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12.09.2020 | F-GSBS | Pas de la Coche near Grenoble (F) | Robin DR400-140B | CFIT bei Einführungsflug mit Jugendlichen


cosy

Empfohlene Beiträge

Bevor sich jemand fragt, warum ich jetzt diesen Unfall hier publiziere:

 

 

Die französische Luftwaffe besitzt ein eigenes Lycée in der nähe von Grenoble. Dort werden pro Jahr etwa 700 Schüler bis zur Matura gepeitscht. Der Hintergrund ist eine Philosophie der sehr frühen Selektion, um mit weniger Risiko die extrem teueren Ausbildungen (z.B. Militärpilot)  in die "richtigen" Menschen zu machen.

 

Der französische Staat hat schon vor Jahrzehnten ein Standardprogramm für Jugendliche ausgearbeitet, um sie in die Aviatik einzuführen, das in der Art etwa dem Jugendprogramm des Schweizer Aeroclubs ähnelt.

 

Dieses  BIA (brevet d'initiation aéronautique) genannte Programm umfasst ein Teil der  Theoriefächer eines LAPL mit in einigen Punkten vertieften, ausschweifenden Bereichen wie Geschichte der Aeronautik, oder Aeronautische physikalische Grundlagen. Nach dem Kurs gibts eine Theorieprüfung. Ein Bestandteil des Kurses ist nebst Werkstattführungen und so ein Flug mit einem SEP.

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Der Unfallflug am Vormittag wurde im Rahmen des 'Aerocliub du Dauphine' von einer 42-jährigen Pilotin auf einer deren Vereinsflugzeuge durchgeführt. In die Robin mit 160PS (O-320)stiegen ein Junge und ein Mädchen vom  Licée EPA ein.

Infos von der Luftwaffe über die EPA.

Nach dem Start auf der Piste des Flugplatzes LFLG  'Grenoble Le Versoud' stieg die Maschine  in Richtung des Bergmassivs 'Belledone'. Nach kurzer Zeit kollidierte die Maschine mit dem Grat auf 1900 m AMSL.

Die Unfallstelle ist nur ein paar Kilometer von der Piste weg. Es handelt sich um einen viel benützten Passübergang, der jedem lokalen Pilot bestens vertraut ist.

 

Alle Insassen wurden von der alarmierten Rettung tot aufgefunden. Das Flugzeug hatte nach dem Aufprall gebrannt.

Diese DR400-140 wurden über 3000 mal verkauft und steigen in der Regel sehr gut (Verstellprop). Dieses Flugzeug ist sehr gut geeignet für Flüge im Gebirge.

 

cosy a.k. Bruno

 

 

Die BEA hat eine Untersuchung eröffnet (Dossier BEA2020-0405)

 

Presse:

https://www.parismatch.com/Actu/Faits-divers/Trois-morts-dans-le-crash-d-un-avion-de-tourisme-dans-l-Isere-1702303

https://www.aviation-safety.net/wikibase/241201

 

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vor 13 Stunden schrieb cosy:

Diese DR400-140 wurden über 3000 mal verkauft und steigen in der Regel sehr gut (Verstellprop). Dieses Flugzeug ist sehr gut geeignet für Flüge im Gebirge.

Einmal mehr: Die Leistung eines Flugzeuges spielt keine Rolle für ein Unfallgeschehen, sondern in erster Linie die gewählte Flugtaktik. Ich könnte wetten, dass der Pass im Steigflug überwunden werden sollte, womit der erste Sargnagel bereits eingeschlagen wurde.

 

Chris

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vor einer Stunde schrieb Pioneer300:

Einmal mehr: Die Leistung eines Flugzeuges spielt keine Rolle für ein Unfallgeschehen, sondern in erster Linie die gewählte Flugtaktik. 

 

Chris

Aber bei der Wahl der Flugtaktik spielt gerne die Performance eine Rolle, wenn oft nur im Hinterkopf. 

 

Fred

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vor einer Stunde schrieb CFM:

Aber bei der Wahl der Flugtaktik spielt gerne die Performance eine Rolle, wenn oft nur im Hinterkopf. 

 

Fred

Man passt seine Flugtaktik natürlich an die Performance an. Aber grundlegende Dinge bleiben immer gleich, z.B. einen  Pass nicht im Steigflug zu überqueren. Da darf es keine Rolle spielen, ob man 100 oder 500 PS unter der Haube hat. Denn wenn die Fahrt erstmal weggezogen ist, stallen beide Maschinen genau gleich.

 

Chris

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vor 2 Stunden schrieb Pioneer300:

Man passt seine Flugtaktik natürlich an die Performance an. Aber grundlegende Dinge bleiben immer gleich, z.B. einen  Pass nicht im Steigflug zu überqueren. Da darf es keine Rolle spielen, ob man 100 oder 500 PS unter der Haube hat. Denn wenn die Fahrt erstmal weggezogen ist, stallen beide Maschinen genau gleich.

 

Chris

Absolut.

 

Fred

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Urs Wildermuth

Beim JULA hat man die Konsequenzen gezogen aus dem Unfall. Diese Art Flüge mit den Teilnehmern gibt es nicht mehr, stattdessen machte die Luftwaffe das selber. Denke, auch die Franzosen werden sich das überlegen und wenn überhaupt, dann sowas nur noch mit ihren eigenen Profipiloten und dafür geeigneten Maschinen druchführen.

 

 

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2 hours ago, Urs Wildermuth said:

Beim JULA hat man die Konsequenzen gezogen aus dem Unfall. Diese Art Flüge mit den Teilnehmern gibt es nicht mehr, stattdessen machte die Luftwaffe das selber. Denke, auch die Franzosen werden sich das überlegen und wenn überhaupt, dann sowas nur noch mit ihren eigenen Profipiloten und dafür geeigneten Maschinen druchführen.

 

 

Das Programm BIA (fr, sehr interessant) feierte kürzlich das 50. Jubiläumsjahr.  Ich denke nicht, dass dieses an Jugendliche gerichtete Programm verschwindet. Die Durchführung wird hauptsächlich über die Aeroclubs (Im Hexagon- also dem europäischen Teil des Hoheitsgebiets von Frankreich gibt es 450 Flugplätze, davon 400 mit öffentlichem Auftrag) und ihren Mitgliedern übertragen (der franz. 'Aeroclub' FFA hat aktuell 41'000 Mitglieder). Die Clubs, welche das Programm durchführen dürfen, werden selektioniert. Für die Piloten und die eingesetzten Maschinen gibt es Anforderungsprofile. Das Ganze wird vom Staat subventioniert. Es gibt Clubs, die dank dem BIA-Programm den Mitglidern günstigere Kosten verrechnen können.

 

Das eigene Licée der Armée de l'Air ist eine von vielen Durchführenden. Ein guter Kollege von mir, der in einem Club, welcher nur 2 Maschinen hat, die BIA-Kurse führt, ist beruflich Helipilot auf Eurocopter AS350 (Biturbine)*  in der Seenotrettung, ist Instruktor auf Heli und Airplane, mit IR-Berechtigung, hat eine eigene  VAN's die er selber fliegt und unterhält. Eine besonnene , ruhige Person mit enorm viel Erfahrung (war vor diesem Job Helipilot in der Armee und jahrelang stationiert in Übersee). Ich denke, es gibt in seiner Stadt keinen Besseren für dieses "Nebenämtli", das er in Frohnarbeit für die Clubkasse macht.

 

cosy

 

* hab mal in einem Thread ein Foto aus dem AS350-Cockpit hier gepostet..

Bearbeitet von cosy
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Urs Wildermuth

Tja, offenbar ist es aber doch ein nicht zu unterschätzendes Risiko, seine Kinder solchen Clubpiloten anzuvertrauen, gerade in Frankreich. Wenn ich z.b. den Fall der Megeve Piloten in Aosta anschaue, wird mir schlecht. Air France Kapitäne die ohne Flugplan auf einem Italienischen Gletscher ohne Radiokontakt rumeiern und dabei einen italienischen Helikopter abschiessen....

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18 hours ago, Urs Wildermuth said:

Air France Kapitäne die ohne Flugplan auf einem Italienischen Gletscher ohne Radiokontakt rumeiern und dabei einen italienischen Helikopter abschiessen....

Da hast Du soooo recht!!

Das wusste ich nicht. Wieder ein Beispiel, warum ein stolzer A380 oder A3xx- Pilot die ANDERE Welt der Leichtfliegerei nicht auf die LEICHTE Schulter nehmen soll.. Da war mal ein Air-France Käptn mit 10tausend(en?) von Flugstunden, der mit seiner Frau, die auch eine Lizenz hatte (was weiss ich jetzt nicht mehr) und ihrem Kleinkind in ihrem eigenen Jodel bei schlechtem Wetter in den Ardennen oder so umgekommen war. Der hatte ALLES falsch gemacht, was man falsch machen kann. Den letzten Teil des Fluges flog er IMC mit einem Handy als Navigationsinstrument.

 

Die Lektüre des Unfallberichts hatte mich echt schockiert.

Cosy

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Du meinst Renaud Ecalle. 

Er war nicht Air France Captain, sondern Militärpilot und Kunstflugweltmeister.

 

Der Unfallbericht ist in der Tat schockierend...!

 

https://www.bea.aero/docspa/2010/f-bz101003/pdf/f-bz101003.pdf

Bearbeitet von fieldinsight
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Urs Wildermuth
vor 4 Stunden schrieb fieldinsight:

Du meinst Renaud Ecalle. 

Er war nicht Air France Captain, sondern Militärpilot und Kunstflugweltmeister.

 

Der Unfallbericht ist in der Tat schockierend...!

 

In der Tat.... und nicht nur der war Pilot, auch seine Frau hatte ein CPL und IR.

 

 

 

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Am 2.5.2021 um 22:12 schrieb Urs Wildermuth:

Air France Kapitäne die ohne Flugplan auf einem Italienischen Gletscher ohne Radiokontakt rumeiern und dabei einen italienischen Helikopter abschiessen....

 

vor 9 Stunden schrieb fieldinsight:

Er war nicht Air France Captain, sondern Militärpilot und Kunstflugweltmeister.

 

Ich frage mich echt wieso eigentlich immer und immer wieder Airline, Militär und sonstige Piloten Landauf-Landab in den Himmel gelobt werden. Dieser "allerheiligen" Status haftet an der fliegerei wie ein alter Kaugummi an der Schuhsohle. Ihr belegt mit euren zitierten Berichten das (wahre) gegenteil.

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vor einer Stunde schrieb Andy_Fly2Sky:

 

 

Ich frage mich echt wieso eigentlich immer und immer wieder Airline, Militär und sonstige Piloten Landauf-Landab in den Himmel gelobt werden. Dieser "allerheiligen" Status haftet an der fliegerei wie ein alter Kaugummi an der Schuhsohle. Ihr belegt mit euren zitierten Berichten das (wahre) gegenteil.

 

Complacency kills...

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13 hours ago, fieldinsight said:

Du meinst Renaud Ecalle. 

Er war nicht Air France Captain, sondern Militärpilot und Kunstflugweltmeister.

 

Der Unfallbericht ist in der Tat schockierend...!

 

https://www.bea.aero/docspa/2010/f-bz101003/pdf/f-bz101003.pdf

Danke, ich nahm mir nicht die Zeit, diesen zu suchen. und spontan aus dem long-time-storage abgerufen ist das so eine Sache.. Es ist immerhin fast auf den Tag genau 10 Jahre her, dass der Bericht erschienen ist.

danke vielmal!!!

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6 hours ago, Andy_Fly2Sky said:

 

 

Ich frage mich echt wieso eigentlich immer und immer wieder Airline, Militär und sonstige Piloten Landauf-Landab in den Himmel gelobt werden. Dieser "allerheiligen" Status haftet an der fliegerei wie ein alter Kaugummi an der Schuhsohle. Ihr belegt mit euren zitierten Berichten das (wahre) gegenteil.

 

Weil wir besser fliegen?

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vor 1 Stunde schrieb Maxrpm:

Weil wir besser fliegen?

 

Die (Unfall-) Statistik müsste es bestätigen. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass bei einer Versicherung beispielsweise IFR-Piloten den maximalen Rabatt erhalten...

 

Stefan

 

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vor 1 Stunde schrieb Maxrpm:

 

Weil wir besser fliegen?


Ich will das mal wie folgt beantworten :

 

Während dem 08/15 Hobbypilot wie auch mir bei schlechtem oder ungünstigem Wetter lieber der Gang in die Sauna vernüftig erscheint, können die Spezialisten halt auf einen wahren Fundus an Umständen zurückgreifen und gehen damit ein erhöhtes Risiko ein. Wer mit dem Airbus in 12 Km Höhe um Gewitterzellen fliegen kann, der schafft es ja auch bestimmt ne 152 bei Starkregen und co unter VFR sicher zu fliegen .....
 

Zum Renaude E. und dem Absturz ( https://www.google.de/amp/s/www.hna.de/welt/kunstflugweltmeister-stuerzt-familie-zr-946422.amp.html ) . 
 

Nun, er ist voller Euphorie bei einem Flugtag gewesen, wurde gefeiert für seine Stuntflugshow. Alle bewundern ihn. 
 

Da ist der Rückflug in einer lahmen und langweiligen Kiste mit der Familie wie ein Spaziergang um den Block ...... Wetter wird schon passen. 

 

Ich denke, je mehr man erlebt hat, desto weniger Risikobewusstsein hat man für vollkommen alltägliche Umstände und wird leichtsinnig. 
 

Trifft wahrscheinlich nicht ins Schwarze und jeder Pilot ist anders, aber es mag da schon bei dem einen oder anderen was drann sein. 
 

lg micha

Bearbeitet von simones
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vor einer Stunde schrieb simones:

Da ist der Rückflug in einer lahmen und langweiligen Kiste mit der Familie wie ein Spaziergang um den Block ...... Wetter wird schon passen. 

 

Also wenn es sich bei seiner DR1050 um eine Sicile Record handelte, würde ich die nicht als lahm bezeichnen, sondern als ziemlich rassig (feine Steuerführung).

 

Trügerisch dürfte bei ihm gewesen sein, dass er zwar die Flug- und Aerodynamik weltmeisterlich beherrschte und das halt keine Garantie ist, auch im (sehr) schlechten Wetter unter VFR die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wirklich traurig!

 

Stefan

 

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vor 10 Minuten schrieb teetwoten:

 

Also wenn es sich bei seiner DR1050 um eine Sicile Record handelte, würde ich die nicht als lahm bezeichnen, sondern als ziemlich rassig (feine Steuerführung).

 

 

Stefan

 


Die hat 105 PS ...... richtig?

 

lg micha

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vor 2 Minuten schrieb simones:

Die hat 105 PS ...... richtig?

 

Mit dem O-200 leider nur noch 100PS. Aber schau mal was die daraus machte (Sizilien Rekord) und schau was andere mit 100PS machen (zB C150)!

 

Joly, Délémontez und Robin waren halt schon gute Flugzeugkonstrukteure!

 

Stefan

 

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Noch eine Nachbemerkung zum BIA: aus einem kürzlich gegebenem Interview des Präsidenten des FFA (franz. "Aeroclub", zweitgrösster Aeroclub weltweit direkt nach der AOPA (400'000 Mitglieder). Ihre 600 Vereine haben jedes Jahr ca. 9000 BIA-Diplomkursgänger begleitet. Pro Jahr hat Frankreich 15'000 Jugendliche in diesem Programm, das sowohl vom nationalen Ämtern  für Schule, Erziehung wie auch für Sport unterstützt und gefördert wird.

 

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Am 4.5.2021 um 14:30 schrieb Maxrpm:

Weil wir besser fliegen?

 

Besser inwiefern und als wer?

Bei uns am Platz hat kürzlich ein B737-Jockey eine C152 geschrottet, weil er mit Rückenwind gestartet war. Der Cheftestpilot von Pilatus flog sich und seine Famile am Lopper vollkommen sinnlos und vermeidbar in den Tod. 2 Swiss Air-Kapitäne haben am Piz Segnas eine vollbesetzte JU52 eingesteckt. Usw usf.

Hochmut kommt vor dem Fall.

 

Chris

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Danke,  Chris,  Wieviel Unfälle würden passieren bei 15'000 Teilnehmrn Jährlich,  wenn das ausschl. von gewinnorientierten Unternehmen durchgeführt würde,  im Gegensatz zu den sachorientierten Clubs?

Ich finde, für seine grosse Organisation ist die Unfallstatistik excellent in den letzten 30 Jahren.

Bearbeitet von cosy
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  • 7 Monate später...

Hallo Kollegen, und Mitlesende..

 

Die nachfolgenden Zeilen schreibe ich

- weil inzwischen der Unfallbericht erschienen ist (fr)

- weil mich der hier behandelte Unfall beschäftigt (ich fliege viel und gern in den Alpen )

- weil ich jahrzehntelange fliegerische Verbindung mit Frankreich und spezifisch dem Club habe, wo die Akteure hier abstammen

- weil ich aus solchen Vorkommnissen Erkenntnisse ziehen will, und die Reflexion mit meiner Erfahrung zusammen ist  meist ein Prozess

 

My (many] cents:... /mit (von mir) frei übersetzte Zitate aus dem Unfallbericht

 

1 Flugverlauf

Die Pilotin startet mit zwei PAX um 10:15 LT auf RWY 04 in Grenoble Le Versoud LFLG mit der Absicht über den Pas de la Coche (6525 ft) zu fliegen, danach rechts im Zwischental westlich des Stausees und somit östlich des Bergrückens der Belledone Kurs nach Chamrousse zu nehmen.

 

Nach dem Steigflug in Pistenachse drehte sie nach reschts Ri. Pas de la Coche, machte einen Steigkreis wo sie von 4500 auf 5750 ft stieg, um dann mit 6150 ft in das Quertal zum Pass einzufliegen.

 

Sie wählte die Talmitte, und erreichte das Ende etwa nach 30 Sekunden auf 6400ft. Aufgrund des Schadenbilds kann vermutet werden, dass die Kollision mit dem Grund auf 1880 m ü.M. in einer Linkskurve bei leicht gesenkter Nase stattfand.

 

Alle Insassen fanden den Tod. Ein Aufschlagsfeuer zerstörte die Unfallmaschine. Es konnten keine Defekte der Steuerung und Bedienorgane festgestellt werden.

 

Jedoch fanden die Experten einen Riss im Schalldämpfer, der laut ihrer Meinung zu einem erhöhtem CO-Gehalt der Kabinenluft führen könnte. Die metallurgische Analyse sowie chemische Analyse der Rissstelle hätte aufgezeigt, dass ein Korrosionseffekt nachgesiesen werden konnte, welche im Verlauf der Nutzung progressiv zur Rissbildung führte. Der Zeitpunkt der Rissbildung wie auch dessen Grösse vor dem Unfall konnte nicht ermittelt werden.

 

2 Das Flugzeug

 

Der Lycoming O-320-D2A mit 160 PS wurde durch die Werkstatt des Aeroclubs Dauphiné gewartet, welcher auch Eigentümer der Maschine ist.

Die letzte Wartung war eine 100h-Kontrolle am 31.8.2020, es wurde kein Schaden an der Abgasanlage vermerkt. Es befand sich ein CO-Detektor an Bord. Laut Wartungshandbuch muss bei jedem Checkflug nach Wartung auch der CO-Gehalt in der Kabine gemessen werden. In dieser Maschine war dies am 24.7.18 zuletzt der Fall. Piloten und FI’s der vorangegangenen 3 Flüge hatten keine Fehlfunktion und keine (körperlich anormale) Symptome festgestellt.

 

3. Meteo

Das METAR von Grenoble (10:30 LT) meldete 2-3kt Wind on ground, CAVOK und 22 Grad. Ein Foto der Unfallstelle Minuten nach dem Unfall zeigt sonniges Wetter mit einigen Wolken, die aber nirgends am Relief aufliegen

 

4. Die Pilotin

Die 48 jährige Frau hatte 1994 das PPL(A) in Montbèliard (LFSM) gemacht.

 

http://aeroclub-montbeliard.fr/

 

Die lebte mit ihrem Mann, der Ebenfalls in LFSM sein PPL gemacht hatte (ein doktorierter Apotheker) im Einzugsgebiet von Grenoble, seitdem die Beiden vor einigen Jahren von Montbèliard dorthin gezogen sind.

 

- Flugerfahrung

Total Flugstunden ‘ungefähr 300’ ,- mehrheitlich auf der Baureihe DR400

2020 ‘ungefähr’ 2h30’, bestehend aus:

- Juli 20 2 Ausbildungsflüge mit FI im Juli (NAV im Flachland sowie Pistenrunden) in der Folge wurde ihre Lizenz / Typenberechtigung reaktiviert/validiert*

- Aug. 20 1 Soloflug (Pistenrunde) auf der Unfallmaschine

2019 ‘ungefähr’ 13 h, letzter Flugeintrag 2019 im November

 

Sie hatte nie eine Gebirgsflug- Einweisung absolviert

Sie begleitete ihren Ehemann regelmässig auf gemeinsamen Flügen, letzterer sagt aus, dass sie die Region gut kannte, speziel den Pass (Pas de la Coche), den sie mehrfach als PIC beflogen hätte, das letzte Mal im Sommer

 

Sie war mit der Schule EPA verbunden, (ein von der franz. Luftwaffe geführtes Lyceum/Gymnasium) von wo die beiden PAX und BIA-Studies stammen, die im Unfallflug ums Leben kamen.

Ausserdem war sie Präsidentin einer Sektion(Zone 600, Ardèche, Drome, Isère) der Landesweiten Vereinigung der Offiziere der Luftwaffereserve (ANORAA)

https://www.anoraa.org/page/217072-page-d-accueil

 

* deux vols en instruction en juillet (navigation en plaine à destination de Chambéry et tours de piste) à l’issue desquels elle avait été relâchée

Im Unfallbericht wird erwähnt, dass

- es bis zu diesem Unfall nicht rechtlich geklärt war, unter welchen Konditionen diese Schnupperflüge im Rahmen der BIA – Ausbildung durchgeführt werden dürfen.

Als Massnahme nach diesem Unfall wird erwähnt:

- dass der betroffene Aeroclub eine Rahmenvereinbarung mit dem von der Luftwaffe geführten Gymnasium nachgeholt hat

- Empfehlung zur Einführung einer Einweisung im Fliegen innerhalb Täler und in Bergregionen:

Gebirgseinweisung mit einem dazu berechtigten FI (Sensibilisierung)

- Kohlenmonoxid-Detektoren: (elektronisch oder Reagenz-Detektor) regelmässige Beobachtung im Flug

 

 

6. Was mich speziell beschäftigt in diesem Fall:

 

Offenbar hatte die Pilotin im Schnitt über die 27 Jahre PPL nicht mal die gesetzliche Minimalstundenzahl erreicht.

Der Wortlaut im Unfallbericht bedeutet, dass zumindest die Klassenberechtigung vor den 2.5 h FI nicht mehr gültig war.

Ein Reaktivieren ist mittels competence – based checkride ist möglich, wenn die Bedingungen erfüllt sind (FCL.010 und Aircrew EU1178/2011). Somit hat sie

in den letzten 20 Monaten etwa 14.5 h als Cdt verbucht, bevor sie den Unfallflug antrat.

Das ist wirklich wenig im Vergleich zu den definierten Anforderungen für solche Schnupperflüge im Rahmen des BIA -Bildungsprogramm:

entweder:

* gültige FI-Berechtigung oder..

* Min. 200h PIC, min. 25h in den letzten 24 Mt.

 

Zudem gilt , dass Passagierflüge nur durchgeführt werden dürfen, wenn in den letzten 90 Tg mind. 3 Landungen erfolgt sind. Wir kennen die genauen Daten nicht, aber ihre FI-Flüge zur Lizenz-reaktivierung waren im Juli, an der Grenze zu dieser Frist. Da sonst keine Flugerfahrung vorliegt, und in Anbetracht dass sie die Klassenberechtigung per Skilltest erlangen musste, ist das schon sehr minimalistisch. Nachweislich hat sie somit von November 2019 bis zum Unfalltag 12.9.20 lediglich den Skilltest und den Unfallflug absolviert.

 

CO-Vergiftung?

Der Unfallbericht zeigt zwei Photos und eine Skizze des Auspuffkollektors . Ein kleiner Riss von etwa 2+ cm soll die Ursache gewesen sein, dass die CO-Werte im Blut der Pilotin und der Fluggäste

postmortem als erhöht festgestellt wurden.

Der Riss ist an einer Stelle des zylindrigen Körpers, wo das Auspuffendrohr eingeschweisst ist, nahe an der Schweissnaht selbst. Dass bei einem (erwiesen) flachen Aufprall des Flugzeugs mit dem Gebirgszug der Auspuff und Anderes komprimiert und der Kraftvektor von vorne nach hinten wirkt, ist es sehr naheliegend, dass an genau solchen Stellen Risse durch Überschreiten der Dehngrenze auftauchen. Nicht an der Naht, sondern direkt dahinter.

 

Flugverlauf letzte Sekunden
Die Maschine war laut Bericht in der (nicht aufgezeichneten) Endphase im 2nd Regime , und unterschritt in der Folge mit vermutlich voller Motorleistung und extremem Alpha die minimale Fluggeschwindigkeit , während dem der Thalboden nicht wesentlich ansteigt (Sie war in oder nach der Mitte der Umkehrkurve laut Zeugen und aufgrund der Spuren). Das bedeutet, dass sie mit rel. geringer kinetischer Energie aufgeprallt ist.

Eine nicht ganz unmögliche Variante wäre, dass die Insassen die Landung überlebten (vermutlich schwer verletzt, da die älteren DR400 Muster Sitze haben, die kaum G-Käfte absorbieren), um dann im sofort ausbrechenden Feuer mit den entsprechenden Folgen umzukommen. Der sofort ausbrechende Brand von Avgas hat bestimmt einen sehr hohen Kohlenmonoxyd Gehalt. Dieser Umstand verfälscht bestimmt die erwähnte Analyse.

 

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieser Riss im Abgasrohr - bestimmt tausende mal weniger Fläche aufweist als der offene Rohrquerschnitt – wesentliche Mengen Abgas in die Zuluft bringen kann. Zumal an der Stelle des Risses etwa 30cm hinter der geschlossenen Box für die Zulufterwärmung angebracht ist, Da an der Austrittstelle (Abgas) im Flug starker Unterdruck herscht (Motorkühlung!), werden dort austretende Gase mit hoher WSK richtiggehend aus dem unteren Motorraum gesogen /geschleudert.

 

Der Ehemann sagte aus, dass sie ‘in den vergangenen Jahren’ vermehrt schon solche BIA Schnupperflüge auf der Robin durchgeführt hatte und dabei auch diese Strecke beflog, steht die widersprüchliche Aussage des Clubs dagegen (alles steht im Bericht), dass der Club erst ab dem Jahr 2018 erstmals solche Flüge durchführte.

Somit käme nur Infrage, dass diese Flüge

- Teil der PIC-Zeit vor Ablaufen der Klassenberechtigung war, also 2018 (nur 1 Jahr) und / oder

- Teil des ausgewiesenen Budgets von ganzen 12 Stunden im 2019 waren (auch nur 1 Jahr)

 

Flugtaktik im Gebirge

Sie hatte ihre Ausbildung in Montbeliard gemacht. Ich kenne den Club sehr gut, und auch den Vorstand und sämtliche FI , da ich einige Jahre Clubmitglied war, und etwa 6 Jahre mein erstes eigenes Flugzeug in deren Hangar stand. Die Ausbildung dort fand bis vor 4 Jahren ohne jegliche Alpeneinweisung o.ä. statt. Die Clubmitglieder sind mehrheitlich Flachlandpiloten. Eine Einladung von mir zum Barbeque in Sion oder Bex im Rahmen eines Clubausflugs wurde Jahr für Jahr verschoben und nie realisiert (der französische Durchscnitts-Hobbypilot fühlt sich unsicher, sobald er über eine längere Zeit keine natürliche Horizontreferenz mehr hat). Seither haben sie einen neuen Fluglehrer, der selbst ein begeisterter Gebirgsflieger ist, vor 5 Jahren eine Jodel gekauft hat und inzwischen so etwas wie ein Einweisung mit den aktuellen Schülern macht.

 

 

Cosy

 

 

 

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21 hours ago, cosy said:

Eine nicht ganz unmögliche Variante wäre, dass die Insassen die Landung überlebten (vermutlich schwer verletzt, da die älteren DR400 Muster Sitze haben, die kaum G-Käfte absorbieren), um dann im sofort ausbrechenden Feuer mit den entsprechenden Folgen umzukommen. Der sofort ausbrechende Brand von Avgas hat bestimmt einen sehr hohen Kohlenmonoxyd Gehalt. Dieser Umstand verfälscht bestimmt die erwähnte Analyse.

 

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieser Riss im Abgasrohr - bestimmt tausende mal weniger Fläche aufweist als der offene Rohrquerschnitt – wesentliche Mengen Abgas in die Zuluft bringen kann.

Hallo Bruno,

so wie ich den Unfallbericht lese, schliesst das Ergebnis der Autopsie deine Hypothese aus. Es gab in den Lungen keine Anzeichen von Atemaktivität nach Beginn des Brandes (das sieht man mikroskopisch im Lungen- und Bronchialgewebe). Also ist eine Aufnahme von CO nach dem Aufschlag ausgeschlossen.

Ob das dieser Riss war oder eine andere Undichtigkeit sei mal dahingestellt, aber es gibt oft einen leichten Unterdruck in der Kabine (undichte Türen, Leitwerk), der Luft durch das Brandschott aus dem Motorraum ziehen kann. Auch die Ansaugluft der Heizung kann schon kontaminiert sein. Und ja,

  • es reicht ein ganz kleines Leck
  • Der Abgasdruck im Schalldämpfer ist hoch.
  • Hämoglobin ist ein Magnet für CO und reichert das an
  • CO bindet >200x stärker an Hämoglobin als O2
  • Kleinste Spuren in der Atemluft reichen schon
  • 90 ppm (0.009%) macht eine Vergiftung in 15 min

 

26% CO-Hämoglobin im Blut der Pilotin ist schon Nachweis einer heftigen Vergiftung und führt zusammen mit dem verringerten O2 Partialdruck in der Höhe sehr wahrscheinlich zu kognitiven Problemen - beginnende Narkose. Ihr Ausbildungsstand wird da irrelevant.

 

Wolfgang Dallach, der Fussballer Sala...

Ein weiterer Unfall der zeigt, warum man nicht ohne einen elektronischen CO Melder im Cockpit fliegen sollte. Die Dinger kosten fast nichts mehr.

Gruss

Albrecht

Bearbeitet von spornrad
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