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08.01.2016 l SE-DUX l West Air Sweden l CRJ-200 l Crash


lh388

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Nur mal so als Frage: Wer hier hat das eigentlich schon mal erlebt, dass in true IMC (also rausschauen hilft nichts weil entweder solid black oder solid white) einer der AI angefangen hat, falsch anzuzeigen?

 

Klar, im Simulator ist das alles einfach - da weiss man ja auch , dass das schlimmste, was passieren kann, ist, dass man durch einen Checkflug rauscht - und selbst das ist extrem unwahrscheinlich, weil man ja "weiss", das im Zweifellsfall der AI vor dem PF der falsche ist (weil dem Checker/Lehrer im anderen Fall das Risiko viel zu hoch wäre, dass der PF die Diskrepanz zwischen den beiden AI gar nicht merkt und einfach nach seinem - richtigen - weiter fliegt...).

 

Aber in der Praxis? Da spürt man zunächst, dass das Flugzeug irgendwie komisch liegt. Wenn man dann auf den zweiten AI schaut, dann zeigt der eine zunehmende Querlage an - während der eigene AI noch relativ gerade steht. Was stimmt jetzt?

Klar: Schulbuchmäßig schaut man auf Wendezeiger und Libelle und richtet das Flugzeug - wenn das noch geht, weil die Querlage noch nicht zu groß ist - danach in die Horizontale aus. Hat so eine CRJ eigentlich noch einen unabhängigen Wendezeiger und Libelle? Wer weiss jetzt noch auswendig, wie man danach fliegt?

 

Was weiter vorher mal gesagt wurde "wenn der Höhenmesser nach unten rauscht und das Vario am unteren Anschlag ist, dann weiss man doch, dass man den Flieger erst mal ausleveln muss" halte ich für total praxisfremd: Wenn es schon so weit ist, dann hat der Pilot in IMC praktisch keine Chance mehr, rauszufinden, ob er drücken, ziehen oder was auch immer tun muss, um auszuleveln...

 

Florian

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Ich glaube die interessanteste Frage in diesen Zusammenhang ist, wie plötzlich das Problem gekommen ist.

Hatten die Piloten wirklich Zeit für eine Analyse der Situation? Und wenn einen (obwohl man noch der, völlig korrekten, Meinung ist man würde mehr oder weniger geradeaus fliegen) die Computer anblöken "Bank Angle! Bank Angle!" was macht man dann? Auf das erstbeste Instrument vor der Nase gucken und reagieren. Nicht schlau, aber menschlich.

Als der Autopilot ausgestiegen ist, war der aufgezeichnete Pitch schon kurz vor 30°. Was macht man da, insbesondere wenn man noch im Hinterkopf hat, das andere Kollegen ein Stallproblem hatten, und nicht genug gedrückt haben. 11 Sekunden nachdem sich ein Problem gezeigt hat, war der Flieger (angezeigt) bei 60° Schräglage aber nicht etwa bei 2g (die dann normal gewesen wären) sondern bei Null.

Wie oft hat ein normaler Airlinepilot 0g erlebt? Der Simulator kann das gar nicht, und in der Ausbildung macht man es auch nicht unbedingt. Von den -1g die sie zeitweilig hatten mal ganz zu schweigen...

 

Ich hoffe nur, man kann aus den FDR Daten irgendetwas sinnvolles rauslesen, kann feststellen was davon tatsächlich geflogen, und was nur fälschlicherweise angezeigt wurde. Sonst bleiben die Reaktionen der Piloten einfach unerklärlich, und am Ende wird von diesem Unfall nicht viel mehr übrig bleiben, als zwei Volldeppen die ein perfektes Flugzeug versenkt haben. Mal wieder.

 

Gruß

Ralf

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.................

Hat so eine CRJ eigentlich noch einen unabhängigen Wendezeiger und Libelle? Wer weiss jetzt noch auswendig, wie man danach fliegt?

..................

Die erste Frage kann ich nicht aus eigener Anschauung beantworten, dachte aber, daß sie zur unabdingbaren Grundausstattung zum IFR-Fliegen gehören (u.a. wg. Vorkommnissen wie dem hier diskutierten). Die Interpretation von Libelle bzw. Wendezeiger empfand ich eigentlich immer als absolut 'foolproof', weil intuitiv anwendbar.

 

Was weiter vorher mal gesagt wurde "wenn der Höhenmesser nach unten rauscht und das Vario am unteren Anschlag ist, dann weiss man doch, dass man den Flieger erst mal ausleveln muss" halte ich für total praxisfremd: Wenn es schon so weit ist, dann hat der Pilot in IMC praktisch keine Chance mehr, rauszufinden, ob er drücken, ziehen oder was auch immer tun muss, um auszuleveln...

 

    Florian

 

Wg. dem unkalkulierbarem Risiko eines Selbstversuches kann man diese Frage natürlich nur hypothetisch aus der Couchsesselperspektive beantworten. Trotzdem sollten die elementaren Grundüberlegungen auch im Streß eines realen Ereignisses anwendbar sein. Es gibt ja nicht so viele Möglicheiten.

 

Diese wären:

 

1. Wenn Höhe schnell runter und Fahrt schnell rauf geht - Power idle

 

2. danach Handlungen zur Situationsanalyse:

 

a) Nichts tun und Beten - erfordert großes Gottvertrauen, ohne die Chancen auf einen guten Ausgang signifikant zu erhöhen.

 

oder - (in Abhängigkeit von  Normal- oder  Rückenfluglage)

 

Normallage:

 

b ) Ziehen = auf jeden Fall grundfalsch (!!!)

c) Drücken - kann die Situation nicht mehr verschlimmern, im besten Fall aber die Strömung wieder zum anliegen bringen (sollte man im Verlauf bemerken, daß man mit gleichmäßigem "Gewicht" in den Gurten hängt, weiß man, daß man im Begriff ist, den Flieger in Rückenfluglage abzufangen).

 

Rückenlage:

 

vice-versa = Anwendung von  "Ziehen" und "Drücken" vertauschen

 

Wenn man aber nicht weiß, ob sich der Flieger in Normal- oder Rückenfluglage befindet, bleibt nur, in beide Richtungen zu probieren. Fünf bis zehn Sekunden sollten genügen, um eine anfängliche Reaktion des Flugzeuges zu bewirken.

 

Einschränkung: im deep-stall oder flat-spin werden konstante Höhenruderausschläge keine Wirkung zeigen. Wenn überhaupt etwas helfen kann, dann apruptes schnelles stossen, um dem Heck einen nose-down-kick zu geben.

 

Achtung: mit Ausnahme der Handlungsoption "a)" ist die Wirkung der genannten Beispiele bei Anwendung auf modernen Airbus-Flugzeugen m.E. nicht vohersehbar. 

 

Just my 2ct.....

 

Gruß

Manfred

Bearbeitet von DaMane
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b ) Ziehen = auf jeden Fall grundfalsch (!!!)

...

Rückenlage:

vice-versa = Anwendung von  "Ziehen" und "Drücken" vertauschen

 

Genau das meinte ich: Ziehen ist eben nicht in jedem Fall grundfalsch! So lange man nicht weiss, ob man in Normal- oder Rückenfluglage ist, kann man nicht wissen, was richtig ist.

Hat man einen Geschwindigkeitsmesser, der a) richtig anzeigt und den man b) in dieser Extremsituation noch vertraut, dann hat man zumindest eine Ahnung davon, ob man im Stall oder in einer Steilspirale ist. In der Praxis hilft einem das wahrscheinlich aber nichts...

 

Florian

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wir haben das auch schon diskutiert: IFR-Flugzeuge haben keinen Wendezeiger und keine Bleikugel, sondern ein Standby-Horizont. Der ist entweder mechanisch oder elektronisch und völlig unabhängig von den anderen Bordsystemen.

 

Mir selber ist noch nie ein Horizont verreisst, höchstens mal ein Standby.

 

Was man machen muss in so einem Fall wird schön fleissig geübt und so gelernt: Man macht zuerst mal gar nichts. Man schaut auch nicht raus. Denn das Gefühl kann einem furchtbare Fallen stellen.

 

Man vergleicht alle zur Verfügung stehenden Parameter und macht dann eine Entscheidung. Die zur Verfügung stehenden Informationen sind nicht nur die zwei bis vierfach (2-3 IRS, 1 Standby) vorhandenen Anzeigen, sondern auch die Plausibilität von Geschwindigkeit, Schub und Kompass:

 

Wenn der Horizont anzeigt dass wir sinken, aber gleichzeitig mehr Schub nötig ist, um die Geschwindigkeit zu halten, dann kann was nicht stimmen. Gleiches gilt für die Querlage: Ist die Querlage null, aber der Kompass dreht sich, kann irgendwas nicht stimmen.

 

Dies ist relativ komplexe abstrakte Hirnarbeit und kann nicht mit Reflexen beantwortet werden. Deshalb braucht es Zeit und Logik.

 

Ein gut eingespieltes Cockpitteam erarbeitet das aber relativ schnell. Dazu helfen auch gute Procedures (wie es z.B. Airbus hat):

 

PF (Pilot flying): I have controls. ... Check Pitch!

PM (Pilot Monitoring): Pitch +XX Grad

 

PF: Check bank

PM: Bank XY° links/rechts.

 

Sobald der PF merkt, dass der andere Pilot andere Werte hat, weiss er, dass ein IRS-Problem vorliegt. Ab dann muss man nur noch herausfinden, welche der Anzeigen stimmt, dann schaltet man die fehlerhafte Seite aus bzw. um und schon ist das Problem gelöst.

 

Es wird sicher nicht irgendwo gedrückt oder gezogen um das Problem zu lösen. Schon allein dass die Trimmung plötzlich nicht mehr stimmt ist ein eindeutiger Hinweis auf einen solchen Fehler. Meistens ist es am besten, man macht gar nichts. Dann macht man sicher auch nichts falsches. 10 Sekunden logisches Überleben hat in so einer Situation noch nie geschadet.

 

D

Bearbeitet von Danix
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Ein gut eingespieltes Cockpitteam erarbeitet das aber relativ schnell. Dazu helfen auch gute Procedures (wie es z.B. Airbus hat):

 

habe immer verstanden, dass man bei den grössere Airlines selten die gleiche Besatzung / Paarung vorne hat. Kann ein sich nicht kennendes Team durch das Training (CRM) als eingespielt betrachtet werden?

 

Markus

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Ja ja Manfredo, tot is er, richtig.Tot ist tot, war schon immer so, deshalb darf man trotzdem Ursachenforschung

betreiben und schlussendlich ne Meinung dazu haben. 

Ursachenforschung = Diagnostik?

 

Als Laie finde ich es immer wieder sagenhaft und erstaunlich , wie weit die Automatik bei Euch im Cockpit fortgeschritten ist. Was ich der Fachdiskussion hier entnehme: Der Ausfall einer (oder mehrerer) elektronischen Komponenten liesse sich beinahe gleichsetzen mit einem "Mental Disorder".

Wenn der Flieger "spinnt", bzw. dessen Anzeigen, dann muss mehr oder weniger cool diagnostiziert werden, um der "Krankheit" auf die Spur zu kommen: Überreaktionen können tödliche Folgen haben, lese ich hier heraus.

 

So viel ich weiss, ist der Begriff "Bewusstsein" wissenschaftlich noch nicht genau definiert. Was mich zu der verstiegenen Frage verleitet:

Hat der höchstkomplex-verdrahtet digitalisierte Flieger von Heutzutags so was in der Art?

 

Gruss

Richard

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habe immer verstanden, dass man bei den grössere Airlines selten die gleiche Besatzung / Paarung vorne hat. Kann ein sich nicht kennendes Team durch das Training (CRM) als eingespielt betrachtet werden?

 

das ist das fantastische an SOPs: Man kann sich blind verstehen, selbst wenn man noch nie miteinander geflogen ist. Ich kann von vielen Gegebenheiten erzählen, wo ich rein gar nichts von meinen Kollegen wusste, ja nicht mal in der gleichen Firma arbeitete. Trotzdem haben wir selbst komplexe Failures erfolgreich abgearbeitet.

 

Eine disziplinierte Arbeitsweise und ein geschultes CRM bewirkt Wunder. Und selbst bei Failuren, die du noch nie in deinem Leben durchgespielt hast, bist du in der Regel erfolgreich.

 

Genau aus diesem Grund ist die Sicherheit der Luftfahrt derart hoch. Und ich muss es noch einmal betonen: Die Procedures von Airbus sind richtungsweisend und führend, denn 10 000e von Piloten auf der Welt arbeiten genau gleich. Und es ist nicht nur das Arbeiten, sondern es färbt eben auch auf die menschliche Zusammenarbeit über. Allein schon die ersten Drillsequenzen führen automatisch zu einer Rationalisierung des Vorgehens, was womöglich vor emotionalen Barrieren (persönliche Antipathie, Furcht, Müdigkeit etc.) schützt.

 

Dani

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Leute diesmal seit ihr vielleicht ein wenig zu schnell in Euren Folgerungen.

 

Vielleicht sollten wir nochmal in dieses Cockpit zurück. Es ist stockdunkle Nacht Full IMC. Die Crew ist müde so früh am Morgen. Alles läuft wie gewohnt. Laut Unfallberich waren sie beim Briefing für den Anflug. Beim Briefing in so einer Situation schaut die Crew nicht auf die Instrumente sondern auf die Unterlagen.

 

Genau während des Briefings geht etwas kaputt. Die Systeme liefern falsche Daten an den Autopiloten. Das Flugzeug fliegt eigentlich gerade aber die Daten sagen, dass es nach rechts rollt. Also trimmt der Autopilot dagegen. Die Daten sagen, dass das Flugzeug steigt also trimmt der Autopilot dagegen. Und die Crew ist im Briefing.

 

Irgendwann ist der Autopilot am trimmstop und gibt auf. Das Flugzeug ist komplett vertrimmt er rollt immer stärker nach rechts und sinkt. Am Horizont sieht man aber einen Turn nach links und starken Pitch up. Das sind grade die Flaschen Daten die den Autopiloten dazu gebracht haben solange zu vertrimmen bis er ausgestiegen ist.

 

Die g Kräfte im Cockpit sind deutlich spürbar und sie widersprechen den cockpitanzeigen denn die sind falsch.

 

Unter massivem vertigo reagiert der Commander instinktiv wie im Upset Training gelernt. Er versucht seinen Horizont einzufangen. Aber der zeigt falsch an.

 

 

Ein Upset recovery mit falsch anzeigendem Main Horizon hab ich persönlich noch nie geübt. Entweder es war ein Upset Recovery oder eine Fehlanzeige der Instrumente zu bewältigen. Beides zusammen? Weis nicht.

 

Wolfgang

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Wenn der Flieger "spinnt", bzw. dessen Anzeigen, dann muss mehr oder weniger cool diagnostiziert werden, um der "Krankheit" auf die Spur zu kommen: Überreaktionen können tödliche Folgen haben, lese ich hier heraus.

Hallo,

 

das ist bei IFR aber in jedem Flugzeug so. Das hat mit Automatik wenig zu tun. Ich muss Instrumente vergleichen (und das muss ich immer, auch wenn alles normal ist) und bei ungleicher Anzeige feststellen (Diagnostik) welche Anzeige korrekt ist. Wenn ich ALLE Anzeigen verliere und in IMC bin, da habe ich mit jedem Flugzeug sehr schlechte Karten. Egal ob Kleinflugzeug oder Schwermetall.

 

Gruss Michael

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IFR-Flugzeuge haben keinen Wendezeiger und keine Bleikugel,

Einige Displays haben "virtuelle" Bleikugeln, aber die sind natürlich völlig Banane, da sie ein an sich ausfallsicheres mechanisches System mit komplexer Sensorik und Elektronik simulieren, und nicht redundant sind. In vielen Ländern ist für GA IFR Ausstattung die Bleikugel explizit vorgeschrieben. Allein hilft sie aber auch nur mäßig weiter, wenn sonst alles ausgefallen ist.

 

 

Ein gut eingespieltes Cockpitteam erarbeitet das aber relativ schnell. Dazu helfen auch gute Procedures (wie es z.B. Airbus hat):

 

PF (Pilot flying): I have controls. ... Check Pitch!

PM (Pilot Monitoring): Pitch +XX Grad

 

PF: Check bank

PM: Bank XY° links/rechts.

Definitiv.

Wir sehen bei immer mehr Unfällen, das im Cockpit völlige Willkür und Chaos herrschen. Vielleicht wird es Zeit, dass Behörden hin und wieder mal CVR Auszüge anhören, um zu gucken ob die SOPs funktionieren und auch tatsächlich angewendet werden. Ist halt ein Datenschutzproblem, aber wenn die Behörden unsere Telefongespräche mitschneiden um einen Anschlag in 20 Jahren zu verhindern, könnten sie ja vielleicht auch mal was für die Flugsicherheit tun, da brächte es vermutlich viel mehr Sicherheitsgewinn...

 

Kann ein sich nicht kennendes Team durch das Training (CRM) als eingespielt betrachtet werden?

Zweifel sind erlaubt, aber eigentlich stellen sie das ganze System in Frage.

Ich bin überzeugt, das ein gut eingespieltes (und funktionierendes, es gibt auch Teams die sich seit langer Zeit eher bekämpfen...) besser arbeitet, als ein gerade das erste mal aufeinandertreffendes. Aber das ist halt die Diskussion mit Mindeststandard und Wunschzustand...

Es ist auch die Frage, ob Piloten mit völlig unterschiedlichem Background (z.B. ex-Militär, ex-Buschpilot, ex-Kunstflieger...) die an völlig unterschiedlichen Flugschulen in völlig unterschiedlichen Kulturkreisen gelernt haben je spontan gut miteinander arbeiten können. Ganz davon zu schweigen, wenn ein Captain mit 4000 Stunden und ein Co mit 20.000 aufeinandertreffen.

 

Wenn ich ALLE Anzeigen verliere und in IMC bin, da habe ich mit jedem Flugzeug sehr schlechte Karten.

Wenn ich nur Falschanzeigen habe, habe ich definitiv die Ar***karte.... Das ist noch schlimmer als ein erkennbarer Verlust. Bei erkanntem Verlust kann ich immerhin noch manchmal auf Basics (z.B. Pitch & Power) zurückgreifen. Bei unerkannter Fehlanzeige mache ich aktiv Unfug.

 

 

Die g Kräfte im Cockpit sind deutlich spürbar und sie widersprechen den cockpitanzeigen denn die sind falsch.

Die wenigsten Piloten können g-Kräfte, Cockpitanzeigen und Fluglage zuordnen. In der Praxis erleben sie es nie bis selten, und der Flugsimulator simuliert keine g´s, konditioniert also sogar u.U. falsch!

 

Wie sieht es eigentlich bei euch Linienpiloten mit dem Sicherheitsgurt aus? Seid ihr jederzeit fest genug angeschnallt, um auch bei -1g noch vernünftig die Steuerorgane bedienen zu können, oder müssen die in dem Fall als "Haltegriff" herhalten?

 

Gruß

Ralf

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Vielleicht wird es Zeit, dass Behörden hin und wieder mal CVR Auszüge anhören, um zu gucken ob die SOPs funktionieren und auch tatsächlich angewendet werden. Ist halt ein Datenschutzproblem, aber wenn die Behörden unsere Telefongespräche mitschneiden um einen Anschlag in 20 Jahren zu verhindern, könnten sie ja vielleicht auch mal was für die Flugsicherheit tun, da brächte es vermutlich viel mehr Sicherheitsgewinn...

 

Wenn ich nur Falschanzeigen habe, habe ich definitiv die Ar***karte.... Das ist noch schlimmer als ein erkennbarer Verlust. Bei erkanntem Verlust kann ich immerhin noch manchmal auf Basics (z.B. Pitch & Power) zurückgreifen. Bei unerkannter Fehlanzeige mache ich aktiv Unfug.

 

Wie sieht es eigentlich bei euch Linienpiloten mit dem Sicherheitsgurt aus? Seid ihr jederzeit fest genug angeschnallt, um auch bei -1g noch vernünftig die Steuerorgane bedienen zu können, oder müssen die in dem Fall als "Haltegriff" herhalten?

Hallo,

 

ja genau. Nach einem Unfall ist es immer eine gute Gelegenheit Piloten noch ein paar Rechte wegzunehmen. Datenschutz und Pilot, geht ja garnicht. Aber dient ja nur der Sicherheit. Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch vom Arbeitgeber missbraucht. Man muss jetzt schon mit jeden Handgriff aufpassen das man sich exakt an alles hält, was bei keinem Flug zu 100% funktioniert. Jetzt ist schon erste Überlegung ist bei vielen Piloten „darf ich das?“ und die zweite ist dann erst „macht es Sinn?“.  Und jetzt noch nicht mal mehr frei reden im Cockpit… Tolle Idee.

 

Ich schrieb, ALLE Anzeigen, nicht nur den Kompass. Erkläre mal bitte wie ich ohne Anzeigen Pitch Power fliege? Power vielleicht noch, aber Pitch?

 

Mein Gurt sitzt immer ziemlich fest so das ich davon ausgehe bei –1G auch noch steuern zu können.

 

Gruss Michael

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Nach einem Unfall ist es immer eine gute Gelegenheit Piloten noch ein paar Rechte wegzunehmen.

Schon jetzt kann dein Arbeitgeber jederzeit den CVR auslesen, und mit beliebigen Informationen beliebiges anstellen. Wenn es die unabhängige Behörde mit einem klaren Ziel nach klaren Regeln macht (z.B. anonymisiert, nur die Abschnitte abhören in denen Prozeduren abgearbeitet werden, nicht die Plaudereien der Piloten im Reiseflug über die Erfahrungen mit der blonden Saftschubse letzte Nacht...), bedeutet das kaum einen Unterschied, und hat mit Rechten nichts zu tun. Im Cockpit gilt nicht das Recht der Unverletzbarkeit der Wohnung, für den CVR gilt (im Gegensatz zum Flugfunk) nicht das Fernmeldeheimnis. Schon heute gelten für Flugunfalluntersucher strenge Richtlinien für den Umgang mit CVR Aufzeichnungen, das könnte man für zufällige Behördenüberprüfungen noch weiter verschärfen (z.B. Verbot, Kopien zu ziehen).

 

Abgesehen davon, finde ich aber auch die Idee der aufgezeichneten Cockpitkamera gut, solange es eine definitive Löschtastenlogik gibt, die z.B. nach einem planmäßigen Abschalten am Boden, nachdem die Computer einen störungsfreien Flug als beendet ansehen vom Piloten betätigt werden kann, oder bei der die Löschung gar automatisch erfolgt wenn die Computer einen störungsfrei beendeten Flug erkennen. Eben weil das eine erhebliche Einschränkung der Privatsphäre der Piloten wäre.

 

In Zeiten der Vorratsdatenspeicherung (Telefon, Internet, Tollcollect...), in denen ich den Behörden meine Kreditkartennummer mitteilen muss, bevor ich ein Flugzeug besteigen darf, brauchen wir über Rechte kaum mehr zu diskutieren...

 

Gruß

Ralf

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In Zeiten der Vorratsdatenspeicherung (Telefon, Internet, Tollcollect...), in denen ich den Behörden meine Kreditkartennummer mitteilen muss, bevor ich ein Flugzeug besteigen darf, brauchen wir über Rechte kaum mehr zu diskutieren...

Hallo,

 

na dann brauchen wir ja garkeine Datenschutzrechte mehr, denn es wird ja eh alles abgehört und erfasst... Es ist immer einfach anderen Rechte abzusprechen und mehr Kontrolle aufzuerlegen wenn man selbst davon nicht betroffen ist.

 

Da brauchen wir nicht weiter machen, denn da kommen wir nicht mal annähernd auf eine Linie. Aber so ist das manchmal, und müssen wir ja auch nicht.

 

Gruss Michael

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Ich war noch nie in einem Passagierflugzeug vorne während des Fluges. Kann man nicht an den sich ändernden Windgeräuschen merken, dass etwas nicht stimmt? Oder dass mehr oder weniger Schub gegeben wird, wo man es eigentlich nicht erwartet? Kann man das hören? Oder trägt ihr immer das Headset?

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Einige Displays haben "virtuelle" Bleikugeln, aber die sind natürlich völlig Banane, da sie ein an sich ausfallsicheres mechanisches System mit komplexer Sensorik und Elektronik simulieren, und nicht redundant sind. In vielen Ländern ist für GA IFR Ausstattung die Bleikugel explizit vorgeschrieben. Allein hilft sie aber auch nur mäßig weiter, wenn sonst alles ausgefallen ist.

...............

 

Gruß

Ralf

Die Bleikugel ist überflüssig, solange ich im Normalfall ohne Seitenrudereinsatz fliege (das soll ja bei Jets meistens der Fall sein), aber ohne turn-coordinator/Wendezeiger - oder einenen ausfallsicheren Ersatz dafür - würde ich nicht fliegen wollen.

 

Gruß

Manfred

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Schon jetzt kann dein Arbeitgeber jederzeit den CVR auslesen, und mit beliebigen Informationen beliebiges anstellen.

Wieder was gelernt. Im Flightforum lernt man täglich dazu, Danke! Komisch halt nur, dass in meinen Unterlagen was ganz anderes steht. Wem nun glauben??

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Ich war noch nie in einem Passagierflugzeug vorne während des Fluges. Kann man nicht an den sich ändernden Windgeräuschen merken, dass etwas nicht stimmt? Oder dass mehr oder weniger Schub gegeben wird, wo man es eigentlich nicht erwartet? Kann man das hören? Oder trägt ihr immer das Headset?

Im Prinzip müßte es möglich sein, Geschwindigkeit hörbar zu machen. Jede Flugzeugzelle hat zu jeder Zeit eine der Geschwindigkeit , Konfiguration und loadfactor entsprechende typische Resonanz, deren Zuordnung man erlernen können sollte wie die Orchestrierung von Musik. Ich habe keine Ahnung, ob es schon Versuche in dieser Richtung gab, bin aber überzeugt, daß man Geschwindigkeit am Geräusch mindestens so genau "ablesen" können müßte, wie mit den Augen vom Display. Segelflieger können da sicher mehr dazu sagen.

 

Gruß

Manfred

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Im Prinzip müßte es möglich sein, Geschwindigkeit hörbar zu machen.

Das Problem nur, die Geschwindigkeit mit der das Cockpit umströmt wird ist Anstellwinkelabhängig.

Die AF Piloten haben sich ja zu dem unglaublichen Lärm und der ihrer Meining nach verrückten (=verrückt hohen) Geschwindigkeit geäußert.

 

 

Segelflieger können da sicher mehr dazu sagen.

Das Fahrtgeräusch ist definitiv ein "Instrument" dass man ständig benutzt. Es weist allerdings eher Veränderungen hin, als auf absolute Werte. Sowohl die Geräuschfarbe, als auch die Lautstärke ändern sich. Bei vielen Flugzeugen auch sehr deutlich wenn man schiebt. Bei einigen gibt es auch eine unüberhörbare akkustische "gear up" indication, was trotzdem einige Pioten nicht davon abhält, den ganzen Flug das Fahrwerk draussen zu lassen, und dann zur Landung einzufahren...

 

 

Komisch halt nur, dass in meinen Unterlagen was ganz anderes steht.

Da die ICAO eine jährliche Überprüfung des CVR fordert, ist anzunehmen dass die Wartung das auch tatsächlich machen kann. Und sie werden nicht erst einen Probetext aufsprechen und die Windgeräusche im Cockpit simulieren...

Wenn dir dein Arbeitgeber vertraglich zusichert, den CVR nicht abzuhören, dann ist es ein sehr fairer. Technisch und rechtlich kann er jedenfalls. Dem Arbeitgeber ist eine Leistungsüberprüfung unter Einsatz -auch verdecker- technischer Hilfsmittel erlaubt. Es ist von Arbeitsgerichten mehrfach bestätigt worden, das dein Arbeitgeber Telefongespräche aus deinem Büro mithören und deinen Internetverkehr überwachen darf, auch ohne dich darauf hinzuweisen. Die Installation von verdeckten Kameras ist nur im konkreten Verdachtsfall zulässig, allerdings muss sich der ja nicht gegen dich richten, sondern auch gegen einen Kollegen im selben Büro. An deinem Arbeitsplatz geniesst du kein Recht auf Privatsphäre. 

 

 

Es ist immer einfach anderen Rechte abzusprechen und mehr Kontrolle aufzuerlegen wenn man selbst davon nicht betroffen ist.

Da ich schon mal Jumpseat fliege (obwohl ich das ja eigentlich nicht darf...), bin ich selbst davon vielleicht nicht im selben Maße betroffen, aber keinesfalls "nicht".  

 

Gruß

Ralf 

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ja, das kann man schon hören. Man kann aber auch abgelenkt sein (durch ein Briefing, durch irgendetwas das bearbeitet werden muss, durch die Müdigkeit usw.). Am besten merkt man es, wenn die Trimmung viel arbeitet. Bei den meisten "mechanischen" Flugzeugen sieht man, wie sich die Trimmung bewegt. Gewisse Flugzeuge machen dazu noch furchtbare Geräusche dazu, damit die Piloten realiseren, dass da eine Automatik trimmt. Ein zu langes Trimmen (mehr als ein paar Augenblicke) deutet im Geradeausflug immer auf ein Problem hin (eben, so eines wie hier, oder ein Trim Runaway). Also ein Alarmsignal.

 

Wolfgang, deine Theorie ist durchaus auch plausibel. Aber selbst wenn die Hölle los ist und alles falsch läuft: Es gibt nur einen Weg: Man muss die Lage analysieren und herausfinden, welchen Instrumenten man folgen muss. Das ist gerade und vor allem unter Zeitdruck wichtig. Irgendein Handeln ohne Konzept und aus dem Bauch heraus geht meistens schief.

 

Dani

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Hallo Ralf,

 

es ist in unseren Ländern definitiv nicht erlaubt, den CVR ohne Benachrichtigung abzuhören oder gar verdeckt Daten zu sammeln, um die Crews zu überwachen. Was dann wirklich gemacht wird steht wieder auf einem anderen Blatt. Was aber mit dem aktuellen SMS (Safety Management System) gemacht wird ist, dass FDM (Flight Data Monitoring) per QAR (Quick Access Recorder) durchgeführt wird, das ist jedem bekannt. Diese regelmässig im Rahmen der Wartung heruntergeladenen oder teilweise direkt übertragenen Daten werden dann von Vertrauenspiloten (Honest Brokers) in eine Software eingespielt, die Abweichungen von SOPs und Flugzeuglimitierungen prüft und Vorfälle entsprechend markiert. Der Honest Broker schaut sich dann die Daten genauer an und kontaktiert gegebenenfalls die Crews direkt, um zu sehen was da war. Dies alles ist strikt vertraulich! Ausser dem Honest Broker kennt NIEMAND die Namen der Crews oder kann die Vorfälle einem Flugzeug zuordnen. Natürlich wird eine anonymisierte Sammlung der Vorfälle angelegt, um die Sicherheit durch Aufklärung aller Crews zu erreichen. Dies allerdings im Sinne von "Lauf' nicht in dieselbe Falle wie diese Crew". Das ist der Unterschied zwischen "blaming cultures" (Qatar Airways & Co.) und "open cultures", bei denen es um die Sache geht, nicht um die Person.

 

Und natürlich muss die Anonymität aufgehoben werden, wenn einer Crew grob fahrlässiges Handeln oder schlimmer vorgeworfen wird. Das kommt aber so gut wie nie vor, weil wir eigentlich nur regelmässig Fehler machen, dies aber nicht mit Absicht aufgrund von Umgehung der SOPs.

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  • 8 Monate später...

Haben die meisten wahrscheinlich schon gesehen, aber der Abschlussbericht ist draussen. Verlinke mal nur den Avherald-Artikel: http://avherald.com/h?article=4920a18a/0000&opt=0

 

Dani hatte Recht: PFD vom CMD hat plötzlich ein starkes Nicken aufwärts angezeigt, die darauf folgenden Nose DN Inputs haben den Flieger dann in einen schnellen Sturzflug gebracht und dann folgte der Absturz. STBY und FO Horizont waren korrekt...

 

Viele Grüße

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Aber neben dem FO-und STBY-Horizont gibt es noch die IAS-Anzeige,  den Höhenmesser und Variometer. Wie kann man da zu zweit eine Maschine in den Boden rammen? Ungenügendes Scanning?

Gruß!

Hans

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