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Bell 206 Checkflug


kettlermartin

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Hallo!

So nun möchte ich diesen Corner auch noch mit meiner Wenigkeit beehren ;)

Vielleicht für all jene die sich auch für das interessieren,was sich hinter den tollen Rundflügen versteckt,für das was die Piloten hinter den "Kulissen" erledigen müssen oder besser gesagt dürfen.Mein Bericht zu meinem alljährlichen Checkflug mit dem Bell 206 Jet Ranger HB-XPQ der Heliswiss.

 

Winterzeit heisst für viele Piloten auch Refresher- und Weiterbildungszeit,für einige auch die Zeit der Checkflüge.Bei vielen Charterfirmen wird ein solcher vorausgesetzt,damit man ein Fluggerät chartern kann,so auch bei uns in der Flugsportgruppe.Also,schnell ein Telefon an meinen Fluglehrer,und Termin abgemacht,Dienstag 17.2. um 13.00 in Bern-Belp.

Das Wetter könnte nicht besser sein,Sicht i.O.,Wind bläst leicht mit 5-6 Knoten aus Nordost.Alex Bächlin,den ja einige in Grenchen schon kennengelernt haben,fliegt gerade mit dem "Tschäderi" ein,d.h. für mich gibt`s noch ein bischen Zeit nochmal alle nötigen Unterlagen wie Kosif,Notam,Meteo und Flight Manual einzusehen.Nach der Begrüssung überlässt mir Alex den Hubi für die Aussen-Checks........aha,Wasser im Cockpit verrät mir den letzten Aufenthaltsort des Helis,oder wars mehr die rote Nase der beiden Pax,die bei Alex ausgestiegen waren....Jungfraujoch!! :cool:

Nun ja,bei mir wird`s nicht soweit gehen,denn der Helisquare in Belp ist frei,d.h. es wird vorwiegend in Belp geflogen.

Nachdem ich den Heli gecheckt habe,und wir unbedingt den freien Helisquare nützen wollten,beschlossen wir den Theorieteil nach dem Flug zu erledigen.Okay,Preflight Checks,und die Kiste starten.......immer wieder schön die Sinfonie der Allison-Turbine zu hören!Ich melde mich beim Tower an und verlange den Cross zum Square,der wird auch umgehend bewilligt,und schon hoovere ich hinüber und setze die Maschine auf das "H" mitten im Feld.

 

DSCN0772.JPG

 

Zuerst eine Reko was um mich herumläuft,die Graspisten sind nicht in Betrieb und Concret läuft um diese Zeit eh nicht viel.Bei der Rega-Basis schwirren zwei EC`S herum,sieht ganz nach Waschtag aus ;)

So,nun übernimmt Alex das Kommando,der sich mittlerweile sein berühmtes Kneeboard umgebunden hat,auf welchem das Programm festgelegt ist.

"Zuerst machen WIR mal ein paar Schwebeübungen"sagt mir Alex(das WIR finde ich immer so........wer macht den die ganze Arbeit ;) )."1 Meter ab Boden,Heli stabilisieren,dann 90° drehen und landen,dann wieder abheben,stabilisieren 90° drehen und,und,und......" 1 Mal herum das Spiel.Wird gemacht und siehe da,es klappt ja wunderbar ich halte alle Toleranzen prächtig ein.Das Lächeln auf Alex`s Gesicht verrät mir Zufriedenheit,so kann ich damit rechnen,das wir nicht mehr allzuviel Zeit mit Schwebeübungen verbringen werden.Noch schnell ein kleines Viereck mit gleichbleibender Heli-Achse abfliegen........erfüllt!

Dann gibt`s einen Steilstart,abheben und dann den Heli ohne Vorwärtsgeschwindigkeit 400 Fuss über Platz hoovern,schweben, 360° um die Achse drehen,dabei darauf achten nicht Vorwärts zu fliegen,und wieder hinunter auf`s "H".

Nun ist eine gut eingeteilte Schulvolte mit sauberer Punktlandung gefragt.

Check before take-off,abheben auf einen Meter,Check in ground-effect,und los geht`s.Langsam in Uebergangsauftrieb beschleunigen,beste Steiggeschwindigkeit 52 Kt und schon eindrehen.Kaum durchgeatmet,drehe ich schon in den Downwind ein,Level off d.h. nicht mehr steigen 500 ft/über Grund und das Tempo halten bei 80 Kt.Schon rattert der Check for approach über meine Lippen denn ich befinde mich schon in der Base,und ehe ich mich versehe flattere ich schon im Final dem "H" entgegen.Final check,Speed abbauen,Sinkgeschwindikeit stabil halten und schlussendlich entscheiden ob`s hinhaut oder ein Go-around folgt.Nee.......der kommt wunderbar rein,alles stimmt und der Heli bleibt schön einen halben Meter vor dem "H" stehen,ich stabilisiere und lande.Alex ist zufrieden,und überhäuft mich gleich mit Fragen über Flugzustände und Emergency-Lights.Dies ist wohl das Zeichen dass es jetzt ans eingemachte geht,Autorotationen."Zuerst machen wir mal ein,zwei Schwebeautorotationen,okay"Na klar doch entgegne ich ihm,was will ich denn sonst anderes.... :D

Ich hebe ab auf c.a. 1-1.5 Meter und stabilisiere den Heli,danach gibt mir Alex das Kommando Achtung,1,2,3 und schon dreht er den Throttle zu.Da der 206er etwas Masse hat,dreht sich dieser nicht so arg um die Achse wenn er keine Power mehr hat,das Drehmoment bei den kleinen Hubis ist da schon kritischer.Ich gebe ein wenig Pedal um das Drehmoment abzufangen,dann heisst`s ein (sehr)wenig warten bis der Heli absinkt,und kurz vor dem Touch-down wird der Pitch gezogen damit die Sinkrate abgewürgt wird und die Maschine schön aufsetzt.Gebongt,diese Uebung machen wir 5 Mal und ich kann zufrieden sein,Alex kann die Hände vom Steuer halten,erfüllt.

Als nächstes folgen 4 Autorotationen auf der Volte,Ziel hier ist nicht genau das "H" zu treffen,sondern einen weiteren Umkreis und vorallem eine schön ausgerichtete Gleitlandung.....juhui jetzt bin ich ein Flugzeug :cool:

Während den Rotationen beschäfftigt mich Alex immer wieder mit weiteren Failures,denn es könnte ja nicht nur ein "Motorstopper" als solches eintreten,sondern auch Folgeerscheinungen.Nun geht`s schon hektischer im Cockpit zu und her,was ich aber immer als eine grosse Herausforderung ansehe,und ich geb`s zu,mir auch Spass macht,diese Situationen zu bewältigen.

Nun geht`s zum Heckrotor-Ausfall,hier gibt`s 2 Varianten.Der Totalausfall denn man nicht simulieren kann,da der Heckrotor ja mit dem Hauptrotor synchronisiert ist,und,ein z.B. mechanisches Verklemmen der Pedale dass man simuliert indem man die Füsse von den Pedalen nimmt.........ja so einfach ist das!Abflug auf die Volte und meine Füsse gehen schon von den Pedalen weg.Ab jetzt heisst es einen sehr flachen Anflug zu gestalten,denn man gleicht das Drehmoment,dass man ja mit den Pedalen ausgleicht,nun mit der Leistung kontrollieren muss.Eine grosse Leistungsdifferenz würde den Heli dann schon mal gehörig um die Achse wirbeln,um dies zu vermeiden wird der Anflug sehr flach gehalten,damit man den Pitch nicht allzuviel verändern muss.Der Anflug wird geschoben geflogen und erst kurz vor der Landung muss man versuchen den Heli mit dem Pitch "gerade zu rücken" damit die Gleitlandung mit hohem Tempo gelingt,und der Heli nicht mit den Kufen am Boden anhängt und die Maschine überschlägt.Der erste Anflug gelingt mir nicht nach Wunsch,vorallem weil der Segelflughangar (Tschau Chrigel ;) ) ein bischen im Weg steht. Nun ja,kein Problem,ich mache einen Go-around und fliege nochmal an.Diesmal gelingt`s und der Heli setzt mit viel Tempo auf,jetzt nur ja geradeaus rutschen sonst......,aber auch dies klappt nicht schlecht.Sorry Chrigel,auf der Segelflugpiste befinden sich nun 2 tiefe Kufenspuren,war halt ein bischen weich :(

So,als Dessert steht nun der obligate Hydraulik-Failure an.Da die Steuerkräfte beim 206er recht hoch sind,hat die Maschine eine Hydraulik,welche die Steuerdrücke vermindert (ähnlich der Servolenkung beim Auto).Wenn diese sich verabschiedet,erhält man einen hohen Druck auf den Stick und den Pitch,aber nicht so hoch dass man die Maschine nicht mehr steuern könnt,nur halt mit ein wenig Kraftaufwand.Laut Flight Manual ist für diesen Fall eine Gleitlandung vorgesehen,doch Alex(wie jedes Jahr!!) lässt mich die Landung im Schweben abrackern,Schadenfreude sei ja die schönste Freude!Nach der Landung scheint doch tatsächlich ein kleiner einsamer Schweisstropfen mein Gesicht zu zerpflügen,na was solls die Landung war gut und auf der sicheren Seite,erfüllt!

Alex,ist zufrieden und teilt mir mit dass ich zurück zur Basis fliegen könne,der Checkflug sei i.O.!

Normalerweise folgt an diesem Punkt der Abflug ins Gelände hinaus um dort noch Autorotationen und Aussenlandungen zu checken,da ich dies aber separat 2 Mal im Jahr mit Alex in einem speziellen Training mache,verzichten wir darauf.

Doch ich kenne den Herrn neben mir nur allzu gut,und weiss ganz genau das da noch was kommen muss,aber was.......?Oder hat er es wohl vergessen,na mir solls recht sein.

Ich melde dem Tower den Cross zur Heliswiss,bekomme die Clearance und hebe ab.Kaum 1 Meter über Boden,knallt mir Alex den Throttle ins Idle....Schwebeautorotation.Ha,denkste,schon abgefangen und gelandet.....nicht erwischt :D :D !

Ich lande den Heli bei der Basis und mache den Shut-down.

Ab ins Büro und Briefing des Checkfluges,dazu kontrolliert Alex meine Zuhause gemachten Weight and Balance Sheets,Fuel Berechnungen,die maximale Schwebehöhe in und ohne Groundeffect HIGE und HOGE genannt,und,und,und........!

Die Daten über den Check werden ins Formular eingetragen,und jeder einzelne Punkt besprochen.Kurz und gut,der Checkflug für das Jahr 2004 ist erfüllt :)

Als nächstes kommt dann der Huhges 300 Schweizer dran,aber da lass ich noch den Frühling ins Land einziehen.

Ich hoffe ihr habt ein bischen teilnehmen können,an diesem kurzen Flug,und dabei einen kleinen Einblick bekommen.Für mich sind die Check-Flüge immer mit sehr viel Freude und Spass verbunden,da man den Heli auch mal in Flugsituationen bringen kann,bei denen ein Fluglehrer an Bord sein muss.Der Respekt vor der Technik und den eigenen psychischen und physischen Grenzen ein bischen auf die Pelle zu rücken.Und nicht zuletzt,sicher einen guten Lehrer neben sich zu haben,der das Ganze mit viel Engagement rüberbringen kann.

MfG Martin

P.S.

Die Bilder sind vom letzten Jahr,aber da ich endlich begriffen habe (Danke Markus) wie man Bilder einfügt,habe ich mir gedacht,das endlich zu tun!

 

DSCN0773.JPG

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Super geschrieben Martin.

Mal das ganze Programm wieder durchhecheln.

Was besseres kannst Du gar nicht machen.

 

Mit dem Alex machts ja ausserdem auch wirklich Spass.

 

Gruss

Joachim

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Echt geil!!!!

Wahnsinnig interessant, wirklich sehr gut geschrieben!!

Jetzt hab ich noch mehr Respekt vor dem Können der Heliflieger!

 

Schön, auch mal hinter die Kulissen der Helifliegerei zu blicken!!

 

Danke nochmals für dieses überaus interessante Posting

 

Bernhard

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Da kann man den Helis bei ihrem (stundenlangen ;)) auf und ab zuschauen und weiss jetzt endlich was da drinn abgeht!

 

Danke Martin, für diesen ausführlichen Report!

 

Gruess us Bäup

Brünu

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Danke vielmals Martin für diesen wirklich äusserst interessanten Bericht. Es ist toll so detailliert das tägliche (oder in dem Fall jährliche) Business eines Helipiloten zu erleben. Gibt einen guten Einblick wie ich finde. Wir sind also alle nicht böse, wenn Du sowas vermehrt machst (also Berichte schreiben). ;)

 

Viele Grüsse

 

Dani Kistler

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Hoi Martin

 

Toller Bericht :D. Nachdem ich als "Flächen-Junkie" bei Joachim's Bell auch mal den "Stick" halten dufte, kann ich mir in etwa vorstellen, was es heisst, einen Heli 100% zu kontrollieren...

 

Gruss

HaPe

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Hey Martin

 

toller Bericht, ich konnte dir richtig nachfühlen. Hätte da mal ne Frage, macht ihr Autorotationen "Scharf". So wie du das beim Heckrotorklemmer beschrieben hast wurde der ja "scharf" gemacht, könnte aber auch mal in die Hosse gehen oder.

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Hallo!

Nicht ausnahmslos!Wenn die AR wirklich gut eingeteilt und schön in der Achse liegt,lässt mir Alex das Vergnügen :D

Jenachdem wird c.a. einen halben Meter über Grund abgebrochen,um die Belastungen der Kufen nicht zu übertreiben,die müssen ja durchaus mal was aushalten ;)

Bei langsamen Gleitlandungen ist der "scharfe" hingegen vorprogrammiert.

Gruss Martin

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