vereisung", meldete sich Kapfl mit unsicherer Stimme bei Erhard.

"Sie können jede Flugfläche haben", erwiderte der Lotse, nun auch unruhig geworden. Er wusste um die Gefahr der Vereisung, die in diesen Höhen auftreten kann. Unterkühlter Regen kann wegen fehlender Kondensationskerne, wie zum Beispiel kleine Staubpartikelchen, nicht in Eis oder Graupel übergehen. Sobald aber ein Flugzeug in dieses Wetterphänomen gerät, bildet es einen riesigen Kondensationskern und lässt den Regen urplötzlich zu Eis gefrieren. Innerhalb weniger Momente kann sich dabei eine enorme Gewichtszunahme ergeben und zusätzlich das Tragflächenprofil und damit die Aerodynamik verändert werden."

"Kann ich Ihnen eine andere Flugrichtung anbieten? Ich schlage Ihnen vor, nach Norden zu drehen und sich auf einen Militärplatz leiten zu lassen", versucht der besorgte Lotse zu helfen. "Ich behalte die Richtung bei", presste Kapfl mit unsicherer Stimme hervor, er versuchte, möglichst schnell aus der Höhe zu kommen. Eine Kurve in entgengesetzte Richtung zu fliegen, schien ihm noch gefährlicher zu sein. Die Eisschicht schwoll rapide an. Ein regelrechter Eispanzer hatte sich gebildet, der auf der Vorderseite der Tragflächen besonders dick war. Vom Propeller flogen krachend Eisstücke gegen die Maschine. Schwitzend vor Aufregung versuchte Kapfl, eine andere Richtung einzuschlagen. Die Maschine reagierte nicht mehr auf seine Maßnahmen. "Höhen-, Seiten- und Querruder sind auch schon blockiert", stellte Kapfl nun in Todesangst fest. Der Höhenmesser zeigte plötzlich Sinkflug an. Der große Zeiger für die Hundertfuß-Markierungen begann langsam gegen den Uhrzeigersinn zu rotieren. Er wurde immer schneller und zeigte unbeirrt Sinkflug an, obwohl Kapfl mit fast übermenschlichen Kräften an der Steuersäule zog. Immer wieder überholte der große Zeiger den kleinen Zeiger, der viel zu schnell an den Tausendfuß-Markierungen vorbei jagte. Irgendwie trudelten die Kapfls in diesem Eisklumpen unkontrolliert dem Boden zu. Alles, was nicht befestigt war, flog plötzlich durch die Kabine.

"Mayday! Mayday! Mayday! schrie Kapfl nun hilflos in unkontrollierter Panik.

Dann riss die Funkverbindung ab. Plötzlich war eine unheimliche Ruhe auf der Frequenz. Das Flugziel wurde nicht mehr dargestellt.

"D-LB, können Sie mich noch hören?" fragte der Lotse fast flehentlich mit belegter Stimme"...

 

D-LB meldete sich nicht mehr:-(

Gruss

Richard

 

 

 

 

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Sorry, aber ich weiss gerade nicht was du uns mit dieser Geschichte sagen willst..?

Nun ja - bin gerade dran, besagtes Buch aus der Lotsenperspektive zu lesen, und unter anderen hat mich diese Passage beindruckt, da ich als Laie jetzt besser weiss, um welch heisses Eisen es sich beim Thema Vereisung handelt und wie schnell es gehen kann.

Meines Erachtens dürften Unfälle dieser Art nicht mehr vorkommen - wer nicht IFR-Vollprofi ist, sollte bei solch zweifelhaften Wetterlagen am Boden bleiben.

 

Gruss

Richard

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Nun ja - bin gerade dran, besagtes Buch aus der Lotsenperspektive zu lesen, und unter anderen hat mich diese Passage beindruckt, da ich als Laie jetzt besser weiss, um welch heisses Eisen es sich beim Thema Vereisung handelt und wie schnell es gehen kann.

Meines Erachtens dürften Unfälle dieser Art nicht mehr vorkommen - wer nicht IFR-Vollprofi ist, sollte bei solch zweifelhaften Wetterlagen am Boden bleiben.

 

Gruss

Richard

Die Story liest sich ziemlich gruselig, was vom Verfasser wohl auch beabsichtigt war. Wenn sie sich tatsächlich so zugetragen haben sollte,  zeugt sie von fahrlässiger Ignoranz gegenüber einer erkennbaren Gefahr. Ob  auf einem geplanten Flug Vereisung auftreten kann, erfährt man schon am Boden während der Flugplanung. Und man überlegt sich, welche Möglichkeiten man hat, diese Gefahr  zu meiden.

Da die meisten leichten Einmots nicht für Flüge unter bekannten Vereisungsbedingungen ausgerüstet und zugelassen sind - schon gar nicht solche, deren optimale Reiseflughöhe nur auf FL80 liegt (=Vergasermotor, keine Turboaufladung) -  gebietet es jegliche Vernunft, das Vorhaben an dieser Stelle abzublasen.

Wenn man aber das große Pech hat, von einer nicht vorhergesagten massiven Vereisung so überrascht zu werden, dann gibt es keine Entschuldigung dafür, einer vom Fluglotsen vorgeschlagenen Richtungsänderung nicht nachzukommen, sondern geradeaus weiter bis zum Kontrollverlust. Darwin läßt grüßen....

 

Gruß

Manfred

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- wer nicht IFR-Vollprofi ist, sollte bei solch zweifelhaften Wetterlagen am Boden bleiben.

 

Gruss

Richard

Richard, bei so einer Wetterlage und einem solchen Flugzeug spielt es keine Rolle, ob IFR-Vollprofi oder blutiger Amateur. Die Physik ist für alle gleich

Gruss Hausi

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Danke Manfred und Hausi für die zusätzlichen Erläuterungen - diese gehen aus dem Buchtext nicht hervor.

 

Wieder was gelernt :)

Richard

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Vereisung blockiert keine Ruder. Es ruft auch keiner in Todesangst  Mayday. Das Ding ist nach Holywood Vorstellungen zusammengebastelt.

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Vereisung blockiert keine Ruder.

Bei "Schönwetterflugzeugen" kann sich durchaus Wasser (Regen) an Stellen der Sterung sammeln, wo es wenn es friert die Steuerung blockiert. Das hat aber dann nur was mit den tiefen Temperaturen nach Flug im Regen zu tun, kann also auch beim über die Wolken Steigen passieren und braucht dazu keine "Vereisungsbedingungen".

Dass sich externes Eis so sehr aufbaut, dass es Ruder blockiert, ist ziemlich unwahrscheinlich.

 

 

Das Ding ist nach Holywood Vorstellungen zusammengebastelt.

Oder zumindest hollywoodgerecht aufbereitet...

 

Gruß

Ralf

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 Das Ding ist nach Holywood Vorstellungen zusammengebastelt.

 

 

 

 

Oder zumindest hollywoodgerecht aufbereitet...

 

 

...feine Nuance ;)

 

Gruss

Richard

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Ist so eine typische Story, mit der man die unerfahrenen, aber doch schon IFR-fliegenden "Zahnärzte" davon abhalten will, sich und ihre Passagiere umzubringen.

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Meines Erachtens dürften Unfälle dieser Art nicht mehr vorkommen - wer nicht IFR-Vollprofi ist, sollte bei solch zweifelhaften Wetterlagen am Boden bleiben.

Genau, weil 'Vollprofis' nie Fehler machen. Wenn Du Dich ins Bild darüber wie es in der Realität läuft setzen willst erkundige dich doch mal bei einer seriösen IFR-Flugschule was eine IFR-Ausbildung umfasst und ich versichere dir du wirst deine (schlechte) Meinung über Nicht-Airline IFR-Piloten ändern.

 

Markus

Bearbeitet von MarkusP210
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Das Problem liegt oft nicht in einer unseriösen Ausbildung, sondern vielmehr darin, dass ein "Nichtprofi" auch bei bestem Willen einfach nicht auf ausreichende Stunden unter IFR kommt, um einen grossen Erfahrungs- und Routinerucksack aufzubauen.

Hausi

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Erfahrung und Routine sind die eine Sache - es ist einfach nicht jeder dafür charakterlich geeignet. Wenn man seinen IFR-Schein privat ersteht, muss man halt zahlen und üben, charakterlich wird man da vom Prüfer nur wenig geprüft. Klar, wer sich in der Ausbildung oder bei der Prüfung wie ein Idiot anstellt, wird seinen Schein nicht so einfach kriegen, aber tendenziell regiert Geld die Welt.

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Da sind so viele No-Go's in der Story, das ist schlicht Sensationsgehabe.

 

Mal angefangen davon, dass offenbar im Forecast keine Vereisung drin ist und dann ein severe ice event eintritt, eher selten das da gar nix drin wäre.

 

Und das Verhalten der Beteiligten ist auch kaum nachvollziehbar, von der Charakterlichen Eignung der Beteiligten mal abgesehen, die ich ebenfalls anzweifeln würde.

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Erfahrung und Routine sind die eine Sache - es ist einfach nicht jeder dafür charakterlich geeignet. Wenn man seinen IFR-Schein privat ersteht, muss man halt zahlen und üben, charakterlich wird man da vom Prüfer nur wenig geprüft. Klar, wer sich in der Ausbildung oder bei der Prüfung wie ein Idiot anstellt, wird seinen Schein nicht so einfach kriegen, aber tendenziell regiert Geld die Welt.

 

Andreas, also die Prüfer die ich je hatte in IR haben sich sehr wohl dafür interessiert, ob ein Prüfling vor Nervosität fast in die Hose macht oder nicht. Der Typ ist ja schon ein Nervenbündel bevor der Flug losgeht, was bereits ein no-go wäre.

 

Wie gesagt, vor solchen "Fliegerromanen" schaudert mir, vor allem aber was sie mit dem Ansehen der GA machen. Ich hoffe mal, geschrieben aus Ignoranz und nicht aus einem schauderhaften Misstrauen gegenüber GA Piloten.

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Wie gesagt, vor solchen "Fliegerromanen" schaudert mir, vor allem aber was sie mit dem Ansehen der GA machen. Ich hoffe mal, geschrieben aus Ignoranz und nicht aus einem schauderhaften Misstrauen gegenüber GA Piloten.

 

 

Da sind so viele No-Go's in der Story, das ist schlicht Sensationsgehabe.

 

A pro pos  "Sensationsgehabe":  Im Vorwort dieses sogenannten "Fluglotsenromanes" steht u.a:

"Ohne die Sensationslüsternheit zu nähren treibt der Autor den Leser durch die Geschichte dieses "Antihelden". Interessant und packend zu lesen, sicherlich nicht nur für Piloten, Lotsen und Flughafenpersonal, sondern für jeden, der sich für menschliche Schicksale, die Tücken der Technik und nicht zuletzt für die Fliegerei interessiert."

Was hier im FF durch faktengerechte Aussagen und Kommentare etwas zurechtgerückt wird, wie ich sehe ;)

 

Dass ich die Schilderung dieses vereisungsbedingten Absturzes dem Autor so abgenommen habe, möge man mir nachsehen: Über den Autor steht da geschrieben: "Im Juni 1958 meldete sich Werner Herrmann zur Luftwaffe. Wahrend seiner 12-Jährigen Dienstzeit wurde er als Towerlotse in der militärischen Flugsicherung bei der Bundeswehr eingesetzt. 1970 wechselte Herrmann zur Zivilflugsicherung. Dort war er über 20 Jahre als Fluglotse in der Bezirkskontrolle der Flugsicherungs-Leitstelle München tätig."

Somit kein Vergleich z.B. mit  fakten-unkundigen Journalisten welche sich über fliegerische Themen auslassen. Das Buch bietet eine Menge Einblicke in das anspruchsvolle Metier der Fluglotsen;...aber bei dieser IFR-Geschichte hätte er doch besser den Rat versierter GAV Flieger eingeholt :huh: ...

 

Gruss

Richard

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Er will das Buch ja auch verkaufen, das darf dann kein reiner Tatsachenbericht sein, sonst kauft das niemand. Und um eine Situation anderen Leuten so darzustellen wie man sie erlebt hat, muss man etwas übertreiben. Ich sage immer man muss von einer erzählten Situation pauschal 25% der Dramatik abziehen um der Realität nahezukommen.

 

Gruß Alex

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