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Skyguide Urteil Bundesgericht


Frank Holly Lake

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https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/bundesgericht-heisst-beschwerde-von-fluglotse-gut/story/16171412

 

Bundesgericht spricht Fluglotsen nun doch frei

Erfolg für Skyguide: Das Urteil gegen einen Fluglotsen, der in Kloten zwei Maschinen fast gleichzeitig die Startfreigabe gab, wurde gekippt.

Skyguide ist mit dem Urteil zufrieden: Ein Fluglotse wurde vom Bundesgericht freigesprochen. (Symbolbild)  Keystone/Christian Beutler

Skyguide ist mit dem Urteil zufrieden: Ein Fluglotse wurde vom Bundesgericht freigesprochen. (Symbolbild) Keystone/Christian Beutler 

08.11.2019
 

Erfolg für einen Skyguide-Fluglotsen: Nachdem ihn das Zürcher Obergericht noch wegen einer Beinahe-Kollision verurteilt hatte, hat das Bundesgericht ihn nun vom Vorwurf der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs freigesprochen. Es zähle nicht, was hätte passieren können, sondern nur, ob tatsächlich ein Schaden entstanden sei.

Der Skyguide-Mitarbeiter hatte im März 2011 zwei Swiss-Maschinen mit insgesamt über 260 Menschen an Bord kurz nacheinander die Start-Erlaubnis erteilt - allerdings auf sich kreuzenden Pisten.

Einer der Piloten bemerkte den seitlich heranfahrenden anderen Flieger und brach den Start im letzten Moment ab. Wenige Sekunden später erteilte auch der Lotse den Abbruchbefehl – allerdings erst, nachdem bei ihm ein Alarm losgegangen war. Die Crew im zweiten, voll besetzten Flugzeug bekam von der brenzligen Situation nichts mit. Verletzt wurde niemand.

«Keine konkrete Gefährdung»

Das Bundesgericht kam nun zum Schluss, dass keine konkrete Gefährdung oder Störung des Flugverkehrs vorliegt. Es handle sich vielmehr um eine abstrakte Gefahr. Die Begründung einer Gefahr dürfe man sich nicht auf einen hypothetisch anders verlaufenden Sachverhalt abstützen.

Das Bundesgericht spricht den Lotsen somit frei, wie aus dem Urteil vom Freitag hervorgeht. Damit kippt es den Entscheid des Zürcher Obergerichtes vom Dezember 2018. Dieses war noch der Meinung, dass auch die fahrlässige Gefährdungshandlung geahndet werden müsse. Es hatte den Lotsen deshalb zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.

Die erste Instanz, das Bezirksgericht Bülach, war zwei Jahre zuvor noch zum selben Ergebnis gekommen wie jetzt wieder das Bundesgericht. Es vertrat ebenfalls die Meinung, dass der Lotse nicht für etwas verurteilt werden könne, das gar nicht passiert sei.

Skyguide fürchtet um Fehlerkultur

Für Skyguide ist dieser Freispruch ein wichtiger Grundsatzentscheid. Früher mussten Lotsen bei Fehlern nicht mit juristischen Konsequenzen rechnen, es sei denn, sie handelten grobfahrlässig oder mit Absicht. Heute gibt es bereits eine ganze Reihe von Prozessen, bei denen Lotsen angeklagt sind, obwohl niemand zu Schaden kam.

Die Flugsicherung fürchtet deshalb seit Jahren um ihre Fehlerkultur. Würden Fehler aus Angst vor Strafverfahren nicht mehr gemeldet, könnten Schwachstellen nicht mehr erkannt werden. Die Sicherheit könne nur verbessert werden, wenn Lotsen 

Techniker und Piloten Fehler und Vorfälle ohne Angst melden könnten.

In einer Medienmitteilung von der Nacht auf Freitag zeigte sich Skyguide mit dem Urteil entsprechend zufrieden. Die Organisation sei trotz des erfreulichen Freispruchs davon überzeugt, dass im Schweizer Gesetz ein Rahmen für die in der Aviatik gelebte Sicherheitskultur «Just Culture» fixiert werden müsse, betonte sie.

Damit solle es Mitarbeitern gesetzlich ermöglicht werden, Fehler zu melden, ohne disziplinarische Konsequenzen befürchten zu müssen, sofern diese nicht mutwillig oder grobfahrlässig begangen worden seien. (scl/sda)

Erstellt: 08.11.2019, 03:56 Uhr

n

 
 

 

Bearbeitet von Voni
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vor 2 Stunden schrieb Voni:

Es zähle nicht, was hätte passieren können, sondern nur, ob tatsächlich ein Schaden entstanden sei.

 

 

Diese Begruendung finde ich etwas seltsam. Wenn ich z.B. bei Rot ueber die Ampel fahre werde ich auch dann bestraft, wenn nichts weiter passiert ist.

 

Chris

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7 hours ago, Pioneer300 said:

 

Diese Begruendung finde ich etwas seltsam. Wenn ich z.B. bei Rot ueber die Ampel fahre werde ich auch dann bestraft, wenn nichts weiter passiert ist.

 

Chris

 

 

Naja, ich glaube man muss dazu einbeziehen, der Vorfall wurde ja eben nicht mit Vorsatz begangen..sondern ist passiert, und es ist Gott-sei-Dank nix passiert…ein Kunstfehler…eine ganz kurzfristige menschliche Fehlleistung..

 

Der Controller hat sich sicher monatelang schlaflos selbst Vorwürfe gemacht, und sich gefragt, wie ihm das passieren konnte..

 

und genau für solche Fälle unter anderen ist die Just Culture in der Industrie ja da…und hat wirklich in den letzten Jahrzehnten viel an mehr Sicherheit gebracht..

 

In dem Moment wo ein Vorsatz vorhanden ist, nimm als Beispiel eine Airline fälscht Wartungsunterlagen oder Ähnliches…schaut es eh anders aus…in solchen Fällen muss auch vom Gesetzgeber hart sanktioniert werden, und wird ja auch gemacht..

Bearbeitet von Falconer
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46 minutes ago, Pioneer300 said:

Diese Begruendung finde ich etwas seltsam. Wenn ich z.B. bei Rot ueber die Ampel fahre werde ich auch dann bestraft, wenn nichts weiter passiert ist.

 

Ich bin mir nicht sicher, ob Du die Begründung verstanden hast.

 

Unabhängig davon: Wenn Du es «seltsam» findest, dass Du im beschriebenen Fall bestraft wirst, solltest Du nicht fordern, dass andere in genauso «seltsamen» Fällen bestraft werden. Du solltest im Gegenteil fordern, dass niemand in solchen «seltsamen» Fällen bestraft wird.

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On 11/8/2019 at 10:19 AM, Urs Wildermuth said:

Nun wäre es wesentlich, die Staatsanwaltschaften dazu zu bringen, auf die zuvor jahrzehntelange Praxis zurückzugehen und Verfahren nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu eröffnen. Dann wäre die Just Culture in der Schweiz wieder möglich.

 

«Staatsanwaltschaft» war und ist in diesen Fällen immer die SUST. Das geht auch deutlich aus diesem neuen Bundesgerichtsurteil hervor.

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vor 11 Stunden schrieb Falconer:

Naja, ich glaube man muss dazu einbeziehen, der Vorfall wurde ja eben nicht mit Vorsatz begangen..sondern ist passiert, und es ist Gott-sei-Dank nix passiert…ein Kunstfehler…eine ganz kurzfristige menschliche Fehlleistung..

 

Bei Rot ueber die Ampel fahren ist unter Umstaenden auch kein Vorsatz, sondern ein Augenblicksversagen. Ist mir schon passiert...

Nicht falsch verstehen, ich finde es richtig, dass der Lotse nicht bestraft wurde, nur die Begruendung ist, nunja...

 

Chris

Bearbeitet von Pioneer300
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17 minutes ago, Pioneer300 said:

Bei Rot ueber die Ampel fahren ist unter Umstaenden auch kein Vorsatz, sondern ein Augenblicksversagen. Ist mir schon passiert...

 

mir auch…..?

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Missachten des Rotlicht ist aber im Gesetz (wenn nicht mindestens im Bussgeldkatalog) definiert.

Startfreigabe von 2 Flugzeugen gleichzeitig vermutlich nicht. - Daher gibt es hier eben Interpretationsspielraum, welcher eben jetzt zugunsten des ATC ausgelegt wurde. 

 

Wobei ich Startfreigabe auf kreuzenden Bahnen nun schon sehr grob fahrlässig finde.

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Letztens habe ich eine Doku über finnische Eisbrecher gesehen. Um dort anzuheuern zu können, muss man Vorerfahrung haben (große Fahrt auf Frachtern, Containerschiffen u./o. Marine, u. dgl.). Die Besatzung sind alle Finnen (da vom Staat betrieben - es tun auch in der Küche und so keine Ausländer Dienst). Als nautischer Offizier rückt man nach einem speziellen Schema auf. Und wenn man in der aktuellen Position (z. B. Erster Offizier) mehr als zweimal einen groben Fehler baut (das muss nicht zweimal der Selbe sein), ist man komplett draußen - Ende. 

 

Bei guten Airlines sieht man z.B. nach einem Tailstrike (kenne so einen Fall) zu, dass man bespricht und nachtrainiert und dann alles normal weitergeht. Das macht aus meiner Sicht Sinn. In Teilen Asiens soll die Fehlerkultur ja selbst bei Kleinigkeiten bisweilen haarsträubend sein..., wieder wo anders werden (unter Amigos) beide Augen zugedrückt - ohne Training und dgl.

 

Ich finde die Entscheidung (Topic) in Ordnung. Unaufmerksamkeit und Fahrlässigkeit müssen nicht korrelieren...

 

Gruß

Johannes

Bearbeitet von Phoenix 2.0
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vor 7 Stunden schrieb Kaffeebart:

Missachten des Rotlicht ist aber im Gesetz (wenn nicht mindestens im Bussgeldkatalog) definiert.

Startfreigabe von 2 Flugzeugen gleichzeitig vermutlich nicht.

 

Dann sollen sie das als Begruendung hernehmen und nicht "Ist ja schliesslich nix passiert."

 

Chris

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Ich stimme Chris absolut zu. Wo kämen wir hin, wenn Fehler nur nach ihrer Auswirkung beurteilt werden. Dabei weiss man gerade in der Fliegerei, dass ein Flüchtigkeitsfehler in eine Katastrophe münden kann, und andererseits gibt es Grobfahrlässigkeiten, die nochmals glimpflich ausgehen.

Zwei Raser im Strassenverkehr: Beim einen passiert  nichts, beim anderen läuft zufällig ein Fussgänger in die Strasse. Aber beide haben dasselbe getan. Dies sollte man bei der Urteilsbemessung und -Begründung im Hinterkopf behalten. 

Bearbeitet von Hotas
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Die Frage hier ist eigentlich eine andere: Wie wird mit der Fehlerkultur umgegangen. In den zitierten Fällen wäre es vergleichbar, wenn jemand beim unbeabsichtigten überfahren eines Rotlichts selber Meldung erstattet im Sinne, einen Beitrag zur Sicherheit zu leisten und DESWEGEN straffrei bleibt. Etwa "Ich habe am ... an der Kreuzung ... unabsichtlich ein Rotlicht überfahren, weil ..... Begründung und ich habe ...... daraus gelernt".  Das geschieht in der Luftfahrt und tw im öffentlichen Verkehr, nicht aber in den genannten Verkehrsfällen, wo das auch nicht vorgesehen ist. Auch wenn man das durchaus mal andenken könnte. 

 

Die Haltung eines Beschuldigten zum Fehler und der daraus allenfalls erwachsenden Straftat sollte immer Gegenstand in solchen Verfahren sein. Just Culture und offener Umgang mit Fehlern kann Sicherheit bringen, übermässige Strafverfolgung und Angstkultur ist das Gegenteil davon. Viele Jahre hat es gut funktioniert in dem grobe Fahrlässigkeit geahndet, "normale" Fehler aber via Just Culture abgehandelt worden sind. Das dies in der letzten Zeit geändert hat, war sogar ein Thema beim ICAO General Assembly letzten Monat. 

 

Ebenso haben übertriebene Sicherheits"empfehlungen" neue Regulationen genötigt, die eigentlich kaum nötig waren sondern meist das Kind mit dem Bade ausgeschüttet habe. Auch hier sehe ich die SUST massiv in der Pflicht: Natürlich kann man mit übertriebenen Anforderungen Sicherheit erreichen, weil die Tätigkeiten nicht mehr ausgeübt werden. Das ist statistisch vielleicht befriedigend, aber führt zu anderen Problemen. Erstens werden Fehler verschwiegen, sei es aus Angst vor Strafverfolgung oder aus Angst vor neuen Restriktionen und zweitens werden die Prozesse immer Komplexer und damit fehleranfälliger. 

 

Viele so entstandenen Restriktionen sind dazu Beleidigungen an die Intelligenz und Fähigkeiten der entsprechenden Fachleute, die Kapazitäten auf Flughäfen und Flugplätzen werden dazu künstlich zusammengefahren und die Leute stehen unter unnötigem Stress. 

 

Ich bin da mit Martin, die Begründung des an sich zu begrüssenden Urteils ist enttäuschend, sie zeigt das das eigentliche Problem im BG noch nicht erkannt wurde. 

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im übertragenen Sinn: der Fluglots bestreitet ja nicht, dass er das Rotlich überfahren hat (Startgenehmigung fälschlich erteilt). Er bestreitet nur, dass er nicht dafür belangt werden kann, dass ein Kind überfahren wurde das eventuell auf dem Fussgängerstreifen hätte stehen können. 

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Das Schweizer Justiz Verständnis im Strassenverkehr ist nicht gerade ein gutes Vorbild. Theoretisch hat aber jeder das Recht ein überfahrenes Rotlicht anzufechten.

 

Luftfahrt ist, wie Schienenverkehr und Medizin ein komplexes System, bei dem kleine Fehler katastrophale Folgen haben können. Wenn wir davon ausgehen, dass Fehler nunmal passieren, so muss das Ziel sein daraus zu lernen um das System sicherer zu machen. Also melde ich meinen Fehler damit man ihn in Zukunft verhindern kann. Geniesse selbstverständlich keine Straffreiheit aber werde nicht einfach abgestraft...

"Just Culture" nennt sich dies und Juristen haben mit ihrer beschränkten Denkweise keinen blassen Schimmer davon!

 

Wenn Mitarbeiter in der Luftfahrtbranche Fehler aus Angst vor Strafverfolgung nicht mehr melden wird sie nur unsicherer. Wenn die Lotsen und Piloten dann ganz auf Nummer sicher gehen und nach "work to the rules" arbeiten bricht das ganze System garantiert zusammen - wohl auch nicht im Sinne des Erfinders

 

Simon

 

 

Bearbeitet von onLoad
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vor 22 Stunden schrieb Urs Wildermuth:

...wäre es vergleichbar, wenn jemand beim unbeabsichtigten überfahren eines Rotlichts selber Meldung erstattet im Sinne, einen Beitrag zur Sicherheit zu leisten und DESWEGEN straffrei bleibt.

 

Urs...

"Hallo Polizei; habe nicht aufgepasst, ich bin gerade mit überhöhter Geschwindigkeit über drei rote Ampeln gefahren - nichts passiert, sorry, ich weiss das war nicht ok, werde mich bessern"

Wo genau lokalisierst du nun den "Beitrag zur Sicherheit"?

Eventuell hast du dein Vergleichsbeispiel nicht ganz optimal gewählt ?

Bearbeitet von Kuno
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23 minutes ago, Kuno said:

 

Urs...

"Hallo Polizei; habe nicht aufgepasst, ich bin gerade mit überhöhter Geschwindigkeit über drei rote Ampeln gefahren - nichts passiert, sorry, ich weiss das war nicht ok, werde mich bessern"

Wo genau lokalisierst du nun den "Beitrag zur Sicherheit"?

Eventuell hast du dein Vergleichsbeispiel nicht ganz optimal gewählt ?

 

Es waere ja moeglich, das die eine Ampel die man uebersehen hat, schlecht zu erkennen ist. Dann waere so eine Meldung schon hilfreich um dort was zu aendern und der naechste uebersieht die Ampel dann vielleicht nicht mehr. Bei der Meldung des Fehlers gibt man mit an, warum man meint das er einem passiert ist.

 

Straffrei gilt bei Vorsatz uebrigens nicht.

 

Jonas

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Jonas sagt es. 

 

Sicher hinkt der Vergleich etwas, da die Schwelle zum Autofahren tiefer ist und entsprechend mehr Leute unterwegs sind, denen mit Vernunft nicht zu begegnen ist. In der Aviatik ist das anderst und vor allem wird dieses System der just Cultue dort bereits in der Ausbildung gefördert und gelebt. 

 

Was aber durchaus nicht im Widerspruch dazu steht was Jonas geschrieben hat. Eine Selbstanzeige bei Verkehrsdelikten ohne Vorsatz, mit ensprechender Begründung und allenfalls durchaus nützliche Hinweise für die Polizei wäre ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung. Mal abgesehen davon, dass der Aufwand dafür grösser ist als einmal zur Post und bezahlen, was viele offenbar in Kauf nehmen. Bei Grobfahrlässigkeit und Vorsatz gibt es da nix, das ist auch klar. 

 

Wesentlich dabei ist aber auch die Freiwilligkeit: Bei MeldePFLICHT wird der Grundsatz verletzt, dass sie niemand selber belasten MUSS. Dies ist zur Zeit in der Schweiz ebenfalls ein Problem. 

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vor 2 Stunden schrieb AirJon:

 

Es waere ja moeglich, das die eine Ampel die man uebersehen hat, schlecht zu erkennen ist.

 

Du verwechselst da eventuell etwas - wenn die Ampel schlecht zu erkennen ist (oder gar nicht), dann habe ich ja wahrscheinlich gar nicht bemerkt, dass ich sie bei rot überfahren habe... das wird mir dann erst bewusst, wenn der Brief im Kasten ist. ?  ...aber dann ist es wohl zu spät für eine Selbstanzeige, dann wäre wahrscheinlich ein Einspruch angebracht.

 

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vor 22 Minuten schrieb Urs Wildermuth:

Eine Selbstanzeige bei Verkehrsdelikten ohne Vorsatz, mit ensprechender Begründung und allenfalls durchaus nützliche Hinweise für die Polizei wäre ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung.

 

Zwei Punkte:

  • Eine Selbstanzeige bezüglich eines Vergehens im Strassenverkehr.... würde doch wahrscheinlich dazu führen, dass man erst einmal die volle Busse aufgebrummt bekäme (bzw. ein Verfahren).
  • Auf einen Polizeiposten gehen und einen Missstand/eine gefährliche Situation melden führt, so ist meine persönliche Erfahrung, nicht direkt zu Freudensprüngen bei den dort anwesenden Beamten.
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1 hour ago, Kuno said:

 

Du verwechselst da eventuell etwas - wenn die Ampel schlecht zu erkennen ist (oder gar nicht), dann habe ich ja wahrscheinlich gar nicht bemerkt, dass ich sie bei rot überfahren habe... das wird mir dann erst bewusst, wenn der Brief im Kasten ist. ?  ...aber dann ist es wohl zu spät für eine Selbstanzeige, dann wäre wahrscheinlich ein Einspruch angebracht.

 

Was willst Du eigentlich? Wenn Du es nicht bemerkst, kannst Du es natuerlich nicht melden.

 

Ausserdem wird das System im Strassenverkehr ja nicht praktiziert. Somit wird man fuer jedes Vergehen bestraft, egal wieso es passiert ist. Da ist, oder war, die Luftfahrt eben weiter. Wird aber dank der Einstellung wie deiner, nach und nach abgebaut.

 

Wenn mir im Cockpit was passiert was ich nicht darf, dann ist es mit der Meldung nicht erledigt. Natuerlich findet ein Gespraech statt, warum ist es passiert, was kann man aendern etc.. Man kann auch bestraft werden am Ende, nur eben nicht pauschal. Habe ich es nicht gemerkt, dann wird man auch erst mal gefragt was los war und so weiter. Eventuell geht da auch mal "Schuldiger" straffrei aus der Nummer, aber im Ganzen ist es ein gutes sinnvolles System.

 

Jonas

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Vielleicht müssen wir den Flight Level erhöhen und diskutieren was der Geist der Just Culture ist. Ich bin ein absoluter Fan davon, aber ich glaube es wird zu sehr mit Straffreiheit gleichgesetzt. Nur ein paar Gedanken meinerseits:

 

1.) So etwas wie Straffreiheit gibt es nicht. Es gibt eine Rechtsordnung, und wenn etwas strafbar ist dann wird die Strafe ausgesprochen. Der Rechtsordnung gilt für alle, punkt. Ebenso gilt aber: Wer bei einer strafbaren Handlung nicht erwischt wird und schweigt, der kann logischerweise auch nicht bestraft werden. Damit müssen die Behörden leben. Aber es wäre schön wenn sie trotzdem an die Infos herankommen würden. Genau da setzt das freiwillige Meldewesen an:

 

2.) Die "Straffreiheit im Rahmen des freiwilligen Meldewesens" ist nichts anderes als ein Kuhhandel zwischen mir und der Behörde, der seine Wirkung dann entfaltet, wenn die Behörde den Fall  von sich aus nicht bemerkt hätte. Mit dem freiwilligen Meldewesen bleibt das Strafmass gleich (=es gibt keine Strafe), jedoch mit Unterschied dass die Behörden Zugang zu sehr wertvollen sicherheitsrelevanten Informationen gewinnen. DAS ist der Deal: Den Behörden entgeht nichts was ihnen nicht auch sonst entgangen wäre (die Strafverfolgung), sie können sich aber viel nehmen (sicherheitsrelevante Informationen).

Das ist aus meiner Sicht der einzige Graubereich, in dem die Justiz noch halbwegs mit sich diskutieren lässt.

 

3.) Wenn aber die Behörde oder andere Teilnehmer deinen Fehler etc. von sich aus bemerken, dann wird das Fundament des freiwilligen Meldewesens bröcklig. Dann gibt es keinen Kuhhandel mehr. Ich habe dann kein Pfand mehr in der Hand, ich kann nicht mehr Straffreiheit gegen Information eintauschen. Die Behörden haben mich dann an den Eiern. Ich kann höchstens noch abwägen, ob es besser ist zu schweigen oder die "Insider-Information" was in meinem Kopf abging mit der Untersuchungsbehörde zu teilen.

 

4.) Auf die Justiz einzuschiessen beim Thema "Just Culture" ist nicht zielführend; die Justiz hat nicht so viel Handlungsspielraum. An dem Punkt wo die Justiz übernimmt, hat die Just Culture schon versagt oder nicht genügt.  Just Culture ist eben eine Culture, und die findet zu 98% innerhalb der Firma, in ihren eigenen Abläufen und Tätigkeiten ab; in jedem Gespräch und bei jeder Unstimmigkeit muss diese Kultur gepflegt werden. Das geschieht aber alles innerhalb der gültigen Rechtsordnung. Es gibt keine Just Culture ausserhalb der allgemein gültigen Rechtsordnung, da müssen wir realistisch sein.

Bearbeitet von Hotas
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Hier liegt ein Missverständnis vor: Über "Just Culture" wird nicht diskutiert. Wir Profis, die in diesem System arbeiten (das schließt auch Leute am Boden ein, die zusammen mit uns für einen sicheren Ablauf der Flüge sorgen) erklären den Laien gerne warum das gemacht wird und warum dieses System anderen Bestrafungsprozeduren haushoch überlegen ist. Ihr könnt zwar gerne erklären warum ihr das nicht begreift, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die "Just Culture" eine der wichtigsten Errungenschaften dieser Industrie ist.

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