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... lasst uns 90 Jahre zurückblicken


Rumpelstilzchen

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Draussen schneit es leicht und die Vorweihnachtszeit lädt ein, etwas melancholisch in die Vergangenheit zu schauen:

 

 

DIE ERSTE LANDUNG IN AROSA von Robert Fretz ( aus " Vier Schweizer Flieger erzählen )

 

Anfang März erwäge ich eine Landung auf Skiern in Arosa. Die Wahl der Landungsstelle fällt auf den Obersee. Da die Raumverhältnisse dort oben, ganz abgesehen von einer Höhe von 1800 Meter über Meer, sehr knapp sind, rekonstruiere ich dieselben mit künstlichen Hindernissen auf dem geräumigeren Davosersee. Ich trainiere zwei Stunden lang, bis mir die erreichten Start- und Landelängen genügen das Experiment in Arosa zu versuchen. Unter der Leitung von Hauptmann Herzig ist eine Landebahn auf dem See gewalzt und Markierungs- und Absperrmassnahmen getroffen worden.

 

Zehn Minuten nach dem Start in Davos kreise ich über Arosa. Noch einmal lasse ich mir alles genau durch den Kopf gehen. Da unten liegt ein verdammt kleiner, an den Berg hin geklebter, zugefrorener See. Er kann nur von einer Seite her angeflogen werden. Die Landung muss das erste Mal sitzen. Auskneifen und neu ansetzen unmöglich. Ein solcher Versuch würde totsicher mit Abschmieren in der Kurve enden. Also Anfliegen mit minimaler Geschwindigkeit. Zudem über Hindernisse, zwischen zwei Kandelabern hindurch in eine vorgezeichnete Piste hinein.

Ich nehme alle Entschlusskraft zusammen und befolge genau meinen Gedankengang. Mit etwas zuviel Geschwindigkeit schwebe ich zwischen den Kandelabern hindurch, bremse durch Glissade ab und setze erst in der Mitte des Sees auf, etwas 100 Meter zu spät. Diesen Fehler korrigiere ich durch eine Art Christianiaschwung, wodurch der Auslauf des Flugzeuges wesentlich verkürzt wird. Andernfalls hätte ich an der Böschung des Sees Bruch machen müssen.

 

Arosas Jugend empfängt mich mit Böllerschüssen, die Spitzen der Gemeinde mit Champagner. Die von Arosa längst ersehnte Landung eines Flugzeuges auf dem Obersee ist gelungen und wird im Kreuzfeuer der Photographen sympatisch gefeiert und begossen. Drei Flüge überzeugen mich, dass unter bestimmten Voraussetzungen Passagierflüge gefahrlos durchgeführt werden können. Die Lösung dieses Problemes gelingt mir erst ein Jahr später.

 

Mit Hilfe eines verstellbaren Propellers, dem ich geringe Steigung gebe, entwickelt der Motor am Stand und beim Start eine bedeutend höhere Tourenzahl und folglich eine grössere Leistung. Dieser Einrichtung verdanke ich eine Startverbesserung von zirka 40%, und damit die Möglichkeit, mit zwei Passagieren sicher vom See wegzukommen.

 

Während dreier Wochen führe ich Anfang 1933 an 200 Passagiere aus der Geborgenheit des winterlichen Arosa über die prächtigen Skifelder in die Alpenwelt Graubündens. Die Verbindung nach Davos wird in 12 Minuten, einmal sogar in der Rekordzeit von sieben Minuten bewerkstelligt, gegenüber 3 bis 4 Stunden Bahnfahrt. Zu meinen am meisten begeisterten Passagieren, welche den ersten Alpenflug mit mir durchführten, gehörte das belgische Königspaar. Zwei Kurgästen ermögliche ich die Diavolezzaabfahrt in einem Tag von Arosa und wieder zurück. Start frühmorgens nach St. Moritz, Bahnfahrt bis Bernina-Häuser, Aufstieg zur Diavolezzahütte 1 Abfahrt über Isola Pers und Morteratschgletscher, wiederum Bahnfahrt bis St. Moritz und nachmittags um 3 Uhr im Flugzeug zurück in Arosa. Ebenso wird Parsenn mit Landung in Davos eine bequeme Tagesangelegenheit von Arosa aus. Mit der steten Verbesserung von Start- und Landeeigenschaften der Flugzeuge wird Arosa der Fliegerei immer mehr zugänglich werden.

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Lest sich sehr gut und interessant auch für mich, der sich weniger mit der Geschichte der Luftfahrt auseinandersetzt als viel mehr den Blick in die aviatische Zukunft richtet, trotzdem vielen Dank für diesen Beitrag! Die Leistungen der damaligen Flugingenieure und vor allem der Mut und das Können der damaligen Piloten ist unglaublich und das bereits schon vor 90 Jahren auf diesem hohen aeronautischen Niveau.

 

Gregor

 

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Auf dem Obersee? Holy Muh....

 

Arosa ist wirklich etwas kritisch zum Fliegen, kaum mal eine gerade Fläche. Nur in der Isla unten machen sie gelegentlich Flugtage. Dachte auch mal an das Gebiet um die Alp Prätsch, wo es auch ein paar "flache" Landstriche hat... für zum Skifliegen?

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