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Warum fliegt ein Flugzeug?


Systemdynamiker

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"Wissenschaftliche" Vorträge in denen auf der ersten Folie Bilder aus Wikipedia gebracht werden (und dann noch mit den Worten "hier hat man höchstwahrscheinlich eine Simulation gemacht...") um damit zu zeigen, dass irgendwas falsch ist, sind mir ja per se suspekt.

 

Wenn dann bei 15:00 der Sprecher nicht mal selbst merkt, dass er gerade mit vielen Worten zeigt, dass die Störung über der Oberseite des Flügels eben doch schneller ist, als unter der Unterseite - was er am Anfang für falsch erklärt - dann hat das was von Wissenschaftssatire.

 

Ich fand's zumindest lustig,

Florian

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*Seufz* Die alte Diskussion...

 

Die Potentialtheorie ist (wie z.B. das Bor´sche Atommodell) eine Theorie, die es erlaubt bestimmte Dinge zu berechnen, hat aber mit der Wahrheit nichts zu tun.

Grundbedingung für die Potentialtheorie ist die Kutta´sche Abflußbedingung, und die besagt, dass selbst bei infinitisimal dünnen und Rasierklingenscharfen Endleisten dort ein zweiter Staupunkt ist (muß da sein, sonst würde dort durch null dividiert....). D.h. die Strömung auf beiden Oberflächen bremst kurz vor der Endleiste auf Null ab, und beschleunigt dann im Nachlauf wieder auf Umgebungsgeschwindigkeit. Dies ist natürlich in der Realität nicht der Fall, was einfach im Experiment zu beweisen ist.

Auch die Umströmung der Nasenleiste erfolgt nur in den seltensten Fällen mit unendlicher Geschwindigkeit (also noch viiiiiel mehr als Lichtgeschwindigkeit), aber auch das setzt die Potentialtheorie voraus.

Mag ja sein, das das Integral über eine Funktion, die am Anfang ihres Intervalls unendlich ist tatsächlich einen endlichen Wert annimmt, aber bisher habe ich noch nie ein Profil mit unendlicher Geschwindigkeit an der Nasenleiste und Staupunkt an der Endleiste gesehen. Genausowenig wie Atomkerne, um die Elektronen auf diskreten Kreisbahnen sausen.

 

Luftmoleküle die weit vor einem Flügel nebeneinander liegen, tun dies auch weit hinter dem Flügel. Luftmoleküle die am Staupunkt nebeneinander liegen (und von denen eins dann obenrum flitzt, während das andere untenrum bummelt) lagen weit vor dem Flügel noch nicht nebeneinander, und werden es auch an der Endleiste nicht tun. Schon deutlich vor dem Flügel krümmt sich die Strömung durch den Einfluß des Flügels, und im Nachlauf krümmt sie sich auch nochmal, sprich dort herrschen bereits auf unterschiedlichen Stromlinien unterschiedliche Geschwindigkeiten. Moleküle die weit vor dem Flügel genau übereinander lagen, werden weit hinter dem Flügel leicht versetzt sein, da die Luft ja nicht im selben Winkel zu- wie abströmt.

 

So wird nämlich Auftrieb produziert, die Stromlinien werden nach unten geknickt, Luft wird nach unten beschleunigt. Impulssatz für strömende Medien: Kraft = Massenstrom * Geschwindigkeitsdifferenz

Auftrieb = Massenstrom * Anströmgeschwindigkeit * sinus(Abströmwinkel - Zuströmwinkel).

 

Die Weglängentheorie taugt dazu, qualitative Aussagen zu machen (Noch nie war auf einem längeren Weg die Strömung langsamer, als auf einem kurzen. Noch nie hat ein Profil Kraft in die Richtung der kurzen Weglänge entwickelt. Noch nie hat der Staupunkt eines Profils auf der dem Anstellwinkel entgegenliegenden Seite der Nasenleiste gelegen), ist aber nicht in der Lage quantitative Berechnungen durchzuführen. Damit langt sie für den Piloten.

Die Potentialtheorie erlaubt näherungsweise quantitative Aussagen, allerdings nur bezüglich Lage des vorderen Staupunkts und ganz gut bezüglich der Geschwindigkeiten über die ersten 80% des Flügels. Das genügt völlig um halbwegs realistisch Auftrieb zu berechnen, allerdings nur bei kleinen Anstellwinkeln mit anliegender Strömung. Bei der Berechnung von Momentenbeiwerten ist die Potentialtheorie schon schwach, da dort die Strömung im Endleistenbereich aufgrund des langen Hebelarms hohen Einfluß hat. Windkanalmessung und Rechnung weichen da schon deutlich ab, je höher die Profilwölbung und je geringer die Re-Zahl, desto schlimmer. Und dem Piloten nützt sie kein bischen.

 

Gruß

Ralf

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Was mich daran am meisten verwirrt: Wenn ich des und andere Posts des OP richtig verstehe, dann soll dieses Modell Anfaengern im Fachhochschulstudium beigebracht werden - die Armen!

 

Gruss,

Florian

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Wenn ich des und andere Posts des OP richtig verstehe, dann soll dieses Modell Anfaengern im Fachhochschulstudium beigebracht werden
Nun, für die ist es doch eine brauchbare Theorie. Sie erlaubt eine näherungsweise Berechnung des Auftriebs, des Nullauftriebswinkels, näherungsweise des Druckpunkts und vor allem auch der Auftriebsverteilung entlang der Spannweite. Hinreichend genau für den Fachhochschüler. (ich meine jetzt nicht im Gegensatz zum Universitätsstudenten, sondern z.B. im Gegensatz zum Airbus-Aerodynamik-Entwicklungsingenieur). Und darauf basierende Software mit entsprechend verfeinertem Ansatz (und allerlei Korrekturen, z.B. zur Berücksichtigung der Grenzschicht) ist heute in der Lage, sehr exakte Ergebnisse zu produzieren. Für diesen Zweck ist die Potentialtheorie das beste, was wir derzeit haben.

 

Nur für den Piloten ist sie völliger Blödsinn, da weder anschaulich, noch "die Wahrheit" (für sowas sind Philosophen zuständig, nicht Ingenieure), noch geeignet um irgendwelche Schlüsse für den täglichen Flugbetrieb daraus zu ziehen.

 

Darüberhinaus wird sie oft auch falsch wiedergegeben, die Bilder im Vortrag (Strömungsbild ohne Zirkulation, Strömungsbild mit Zirkulation) kann man niemals so mit nur einen gebundenen Wirbel oder einer Wirbelschicht auf der Profilsehne berechnen! In der Praxis belegt man die gesamte Profiloberfläche mit Wirbeln, wenn man Profile mit realistischer Dicke berechnet, und vor allem hübsche Stromlinien malen will (was wiederum nur für die Powerpoint-Präsentation fürs Management wichtig ist, dem Ingenieur sind die völlig egal). Die getrennte Berechnung von Profiltropfen (mit Quellen und Senken) und Skelettlinie (mit Wirbeln) funktioniert nur für dünne Profile im Sinne des Mathematikers (so 0.1% Profdildicke, und auch dann nur als Näherung). Für realistische Profile versagt sie kläglich um das Strömungsfeld zu berechnen, sagt jedoch ganz gut den Auftrieb voraus. Was ja der Sinn dieser Theorie ist.

 

Und ich stimme mit dem Vortragenden natürlich darin überein, das die 1/3 Druck auf der Unterseite 2/3 Sog auf der Oberseite Aussage völliger Quatsch ist. Das muß man nur einmal im Pilotenleben wissen, wenn man die Theorieprüfung bestehen will. Ansonsten ist die Aussage etwa so richtig, wie zu sagen: Die Luft um ein Flugzeug ist 15°C warm. Hin und wieder stimmt sie, ist aber völlig irrelevant. Gut möglich, das manchmal die Oberseite 2/3 des Auftriebs liefert (bei einem ganz spezifischen Anstellwinkel), aber selten. Und wenn, dann ist das völlig egal für das allgemeine Verständnis.

 

Gruß

Ralf

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Ralf, völlig Deiner Meinung! :008:

 

Man sollte immer klarmachen, dass die Zerlegung der Strömung in Potentialströmung und Zirkulation ein *mathematischer* "Trick" ist, um zu halbwegs rechenbaren Lösungen zu kommen - bei Joukowsky-Profilen sogar auch ohne Computer, wenn man ein fleissiger Rechner ist.

 

Ich hab' schon Piloten "kritisieren" hören, dass da ja nachweisbar garkeine Strömung auf der Unterseite nach vorne fliesst, somit die "Theorie" Mist sei... :001:

 

Ich denke, der "Oben-langer-Weg"-Ansatz ist einer der unrealistischsten: Die Luftteilchen oben und unten wissen nichts voneinander. Zudem zeigen die Messungen, dass die Oben-Strömung dicht am Profilende noch immer deutlich schneller ist als die Unten-Strömung. Erst ein ganzes Stück weiter hinten gleichen sich die Geschwindigkeiten (da die Strömung nicht reibungsfrei ist) an.

 

Wie Du sagtest: Eine Tragfläche lenkt die Strömung um. Mit einer gekrümmten Strömung geht immer ein Druckgradient einher (wobei der höhere Druck auf der konvexen Seite ist). Der Gradient ist umgekehrt proportional zum lokalen Krümmungsradius (daher die Kutta-Bedingung - Radius Null würde unendlich hohen Druckgradienten zur Folge haben) und proportional zu v^2. Und natürlich gilt Bernoulli im abgeschlossenen System immer, somit auch lokal der Zusammenhang von Druck und Geschwindigkeit. Hinzu kommt dann noch das "Kleben" der Strömung an der Flügel-Oberfläche, also das Grenzschichtverhalten. Wurstelt man das ganze zusammen, bekommt man ein ziemlich dickes Randwertproblem, für das auch heute noch ein leistungsfähiger Computer sehr viel Zeit benötigt. Deshalb all die mathematischen(!) Vereinfachungen und "Tricks": Um die viel kompliziertere "Wirklichkeit" praktisch rechenbar zu machen.

 

Meine Meinung: Auch für den "interessierten Laien" sollte man - wie Du es gesagt hast - auf die eingängigere und realistischere Erklärung zurückgreifen: Ein Flugzeug fliegt, weil die Tragfläche die Strömung umlenkt. Schluss mit dem "langen Weg oben" und "Zirkulation" nur dann, wenn man dem Interessierten auch klarmachen kann, dass die reale Strömung zwecks Rechenbarkeit "künstlich" in zwei Komponenten zerlegt wird und da in der Realität nirgendwo Luft um den Flügel kreist.

 

Viele Grüsse

Peter

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Lieber Ralf,

 

ich bin im Großen und Ganzen, aber nicht völlig Deiner Meinung: Natürlich ist die Potentialtheorie geeignet, bestimmte Fragen mathematisch zu beantworten. Ob in der Aerodynamik der Erkenntnisgewinn allerdings hoch genug ist, um den theoretischen Überbau zu rechtfertigen, sollen andere beurteilen.

 

Was ich allerdings weiterhin für Zweifelhaft halte ist der pädagogische Ansatz, Studienanfänger mittels Potentialtheorie in die Aerodynamik einzuführen. Bis der Student die grundsätzliche Idee wirklich verstanden hat und in der Integrationstheorie weit genug ist, um mit der Mathematik was anfangen zu können, ist das Grundstudium rum. Daher befürchte ich sehr, dass in den entsprechenden Veranstaltungen zu schnell auf das Klötzchen zusammenschieben im dynamics tool gesprungen wird und die Studenten am Ende gar nichts verstehen.

 

Wie auch Peter schreibt, gibt es nicht nur für interessierte Laien sondern auch für junge Studenten bessere Zugänge zur Aerodynamik, als die Potentialtheorie...

 

Gruss,

Florian

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Florian, Peter,

 

ich habe mich immer gewundert, warum die aerodynamik so fürchterlich mathematisch ist. Man kann halt keine Aerodynamik studieren, und stellt relativ schnell fest, das 99,9% der Aerodynamikprofis studierte Mathematiker (und oft auch Doktoren der Mathematik) sind.

Die haben daher immer nur Theorien entwickelt, die es ihnen erlauben eine geschlossene mathematische Lösung zu finden, und die möglichst auch noch auf elementare Integrale zurückzuführen. In der Folge ist die erste Generation wissenschaftlich entwickelter Profile im wesentlichen darauf basierend, was man rechnen kann. z.B. die Joukowsky-Profile die mit einer einfachen konformen Abbildung auf den (mathematisch simplen) umströmten rotierenden Kreiszylinder zurückgeführt werden kann, oder wie die ersten NACA Profile, die durchweg Kreisbogenskelettlinien hatten, die (wie richtig gesagt) eine über die Tiefe konstante Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Ober- und Unterseite haben. Diese Profile sind kein bischen aerodynamisch optimiert, sie sind nur optimal zu berechnen.

 

Der nächste Mathematikermythos wäre dann noch die elliptische Auftriebsverteilung...

Oder der Munck´sche Verschiebungssatz...

 

Alles für Mathematiker unglaublich praktisch, aber dem Flgzeugkonstrukteur und erst recht dem Piloten ziemlich egal.

Wie der Hummel, die nach der Potentialtheorie wie hier beschrieben nämlich nicht fliegen kann. Mathematisch bewiesen! q.e.d.

 

Gruß

Ralf

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Vielen Dank für die vielen Beiträge. Die Diskussion hat gegen Schluss deutlich an Niveau gewonnen. Ein paar Missverständnisse, die ich selber verursacht habe, möchte ich noch klären

 

1. Im Studiengang Aviatik der ZHAW werden nicht Piloten ausgebildet, obwohl die Lizenz eine Option ist und obwohl zurzeit 11 PA der Schweizer Armee und 10 der Bundeswehr im ersten Semester studieren. Der Studiengang soll vielmehr die Absolventen befähigen, im komplexen System Flugverkehr eine verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen.

 

2. Ich unterrichte Physik und nicht Aerodynamik. Deshalb rede ich nur etwa eine halbe Lektion über die Potentialtheorie. Meine Vorlesungen vom vorletzten Jahr haben wir auf Video aufgenommen und sind öffentlich einsehbar.

 

3. Die Systemphysik, die wir in den letzten 25 Jahren auf der Basis des Karlsruher Physikkurses entwickelt hat, hat einen Reifegrad erreicht, den ich nun - nicht ohne Stolz - in Diskussion um die naturwissenschaftliche Grundausbildung von Ingenieuren, Naturwissenschaftern und Ärzten einbringen will. Deshalb auch dieser Youtube-Kanal mit mittlerweilen 150 Beiträgen.

 

4. Modellbildung und Simulation bilden das Skelett der Systemphysik. Wir bringen heute die Studierenden in nur einem Semester so weit, dass sie im zweiten Semester Probleme wie Windscherung, Flug einer Wasserrakete oder Start einer Grossrakete eigenständig modellieren können.

 

5. Obwohl weltweit unzählige Vorlesungen aufgezeichnet und ins Netz gestellt werden, ist die Qualtiät der Methode unbefriedigend. Auch die Qualität meiner Videos ist überhaupt nicht zufriedenstellend.Deshalb beabsichtige ich, in den nächsten Jahren kurze Video-Clips zu einzelnen Themen zu produzieren. Ich schätze die Kosten pro Clip auf etwa 3000 -5000 sFr. Und da stellt sich die Frage nach der Finanzierung.

 

Werner Maurer (http://www.zhaw.ch/~maur)

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Werner, das hört sich sehr vielversprechend an. Und natürlich wirst Du um die Techniken(!) der Potentialtheorie - da historisch gewachsen und recht erfolgreich - nicht herumkommen.

 

Zum tieferen Verständnis(!) würde ich aber - zusätzlich zur reinen Vorlesung- mal versuchen, z.B. die Stundenten Bernoulli ableiten zuj lassen. Das geht nämlich auf zwei Arten: Klassisch (wie in fast allen Lehrbüchern) über das Kontinuitätsprinzip plus Energieerhaltung, oder aus der Betrachtung der Bahnbeschleunigung eines infinitesimalen Teils der Strömung. Effekt der beiden Ableitungsarten: Man nimmt die oft fälschlich antizipierte einseitige Kausalität aus dem Bernoulli (Druck und Geschwindigkeit bedingen sich einfach gegenseitig).

 

Darauf aufbauend kannst Du den Studenten nahebringen, sich zu überlegen, was sich bei einer Radialbeschleunigung eines infinitesimalen Strömungsteils ergibt: Man versteht sofort, warum mit einer gekrümmten Strömung ein Druckgradient einhergeht und macht sich klar, warum auf einer Flügeloberseite geringerer, auf der Flügelunterseite höherer als Umgebungsdruck auftreten muss.

 

Dann dürfen die Navier-Stokes-Gleichungen kommen, dann ein bischen Hinweis auf die Grenzschichttheorie von Prandtl (Vereinfachung der NS-Gleichungen zwecks praktischer Lösbarkeit), dann der Flettner-Rotor, Zirkulation, Joukowsky-Transformation, Verfeinerungen und all die "modernen" (und teilweise sehr teuren) Fluiddynamik-Programme.

 

Alles nach den Navier-Stokes-Gleichungen ist aber eigentlich schon Technik, nicht mehr "nur" Physik.

 

Ralf hat eine schöne Analogie gebracht: Die Potentialtheorie verhält sich zur allgemeinen Strömungsmechanik ein bischen wie das Bohr'sche Atommodell zur Quantenmechanik. Mit Bohr kann man das Wasserstoffatom recht gut berechnen (bis auf den Durchmesser, der erklärt sich erst aus der Unschärferelation :D ) für komplizierteres benötigt man eben Schrödinger/Heisenberg.

 

Und dann - wie ich finde sehr wichtig - bring den Stundenten die einfache Formel nahe, die Ralf oben angeführt hat. Die reicht für die meisten, die keine ausgefuchsten und exotischen Profile (mit Strömungsfeld-Grafik für's Management ;) ) berechnen müssen. Wobei ohnehin ja auch die tollsten theoretisch berechneten Profilmodelle auf jeden Fall im Windkanal getestet werden und dann seltsamerweise um kleinere (oder häufig grössere) Modifikationen eigentlich nie herumkommen...

 

Die Ableitungsgänge kannst Du von mir bekommen (MS-Word mit Formeln), wenn Du mir Deine mailadresse zukommen lässt.

 

Viele Grüsse

Peter

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Hallo miteinander,

gerade hatte ich mit einem Forumteilnehmer eine E-Mail-Korrespondenz zu diesem Thema.

 

Ich stelle nun den Text der E-Mail und den Text des Anhangs zur Diskussion und bitte um kritische Anmerkungen.

 

 

Text der E-Mail:

 

Auch ich gehöre zu den Leuten, die die Beschreibung des Auftriebs mit Hilfe des Satzes von Bernoulli, so wie es üblicherweise gemacht wird, für nicht korrekt halten.

Begründung:

Für jedes übliche Profil gibt es eine Anströmrichtung, bei der es weder einen Auftrieb noch einen Abtrieb liefert, z. B. bei einem geometrischen Anstellwinkel von -5°.

Gemäß der üblichen Erklärung mit Hilfe des Satzes von Bernoulli gäbe es bei einem Anstellwinkel von -4° wegen der Druckdifferenz zwischen Ober- und Unterseite der Tragfläche noch einen Auftrieb, und bei -6° einen Abtrieb, auch wegen der jetzt aber umgekehrten Druckdifferenz.

Und bei genau -5° soll diese Druckdifferenz auf einmal null sein, obwohl sich bei der geringen Winkeländerung die Umströmung des Profils im Vergleich zu den anderen Winkeln sicher nicht anders ist?

 

Die Ursache für diese Ungereimtheit ist eine falsche Anwendung des Satzes von Bernoulli, nämlich separat für die Ober –bzw. Unterseite einer Tragfläche, und noch dazu in einem freien Strömungsfeld, wo sich Druckdifferenzen ausgleichen können.

 

Ich habe in meinen Skripten nachgeschlagen, wie damals unser Dozent bei der Ableitung des Satzes von Kutta-Joukowsky den Satz von Bernoulli angewendet hat. Er hat die Tragfläche als Ganzes in einem Kontrollraum betrachtet, und dann für die Beschreibung der Strömung am Ein -bzw. Ausgang des an den Seiten geschlossenen Kontrollraums den Satz von Bernoulli so für eine geführte Strömung benutzt.

 

Um einen Weg zu finden, den Auftrieb möglichst ohne kognitive Unvereinbarkeiten zu erklären, ist es sinnvoll zunächst einmal zu beschreiben, was aus Sicht der Physik geschieht:

 

In einer stationären und homogenen Luftströmung wird eine Fläche eingebracht, die die massebehafteten Luftteilchen zur Änderung ihrer Geschwindigkeitsvektors zwingt.

Um die dafür notwendigen und entstehenden Kräfte zu betrachten, sind die Newton`schen Axiome das richtige Werkzeug.

 

Text des Anhangs:

 

Stellen wir uns einfach einmal ein kleines mit Luft gefülltes Volumenelement dV mit der Masse dm vor, das sich gerade mit der Geschwindigkeit v längs der Oberseite eines Tragflügelprofils bewegt. Nahe der Tragflächenvorderkante folgt es einer Bahn mit einem geringen Kurvenradius, der immer größer wird, je mehr sich das Volumenelement der Tragflächenhinterkante nähert.

 

Um die Masse dm des Volumenelements zu bekommen, muss man das Volumen dV mit der Luftdichte rho multiplizieren. Also

 

dm = dV*rho (1)

 

Die Masse dm bewegt sich nun längs der Profiltiefe auf Kreisbogensegmenten mit verschiedenen Radien. Wenn sich eine Masse dm auf einer Kreisbahn bewegt, entsteht eine Zentrifugalkraft dFz, die an der Tragfläche oben zieht (und unten drückt). Die Teilkraft dFz ist abhängig von der Masse dm, vom Radius r und von der Geschwindigkeit an diesem Punkt auf der Tragfläche. Der genaue Wert dieser Geschwindigkeit ist unbekannt, deshalb nehme ich ersatzweise die TAS und bezeichne diese mit v. Dieser Fehler spielt später bei der Verwendung des Auftriebsbeiwertes Ca keine Rolle mehr.

 

dFz = (1/r)*dm* v^2; v^2 bedeutet v zum Quadrat (2)

 

Mit der Gleichung (1) erhält man dann die Gleichung

 

dFz = (1/r)*dV*rho*v^2 (3)

 

Es bewegen sich natürlich zu jedem Zeitpunkt sehr viele solcher Volumenelemente längs Oberseite und auch Unterseite des Profils. Zu jedem dieser Volumenelemente gehört eine Teilkraft dFz, abhängig von Radius an der Stelle, wo sich das Volumenelement gerade befindet und natürlich auch von der Geschwindigkeit v. Um nun die Gesamtkraft Fz zu bekommen, muss man alle Teilkräfte dFz über die gesamte Fläche A der Tragfläche vektoriell addieren. Dieses Integral ist sicher sehr schwierig zu lösen, aber wir wissen aus der Praxis, dass es einen endlichen Wert hat, den wir mit K bezeichnen. Rho und v^2 bleiben als konstant außerhalb der Integration.

 

F = K*rho*v^2 (4)

 

Jetzt muss man nur noch ein wenig algebraisch tricksen und dabei K auf die Flügelfläche A beziehen. Das darf man ruhig machen, weil vorher ja über diese Fläche integriert wurde.

 

Mit (K/A)*A = k*A erhält man die Gleichung

 

Fz = k*A*rho*v^2, und mit k = Ca/2 gelangt man dann im Prinzip zur gebräuchlichen Form:

 

Auftrieb Fa = Ca*A*(rho/2)*v^2 (5)

 

Fa ist eine Komponente von F und wirkt der Schwerkraft genau entgegen. Das wird neben anderem mit dem Auftriebsbeiwert Ca, der natürlich auch vom Anstellwinkel abhängt, berücksichtigt.

 

 

Jetzt kann man auch gut verstehen, warum der vordere Teil der Tragfläche am meisten zum Auftrieb beiträgt. Dort sind nämlich die Bahnradien am geringsten und damit die Zentrifugalkräfte an höchsten. Wenn man den Anstellwinkel erhöht, werden kurz hinter der Vorderkante des Profils die Bahnradien noch geringer, der Auftrieb steigt weiter an, und der Druckpunkt wandert in der Regel weiter nach vorne. Das darf man aber nicht zu weit treiben, denn wenn die Strömung abreißt und verwirbelt, gibt es zwar immer noch Zentrifugalkräfte, aber diese sind größtenteils nicht mehr gleich gerichtet, der Auftrieb nimmt deshalb stark ab. Für einen Auftrieb muss die Strömung hinter der Tragfläche eine nach unten gerichtete Komponente haben.

 

Gruß!

 

Hans

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Hans, ganz auf die Schnelle (ich muss mir dafür ein bischen Zeit nehmen)...

 

Auf den wirklich allerersten Blick sehe ich im Anhang Gl.3 eine ganz klare Nähe zu

 

grad p = rho v^2 * 1/r (Druckgradient bei gekrümmter Strömung).

 

p:= Druck, rho:= Dichte, r:= lokaler Krümmungsradius (Vektor)

 

Du sagst ganz richtig, dass v unbekannt ist (es ist die lokale Geschwindigkeit am Ort des infinitesimalen Strömungsteilchens, wieder ein Vektor). Du nimmst dafür die TAS, das ist die Geschwindigkeit der entfernten Strömung. Aus der könntest Du jetzt mit Bernoulli das v im Gradienten (und der Gl.3) durch ein p ersetzen und bekämst so eine (partielle) Differentialgeichung mit grad p links und p rechts...

 

Aber ich werde Deinen Beitrag auf jeden Fall noch im Detail durchgehen, dauert nur ein bischen (Rentner haben nie Zeit :D) und morgen hab' ich ein Fliegerle reserviert... es wird das Wochenende werden.

 

Viele Grüsse

Peter

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Die Ursache für diese Ungereimtheit ist eine falsche Anwendung des Satzes von Bernoulli, nämlich separat für die Ober –bzw. Unterseite einer Tragfläche, und noch dazu in einem freien Strömungsfeld, wo sich Druckdifferenzen ausgleichen können.

Die Ursache für die Ungereimtheiten ist, das viele Leute nicht den Unterschied zwischen Nasenleiste und Staupunkt verstehen. Viele geben ja als "Beweis" für das Versagen der Weglängentheorie den Rückenflug mit Normalprofilen an, da werde ja Auftrieb in Richtung des kurzen Weges produziert. Das ist natürlich völliger Quatsch, im Rückenflug liegt bei schon realtiv extremen Anstellwinkeln (z.B. bei der ASK-21, die hängt ja gefühlt schon fast senkrecht in der Luft ;-) der Staupunkt natürlich sehr weit auf der normalen Flügeloberseite. Die Nasenleiste wird deutlich entgegen der allgemeinen Flugzeuganströmung umströmt.

Wer nicht weis, wo der Staupunkt ist, kann Bernoulli nicht anwenden und kennt die Weglängen nicht. Mit Bernoulli kann man die Lage des Staupunkts nicht berechnen. Man kann allerdings grob schätzen wo der Staupunkt liegt (wenn man ein wenig Erfahrung hat) und dann eine Qualitative Aussage mit Bernoulli machen. Nicht mehr und nicht weniger.

 

Ich kann jedem nur mal einen Windenstart im Regen auf Flugzeugen wie der Rhönlerche, dem Specht oder Ka2/Ka7 im hinteren Sitz empfehlen. Es ist schon beachtlich zu sehen, wie weit hinten auf der Unterseite der Staupunkt liegt (wenn man sich ordentlich ans Seil hängt), und wie das Wasser von dort nach vorne und dann nach oben um die Flügelnase fließt.

 

Ein entsprechendes Video wäre sicher seeeeehr lehrreich. Alternativ könnte man das auch auf der ASK-21 im Rückenflug machen, aber ich würde ungern erproben, wie sich das Profil nass auf dem Rücken verhält... Ausserdem begünstigt die Flugbahn im Windenstart den Effekt, da der Regen bei 45° Steigwinkel eher mit der Anströmrichtung auf das Profil trifft, und die Tropfenträgheit nicht so viel Einfluss hat.

Eine ganze Reihe Wollfäden leicht diagonal um die Nasenleiste geklebt würde auch nett anzeigen, wo der Staupunkt bei welchem Anstellwinkel liegt.

 

Gruß

Ralf

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...Wer nicht weis, wo der Staupunkt ist, kann Bernoulli nicht anwenden und kennt die Weglängen nicht. Mit Bernoulli kann man die Lage des Staupunkts nicht berechnen. Man kann allerdings grob schätzen wo der Staupunkt liegt (wenn man ein wenig Erfahrung hat) und dann eine Qualitative Aussage mit Bernoulli machen. Nicht mehr und nicht weniger...

 

Wenn ich dich richtig verstehe, liegt also bei dem wirksamen Anstellwinkel von 0° (kein Auftrieb) der Staupunkt so, dass die Weglängen gleich sind?

 

Ich habe kürzlich einmal bei einem Segelflugzeug nachgemessen. Obenherum war der Weg nur um 2,5% länger. Allerdings habe ich genau von der vordersten Tragflächenkante her gemessen. Für einen vernünftigen praxisbezogenen Wert wäre es wohl besser gewesen, ich hätte den Messpunkt weiter nach unten gelegt.

Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass der Unterschied bei den Weglängen ausreicht für eine Geschwindigkeitsdifferenz, um nach Bernoulli eine ausreichende Druckdifferenz zu erzeugen.

 

Gruß!

 

Hans

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Wenn ich dich richtig verstehe, liegt also bei dem wirksamen Anstellwinkel von 0° (kein Auftrieb) der Staupunkt so, dass die Weglängen gleich sind?
Grob gesagt ja.

 

Obenherum war der Weg nur um 2,5% länger. Allerdings habe ich genau von der vordersten Tragflächenkante her gemessen. Für einen vernünftigen praxisbezogenen Wert wäre es wohl besser gewesen, ich hätte den Messpunkt weiter nach unten gelegt.
Und zwar nahe dem Maximalauftrieb schon so bei 5% Flügeltiefe.

 

Wer es nicht kennen sollte, mit Hepperle´s JavaFoil sollte man mal gespielt haben. Das ist ein sehr schönes Tool um die Umströmung von Profilen sichtbar zu machen. Wenn du reibungsfrei rechnest, kannst du den Staupunkt auch auf 90% Unterseite bei 60° Anstellwinkel treiben. Ist natürlich praxisferner Blödsinn, illustriert aber was das Profil rechnerisch tun würde. Dabei ist die Profilnase dann satt mit Überschall umströmt. Wenn du genau den Punkt kurz vor der Division durch Null triffst, kannst du die Nasenleiste bei 89,99...° auch mit Lichtgeschwindigkeit umströmen :D

Man kann damit aber auch ernsthaft rechnen ;)

 

Gruß

Ralf

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Ein schönes Spielzeug. Ich habe gleich mal probiert einen Anstellwinkel zu finden, bei dem die Strömung nach dem Profil genau so gerichtet ist wie vor dem Profil. Das funktionierte. Bei dem Joukovski-Profil ungefähr beim Anstellwinkel von ca. -3,5°.

 

Gruß!

 

Hans

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Hallo Hans,

 

zu Deinem Beitrag: Ich halte die Ableitung bis inklusive Gl.3 für völlig in Ordnung. Bei der Gleichsetzung von v mit der TAS der entfernten Strömung habe ich allerdings grösste Zweifel, dass das zulässig ist: In Deinen Gleichungen ist v die lokale(!) Geschwindigkeit des kleinen dm. Weder Betrag noch Richtung dieses Vektors ist bekannt; tatsächlich geht ja mit dem Strömungsfeld auf/unter/vor/hinter der Tragfläche eine sehr variable Druck- und eben auch Geschwindigkeitsverteilung einher. Ich würde daher Deinen weiteren Formeln zunächst mal nicht folgen wollen - das v in Gl.3 fällt nicht als konstant aus der Integration heraus. Das Rho bleibt natürlich unter der Vorraussetzung konstant, dass inkompressible Strömung vorliegt.

 

Andererseits zeigt Deine Gl.3 ja schon, dass bei einer gekrümmten Strömung Kräfte auftreten, die proportional 1/r sind, die Richtung ist auch klar definiert: Senkrecht zur Bahngeschwindigkeit des Teilchens, also orthogonal zu den Stromlinien.

 

Woher kommt diese Kraft? Du könntest genauso beginnen, eben dass sich ein kleines Volumenelement dV mit der Masse dm bewegt. Um dessen Bahn zu krümmen (orthogonal zur Bahngeschwindigkeit) benötigst Du eine Kraft. Diese kann aber nur aus einer Druckdifferenz stammen, die in Richtung r auf dV gegen die Zentralkraft wirkt. So kommst Du zum Druckgradienten, zu einer partiellen DGl und zur Ausage: Jede gekrümmte Strömung geht mit einem Druckgradienten einher, der hohe Druck liegt auf der konvexen Seite.

 

Klar, man kann daraus natürlich nicht ohne riesigen Rechenaufwand ein Ca oder Cw berechnen, aber sofort qualitativ verständlich machen, woher die Druckdifferenzen an einer Tragfläche (und davor und dahinter) kommen. Man muss nur - wie Du es ja auch ganz richtig am Schluss Deines Beitrages machst, ein Strömungsbild (z.B. aus dem Windkanal) oder hilfsweise eben ein Tragflächenprofil gemäss der Bahnkrümmungen interpretieren.

 

Und nochwas: Mit Deinen Überlegungen nach Gl.3 wird man Ca oder Cw natürlich nur mit ziemlich grossen Fehlern berechnen können, eben wegen der unzulässigen Vereinfachung "lokales v gleich v der ungestörten Strömung" und weil danach der Bereich der Strömung vor und hinter der Tragfläche "automatisch" vernachlässigt wird. Trotzdem halte ich Deinen Beitrag zum Verständnis der Auftriebserzeugung deshalb für wirklich gut, eben weil er von den Newton'schen Grundvorraussetzungen ausgeht und auf die bekannten und überhaupt nichts erklärenden "Glaubenssätze" verzichtet.

 

Viele Grüsse

Peter

 

P.S. Javafoil ist wirklich ein "schönes Spielzeug", aber eben für den Laien nicht ungefährlich: Man kann damit sehr "verrückte" Beispiele berechnen, ohne dass man irgenwie gewarnt wird - mathematisch richtig, aber physikalisch völlig irreal, eben weil man sich ausserhalb des leider ganz undefinierten Gültigkeitsbereichs des Programms bewegt. Für Benutzer mit Vorkenntnissen aber wirklich sehr brauchbar.

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@PeterH

 

Hallo Peter,

 

vielen Dank für die Durchsicht und die kritischen Anmerkungen. Ich habe den letzten Teil des Texes etwas überarbeitet.

Mir ging es nicht darum, Formeln zur quantitativen Berechnung des Auftriebs an einer realen Tragfläche zu entwickeln, dafür fehlen mir die Fachkenntnisse.

Vielmehr wollte ich nur eine einfache, verständliche und physikalisch richtige (hoffentlich!?) Erklärung für das Phänomen Auftrieb finden, die direkt an allgemeine Erfahrungen anknüpft. Die Zentrifugalkraft kennt man vom Autofahren und das Rückstoßprinzip kennen jene, die schon einmal einen aufgeblasenen Luftballon fliegen ließen.

Bernoulli, Druckgradient, Zirkulation und was es sonst noch so gibt, auf all das wollte ich unbedingt verzichten. Dazu gibt es eine Unzahl an Literatur für Eingeweihte.

 

Nun zu deinen Bedenken.

Die Gleichung Zentrifugalkraft dFz = (1/r)*dV*rho*v^2 akzeptierst du unter der Voraussetzung, dass v die Geschwindigkeit an der Stelle ist, wo die Teilkraft dFz entsteht.

Entsprechend meiner Zielsetzung nehme ich für meine Überlegungen die Zentrifugalkraft. Aber natürlich ist es ein Druck, der die Luftteilchen ähnlich wie bei einem Wirbelsturm auf eine gekrümmte Bahn zwingt.

Wenn man den Auftrieb richtig berechnen will, dann darf man natürlich nicht die Geschwindigkeit v des kleinen dm durch die TAS ersetzen. Diese Vernachlässigung habe ich aber bewusst gemacht, um die TAS einzuführen mit dem Ziel, letztlich zur allgemein bekannten Gleichung

 

Auftrieb = Ca*A*(rho/2)*TAS^2

 

zu kommen.

 

Wenn ich v=TAS=konstant festlege, dann kann man diesen Wert ebenso wie rho vor das Integral nehmen.

 

Da es um den Auftrieb geht, denke ich mir alle Anteile der Kräfte dFz, die die gleiche Wirkungslinie wie die Schwerkraft haben, über die Fläche auf der diese entstehen zur Gesamtkraft Fa, dem Auftrieb, aufaddiert. Diese Integration ergibt einen Wert, den ich mit Ka bezeichne.

 

Auftrieb = Ka * rho *TAS^2

 

Für einen Auftrieb reicht es nicht, dass die Luftteilchen auf eine gekrümmte Bahn gezwungen werden und dadurch die Zentrifugalkräfte vorhanden sind. Zusätzlich müssen die Zentrifugalkräfte dFz in ihrer Summe so gerichtet sein, dass durch die Richtungsänderungen der Strömung ein Abwind (Downwash) entsteht. Dazu muss Ka positiv sein.

 

Nun muss nur noch die tatsächliche Fläche A der Tragfläche eingebracht werden.

 

Auftrieb = ( Ka/A) *A *rho *TAS^2

 

Wenn man jetzt (Ka/A) durch Ca/2 ersetzt, kommt man zur Gleichung

 

Auftrieb = Ca/2 * A * rho *TAS^2, oder die übliche Form Auftrieb = Ca * A * rho/2 *TAS^2

 

Ca ist der Auftriebsbeiwert für einen bestimmten Anstellwinkel aus dem Polardiagramm. Damit ist der Fehler von vorher korrigiert, weil sich Ca aus der Umströmung , so wie sie tatsächlich ist, ergibt.

 

 

Viele Grüße!

 

Hans

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Bjn als aerodramatischer Laie über den Ausdruck "Neutralpunkt" gestolpert. Kann mir den jemand erklären?

 

Danke im Voraus, ein Wirbelzopf sei Dir gespendet...

Andreas

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  • 5 Wochen später...
Die Ursache für die Ungereimtheiten ist, das viele Leute nicht den Unterschied zwischen Nasenleiste und Staupunkt verstehen. Viele geben ja als "Beweis" für das Versagen der Weglängentheorie den Rückenflug mit Normalprofilen an, da werde ja Auftrieb in Richtung des kurzen Weges produziert. Das ist natürlich völliger Quatsch, im Rückenflug liegt bei schon realtiv extremen Anstellwinkeln (z.B. bei der ASK-21, die hängt ja gefühlt schon fast senkrecht in der Luft ;-) der Staupunkt natürlich sehr weit auf der normalen Flügeloberseite. Die Nasenleiste wird deutlich entgegen der allgemeinen Flugzeuganströmung umströmt.

Wer nicht weis, wo der Staupunkt ist, kann Bernoulli nicht anwenden und kennt die Weglängen nicht. Mit Bernoulli kann man die Lage des Staupunkts nicht berechnen. Man kann allerdings grob schätzen wo der Staupunkt liegt (wenn man ein wenig Erfahrung hat) und dann eine Qualitative Aussage mit Bernoulli machen. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich muss jetzt mal ganz dumm fragen, was mir die Weglänge und der Staupunkt bringen, um Bernoulli anwenden zu können? Wir sind uns doch einig, dass die beiden "Luftpakete" nicht zeitgleich hinten ankommen, oder? Solange ich keine detaillierten Angaben zum Strömungsfeld habe, kann ich doch Bernoulli gar nicht anwenden um damit lokale Drücke und damit den Auftrieb zu berechnen. Ich muss allerdings gestehen, dass ich das "Weglängenprinzip von Bernoulli" auch noch nie gehört habe. Bernoulli natürlich schon, jeder Ingenieursstudent kennt Bernoulli :005:

 

Was mich auch wundert ist, dass hier gar nicht von Impuls die Rede ist. Jedes Flugzeug zieht eine Wirbelschleppe hinter sich her, die man bei schlechtem Wetter auch schön in den Wolken beobachten kann. Ist die Weglängentheorie von Bernoulli eine andere Sichtweise, oder schließt sie die Impulsbetrachtung mit ein? Ich gebe zu, dass ich auch zu denen gehöre, die den Rückenflug mit symmetrischen Profilen als Begründung angeben, dass mehr zum Auftrieb gehört als nur Bernoulli, aber ich bin auch kein Aerodynamiker.

 

Wäre nett, wenn du kurz was zum Impuls sagen könntest :)

 

/Edit: Ich sehe gerade du hast in Post 4 schon was dazu gesagt. Da hört sich das aber so an, wie als könnte man Auftrieb auch ausschließlich über den Impuls aussdrücken, was meiner Meinung nach auch nicht korrekt ist. Massenstrom*Geschwindigkeit*Ablenkungswinkel ignoriert ja die real vorhandenen Druckunterschiede.

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Es gibt kein "Weglängenprinzip von Bernoulli". Bernoulli ist eine Form des Energiesatzes, eines der am wenigsten umstrittenen Natuturgesetze überhaupt. Bernoulli sagt nichts anderes, als das die Energie eines Luftpackets entlang einer Stromlinie in reibungsfreier Strömung konstant bleibt. Hat das Packet also kinetische Energie ("ist schnell"), muß die Energie irgendwoher hommen, und zwar aus der elastischen Verformungsenergie der "Luftfeder" die so ein paket darstellt. Somit kann eine Strömung nur beschleunigen, wenn der Druck abnimmt. Wo hohe Strömungsgeschwindigkjeiten herrschen, herrscht niedriger Druck.

 

Das "Weglängenprinzip" ist simple dynamik, wer in gegebener Zeit weiter strömt, muß schneller strömen, also nach Bernoulli niedrigeren Druck haben. Eine stark vereinfachende aber qualitativ immer richtige Aussage.

 

Gruß

Ralf

 

P.S. und den Neutralpunkt, den krieje mer später.

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/Edit: Ich sehe gerade du hast in Post 4 schon was dazu gesagt. Da hört sich das aber so an, wie als könnte man Auftrieb auch ausschließlich über den Impuls aussdrücken, was meiner Meinung nach auch nicht korrekt ist. Massenstrom*Geschwindigkeit*Ablenkungswinkel ignoriert ja die real vorhandenen Druckunterschiede.

 

Der Abwind ist die Folge der Druckunterschiede an einer Tragfläche bei positivem Auftriebsbeiwert.

So wird z.B. an der Tragflächenoberseite durch einen geringeren Druck als dem statischen Druck die Luft auch nach unten beschleunigt, was zum Abwind führt.

 

Du kannst entweder den Impuls des Abwindes zur Erklärung des Auftriebs heranziehen, oder aber die Summe der Kräfte infolge der Druckunterschiede an der Tragfläche. Beides zusammen zu einem Auftrieb verarbeiten würde bedeuten, dass Ursache (Druckunterschied) und Wirkung (Abwind) miteinander verquickt wären.

Eine Kleinigkeit noch. Wenn du Massenstrom*Geschwindigkeit*Ablenkungswinkel schreibst, dann gilt das nur für kleine Winkel im Bogenmaß. Deshalb besser bitte den Sinus des Winkels nehmen.

 

Viele Grüße!

 

Hans

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Das "Weglängenprinzip" ist simple dynamik, wer in gegebener Zeit weiter strömt, muß schneller strömen, also nach Bernoulli niedrigeren Druck haben. Eine stark vereinfachende aber qualitativ immer richtige Aussage
Wie Bernoulli funktioniert war mir schon klar. Aber impliziert nicht deine Erklärung zur Weglänge, dass beide Pakete gleichzeitig hinten ankommen? Wenn ich 2 Wege und 2 Geschwindigkeiten habe, für die ich nicht die gleiche Zeit einsetzen kann, dann kann ich es auch nicht nach der Geschwindigkeit auflösen und meinen Druck berechnen, oder geht es einfach um eine qualitative Aussage?
Der Abwind ist die Folge der Druckunterschiede an einer Tragfläche bei positivem Auftriebsbeiwert.

So wird z.B. an der Tragflächenoberseite durch einen geringeren Druck als dem statischen Druck die Luft auch nach unten beschleunigt, was zum Abwind führt.

 

Du kannst entweder den Impuls des Abwindes zur Erklärung des Auftriebs heranziehen, oder aber die Summe der Kräfte infolge der Druckunterschiede an der Tragfläche. Beides zusammen zu einem Auftrieb verarbeiten würde bedeuten, dass Ursache (Druckunterschied) und Wirkung (Abwind) miteinander verquickt wären.

So habe ich das noch gar nicht gesehen, interessant. Ich dacht der Abwind wäre eine Folge der Kontur, also der Ablenkung, aber es macht Sinn den Druck damit zu verbinden.

Meine Sicht auf den Auftrieb hat sich gerade massiv gewandelt. Ich habe den Abwind bisher nicht als Folge der Druckunterschiede verstanden, sondern Auftrieb als Kombination von Impuls und Druck.

Eine Kleinigkeit noch. Wenn du Massenstrom*Geschwindigkeit*Ablenkungswinkel schreibst, dann gilt das nur für kleine Winkel im Bogenmaß. Deshalb besser bitte den Sinus des Winkels nehmen.
Danke, kleiner Lapsus im Eifer des Gefechts :009:
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