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4.3.1950| SR111| DC-4 HB-ILA| Flug London Northolt - Dübendorf | Pax springt aus Flugzeug


Rumpelstilzchen

Empfohlene Beiträge

 

Ein ausgewiesener Passagier sorgte auf der HB-ILA am 4. März 1950 für ziemlichen Wirbel. Hier die Zusammenfassung eines Berichts an das Luftamt, verfasst vom verantwortlichen Kapitän Heiniger.

 

Es war März – der 4. März, um genau zu sein –, und man schrieb das Jahr 1950. Flugkapitän Heiniger war für den Flug nach London und zurück eingeteilt. Es herrschte stabiles Hochdruckwetter, und Heiniger trat seinen Dienst unbeschwert an. Die DC-4 mit der Immatrikulation HB-ILA war technisch in einem einwandfreien Zustand, die Flugplanung schnell erledigt und das Flugpetrol durch die Tanker gleichmässig in den Flügeln verstaut. So startete der Flug mit der Kursnummer SR110 pünktlich in Dübendorf Richtung Westen mit dem Ziel London Northolt. Fräulein Ochsenbein und Herr Della Santa verwöhnten die Passagiere in der Kabine, während die Cockpit Crew mit Peilen, Funken und Steuern beschäftigt war. An diesem 4. März war es in London ungewöhnlich sonnig, aber recht kühl. Fliegerisch gesehen keine grosse Herausforderung, und dementsprechend ruhig und sanft setzte die DC-4 auf dem Flughafen Northolt auf.

 

Der Emigrant

Keinen so guten Tag hatte ein gewisser M., eingereist am Vortag mit dem Kurs 110 aus Zürich. Herr M. trug keine gültigen Einreisepapiere für das Britische Empire auf sich und wurde wie damals so üblich, über Nacht in einen Kerker gesperrt, um dann am nächsten Tag mit dem Kurs SR111 wieder Richtung Schweiz abgeschoben zu werden. Er versuchte dies mit verschiedenen Aktionen zu verhindern. So stellte er sich am nächsten Morgen auf den Standpunkt, dass er in Jugoslawien politisch verfolgt werde und dem sicheren Tod entgegen reise. Er wähle darum lieber den Freitod, so M., und sträubte sich vehement gegen eine Ausreise. Die britische Polizei beeindruckte dies wenig und begleitete den jugoslawischen Gast zur DC-4 der Swissair. Kapitän Heiniger wurde erst Minuten vor dem Start über den aussergewöhnlichen Gast informiert und erhielt neben dem Ausreiseunwilligen, auch gleich den Rückschaffungsbefehl, den Pass und ein Ticket ausgehändigt. Dieses Ticket sei noch nicht bezahlt, betonte der britische Polizeioffizier, aber er können den Herrn Flugkapitän beruhigen, Herr M. hätte genug Bares in verschiedensten Währungen in der Tasche, um den Schaden in Zürich zu begleichen. Es kam nie dazu, doch dazu später.

 

Ein ganz normaler Flug

Der ungewöhnliche Gast wurde in der Mitte des Flugzeugs an einen Fensterplatz gesetzt, wo er sich ruhig und unauffällig benahm. Dies bezeugte später sein Sitznachbar, der einige Male vergeblich versuchte, mit dem Mitreisenden in Kontakt zu treten. M. sass ruhig auf seinem Sitz und blätterte in einer Illustrierten. Fräulein Ochsenbein und Herr Della Santo verwöhnten die 28 Passagiere und auch M. genoss den kleinen Lunch. Jedoch nicht an seinem Platz, wie Herr Nicolé, ein Angestellter der Swissair später bezeugte, sondern im hintersten Teil der Maschine. Als M. seine Mahlzeit beendigt hatte, brachte er das Tablett zu Fräulein Ochsenbein in die Küche. Fräulein Ochsenbein sollte später bei der Befragung keine detaillierten Angaben zum Vorgefallenen machen können, denn sie hatte in der Bordküche noch viel zu tun und drehte M. den Rücken zu. Und dann ging alles blitzschnell…

 

Es ging alles blitzschnell

Lärm, ein Luftzug, und alles flog durcheinander. Der Bodenteppich verabschiedete sich genauso, wie einiges an Geschirr. Von Herrn M. war keine Spur zu sehen. Herr Nicolé von der Swissair eilte Fräulein Ochsenbein zu Hilfe, sah das Tohuwabohu in der Bordküche und handelte sofort. Nur dank seinem ausserordentlichen Mut und seiner Kraft konnte die hintere Türe der DC-4 wieder geschlossen werden. Das Flugzeug befand sich zum Zeitpunkt des Zwischenfalls über einer geschlossenen Wolkendecke auf 2250 Metern über Meer, etwa 10 Kilometer nordöstlich Saint-Quentin. Folgendes Telegramm verliess Minuten später die HB-ILA Richtung Paris:

 

QSL 1055Z

TO HXN

QTH 5 NLM NE FNK 1044 QBN 2250 MTR=

1 PAX SUICIDE = LEAPED OVERBOARD

NAMED NICOLA M.

CPT. HB-ILA

 

Ungefähr 40 Minuten später traf folgende Antwort aus Paris ein:

 

DE FFCN

PSE DONNER TOUS LES RENSEIGNEMENTS À TOUR FFNB 118,1 MCS SUR INCIDENTS À VOTRE BORD.

 

 

Weiterflug nach Zürich

Kapitän Heiniger beeindruckte die Depesche wenig, flog nach Zürich weiter und liess den Franzosen ausrichten, dass er alles von Zürich aus regeln werde.

Die HB-ILA erreichte Dübendorf mit einem Passagier weniger und Kapitän Heiniger verbrachte danach einige Stunden bei der Kantonspolizei Zürich und hinter der Schreibmaschine, auf der er einen Rapport verfasste und diesen sofort an die Direktion der Swissair und das Luftamt weiterleitete. Herr M. wählte wie angekündigt den Freitod. Er möge in Frieden ruhen.

 

Quelle: Aeropers Rundschau 2012-4 --> siehe Aeropers Rundschau Archiv

Bearbeitet von Rumpelstilzchen
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3 hours ago, Rumpelstilzchen said:

das Flugpetrol durch die Tanker gleichmässig in den Flügeln verstaut

Schöner Report, Aber die DC-4 hätte nie laufende Motoren hingekriegt mit Flugpetrol, sondern MIT Benzin.

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vor 1 Stunde schrieb cosy:

Schöner Report, Aber die DC-4 hätte nie laufende Motoren hingekriegt mit Flugpetrol, sondern MIT Benzin.

Frag mal einen Briten nach Petrol.

 

Schöne Grüsse

 

Fred

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In Allen Gegenden DER Welt gibt es Menschen, welcher Dinge verwechseln, Facts verdrehen oder schlicht alles vereinfachen.

Petroleum IST stofflich zwischen Kerosin und Schweröl/Heizöl . Damit läuft keine Benzinmotor, vermutlich wärs auch für Eine Turbine das letzte Schlückchen..

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Siedekurven_white.svg

 

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vor 21 Stunden schrieb CFM:

Frag mal einen Briten nach Petrol.

 

 

Zitat

Petrodollar ist die umgangssprachliche Bezeichnung für diejenigen Deviseneinnahmen, welche die erdölexportierenden Länder aus dem Export von Erdöl und dessen Abrechnung in US-Dollar erzielen. Der Wortbestandteil Petro steht für Erdöl (englisch petroleum), vgl. Petrochemie.

Gruss Richard

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vor 1 Stunde schrieb Achim:

Kann es sein,  dass Flugpetrol ein schweizerischer Begriff ist? Hatte ich bisher nie gehört.

 

Zitat

Kerosin (altgriechisch κηρός kerós, deutsch ‚Wachs‘, ein leichtes Petroleum; in der Schweiz als Flugpetrol bezeichnet)[

Google doch einfach einmal den Begriff   "Flugpetrol"...  🤔

 

Gruss Richard

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Eine wahrlich spannende Diskussion an einem 23.12. 😉. Zum Glück gibts bald Apéro😉. Wer nicht weiss, was Apéro heisst dem/der hilft auch hier Google.


Viele Grüsse und schöne Festtage

Giuseppe

 

Ein Apéro ist ein gesellschaftlicher Brauch in Frankreich, der Schweiz und Luxemburg sowie teils auch im südbadischen Raum, der Genuss und Geselligkeit verbindet. Der Apéro kann zu Beginn oder am Ende von Veranstaltungen, respektive Feierlichkeiten wie z. B. Eröffnungen, stattfinden oder vor dem Essen. Beim Apéro geht es vor allem um den Austausch mit Freunden, Kollegen oder Verwandten.[1]

Am ehesten kann ein Apéro mit der britischen Wine and Cheese Party, einer Cocktailparty oder einem Get-together bei Getränk und Fingerfood verglichen werden. Einem Apéro sehr ähnlich ist der im schwäbischen Raum verbreitete

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Salü Zäme,

 

Um beim eigentlichen Thema zu bleiben: Ich hatte auch ab und an Bedenken, was wenn dir ein bekloppter aus dem Heli springt?

Gerade bei Paxen auf der hinteren Bank ...und ohne Fräulein Ochsenbein.

 

Am 22.12.2022 um 20:16 schrieb cosy:

In Allen Gegenden DER Welt gibt es Menschen, welcher Dinge verwechseln, Facts verdrehen oder schlicht alles vereinfachen.

Petroleum IST stofflich zwischen Kerosin und Schweröl/Heizöl . Damit läuft keine Benzinmotor, vermutlich wärs auch für Eine Turbine das letzte Schlückchen..

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Siedekurven_white.svg

 

 

Ach was, in den 30er und 40er Jahren baute Hans Hürlimann Traktoren, welche mit Petrol liefen und immer noch laufen.

 

Z.B. Hürlimann H12 (Petrol Schriftzug auf dem Kühlergrill)

 

spacer.png

 

Man beachte die drei Deckel über die Haube verteilt. Zuvorderst ist der Kühlerdeckel (hatte Original ein Thermometer),

In der Mitte der Tankdeckel für den Petroltank und zuhinterst der Deckel für einen kleinen Benzintank.

 

Der Motor ist ein 4zylinder 4taktmotor mit Vergaser und elektrischer Zwangszündung (Unterbrecher, Spule, Verteiler und Zündkerzen)

also kein Selbstzünder nach Rudolf Diesel.

Das Geheimnis ist die im Bild silberne spezielle Ansaug-/ Auspuffbrücke; Abgase heizen die Ansaugbrücke auf.

 

Zum Motorstart den "Tankwahlschalter" auf "B" wie Benzin warten bis der Vergaser geflutet ist, Choke ziehen, Zündung ein und entweder an der Kurbel drehen oder den Anlasser (Mechanischer Ausrücker) betätigen. Wenn der Motor läuft Choke stossen bis der Motor rund läuft.

Ist die Ansaugbrücke heiss, den "Tankwahlschalter" auf "P" wie Petrol stellen. Bereit für die landwirtschaftliche Arbeit.

 

Zum Feierabend den "Tankwahlschalter" auf "ZU" wie geschlossen und den Vergaser trocken laufen lassen.

Wer den letzten Schritt vergisst, hat die Möglichkeit via Ablasshahn die Schwimmerkammer zu entleeren.

 

Modernes feature: Motordrehzahlregler mit Fliehkraftsteller, wobei sowohl der Handgashebel wie auch das Gaspedal nur über den Regler die Drosselklappenstellung beeinflussen. Damit wird die Drehzahl einerseits für die Höchstgeschwindigkeit von 25km/h geregelt, (sowohl Bergauf wie auch Bergab im normalen Rahmen) als auch die Drehzahl für angeschlossene Geräte, eingestellt am Handgashebel.

(Nix Käfer-technik wo das Gaspedal über ein Bowdenzug die Drosselklappe direkt aufreisst)

 

Ansonsten: Unsynchronisiertes 3-Ganggetriebe mit Untersetzung, Sperre des Antriebsachsen Differenzials, Einzelhinterradbremse,  Aggregateabtrieb (Zapfwelle / Riemenpulley /Mähbalkenadapter) und enormer Lenkeinschlag.

 

Warum der Aufwand? Dazumal war Benzin sehr teuer und das Petrol sehr billig. Während der WW2 Treibstoffe knapp machte, gab es noch Holzgas Generatoren.

 

Gruess Andi

 

P.S.: Wenn ich mich recht erinnere hat(te) die HB-RSC eine APU-Turbine, welche mit AVGAS 100LL lief.

 

 

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