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VFR single Pilot nach Griechenland: Eine (Alb-)Traumreise? Mein Erfahrungsbericht...


Ammu

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Es begann alles im Sommer 2019, mit der Idee zweier Freunde, im Mai 2020 nach Japan zu fliegen (der Vollständigkeit halber erwähnt: Mit dem Airliner 😉)

 

Dann kam 2020. Dann kam 2021. Aber die Japaner haben nie geöffnet. Auch heute, am 23. Mai 2022, sind touristische Reisen nach Japan nicht möglich! Was nun? Die Ferien sind eingegeben, Japan lässt schlicht keine Touris ins Land, andere Länder waren in der Zeit aber gut zu bereisen.

 

Dezember 2021:

Also kam uns die Idee, Ferien in Europa mit dem Privatflugzeug zu machen. Mit damals knapp 140 Flugstunden gelte ich zwar als ziemlich unerfahren, aber immerhin habe ich da doch schon einige, auch mehrtägige, Auslandflüge auf eigene Faust absolviert. Portoroz, Salzburg, Losinj, Béziers, Cannes, Speyer, alles innerhalb von 16 Monaten, dem Zeitpunkt, als ich meine erste Flugstunde genommen habe. Diese Reise war aber anders als die anderen zuvor. Portoroz ist direkte Nachbarschaft, das Ende von Europa nicht. Anderes Wetter, andere Gepflogenheiten.

 

Für diese Reise kam klar nur ein Gerät aus meinem Fuhrpark in Frage: Die Cessna 182R mit satten 333 Liter useable fuel und massig Platz. Das Ding hat mehr Endurance als mein Hinterteil und meine Blase, 7 Stunden fliegen am Stück macht sie locker mit. Dank 230PS bietet sie Performance, viel Leistungsreserve und gute Steigleistung, auch mit zwei gestandenen Männern, Gepäck und randvollen Tanks.

 

Ohne Flugzeug aber keine Flugzeugferien. Wir brauchen das Gerät für mehr als nur drei oder vier Tage. 3 Wochen Ferien habe ich eingegeben, mindestens 16 Tage will ich den Flieger haben, die dritte Woche als Reserve für Wetter, Pannen, Krankheit und was sonst alles noch passieren könnte. Also habe ich einfach unverfroren beim Vereinspräsidenten angefragt: Ich möchte den Flieger bitte für diesen Zeitraum haben, ich weiss, das sei eine lange Zeit, aber keine Angst, wir fliegen ja nicht nur zwei Stunden. Nur einen Tag später kam die Antwort: Das Flugzeug gehört in der Zeit dir, viel Spass und gute Reise. Mach einfach Stunden. 😉 Das war nun wirklich einfacher als gedacht...

 

Februar 2022:

Wir haben also Zeit und Flugzeug. Wo sollen wir hin? Es zieht uns in den Norden. Ein grober Plan wurde zusammengestellt, es soll via Polen und die baltischen Staaten nach Finnland und Lappland gehen, über Norwegen, Schweden, Dänemark und Deutschland zurück. Damit würden wir jedoch tendenziell in den Winter zurückfliegen, in diesen Breitengraden ist noch lange nichts mit Sommer. Der kurz darauf entflammte Konflikt in der Ukraine bekräftigte uns in der Entscheidung, eine andere Richtung einzuschlagen. Sicherlich wäre es kein Problem gewesen, den Plan abzufliegen. Dennoch wir entschieden uns dafür, lieber etwas Abstand von Kaliningrad, Belarus und der russischen Grenze zu nehmen.

 

Wie wäre es mit... Griechenland? Zwei Wochen mit EasyJet auf Rhodos, das kann jeder. Jeden zweiten Tag auf einer anderen Insel sein, das wäre es doch...!

 

Februar - Mai 2022, die Planung:

Ich habe für diese Reise definitiv viel mehr Stunden planend am PC verbracht als in der Luft. Eine besonders wertvolle Ressource war die Webseite der AOPA Hellas welche ich als Hilfe für die Flugplanung hernahm. Dazu war klar, dass ich zwingend AOPA (Switzerland) Mitglied werden muss. Ich wälzte AIPs, NOTAMs, führte Excel Tabellen und habe SkyDemon zum Glühen gebracht. Routen wurden zusammengeklickt, Alternates gesucht, Öffnungszeiten abgeglichen, die AVGAS Situation gecheckt. Griechische Flugplätze haben teilweise sehr abenteuerliche Öffnungszeiten und es ist absolut nicht unüblich, dass Platz 2 bereits wieder schliesst, bevor Platz 1 an dem Tag überhaupt aufgemacht hat. Oder einer der Plätze gar nicht auf hat an jenem Tag. Alternates können gefühlt ewig weit weg sein, mit viel offenem Gewässer dazwischen. Ich musste also nicht nur AOPA Member werden, sondern habe mich zusätzlich im nächsten Wassersportshop mit Rettungswesten eingedeckt. "Brauchst du eine fürs Fischen oder Gummiboot"? Nein, fürs Flugzeug natürlich.

 

Nach viel Kopfzerbrechen stand der Plan endlich! Alle Öffnungszeiten und Daten waren aufeinander abgestimmt, der Plan war fliegbar, aber es darf nichts schiefgehen, sonst sind wir unter Umständen länger an einem Ort, als uns lieb ist. Eine Woche Reserveferien nach der Flugreise wären im Nu weggefressen. Und dann gab es da noch ein NOTAM welches mehr als die Hälfte der Fläche Griechenlands von SFC - FL660 betraf, alles genau in unserer Reisezeit. Kann kein Problem sein, so ein gigantischer Luftraum kann ja unmöglich so undurchdringbar sein wie das WEF. Achja, hab ich schon erwähnt dass auf dem Nachhauseweg das WEF stattfindet? Egal, das ist dann ein Problem des zukünftigen Larry.

 

Ich zitiere insbesondere zwei Punkte aus diesem genannten NOTAM:
17.- PROCEDURES FOR NON EXERCISE AIRCRAFT:
17.1.- IN THE INTEREST OF SAFETY DURING THE EXERCISE, NON EXERCISE AIRCRAFT ARE STRONGLY ADVISED NOT TO FLY WITHIN THE AREAS DESIGNATED IN PARAS (1) TO (15) ABOVE.
17.2.- ACFT UNABLE TO AVOID THE EXERCISE AREAS WILL BE AUTHORIZED TO ENTER THESE AREAS AFTER SPECIAL PERMISSION BY APPROPRIATE ATC UNIT.

 

"strongly advised" (nicht prohibited o.ä.!) und "will be authorized"? Wunderbar!

 

Habe ich schonmal erwähnt, dass die AOPA Mitgliedschaft fürs Fliegen in Griechenland absolut unverzichtbar ist? Wir sprechen von Differenzen an Flughafengebühren von 200€ aufwärts. Eine Landung und die Mitgliedschaft ist schon fast rausgeholt. Zum Abschluss der Planung habe ich SkyServ als unsere Handler in Griechenland auserkoren. Ich habe alle SkyServ Büros der geplanten Flughäfen angeschrieben, ganz klar erwähnt, dass ich AOPA Mitglied bin und darum gebeten, dass sie für uns alles organisieren. Die Handler lassen sich ihren Service bezahlen und erledigen auch gleich den PPR/PNR Prozess mit. An den Fraport Flughäfen ist das zwingend, an den anderen kostet es zwar nochmals ein paar Euro mehr, aber dafür habe ich eine Sorge weniger. Das war es mir allemal wert.

 

7. Mai 2022:

Abreisetag! Oder auch nicht. Die Alpen sind zu, die labile Wetterlage macht sich bemerkbar. Stratusbewölkung hängt über den Pässen, regelmässig gewittert und schauert es. Morgen siehts besser aus.

 

8. Mai 2022:

Die labile Wetterlage hält sich hartnäckig. Ich schaue in mein Instagram und sehe, wie andere VFR Piloten aus der Schweiz unter der eher tiefen, aber zumindest über dem Flachland absolut fliegbaren Wolkenbasis Richtung Frankreich oder Norddeutschland ausfliegen und sich unter blauem Himmel wiederfinden. Soll ich den mühsam erarbeiteten Plan nun komplett kippen und etwas Neues beginnen? Nein. Morgen wird es definitiv besser. Das halten wir aus, dann lassen wir eben ein, zwei Orte aus. Es kann mir sowieso keiner garantieren, dass wir unseren Plan durchziehen können.

 

9. Mai 2022:

Endlich! Heute ist es so weit. Mein Kollege fährt uns an den Flugplatz, in der Zeit schreibe ich den Flugplan und treffe letzte Vorbereitungen. Im Flachland dominiert blauer Himmel, direkt über den Alpen ist es morgens tendenziell schlechter, die Restbewölkung löst sich im Verlauf des Vormittags jedoch rasch auf. Die Alpenpässe sind fliegbar, einzelne mit einer tiefen Wolkenbasis. Es ist aufgelockert bewölkt, die Tops befinden sich auf FL120, einzelne Türmchen reichen höher. Die mobile Sauerstoffanlage wurde montiert und der Continental brachte uns bei CAVOK Bedingungen auf unsere Reiseflughöhe von FL150.

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Kurz darauf fanden wir uns über den Alpen wieder, unter uns nahm die Bewölkung, nach dem Start unter gänzlich wolkenfreiem Himmel, etwas zu. Die Täler waren immer wieder offen, bei einer Motorpanne hätten wir genügend Möglichkeiten, einen sicheren Weg nach unten zu finden. Auf jeden Fall deutlich mehr, als wenn wir 1000ft AGL rumgefurzt wären.

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Und weils so schön war, gleich nochmals.

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Insgesamt 40 Minuten befanden wir uns über dieser Schicht. Über den Wolken im Privatflugzeug, ein sagenhaftes Gefühl. Mit dem Sauerstoff in der Nase war die Sache ziemlich entspannt und die Luft war absolut ruhig. Das Routing über Italien wurde dann aber leicht abenteuerlich. Ich gab dem Controller zu verstehen, dass wir gerne in (fast) alle Richtungen fliegen können, aber sinken wäre noch nicht möglich, die Wolken unter uns dauern noch ein paar Minuten an. Dahinter war alles CAVOK. Statt wie geplant über die Poebene in Richtung Portoroz zu fliegen, um danach weiter nach Losinj zu gelangen, wollte man uns südlich von Venedig haben, nicht tiefer als FL130. Okay, wir waren vorhin höher, da war es das Terrain und die Wolken aber auch. Flight Level 130 in einer non-Turbo Piston mit Schläuchen in der Nase, der Grund ganze vier Kilometer oder eben 13000 Fuss tiefer unter uns. Aber was solls, wir waren unterwegs und unsere TAS war nicht so viel schlechter als weiter unten. Wir wurden über den Punkt LABIN nach Kroatien rübergereicht. 91 nautische Meilen über offenem Gewässer! Da müssen wir jetzt durch. In Griechenland werden wir ebenfalls mehr Wasser als Land in Gleitdistanz unter den Rädern haben. Rettungsweste an, dem Motor nicht erzählen, dass wir jetzt über Wasser fliegen und weiter gehts.

 

Nach gut zwei ein viertel Stunden endlich: Die Adriaküste! Wie schön ist es, wieder hier zu sein. Die Farbe des Wassers, das Grün der Inseln und die hellen Strände dazwischen, ich glaube, das würde mir in 500 Jahren nicht verleiden.

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Die erste Landung auf der Reise: LDLO

Meine zweite Landung in Losinj überhaupt stand bevor, die erste ohne Türmer, es war schliesslich ein Montag und die CTR ist nur Sa/So aktiv. Einmal gutschweizerisch den Platz quer drüber angeflogen, den ziemlich schief zur Piste wehenden Windsack beäugt (oder eher bedauert) und sicher, aber nicht besonders elegant auf der 20 gelandet. Einmal volltanken bitte, ich habe lieber zu viel als zu wenig Fuel dabei und gerade Kroatien ist für die (nach wie vor) recht bezahlbaren Preise für AVGAS bekannt. Das legendäre Restaurant El Paso am Flugplatz hatte leider zu, es ist noch nicht ganz Touri-Saison. Auch ein Telefonanruf beim Wirt Grisa hat daran nichts geändert. Wir sehen uns sicher wieder, Freund. Also musste es eine Flasche Wasser aus dem Getränkeautomaten am Flugplatz tun.

 

Vor der Weiterreise habe ich nochmals das Wetter für Dubrovnik gecheckt. Das recht frisch herausgegebene TAF verkündete TSRA, beginnend ca. eine Stunde nach unserer Ankunft. Auf dem Apron nass werden, nicht so schlimm. Der Flug ist auf jeden Fall machbar. Das METAR bescheinigte uns CAVOK mit den üblichen Winden für die Region, aber die Challenge nehme ich an. Wer dort unten fliegen will, kommt um Wind nicht herum.

 

Der zweite Flug des Tages: LDLO - LDDU

Abflug in Losinj bei bestem Wetter und leichtem Rückenwind für den Trip. Die grosse Ortschaft hinten im Bild ist Mali Losinj, was übersetzt "Klein Losinj" (oder in ganz deutsch Klein-Lötzing) heisst. Weiter südlich befindet sich noch die Ortschaft Veli Losinj, übersetzt Gross Losinj. Veli Losinj hat gefühlt nicht einen Zehntel der Grösse von Mali Losinj, aber hey, ich fliege hier nur und bin nicht für die Namensgebung zuständig.

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Auf dem Weg in den Süden, etwa Höhe Split, schon die erste grössere Überraschung: Die TSRA entstehen nicht noch, sondern sie sind schon da! Währenddessen fliegen wir mit 140 Knoten durch die Luft, alles ist sicher, wir haben viele Möglichkeiten und Alternates geplant, aber wir müssen uns jetzt für eine entscheiden.

 

Zadar: Absolut machbar und will ich unbedingt mal hin, sind wir aber schon dran vorbei. Ich will weiter "runter".
Split: Landen möglich, fürs Parkieren wird PPR verlangt. Ich möchte aber nicht die TSRA einfach aussitzen, sondern mindestens eine Nacht bleiben. Ich bin schon ein paar Stunden geflogen.
Hmm... Split radar, is Brac available for landing? - Standby, I will coordinate.

 

Ja, Brac nimmt uns! Sie haben offen, sie haben Platz, sie sind informiert. Fliegen in Kroatien ist einfach ein Traum. Bei Hvar den Kurs von Südöstlich nach Nordöstlich gedreht und Brac angesteuert. Auch dieser Platz war heute nicht kontrolliert, heisst also blindcalls. Split Radar war in der Lage mir die Winde zu nennen und den Runway in use: 03. Im Final des erstaunlich hoch gelegenen Platzes (1781ft!) schlägt es ordentlich auf den Flieger, die Windrichtung ist immerhin exakt auf der Pistenachse und die Landung ist Butter vom allerfeinsten. Das Fahrwerk dankt und der eigene Stolz ist wieder hergestellt.

 

Das Flugzeug wurde vor unserer Abreise anlässlich des Fliegerputzes von einigen Helfern des Vereins sauber gewaschen und poliert. Vom Gebrauch wird es leider nicht sauberer...

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Nun sind wir also auf der Insel Brac statt in Dubrovnik und verbringen mindestens den Abend hier. Vor den zu entrichtenden Gebühren schaudert es uns jetzt schon, direkt nach unserer Landung startete eine Cessna Citation, ein paar andere Jets standen auf dem Apron und unsere Cessna durfte sich neben einer Piper Cheyenne schlafen legen. Weit und breit keine andere SEP, ich sah schon meine Kreditkarte schmelzen.

 

Bisher geflogen: 4 Stunden

 

Auf dem Boden schauten wir uns nach Hotels um und entschieden uns spontan, gleich zwei Nächte zu bleiben. Ein Taxi brachte uns zum Kurs von 20€ in die Ortschaft Bol, von den erwähnten 540 Metern über Meer bis auf 0 Meter. Wir waren noch nie hier und haben uns nicht mit diesem Ort befasst, aber so schlecht kanns nicht sein, wenn wir mit dem schäbigsten Flugzeug auf dem ganzen Apron aufkreuzen.

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10. Mai 2022:

Endlich sowas wie Ferien! Der Weg ist das Ziel, so genossen wir den folgenden Tag mit reichlich Sonnencreme eingeschmiert und entdeckten die nähere Umgebung mithilfe von Miet-Mountainbikes. Bol ist eine eher kleine, ruhige Stadt, hat aber in der Sommersaison auch ordentlich Tourismus. Es gibt einige Hotels, Appartments und Restaurants zur Auswahl, wobei leider sämtliche traditionellen Konobas (eine Art kroatische Taverne) geschlossen hatten. Dennoch haben wir gut gespiesen und getrunken. Ein Besuch am bekannten "Zlatni Rat", dem goldenen Horn von Brac, war jetzt zum Pflichtprogramm geworden. Die Badehosen wurden auch gebraucht.

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Beim Anblick dieser Motoryacht ging die Diskussion los, was wir mit "zu viel" Geld anstellen würden. Lieber ein Flugzeug kaufen oder eine schöne Yacht? Für meinen Kollegen war die Sache klar. Fliegen, das sei viel zu kompliziert, er würde lieber mit der Yacht umherschippern. Für mich war der Fall auch klar. Ich hätte meine PC12 gerne in einem Schneetarn und einem eingebauten Kransystem, damit ich mein Motorrad selbstständig verladen kann und nicht auf Bodenpersonal und Gabelstapler angewiesen bin. Danke im Voraus für die Umsetzung, Pilatus.

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11. Mai 2022:

Der dritte Flug: LDSB - LGIO

Nichts ist für immer und nach wundervollen Eindrücken und mit geballter Ferienstimmung verliessen wir die Insel Brac am folgenden Tag. Verarmt sind wir dabei entgegen der Erwartung nicht, mit AOPA hat uns der Besuch gute 60€ gekostet, ohne wären es immer noch ganz vertretbare 90€ gewesen. Geparkt zwischen Citation und Cheyenne auf einer gigantischen Piste. Brac, wir kommen definitiv wieder!

 

Checks gemacht, der Conti springt ohne zu Mucken an, das Flugzeug funktioniert einwandfrei. Der Boden wurde immer kleiner und die Luft immer ruhiger. Kurze Zeit später flogen wir da durch, wo wir eigentlich hinwollten. Übrigens habe ich nach der Landung in Brac die Webcam von Dubrovnik studiert und beim Anblick der tiefschwarzen Wolken, die direkt über dem Platz hingen, war ich absolut zufrieden mit unserer Entscheidung und mit dem Wetter in Brac, denn nicht ein Tropfen fand den Weg zum Boden.

 

Hello Dubrovnik! No worries, one day we will visit. Ich war zwar vor vielen Jahren schonmal da, aber mit dem Privatflieger, das hätte schon was. Mein Kollege wäre auch nicht abgeneigt gewesen. Aber so ist das Leben als VFR Pilot, unberechenbar und voller Überraschungen.

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Wir durchflogen absolut problemlos die Lufträume von Montenegro und Albanien. In Tirana wollten wir ursprünglich auch landen, aufgrund einer bürokratischen Hürde hatte ich dazu in der Planungsphase aber keine Lust mehr. Die Gelegenheit kommt dann schon wieder. Wir flogen eh schon zwei Tage später als geplant ab, also musste ohnehin etwas von der Liste. Im Bild Durres, die grösste Küstenstadt Albaniens. Hier auf dem Foto während einem Orbit, die Nase zeigt nach Nordwesten, wir wollten nach Südosten. Viel war nicht los im Luftraum von Tirana, aber genau als wir dort waren, kam ein Flieger auf die Piste 35 in LATI herein.

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Albanien muss ein wunderschönes Land sein. Schon lange will ich mit dem Motorrad da runter, aber der weite Weg hat mich bisher immer abgeschreckt. (Es ginge schneller mit einer PC... ach lassen wir das). Ein bisschen Stolz schwingt bei diesem Bild mit. Ungefähr an dieser Stelle, eher noch etwas weiter südöstlich und somit näher an der griechischen Grenze, habe ich meine hundertste Stunde als PIC geknackt. Davon kann ich mir nichts kaufen, aber das Gefühl kann mir keiner nehmen. 😉

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*klick* Ioannina Approach, Kalimera! Erinnerungen an meinen ersten Auslandflug kamen auf, als ich Milano Information mit "Buon giorno" und später Portoroz mit "Dobar dan" begrüsst habe. Wir haben es geschafft. Nur zwei Flugtage und wir waren in Nordgriechenland! Sechs andere Länder liegen zwischen meinem zu Hause und diesem Ort, wo ich uns gerade eben eigenhändig hingeflogen habe. Ohne funktionierenden Autopilot, mit spärlicher Avionik und einem PAX nebenan, der lieber eine Nussschale hätte als ein Flugzeug. Ein spezielles Gefühl.

 

Welcome to Ioannina sagt die nette Handlerin von SkyServ, neben ihr zwei Jungs mit Arbeitshandschuhen, die uns Fuel anbieten. Wir bitten darum, denn ab hier wird AVGAS zur Rarität. "You have the first AVGAS of the season!" verkündet mir der freundliche, junge Grieche, ich setze ein falsches Lächeln auf und nicke - wieviel Rost, Dreck und Wasser in der Plörre wohl drinsteckt? Für mich ist das nichts feiernswertes, aus echtem Interesse frage ich dennoch nach, wann denn die AVGAS-Saison beginnt. Er erklärt mir, dass es in Ioannina normalerweise erst ab Mitte-Ende Mai AVGAS gibt. Na gut, dann ist der Sprit vielleicht doch noch frisch... ich werde auf jeden Fall drainen und schauen. Später geht es nochmals weiter, der Tag ist noch nicht zu Ende.

 

Schweizer PIC, Österreichischer Verein, Deutsche Flagge, Griechischer Boden! Jassas!

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Ich habe ja nun wirklich viel Schlimmes erwartet, aber es ging alles wunderbar. Einzig die Spritpumpe bzw. deren Stromversorgung wollte zuerst nicht. Im Bild direkt über dem Höhenruder ist ein roter Kasten zu sehen, damit wird die abenteuerliche Anlage versorgt. Wir verloren keine Zeit und gingen ins Terminal, um die Einreise in Griechenland und die Bezahlung der Flughafentaxen zu erledigen, währenddessen konnten die Jungs troubleshooting betreiben. Die Landetaxen waren erfreulich tief: 28.06€! Mit großartigem Empfang, mit Crew Car und an einem internationalen Flughafen eingereist und gecheckt worden. Da gibt es manchen Grasplatz wo man mehr zahlt für weniger Service.

 

Braucht ein Masterstudium: Die AVGAS-Versorgung in LGIO

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Als wir aus dem Terminal zurück kamen funktionierte die Pumpe auch wieder. Unter meiner Aufsicht wurden die Tanks vollgeträufelt. Was kostet denn der Liter Sprit? "Two euro and ninetyfour cents". Wow, das geht ja noch. Klar ists daheim billiger und die Differenz müssen wir bezahlen, aber das war nun wirklich nicht so schlimm. Immerhin hat es keine drei davor! Während das flüssige Gold floss, machte ich unseren Flugplan bereit. Von LGIO geht es weiter nach Kythira, LGKC. Die nächste Insel steht an. Alles bereit, der Benzin-Mann hält mir das Kartenlesegerät unter die Nase. 663.26€ steht auf dem Display, das erscheint mir ziemlich heftig für 182 Liter Benzin. Ich rechne kurz aus und bin mir sicher, dass da ein Missverständnis vorliegen muss. "Sir, that's 3.65€ per liter, surely there must be a mistake". Er schaut mich nur an und fragt nach dem AOC. AOC? Nein, natürlich nicht! Das ist ein Privatflug. "Then you have to pay taxes". Ich befürchte, dass der Mann doch keinen Fehler gemacht hat. Satte 128.37€ Steuern kamen auf die ursprünglich genannten 2.94€ obendrauf, die Kreditkarte bog sich zum ersten Mal ganz leicht durch, als das Lesegerät sie erfasste. Aber was will ich tun? In Kythira gibt es keinen Sprit und ohne läuft der Ventilator nicht. Autsch. Aber es war klar, dass diese Reise nicht günstig wird.

 

Zurück im Flugzeug will ich nach einer VFR startup clearance fragen, doch bevor ich dazu komme, ruft mich bereits der Türmer mit meinem Callsign auf. "Go ahead!"

 

Tower: "I've been trying to reach you for a while. There is a problem with your flight plan. Are you aware of the exercises of the hellenic air force? There is a NOTAM".
- "Affirm Sir, very well aware! Ready to copy our clearance through the exercise area."
Tower: "Sir are you IFR capable?"
- "Negative, only VFR."
Tower: "Are you able to fly Flight Level 155?"
- "Negative, we are unpressurized and have a non-turbo piston aircraft." Natürlich könnte ich, aber hab ich Lust da drauf?
Tower: "The only clearance I can give you is if you are able to reach FL155."

 

Ohje... jetzt kommts dicke. Also, der Flieger schafft FL160 und Sauerstoff haben wir. Es geht, aber es ist einfach Kacke. Nach einigem hin und her erhielt ich eine clearance, aber ich müsse an einem Punkt, lediglich 23NM südlich vom Platz, FL130 erreicht haben und danach meinen Steigflug auf FL155 fortsetzen. Sonst solle ich einfach in der TMA kreisen bis ich diese Höhe habe, das würde er mir erlauben. FL155! Über Griechenland! In einer SEP! Und ich dachte FL130 über der Poebene sei crazy. Also habe ich murrend den Sauerstoff wieder montiert und alles bereit gemacht. Bis wir so weit waren, zogen einige dichtere Wolken über Ioannina auf. Ich sagte dem Turm, dass es nun nicht mehr möglich sei, so hoch zu fliegen. Einige tausend Fuss seien kein Problem, aber höher sei unmöglich, da IMC. Nur etwas weiter südlich wars wieder blau, da können wir gerne steigen, nötigenfalls kreisend. Leider keine Chance: Das sei die einzige clearance die mir ermöglicht werde. Er könne da leider nichts machen. Der Mann war freundlich und tat vermutlich was er konnte, aber ich war an diesem Punkt am Ende. Wir sind gestrandet wegen so eines Schwachsinns. Ich erinnere an den Wortlaut von weiter oben:

17.- PROCEDURES FOR NON EXERCISE AIRCRAFT:

17.1.- IN THE INTEREST OF SAFETY DURING THE EXERCISE, NON EXERCISE AIRCRAFT ARE STRONGLY ADVISED NOT TO FLY WITHIN THE AREAS DESIGNATED IN PARAS (1) TO (15) ABOVE.

17.2.- ACFT UNABLE TO AVOID THE EXERCISE AREAS WILL BE AUTHORIZED TO ENTER THESE AREAS AFTER SPECIAL PERMISSION BY APPROPRIATE ATC UNIT.

 

War ich etwa naiv zu denken, dass ein Luftraum, der gefühlt 80% der Landmasse Griechenlands von 0 bis FL660 umfasste, einfacher zu durchfliegen sei? Was sollen wir tun? In Ioannina bleiben? Morgen geht es aber genauso wenig weiter, die exercises waren an jedem Wochentag. Ioannina und Kythira haben beide abenteuerliche Öffnungszeiten. Es passt einfach nicht überein. Griechenland wieder verlassen, da uns diese Übung offenbar einen gewaltigen Strich durch die Rechnung macht? Dazu erfahren wir erst auf Platz via Funk (Telefon? Fehlanzeige!) was am Tag X zum Zeitpunkt Y möglich ist. Mental wollte ich schon nach Mostar fliegen und dieses Sch***sland einfach verlassen, Mostar hätte uns nämlich problemlos genommen. So weit kam es nicht: Ich rief unsere Handler herbei und wir verzurrten den Flieger. Eine Nacht in Ioannina, ich bin sowieso nicht mehr flugfähig, viel zu sehr war ich aufgebracht. Ich stand vor einem Scherbenhaufen. Die ganze Planung, komplett für die Katz. Das Wetter war gut. Das NOTAM war unmissverständlich. Aber es wäre wohl zu einfach gewesen.

 

Neben uns landete eine F-Reg SR22. Wir sahen einander die Frustration an, die Franzosen fragten uns was wir vorgehabt hätten und was wir jetzt tun. Das Einzige was uns übrig bleibt, den Flieger stehen lassen. Sie wollten nach Thessaloniki und hatten aufgrund der geografischen Lage der Ortschaften mehr Glück als wir. Der Einflug in die exercises wird ihnen gewährt, aber nur, wenn sie von Ioannina nördlich über Albanien ausfliegen und via Mazedonien wieder in Thessaloniki reinkommen. "C'est un bordel" sage ich dem Piloten, er stimmt mir zu, ist aber dennoch erfreut, dass sie an ihr Ziel kommen. Es hätte ihnen schliesslich auch so ergehen können wie uns.

 

Bisher geflogen: 6 Stunden 30 Minuten

 

Die Handlerin, Niki, war grossartig. Sie hat uns ein Hotel organisiert und uns Tipps gegeben. Sie rief ihre Berufskollegin in Kythira an und sagte, dass wir doch nicht kommen werden. Kein Problem, sie werde die Slots canceln. Wir sollen den Abend in Ioannina geniessen und uns überlegen, was wir tun wollen. Ein Taxi stand vor dem Terminal bereit und fuhr uns in die Innenstadt, wo man uns im Hotel bereits erwartete. "Aaah, you are the guys from the airport!" Oh nein, jetzt gehts los. Da kommen zwei reiche Schnösel, denen ziehen wir die Kohle aus der Tasche. "How much will the room be for the night?" "70€, including breakfast!" Oh, wow. Ein schönes, grosses Zimmer mit breiten twin beds, Balkon, weit oben. Zur Begrüssung gabs Kaffee und O-Saft, alles für 35€ pro Kopf. Die Griechen haben es wohl doch nicht auf uns abgesehen.

 

Eine Einkaufspassage in der Innenstadt von Ioannina

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Farbige und gepflegte Häuschen zieren das Stadtbild

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Der Grossteil von Ioannina sah aber eher so aus...

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Wir waren uns an dieser Stelle nicht so sicher ob wir uns in einem Vorort von Moskau oder in Griechenland befanden

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Gestrandet in Ioannina. Und dennoch hatten wir eine gute Zeit dort. Es ist die Hauptstadt der Region Epirus und entsprechend war viel los. Die Gassen waren belebt, viele junge Leute unterwegs. Anscheinend fand irgendein Anlass einer Uni statt, zumindest sowas haben wir verstanden. Wir suchten uns das nächste Lokal und bestellten grilliertes mit einer Flasche Mythos dazu. Es ging uns gut, aber der Scherbenhaufen war immer noch da. Es war früh am Nachmittag, so hatten wir genügend Zeit uns einige Dinge anzusehen. Am späteren Nachmittag war ich wieder im Planungsmodus: Öffnungszeiten checken, Verfügbarkeit von AVGAS, NOTAMs, die verfluchten exercises. Ein neuer Plan musste her.

 

The show must go on...

Bearbeitet von Ammu
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11. Mai 2022:

Weit weg von zu Hause, zurück auf Feld 1

Was ich mir vornehme, ziehe ich durch. Ich bin ein Macher und kein Träumer. (Wo ist meine PC12?) Heute wurde ich jedoch derart ausgebremst und aus dem Konzept geworfen, dass ich nicht mehr wusste was zu tun ist. Ich war am Ende. War es das? Wir könnten Ferien in den Ex-Jugoslawischen Ländern machen. Kroatien, Bosnien, Serbien, Montenegro, alle verfügen über Flughäfen und alle warten darauf entdeckt zu werden. Es war aber nicht das, was wir wollten. Der Verein stellte mir eine Maschine für eine recht lange Zeit zur Verfügung unter der Bedingung, dass ich damit nicht nur zwei Mal um den Säntis fliege. Wir können nicht einfach umdrehen, es muss möglich sein Griechenland zu bereisen. Die Exercisezeiten muss ich ab sofort als absolut unfliegbar annehmen. Montag bis Freitag, 0730-0930 und 1130-1330, für die Lokalzeit rechne man noch 3 Stunden obendrauf. Extrem sind die Zeiten nicht, dennoch stellten sie eine enorme Hürde dar. Öffnungszeiten der Flughäfen an einzelnen Tagen von 1000-1600, 1230-1715 oder 0615-1115 sind dort normal. Wenn der Laden um 10 aufmacht, können wir frühestens um 11 starten. 30 Minuten später beginnen die exercises wieder, also kein Flug. 1330 und somit nach den exercises starten, wunderbar! Blöd, dass der Zielflughafen bereits 1100 wieder Feierabend gemacht hat. Die Konvektion wird nachmittags auch nicht besser, wir sprechen immerhin von einem recht warmen, feuchten Land direkt am Meer, mit viel Sonne, viel Wind und entsprechendem Wetter.

 

Mein Job war es nun, getreu dem Swiss Cheese Modell etwas zusammenzubasteln, entgegen der üblichen Anwendungsweise des Swiss Cheese Modells mussten in meinem Fall jedoch die Löcher übereinstimmen. Die Käsescheiben bestehen aus Öffnungszeiten der Flughäfen, exercises, Tag-Nacht-Grenzen, dem Wetter und nicht zuletzt meiner persönlichen Verfassung. Die analoge Flugplanung auf A4 Papier mit Bleistift und Radierer liess Hoffnung aufkommen. Es geht doch noch etwas! Weiter in den Süden, auf andere Inseln. In fast unmittelbarer Nachbarschaft zu Ioannina befindet sich Kerkyra/Korfu. Ein grosser Flughafen mit langen Öffnungszeiten unter dem Regime von Fraport. Anfrage losgeschickt und innert kürzester Zeit einen inbound Slot bekommen, leider erst um 1700Z. 20 Uhr abends Lokalzeit, an der Stelle darf erwähnt werden, dass dort unten im Sommerhalbjahr die Tage merklich kürzer sind als bei uns. Fraport lässt uns vorher nicht rein, zu viel Traffic. Egal, nehmen wir! Hoffentlich bleibt die Konvektion über Ioannina wenigstens morgen aus. Oder wie der junge Grieche mit dem abenteurlichen AVGAS Tanker sagte: "Whenever we have sunshine during the day, we have thunderstorms in the evening". In Anbetracht der Lage in einem Talkessel, direkt neben dem Meer, verwundert mich das überhaupt nicht. Ioannina ist die Stadt mit den meisten Regenfällen in ganz Griechenland.

 

Erleichtert über den zumindest teilweise weggeräumten Scherbenhaufen verbrachten wir den Abend in der Stadt. Auch die TAFs der Flughäfen verhiessen nichts schlechtes. Es sollen Cumuli und auch einzelne TCU entstehen, jedoch keine CB und kein TSRA. Hoffentlich bleibt es dann auch so...

 

12. Mai 2022:

Wir hatten Zeit, zu viel Zeit. Das Zimmer mussten wir um 14 Uhr abgegeben haben, abfliegen durften wir nicht vor 1930 Lokalzeit. Wir nutzten den Tag Ioannina weiter zu erkunden, gleichzeitig habe ich das Wetter ständig beobachtet und darauf geachtet, meine Energie für den abendlichen Flug aufzusparen. Wir bestellten uns ein Taxi und tauchten viel zu früh am Flughafen auf. Wir hatten nichts besseres mehr zu tun, lieber zeitig am Flughafen sein und in aller Ruhe alles vorbereiten. Es soll ein entspannter und sicherer Flug werden, keine Hetzerei. Der Sinn der Personenkontrolle erschloss sich uns nicht. Einerseits mussten wir all unser Gepäck aufs Band legen. Was wir in den Taschen trugen, wie auch Uhr, Gurt etc. interessierte niemanden. Unter lautem gepiepse wurden wir durch den Metalldetektor gewunken und konnten unser Gepäck auf der anderen Seite der Röntgenmaschine entgegennehmen. Auf dem Apron stand eine Dash 8 von Olympic nach Athen bereit. Das Wetter war auf unserer Seite, der Flugplan aufgegeben, der Motor schnurrte wie ein Kätzchen. Endlich, es geht weiter.

 

Direkt nach dem Start auf Runway 32 ging es zum Punkt PARAX. Das Gelände rund um den Flughafen Ioannina steigt auf ein paar tausend Fuss an, so taten wir es dem Gelände gleich und flogen auf 6000ft in den Westen. Jaaaa jetzt chömed d Bildli, nur Geduld 😉

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Die Strömung lag an, wir waren endlich wieder unterwegs. Ein bisschen habe ich mich gefühlt wie ein Twinotter Pilot auf den Bahamas. Kurzer Flug, kurze Hose. Zur Vervollständigung dieses Gefühls gefehlt haben nur noch die Badelatschen und ein halb zugeknöpftes weisses Hemd mit vier goldigen Strichen. Aber ich bin überzeugter T-Shirt-Träger (das mal bitte im Hinterkopf behalten...!)

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Hat LGKR 34 den schönsten Approach, den ich bisher geflogen bin? Vielleicht. Auf jeden Fall siedle ich ihn weit oben in der Liste an. Eine Sache war an der Stelle jedoch: Wir kratzten genau an unserem maximalen Landegewicht und ehrlicherweise stand von uns heute früh keiner auf der Waage, um die verschlungenen Köstlichkeiten mit einzuberechnen. Ich habe schliesslich nicht damit gerechnet, dass wir mit brechend vollen Tanks nur gerade eine halbe Stunde fliegen werden. Die Piste war sehr lang und so erlaubte ich mir, trotz Homebases mit 500 und 600m Länge, eine lange, dafür ganz besonders feine Landung hinzulegen. Ausgeflogen und zart setzte der Flieger auf. Im Kopf habe ich meinen Fluglehrer fluchen gehört, wer landet schon so mit einem Kleinflugzeug... Ein kurzer, schöner Abendflug auf die nächste Insel. Meine Laune war deutlich besser als noch vor 24 Stunden.

 

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Viel war los auf dem Tarmac, ein Airliner nach dem anderen startete. Kein Wunder hat man uns vorher nicht hier gewollt. Wir kamen aber ohne Verzögerung herein und durften nach PARAX direkt einen 3-4 mile final ansteuern.

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Bisher geflogen: 7 Stunden 5 Minuten

 

Es war schon spät, so nutzten wir die verbleibende Zeit für einen kurzen Spaziergang in der Altstadt. Nur wenige Taximinuten vom Flughafen entfernt befindet sich diese, unser Hotel lag direkt am Eingang zum historischen Kern. Hotel Bella Venezia in Korfu - absolute Empfehlung!

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13. Mai 2022:

Fliegen? Das taten die anderen um uns herum schon zur Genüge. Die Stadt ist ziemlich lärmgeplagt, ständig flogen Airliner an und ab, die Touris scheint es aber nicht zu stören, im Gegenteil. Die Cafés und Restaurants an der Pistenschwelle waren allesamt gut besucht. Wir besuchten die alte Festung und erkundeten die Stadt auf eigene Faust.

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Natürlich darf der erste Ouzo auf griechischem Boden nicht fehlen. Ich mag das Gesöff zwar nicht besonders, aber was muss, das muss. Zudem schmeckt es hier unten besser als daheim. Jámas!

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14. Mai 2022:

Schon wieder fliegen? Ja, wir haben sicherlich das schönste Hobby der Welt, aber irgendwie hat es sich doch nicht nach Ferien angefühlt. Ständig habe ich das Wetter beobachtet, mir Gedanken gemacht, ob wir früher oder später abreisen müssen/sollen/können. Erholung? Fehlanzeige. Pausenlos neue Eindrücke, die mein Hirn noch gar nicht verarbeiten konnte. Irgendwie schon cool, denn so viel von einem Land sieht man wirklich nur im Privatflugzeug, da kann kein Auto oder Schiff mithalten. In erster Linie aber anstrengend. Single Pilot, immer andere Hotelbetten von variierender Qualität, welche sich entsprechend auf meinen Schlaf und meine Energie auswirken.

 

Nächster Halt: Kefalonia! Unser outbound Slot um 1000Z wurde von Korfu problemlos genehmigt. Ausschlafen, ein ausgiebiges Frühstück und die Ruhe in der Gartenanlage des Hotels geniessen war angesagt. Das Taxi brachte uns wiederum an den Flughafen, die Sicherheitskontrolle stand an. Es ist nicht mein erstes Mal an einem internationalen Flughafen, auch als Crew nicht. Brav habe ich alles auf das Gummiband der Röntgenmaschine befördert, Uhr, Handy und Flugzeugschlüssel von der Hosentasche in ein Tray gelegt. Der Metalldetektor machte keinen Pieps und ich nehme mein Zeug wieder an mich. Mein Kollege diskutierte gerade mit dem Sicherheitspersonal. "It's a private flight", gab er ihm zu verstehen. Der Mann hält unsere frisch gekaufte Wasserflasche in der Hand. "No liquids!". Jetzt war ich an der Reihe. "Sir, I am the pilot of this flight. He is my passenger and I allow him to take liquids on board." Ich wurde fast ausgelacht, stand ich schliesslich mit einem einfachen T-Shirt vor den Herren. "What, you are crew?" "Yes, I am crew." "Show me your ID!" In diesem Moment fiel mir ein Beitrag eines VFR Piloten ein, den ich vor einiger Zeit gelesen habe. Er schrieb, dass er sich eigens für Griechenland ein weisses Hemd mit vier goldigen Streifen gekauft habe. Hier unten machen eben Kleider tatsächlich noch Leute.

 

Nun kam der grosse Auftritt meiner AOPA Karte. Ich zückte sie und hielt sie dem Herrn unter die Nase, stand doch "AOPA Crew Member Certificate" drauf. In meinen Augen ist das Plastikding an einem internationalen Flughafen wertlos, eine Pilotenlizenz ist doch viel aussagekräftiger. Die Herren der Sicherheitskontrolle waren erstaunt, dass ich tatsächlich Crew war (wie bitte, DIESER Typ fliegt ein Flugzeug?), die Flasche bekamen wir trotzdem nicht wieder. Wir müssten durch den Staff Durchgang, hier hinten gibt es Airline-Passagiere. Unser Handler unterbrach die Diskussion und versprach uns im Ops ein paar kalte Wasserflaschen. Schade um die entsorgte Flasche, den Müll und die Ressourcen.

 

Die Securitymänner waren uns einfach überlegen. Doch die Gefahr der Wasserflasche war gebannt, die Ordnung wiederhergestellt. Mit zwei unentdeckten Taschenmessern, einem Schraubenzieher der Grösse 2 (dazu später mehr), einer weiteren baugleichen Wasserflasche, einer grossen Shampooflasche und Rasierern bewaffnet zogen wir weiter durch das Terminal zu unserem Crew Car. Ich möchte erwähnen, dass wir auf dem Weg zu unserem Flugzeug niemanden getötet oder ernsthaft verletzt haben. Nachdem man uns um 182 Euro erleichterte, durften wir starten. Ohne AOPA Mitgliedschaft soll der Preis für dasselbe Produkt wohl weit über 400€ betragen.

 

Gelandet in LGKF Kefalonia. Auch hier gibt es Touriflieger, aber niemals so viele wie in Korfu.

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Wieviele Handler braucht eine C182? Am besten alle. Der Feuerlöscher ist ein netter kleiner Touch, der Britenbomber startet gerade. Man begrüsste mich mit "Welcome to Kefalonia, captain!". Ui. Kostet das extra? Das habe ich nicht bestellt.

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Bisher geflogen: 8 Stunden 5 Minuten

 

Auch hier war es schon Nachmittag. Unser Hotel befand sich in Argostoli, der Hauptstadt der Insel. Wir entschlossen uns mit der Fähre für 3€ pro Person nach Lixouri zu fahren und den ersten Nachmittag und Abend dort zu verbringen.

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15. Mai 2022:

Nun waren wir also in Kefalonia. Auch hier wollten wir ursprünglich gar nicht hin. Wie in Bol auch, waren wir planlos. Meine Freundin schrieb mir, dass Argostoli offenbar für Schildkröten bekannt sein soll. In den Souvenirshops fanden sich viele Shirts und Kühlschrankmagnete mit Schildkröten drauf, daneben Schildkröten als Stofftiere. Caretta caretta soll diese Spezies heissen, auf deutsch Unechte Karettschildkröte. Einen Meter Gross und über 100 Kilogramm schwer sollen die Tiere werden. Wir begingen uns an den Hafen und entgegen der lateinischen Bezeichnung waren die Schildkröten tatsächlich echt! Sie warten jeden Morgen im Hafen auf die Fischer, die vom Meer zurückkehren und die kleinen und unverkäuflichen Fische ins Meer werfen. Für die Schildkröten und die vielen anwesenden Möwen ein Festmahl.

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Wie schon in Bol mussten auch hier Fahrräder für den Transport herhalten. Der Vermieter war ein junger Niederländer, der gemeinsam mit seiner griechischen Freundin auf Argostoli lebt und ein kleines Hotel mit Veloverleih betreibt.

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Recht zügig beförderten uns die Drahtesel in und um Argostoli herum. Dieser Strand gefiel uns spontan so sehr, dass wir dort das Beachlife genossen haben und die Badehosen wieder benetzten.

(Bevor sich jemand beschwert dass ich zu viele Ferienfotos poste, da ist ein Flugzeug drauf imfall!)

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16. Mai 2022:

Ach nö, schon wieder weiter? Uns beiden gefiel es hier sehr gut. Korfu war schon hübsch und Ioannina wirklich interessant, aber hier hatten wir das Griechenland, welches wir wollten. Auf diesen Flug habe ich mich persönlich aber besonders gefreut. Er soll uns da hinbringen, wo wir nach Ioannina eigentlich hin wollten: Nach Kythira! Brac, Korfu, Kefalonia: Es war alles toll, aber es war alles nicht geplant. Losinj und Ioannina haben wir erfolgreich besucht, beide waren jedoch von Beginn weg nur als technical landing vorgesehen. Kythira ist eine touristisch recht unbekannte Insel, die wie auch Korfu und Kefalonia zur Gruppe der Ionischen Inseln gehört, geografisch aber recht weit von den anderen entfernt zwischen der Spitze der Peloponnes und Kreta liegt. Ich wollte da hin, weil weniger los ist als in Rhodos, Kos, Santorini und wie die ganzen anderen Touriverseuchten Orte heissen. Eine grosse, karge Insel mit nicht mal 4000 Einwohnern, das klingt nach ursprünglichem Griechenland und tiefen Preisen. Auch hier in Kefalonia hat man uns Geld abgeknöpft, fast 200 Euro, um genau zu sein. Fraport eben. Ich habe gefragt, warum es hier teurer sei als in Korfu, schliesslich wendet Fraport überall die gleichen Tarife an. "Sir, we are a privileged island", ähm okay... vermutlich hat die Anrede "Captain" 20€ gekostet.

 

Wir "freuten" uns schon auf die Sicherheitskontrolle und die Vorfreude war nicht grundlos. You are crew? Show us your ID. AOPA Karte gezückt. Lustigerweise waren damit immer alle zufrieden. Ich durfte meinen ganzen Krempel inklusive Wasser behalten. Meinem Kollegen wurde dieses Mal wenigstens konsequent alles genommen: Wasser, Shampoo, Schraubenzieher. Fragt mich nicht was der auf der Reise verloren hat, der Kollege hat ihn in einer Seitentasche völlig vergessen. Ich sagte dem Securitymann dasselbe, was ich schon in Korfu tat. Er war sehr freundlich und antwortete, dass er gleich alles erklären wird... Mein Blutdruck stieg bereits leicht an. Die anschliessende Erklärung lautete, dass er keine PAXe mit diesen Dingen in den Sicherheitsbereich lassen dürfe. Es werde aber nichts weggenommen, jemand von unseren Handlern wird gleich vorbeikommen und alles getrennt von uns zum Flugzeug tragen. Ich habe es zur Kenntnis genommen, denn jegliche Diskussion wäre eh zwecklos gewesen. So lief nur noch ich bewaffnet mit Sackmesser und einer Flasche tödlichem Mineralwasser zum Flugzeug, während der Kollege alles hingetragen bekam. Irgendwie unfair, ich hätte mein Zeugs auch gern getragen bekommen. Ich bin schliesslich Captain.

 

Takeoff power set, rotate...

 

Bye bye Kefalonia, you were wonderful!

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Die griechische Landschaft unter uns, die salzige Meeresluft in der Nase. Durch die Eintrittsdüsen der Belüftung kam nur warme Luft. VFR far from home, ein Traum.

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Im Anflug auf Kythira wurden wir von Kythira Information begrüsst. Ganz in Samedan-Manier gab uns der Herr Informationen über Wind und Piste, no other reported traffic. Runway is free. Sobald wir uns der Insel näherten, malträtierte der Wind unser Flugzeug. Es ging auf und ab, Gurte angezogen und weiter gehts. Als wir unser Eindrehen in den Final verkündeten, bekamen wir wieder den aktuellen Wind genannt, runway is free. Erwartet habe ich ein "land at your own discretion" und im Zweifel soll man bekanntlich nachfragen... confirm cleared to land? "Yes Sir, cleared to land." Wiederum nicht besonders elegant, aber sicher und weit weg von einer Überlastung des Flugzeuges berührten unsere Räder die Piste. Landungen mit böigem Seitenwind auf einer Insel, das kann ich in unseren Breitengraden einfach nicht üben...

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Bisher geflogen: 9 Stunden 50 Minuten

 

Irgendwo im nirgendwo gelandet. Wie geil! Hier kommt man nicht einfach so hin. Es gibt zwar mehrmals in der Woche Turboprops nach Athen, dennoch würde ich diese Insel als abgelegen bezeichnen.

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150km westlich von Kythira befindet sich das Calypsotief, die tiefste Stelle des Mittelmeers mit 5110m unter dem Meeresspiegel. Auch soll Aphrodite, die griechische Liebesgöttin, vor Kythira geboren sein.

 

Unser Hotel befand sich in Agia Pelagia. Uns war klar, dass hier zu Fuss und mit dem Velo nichts wird. Vor unserer Ankunft reservierten wir einen Mietwagen bei Panayotis. Ein kleiner kia Picanto, der uns für 4 Tage schlappe 100€ kosten soll. Gebucht! Drei Nächte wollen wir auf Kythira bleiben, endlich mal nicht mehr jeden zweiten Tag fliegen. Mit Entspannen war aber nichts, denn mich plagte noch ein anderes Problem. Das letzte Mal AVGAS reingeschüttet haben wir in Ioannina, seither waren wir in Korfu, Kefalonia und nun eben in Kythira. Wir hatten zwar mehr als genug Sprit dabei um den nächsten Flughafen zu erreichen, doch die Alternates sind rar gesät. Ioannina hat zu abenteuerliche Öffnungszeiten, da wollten wir eigentlich hin. Es bleibt uns also nur noch Korfu. Ich entscheide mich für Preveza als ersten und Kefalonia als zweiten Alternate. Das Wetter in Griechenland kann sehr schnell umschlagen, vor allem auf dem Festland. Ich habe gefühlt dutzende Male hin- und her gerechnet und kam immer zum Ergebnis, dass unser verbleibender Sprit locker für alle Alternates inkl. Reserve reicht. Trotzdem war mir nicht sehr wohl dabei. Ich, der immer viel zu viel Benzin reinschüttet. Die meisten Motorausfälle drüben am Teich passieren, weil der Saft ausgeht. Die AVGAS Situation in Griechenland lässt mir keine Ruhe. Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, einen Kanister 100 Oktaniges MOGAS reinzuschütten.

 

Das Dorfzentrum von Agia Pelagia. Klischeehafter wird es nicht mehr. Endlich!

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Mit dem Auto erkundeten wir direkt die Insel, den ersten Nachmittag widmeten wir dem Norden. Unterwegs hielten wir in einer Taverne an, um unseren Durst zu stillen.

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Den Abend verbrachten wir in Agia Pelagia. Ein paar Restaurants buhlen um Gäste, man wird das Gefühl nicht los, dass alle miteinander arbeiten. Anders geht es auf der Insel vermutlich nicht. Spätestens als wir nach dem Essen den Kaffee bestellten hat sich dies bestätigt: Unser Kellner holte ihn im Café nebenan, bei ihm gibt es nur die Speisen. Es war erstaunlich still. In allen bisher besuchten Orten war immer etwas los. Leute, Musik, viel gehupe. In Kythira war es nur der Wind, das Meer, Rufe von Möwen. Zwischendurch ein Gespräch.

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17. Mai 2022:

Zeit, Kythira zu entdecken! Wir fuhren in den Süden zum Hauptort der Insel nach Chora/Kythira und besichtigten die alte Festung. Direkt nebenan liegt Kapsali. Hier war schon etwas mehr los als in Agia Pelagia, aber immer noch weit entfernt von Hochsaison. Ein paar wenige Touristen haben sich auf die Insel verirrt, für mich persönlich ein Paradies. Interessanterweise lebt Kythira hauptsächlich vom Tourismus, ist aber gar nicht als Touristeninsel bekannt. Es sollen wohl mehrheitlich Griechen mit Wurzeln auf Kythira sein, die dort ihre Ferientage verbringen. Ein paar wenige "andere" Touris, wie wir, finden dann auch den Weg dahin. Fragt mich nicht was es war, aber dieser Ort war für mich sehr speziell. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und es war einfach eine Freude, die Insel zu entdecken. Jeder Strand, jedes Dorf, sah komplett anders aus als das vorherige. Die Preise waren sehr moderat, weit entfernt von den Touripreisen in den anderen Ortschaften. Vielleicht hat auch ein wenig der Stolz mitgeschwingt, eigenhändig hierher geflogen zu sein. In erster Linie war es einfach traumhaft, dies alles erleben zu dürfen. Zwischen meinen Fuelberechnungen hatte auch immer wieder ein wenig Meteo Platz. Der Blick in den Wetterbericht verhiess aber nichts Gutes: Eigentlich wollten wir am Donnerstag abreisen, doch da sind Winde von 40 Knoten und Gusts über 50 angesagt. Das ist viel zu viel! Das würde nur schon beim Rollen einen Unfall geben und wenn wir es heile in die Luft schaffen, könnten wir rückwärts fliegen. Bis Freitag bleiben wäre viel zu spät, denn am Sonntag wollen wir eigentlich zu Hause sein. Wir müssen leider schon morgen gehen und den Weg in den Norden antreten. Schade! Wir genossen die uns verbleibende Zeit umso mehr.

 

Sonnenuntergang auf dem Digenis, eine der höchsten Erhebungen der Insel

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18. Mai 2022:

Kythira ist geprägt von vielen kleinen Stränden, Höhlen und Schluchten

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Der Strand Paralia Likodimou, unser Favorit.

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Hotel, Autovermieter und SkyServ waren über unser Vorhaben informiert worden. Alle sagten, wir sollen doch einfach einen Tag länger bleiben, aber so einfach war es leider nicht. Ich hielt an der vorzeitigen Abreise fest. Nach den negativen Erfahrungen in Korfu und Kefalonia graute es uns schon vor der Sicherheitskontrolle. Fehlanzeige. Der Handler holte einen äusserst rostigen baggage trolley, stellte unser Zeug darauf und wir liefen alle aussen am Metalldetektor vorbei. Dieser krächzte uns an, aber es war allen egal. Erfreulich günstige 42.30€ hat uns der Flughafen gekostet, die Handlerin Athanasia erliess uns sogar die PPR Gebühr!

 

Ich habe überall versucht, Flughafenstempel für mein Logbuch zu ergattern. Losinj hatte ich schon von meinem ersten Besuch, Brac bekam ich problemlos. In Griechenland war dies ein Ding der Unmöglichkeit. Solche Stempel gibt es nur bei den Luftfahrtbehörden und diese lehnen solche Anfragen ab, weil nicht erwünscht. Ich sprach inzwischen nicht mehr davon, dass ich gerne einen Stempel hätte, sondern dass unsere Logbücher jährlich von der "authority" geprüft werden und wir solche Flüge belegen müssen. Bürokratie, damit erreicht man die Griechen. In Kefalonia bekam ich auf diese Weise immerhin einen Stempel von SkyServ mit Steuernummer und anderem Zeugs drauf, aber hey, Hauptsache ein Stempel. Das gleiche habe ich auch in Kythira erzählt, aber vermutlich wäre das Märchen gar nicht nötig gewesen. Der Flughafenmanager lud uns in sein Büro ein und war sehr erfreut, seinen Stempel in meinem BAZL Logbuch zu verewigen. Wir sprachen ein wenig über die Fliegerei, mit was wir unterwegs sind und wo wir herkamen. Er erzählte uns, dass er früher 737 geflogen sei. Nach dem kurzen Schwatz und dem ersten und einzigen Flughafenstempel Griechenlands gingen wir zu unserer Cessna.

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Etwas bedrückt über die verfrühte Abreise verstauten wir unser Gepäck im Flieger und befreiten die Verzurrpunkte von den Spansets. Mit 15 Knoten Seitenwind wurde der Boden unter uns wieder kleiner. Mit economy settings flog ich uns wieder nach Norden, die Tankanzeige ständig im Blick.

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Ioannina war ab Mittag IMC, Preveza wurde immer mehr marginal. Unser erster Alternate drohte unfliegbar zu werden. Immerhin blieb Kefalonia die ganze Zeit über einwandfrei. Doch das wurde nicht nötig. Wir landeten in Korfu und endlich waren wir da, wo es wieder Benzin gab. Mit fast 2 verbleibenden Stunden im Tank war ich völlig übervorsichtig. Aber lieber so, als andersrum.

 

Ähm, bitte lieber das blaue Zeugs für mich.

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Geplant war noch weiter nach Dubrovnik zu fliegen, mit gemeldeten 20G35 habe ich aber schon in Kythira von diesem Plan abgesehen. Eine Störung zog südwärts und machte sich auch in Korfu bei der Landung bemerkbar. Der Turm meldete 12 Knoten Wind aus 280, während wir uns der 34 näherten. Wir setzen für heute aus und warten darauf, dass das Wetter vorbeizieht, den Flieger binden wir hier wieder besonders gut an. "Unverhofft" erleben wir unseren letzten Abend in Griechenland und hielten uns immerhin 9 Tage und 8 Nächte im Lande auf. Dieses Mal wählten wir ein Hotel in der Nähe der Pistenschwelle. Entgegen unserer Erwartung war das ein paar Minuten weiter weg vom Flughafen als die Altstadt. In einer nahegelegenen Taverne verköstigten wir uns und waren dankbar, dass bis hierhin trotz widrigen Umständen alles wunderbar funktioniert hat. Wir waren gefühlt sehr nahe an zu Hause, eine gewisse Erleichterung machte sich breit.

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Bisher geflogen: 12 Stunden 5 Minuten

Bearbeitet von Ammu
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  • Ammu änderte den Titel in VFR single Pilot nach Griechenland: Eine (Alb-)Traumreise? Mein Erfahrungsbericht...

Ohne Text noch ein paar Bilder, die mein PAX gemacht hat. Wer mehr davon will, den lade ich dazu ein, mir auf Instagram zu folgen. Siehe Signatur 😉

 

Kroatien

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Abflug in LGKR

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Anflug LGKF

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Backtrack LGKF

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Climb LGKF

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Final LGKC

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Climb LGKC

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Short final LGKR

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Apron LGKR

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Bearbeitet von Ammu
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Ein erfrischender Bericht, humorvoll. Hat mich zum Lachen gebracht, obwohl die Situationen nicht zum Lachen waren. Warum ist das so in Griechenland? Es geht ja auch anders. Andere Länder, andere Sitten. Vor 25 Jahren war es einfacher (Korfu und Marathon). Hatte einen griechischen Piloten bei mir. Den Flieger in Marathon stehen lassen für den neuen Eigentümer. Ein trauriger Moment.

 

Hans

 

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Herrlich, vielen, vielen Dank für diesen schwer genialen Flugbericht!

 

So ein Abenteuer zu planen, durchzuziehen, und wirklich zu erleben, das ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Daraus dann einen so  lebendigen und kurzweiligen, genau richtig mit Bildern und "Pilotensprech" dosierten Bericht zu zaubern, der meiner Meinung nach sofort als Buch gedruckt werden könnte, das ist definitiv noch einmal ein anderes Kaliber! 🙂
 

Gerne mehr davon, eventuell auch von der erwähnten vergangenen Reise nach Lošinj! 👍

 

lg aus Wien,

Joseph

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Danke für den unterhaltsamen Bericht Larry!

Schon schade mit dem ganzen Aufwand und Mist drum herum - das Land selbst wäre ja mega schön

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18. Mai 2022:

Wir haben Korfu schon gesehen und wollten hier eigentlich gar nicht wieder hin. Unser ursprünglicher Plan war sowieso komplett anders, aber davon haben wir uns nach unserer Ankunft in Ioannina bekanntlich verabschiedet. Korfu war nun die einzige Möglichkeit im Nordwesten Griechenlands, um nachtanken und anschliessend ausreisen zu können. Dass wir schon hier waren, war aber auch nicht schlecht. Ich konnte den schönen Approach nochmals fliegen und wir hatten nicht den "Drang", etwas Neues anzuschauen. So setzten wir uns in eine Taverne und bestellten uns einmal mehr grilliertes mit einem leicht alkoholhaltigen Getränk dazu. Für die akustische Untermalung sorgten die vielen Airliner, die nur wenige hundert Meter weiter starteten. Thanks for having us, Greece.

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19. Mai 2022

Nach einem gemütlichen Abend und einer erholsamen Nacht stand der nächste Flug an. Die Winde waren zwar immer noch da, aber deutlich schwächer ausgeprägt als gestern. Erstmal war Sicherheitskontrolle angesagt, na, wer erinnert sich noch an die erste Kontrolle in Korfu? Genau! Nach wie vor mit T-Shirt und Dreiviertelhose gekleidet - wir hatten schliesslich Ferien - liefen wir ins Terminal. Der Handler war der gleiche wie das letzte Mal und ich sagte ihm, dass ich dieses Mal nicht wieder den Stress mit diesen Möchtegernpolizisten haben will, sonst könnte ich unangenehm werden. Ich habe schliesslich Mineralwasser dabei und werde es nötigenfalls einsetzen!

 

Am Checkpoint dasselbe wie immer: "Any liquids?" - "Yes, of course." Und da waren sie schon, die erstaunten Blicke! Nein, ich will nichts provozieren. Aber ich will auf knapp 2 Stunden Flug etwas trinken können, schliesslich haben wir keine Stewardess mit Getränketrolley dabei und als Crew ist es schlicht und einfach mein Recht, Flüssigkeiten durch den Flughafen zu schleppen.
"Can you please take the liquids out?"
- "We are on a private flight and I am the commander of the aircraft."
"You are crew? Show me your ID!"
Einmal mehr habe ich die AOPA Karte gezückt. Ich glaube, damit könnte ich eigenhändig über Griechenland regieren. Das tödliche Mineralwasser durfte im Koffer bleiben und ging mit durch den Scanner.

 

Die Dame auf der anderen Seite des Metalldetektors bekam von all dem nichts mit. Sie bat mich darum, meinen Koffer zu öffnen. Gefragt war nicht der mit den Unterhosen und dem Kampfwasser, sondern mein Fliegerkoffer. Ich bin überzeugt, dass dessen Inhalt auf dem Scanner echt lustig aussieht, schliesslich reihen sich dort drin Tablet an Handfunkgerät an SkyEcho2 an Bose A20 an Powerbank an Sackmesser (ein äusserst nützliches Victorinox Cybertool, keine Machete), dazwischen klimpern noch Auto- und Wohnungsschlüssel rum und ein paar Kabel und frei fliegende Ersatzbatterien hats auch noch.


Ich fragte die Dame: "What do you need to see?"
"Sir, I want to check the contents of your bag, please."
- "Yes, but what exactly do you need to see? I am crew and this is my pilots bag".
"Show me your ID."

... hihihihihi! Ich habe das Gefühl, dass sie nicht so amüsiert war wie ich. Der Koffer blieb die ganze Zeit über zu und wir waren durch. Langsam finde ich die Kontrollen mehr lustig als nervig.

 

Nochmals grosse Flughafenluft schnuppern. Airliner starten und landen, während wir unsere kleine Kolbenmaschine bereitmachen...

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... und nebenbei von Insektenresten befreien, übrigens nicht zum ersten Mal. VFR heisst Sichtflug, dazu sollte man aus dem Fenster sehen können.

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Wir wollen bekanntlich in den Norden und die Piste 34 kriegen wir auf Nachfrage. Wir haben zwar beim Start etwas Rückenwind, aber das könnte mir auf fast 2.5km Runway nicht egaler sein. Was für ein Ausflug! Vor über einer Woche liefen wir da selbst umher, jetzt steigen wir darüber weg: Die neue Festung, die Altstadt, dahinter die alte Festung.

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Enroute über Albanien

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Mazedonien

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Nun waren wir in Dubrovnik. Dubrovnik? Da wollten wir ganz zu Beginn hin. Aufgrund der grossen Planänderung habe ich es einfach auf dem Rückweg eingebaut und es hat funktioniert.

 

Bisher geflogen: 14 Stunden

 

Wir waren noch näher an zu Hause. Traurig darüber, Griechenland bereits verlassen zu haben, aber nach wie vor glücklich darüber, dass bis hierhin trotzdem alles gut funktioniert hat. Den restlichen Tag nutzten wir, um ein wenig Sightseeing zu machen. Die Altstadt war morgen an der Reihe, heute ging es mit einer Garaventa Seilbahn aus der Schweiz für teures Geld (30 Franken!) auf den Hausberg Dubrovniks. In der Talstation hängt eine typisch schweizerische Kuhglocke, geschmückt mit je einer Flagge der Schweiz und einer Kroatiens.

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20. Mai 2022

Endlich wieder ein Tag ohne Flugzeug. Versteht mich bitte nicht falsch, aber das tut schon gut, wir wollten schliesslich auch unsere Destinationen besichtigen und nicht nur in der Luft sein. Zum zweiten Mal auf dieser Reise gings aufs Wasser, ein Sightseeing Boot zeigte uns Dubrovnik von der Meerseite aus. Wir hatten Glück, nebst uns kam keiner mit. Eine private Tour zum Preis einer öffentlichen!

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Auch zu Fuss erkundigten wir Dubrovnik. Hier war in Sachen Tourismus mit Abstand am meisten los. Von jung bis alt war alles vertreten. Ich vermisse gerade ein wenig die Ruhe auf Kythira und Kefalonia... Trotzdem wars schön anzuschauen.

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21. Mai 2022

Das war es mit den flugfreien Tagen. Heute und morgen werden wir im Flugzeug sitzen, die heutige Destination ist für mich fast schon wie daheim. Es geht an meinen Lieblingsflugplatz und einen für mich ganz besonderen Ort: Portoroz! Mein allererster Auslandsflug führte mich da hin, ich denke, das reicht für eine besondere Beziehung zu dem Ort. Die Sicherheitskontrolle in LDDU war ein non-event: Mit einem Handler und einer Crew eines Privatjets (Beide Piloten im Anzug, Stewardess mit Rock, wir zwei wie Volltrottel dahinter) ging es durch den Crew-Durchgang. Alles musste aufs Band, aber keiner hat den Inhalt unseres Gepäcks verteufelt. Die zu entrichtenden Gebühren waren extrem: 220 Euro wollte man von uns, AOPA Rabatt gibts hier nicht. Kefalonia war fast schon ein Schnäppchen dagegen und verglichen mit Dubrovnik habe ich das Gefühl, in Losinj und Ioannina jemanden beraubt zu haben. Was das betrifft, kann ich von einem Besuch in LDDU nur abraten. Wer will, der soll. Die Leute waren freundlich, es hat alles wunderbar funktioniert und das AVGAS war billig. Für dieses Geld werde ich da aber nicht mehr hinfliegen. Die vielen kleineren Plätze sind deutlich attraktiver und die Städte nicht so überlaufen. Einen Stempel gabs auch nicht. Man war zwar gewillt, einen in mein Logbuch zu drücken, vermutete ihn aber irgendwo im neuen GA-Terminal, welches vor der Saison noch nicht geöffnet hatte.

 

In Dubrovnik starten wir auf Runway 29, ein wenig low-level Sightseeing beim Steigflug stand auf dem Programm.

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Weil der Tiefflug auf Dauer nur Nachteile hat, steigen wir weiter auf 6500ft und genossen die Aussicht von weiter oben. 15 bis 20 Knoten Gegenwind bremsten uns aus, trotzdem lieferte die 182er immer einen deutlich dreistelligen Groundspeed. Die Lotsen waren in Kroatien wie immer ein Traum. Flugpläne sind selbst für Lokalflüge Pflicht, aber man bekommt eigentlich immer was man will, auf der Höhe die man will.

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124.880, die Frequenz von Portoroz und eine der Handvoll Frequenzen, die ich auswendig weiss. Schön, wieder hier zu sein. Willkommen im Paradies für General Aviation! In LJPZ gibts Stempelkarten wie beim Dönermann, die sechste Landung ist gratis. Das ist bei mir das nächste Mal der Fall.

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Bisher geflogen: 16 Stunden 35 Minuten

 

Endlich mal Erholung! Hier kenne ich mich im Gegensatz zu den anderen besuchten Orten aus und weiss, wo ich hinwill. Kein unnötiges rumlaufen, keine Entdeckungsreise. Das Ticket für die Busse der Gemeinde Piran ist immer in meinem Pilotenkoffer, man weiss schliesslich nie, wann man sich spontan in LJPZ wiederfindet. 😉 Wir entspannten in Piran, assen und tranken gut und an uns bekannten Orten. Derselbe Kollege war auf meinem ersten Auslandsflug nach LJPZ auch schon dabei. Nun fühlten wir uns tatsächlich sehr nahe an zu Hause. Das Alpenwetter für den morgigen Rückflug versprach ebenfalls gut zu werden, so war ich tiefenentspannt im Wissen, dass es morgen ohne Komplikationen nach Hause geht.

 

Tartini-Platz in Piran

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22. Mai 2022, der 10. Flug und die Heimreise

Jetzt schon? Irgendwie wäre ich gerne noch länger geblieben. Aber wie ich schon im ersten Beitrag schrieb, Portoroz ist direkte Nachbarschaft. Hier komme ich bald wieder hin. Ich freute mich schon darauf, den Flieger gewaschen im Hangar zu parkieren. Mein eigenes Bett und meine eigene Dusche erwarteten mich, oder ich sie. Kurz nach 9 Uhr Lokalzeit geht es los, denn am Nachmittag sollen die Alpenpässe unpassierbar sein, das WEF stellt ein zusätzliches Hindernis dar.

 

Departure outbound PN1 - VICKY. Daran werde ich mich auch nie satt sehen.

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Auf 4500ft ging es bei schwachem Wind über die Poebene, weiter oben waren die Winde deutlich stärker. 20-25 Knoten Westwind waren prophezeit, das würde uns nur ausbremsen. Nach Bassano del Grappa gings nicht mehr anders, da beginnen die italienischen Voralpen. Wir steigen auf 9500ft, die Alpen waren abgesehen von ein paar dekorativen Cumuli und einzelnen Tälern wolkenlos.

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Die Turbulenzen waren selbst für mich völlig im Rahmen und das will was heissen, denn ich hasse TURB. Für einen first time PAX wärs vermutlich eher unheimlich gewesen, aber wir waren es uns gewohnt und die dicke 182er ist nicht so anfällig wie ein leichteres Flugzeug. Schon heute früh entschied ich mich für eine alternative Route, die ursprünglich geplante hätte uns weit ums WEF herum geführt. Da der Luftraum erst ab Mittag aktiv war, nutzten wir dies und flogen einmal quer durch. Über den Bernina- und Julierpass ging es nordwärts. Mit Samedan Information stand ich in Kontakt, nebst mir war aber keiner in der Region. Auch mein Tablet zeigte mir keinerlei Traffic an. Angesichts der bevorstehenden Aktivierung von LS-R90 (dem WEF-Luftraum) und den nicht besonders angenehmen Winden nicht weiter verwunderlich. Zwischen Bernina und Julier wurde es kurzzeitig ungemütlich, es laufen mehrere Täler zusammen und es war nun mal nicht windstill. Mein Fluglehrer pflegte immer zu sagen: "Es findet draussen statt."

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Ich meldete Samedan Information, dass wir uns nun dem Julier nähern und ergänzte: "Nonig viel los bi eu, hm?" - "Nei, es blibt vermuetli au so." Ich habe nicht nachgefragt, aber es ist ja doch noch Corona und wahrscheinlich bleiben die Affen dem Zirkus dieses Jahr dadurch fern. Wir verabschiedeten uns und ich leitete unseren letzten Sinkflug ein, ab jetzt wurde das Terrain unter uns immer flacher und tiefer. Hohenems war ums Eck, die Cessna war wieder daheim, nach einer gründlichen Wäsche und viel Büroarbeit war alles erledigt.

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War es das schon? Das kann doch noch nicht das Ende sein! Am dritten Tag in Bol fühlte es sich an als seien wir schon eine Woche unterwegs, danach vergingen die Tage extrem schnell. Ich war überall physisch anwesend, aber gefühlt blieben keine Erinnerungen zurück. Alles geschah so schnell, enorm viele Eindrücke prasselten auf uns herein. Ein komischer Mix aus Heim- und Fernweh gleichzeitig stellte sich ein. Wir sind wieder zu Hause, alles ging gut. Aber waren wir jemals in den Ferien? Ich will wieder weg, ans Meer. Ich will aber auch nach Hause, zu meiner Freundin, zu meinen erdgebundenen Fahrzeugen. Die sind nicht so anfällig auf Wind. 😉

 

Ich schreibe diesen Bericht auch aus Eigennutz. Bitte haltet mich nicht für verrückt, aber ich will damit für mich selbst verarbeiten, was ich auf dieser Reise alles erlebt habe. Gleichzeitig will ich dieses Erlebnis mit euch teilen und andere Privatpiloten dazu inspirieren, es mir gleich zu tun. Wir leben in einem wunderschönen Land, keine Diskussion. Aber die Welt hat mehr zu bieten. Auf eigene Faust mit dem Flugzeug zu Reisen ist für mich das Nonplusultra. Das Gefühl, gerade selbstständig 10 Autostunden weggeflogen zu sein und alles richtig gemacht zu haben, ist für mich unbeschreiblich. Unser Hobby (oder für einige auch Beruf) ist ohnehin nicht anspruchslos und Challenge darf oder muss sein. Zugegeben, in Griechenland VFR fliegen war schon ziemlich schwierig. Slowenien und Kroatien sind deutlich einfacher, näher, absolut Anfängergeeignet und nicht weniger schön.

 

 

Dauer der Reise: 14 Tage

Flugzeit total: 19 Stunden

Zurückgelegte Distanz: 2082 NM

Landungen: 10

Inseln besucht: 5

Landegebühren bezahlt: ~1020€ (bireweich)

 

 

 

VFR single Pilot nach Griechenland: Eine Albtraumreise?

Nein, auf keinen Fall.

Es war traumhaft und wir bereuen nichts. Die unerholsamsten und stressigsten Ferien meines Lebens waren gleichzeitig die ereignisreichsten. Nicht, dass ich in meinen bisherigen Ferien nichts unternommen hätte, aber ein Roadtrip in den USA oder zwei Wochen am Strand liegen ist halt doch deutlich einfacher als auf eigene Faust in die Grenzregion zwischen Europa, Asien und Afrika zu fliegen. An einem Zeitpunkt waren wir nur 200NM von der Türkei und von Libyen entfernt.

 

Würde ich es wieder tun? Vermutlich. Das nächste Mal lieber mit zwei Piloten und etwas mehr Avionik. Mangels Autopilot wurde dieser Trip vollständig von Hand geflogen. Ich würde bei einer Wiederholung gerne mehr von Griechenland sehen, so wie ursprünglich vorgesehen. Geplant war der Einflug über Ioannina und danach Kythira, Heraklion, Rhodos, Syros und Skiathos anzusteuern. Und doch bin ich dankbar, dass wir auch Korfu und insbesondere Kefalonia erleben durften, welche beide ursprünglich nicht vorgesehen waren.

 

Was gefiel mir in Griechenland am besten? Ganz klar Kythira. Es ist abgelegen, alles ist fremd, es war wundervoll. Fernab vom Pauschaltourismus war alles viel günstiger und ursprünglicher. Sicher verhalf auch der Mietwagen zum ersten Rang, denn es gab enorm viel zu entdecken. Direkt danach folgt Kefalonia. Dort wäre ein Mietwagen vermutlich auch gut gewesen, ich bin überzeugt, dass die Insel viel zu bieten hat. Die Stadt Korfu ist nett, aber das wars auch schon. Nicht falsch verstehen, aber wer da unbedingt hinwill, der kann das auch mit dem Airliner direkt ab Zürich oder Basel nonstop und kann sogar noch die Fluggesellschaft aussuchen. Ioannina hat uns nach einem durchwachsenen ersten Eindruck positiv überrascht. Kann ich als Ein- und Ausreiseflughafen absolut empfehlen und für einen Tag ists auch gut, länger Ferien machen würde ich dort persönlich nicht. Kulturell hat es viel zu bieten, aber es ist eben nicht das Postkartengriechenland, welches man auf so einer Reise erleben will.

 

In Kroatien gefiel uns Bol sehr gut und auch Losinj bleibt uns vom letzten Flug nur positiv in Erinnerung. Dieses Mal musste Losinj lediglich als Tankstopp herhalten. Ich will Dubrovnik nicht schlechtreden, aber es ist sehr touristisch und auch da kommt man einfacher und günstiger mit dem Airliner hin als mit der SEP. Mit letzterer sind die Kosten enorm und in meinen Augen nicht gerechtfertigt.

 

Zu Portoroz und Piran muss ich mich vermutlich nicht äussern. Da muss jeder Pilot einfach mal hin, es lohnt sich zu jeder Jahreszeit, der Flughafen ist unglaublich gut und die Destination selbst lohnt sich natürlich auch. Zuletzt waren wir im Februar da. Im Juli/August ist dort einfach Hochsaison.

 

Den bisherigen und werdenden Kommentatoren danke ich für eure Worte, allen anderen danke fürs Lesen und die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, mein stellenweise nicht ganz ernstgemeinter Bericht hat euch erfreut und macht dem einen oder anderen Lust, auch mal etwas weiter weg ins Ausland zu fliegen.

Bearbeitet von Ammu
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Am 24.5.2022 um 15:31 schrieb Ammu:

"What, you are crew?" "Yes, I am crew." "Show me your ID!" In diesem Moment fiel mir ein Beitrag eines VFR Piloten ein, den ich vor einiger Zeit gelesen habe. Er schrieb, dass er sich eigens für Griechenland ein weisses Hemd mit vier goldigen Streifen gekauft habe. Hier unten machen eben Kleider tatsächlich noch Leute.

Das trifft auf viele Orte "südlich der Alpen" zu. In Afrika&Co macht es vieles einfacher und günstiger.

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Urs Wildermuth

Schöner Bericht danke dafür!

 

Es ist schon deprimierend zu sehen, dass selbst früher Gute GA Plätze wie Dubrovnik heute auf die outpricing Masche setzen. Griechenland ist ja anch der Fraport Übernahme bereits größtenteils für GA tot, nun also fängt die Handling Seuche auch dort an. 

 

Das als "normal" anzusehen bedingt schon ein größeres Stockholm Syndrom. 

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Da ich Griechenland nicht anders kenne, muss ich diesen Zustand als leider normal betrachten. GA ist dort nicht so verbreitet wie in unseren Breitengraden, mit mehr Flügen würde die Akzeptanz und das Verständnis für unsere Bedürfnisse möglicherweise verbessert. Zu unseren Bedürfnissen zählt eben auch, keine horrenden Gebühren aufzurufen und keine Armee an Handlern bereitzustellen, die keiner braucht. Stand jetzt sind wir einfach die selten auftauchenden, langsamen Flugzeuge mit den schwerreichen Typen drin, die sich sowas leisten können. Kein Wunder verirren sich von unserer Sorte nur wenige Leute da hin, es wird einem eben wirklich nicht einfach gemacht. In Korfu ist der Platz für GA extrem beschränkt, generell ist der Apron sehr klein. Ich fühlte mich dort aber garnicht un-willkommen, in der Hochsaison dürfte es dann anders aussehen. Kythira war diesbezüglich traumhaft, massig Parkplätze für uns, alle mit Verzurrmöglichkeit. Leider irgendwo im nirgendwo (finde ich persönlich ziemlich reizvoll) und gänzlich ohne Fuel. Das machts dann eben wieder nicht einfacher. Fraport sehe ich per se nicht als schlecht an, die Preise sind halt ziemlich steil, dafür sind die Öffnungszeiten sämtlicher Fraport Buden vernünftig. Man muss ja auf einem Griechenlandtrip nicht von Fraport zu Fraport fliegen.

 

In Kroatien ist sowas definitiv nicht normal, weswegen ich eher davon abraten muss, Dubrovnik zu besuchen. Angesichts der Neueröffnung des GA-Terminals und massig Platz könnte man eine andere Einstellung zur GA vermuten. Vermutlich ist der Anteil an Airlinetraffic einfach zu gross, so dass man uns kleine zwar nicht unbedingt wegscheuen möchte, gleichzeitig aber nicht die Attraktivität von Portoroz bieten will. Wie gesagt, wir hatten durchaus gute Erfahrungen dort, lediglich die ziemlich lange Wartezeit direkt nach der Landung könnte ich als negativ aufführen, nebst dem heftigen Preis. Wems das wert ist, go for it.

Bearbeitet von Ammu
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Hallo Larry, toll geschrieben mit einer Portion Ironie 😱 vor ca. 10 Jahren waren die Ausflüge nach Mali und Portoroz auch mit die ersten Auslandflüge auch mit Bericht hier im Forum, schön hast du dir die Mühe gemacht es zu veröffentlichen, in Zeiten von IG nicht mehr selbstverständlich.

Bearbeitet von luckymaaa
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Ciao Larry

 

Herzliche Gratulation und vielen Dank fürs teilen. Kenne die Gegend nur aus >FL350, daher umso schöner deine Eindrücke. Sollte ich irgendwann gezwungen sein zu diverten, werd ich mir LGKC merken😉.

 

Lg Andi

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Danke dir! Ich glaube ich würde LGKC eher mit der Turboprop anfliegen als mit dem Airliner... 😉 aber lohnenswert und schön ists dort allemal!

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Flieger-Chrigel

Vielen Dank für diesen amüsant geschriebenen Bericht, der schön zu lesen war und mich so in den Erinnerungen unserer VFR-Reise nach Griechenland vor einigen Jahren schwelgen liess. Damals verbrachte ich ebenfalls Unmengen an Stunden bei der Planung, vergoss dabei Liter an Schweissperlen und konnte den grauen Haaren beim Wachsen zusehen, bis die Flugpläne mit den fürchterlichen Öffnungszeiten und dem Avgas-Notstand für unsere drei Flieger (Cessna 172, Robin 3000 und Rockwell Commander) standen. Aber wir hatten Glück. Keine unerwarteten Militärübungen und stets schönstes Wetter, wenn auch mit dem unaufhörlichen 35kt-Meltemi-Wind ziemlich anspruchsvoll. Doch wir konnten wie geplant ua. Korfu, Santorini, Naxos und Mykonos besuchen.

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