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GranChanaria in der Schweiz


Anne

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"Grancha, Grancha" murmelte Sunny halblaut vor sich hin und schaute dabei starr aus dem Fenster in der Firma. "Wo zum Teufel ist Grancha?" "Gran Canaria gehört zu den Kanarischen Inseln, vor Afrika" antwortete stets hilfsbereit ihr Kollege Peter, gleichzeitig der Quoten-Schweizer in ihrer Arbeitsgruppe. Um ehrlich zu sein, DAS was nicht die Antwort auf ihre Frage. Trotzdem war Peter die Lösung: "Sag, Peter, gibt's in der Schweiz ne Stadt Grancha oder so ähnlich?" Peter - wie ja erwähnt der Quotenschweizer in einem internationalen Team - ist mittlerweile die dummen Fragen seiner Kollegen gewöhnt und verkneift sich ein Grinsen "Meinst Du vielleicht Greeeencheeeen?" wobei er das "e" übertrieben hell ausspricht.

 

Achso, nach Grenchen soll der Flug gehen! Sunnys internes Schweizerdeusch-Deusch Übersetzungsprogramm scheint noch nicht wirklich zu funktionieren. Gerade wenn sie mit den Leuten nur telefoniert ist's schwer. Aber das ist auch kein Wunder, im normalen Gespräch sieht der schweizer Gesprächspartner ja ihren ratlosen Gesichtsausdruck und spricht etwas deutlicher. Eben hat sie mit ihrem Fluglehrer für die Einweisung beim neuen schweizer Verein telefoniert. Gut, Grenchen (mit zwei hellen "e"s ausgesprochen) hat sie im Forum schonmal gelesen.

 

Am Abend sitzt sie dann da, die grosse ICAO-Karte über das obligatorische Chaos auf dem Schreibtisch ausgebreitet. Upside down! Jetzt besser aber "Lac de Neuchâtel" kann nicht richtig sein. Aber Lac ist keine schlechte Idee, also fix den Bodensee gesucht. Ah, da isser ja! Gut, etwas westlich müsste nun Kloten sein. Was ist DAS denn?!? Entsetzt starrt sie auf die Karte. "Können die Jungs nicht EINE TMA haben, wie andere Flugplätze auch?" Beim TMA 11 hört sie dann auf zu zählen. Sie beschliesst, das Problem zu vertagen und sich erstmal auf die Suche nach Grenchen zu machen. "Lac de Neuchâtel" - hatten wir den nicht gerade eben schon? Andererseits - so weit weg von Kloten sollte das nicht sein, hat doch der Fluglehrer irgendwas erzählt, was Sunny als "Flugdauer ne halbe Stunde" interpretiert hat. Ah hier! Ah jetzt ja! Wunderbar und ein VOR hat's auch, damit sollte der Platz zu finden sein. Gleich mal den Kurs rausmessen, damit der nicht verloren geht!

 

Auch das Gewirr der TMAs entwirrt sich nach etwa 2 Stunden konzentriertem Draufstarren und Sunny ist überzeugt, sich keinen Ärger einzuhandeln wenn sie den Flug 3500 Fuss plant. Auch das mit der halben Stunde Flugzeit klingt irgendwie realistisch. Scheint also das richtige "Grancha" zu sein. Vor allem wäre ja das anderen "Grancha" das auf -naria ändert etwas weiter weg und als Ziel für nen Einweisungsflug eher ungeeignet.

 

Nach einer kürzeren Odysse mit dem Auto findet sie auch das ominöse Tor 141 wo sie sich mit ihrem Fluglehrer treffen wird. Sie versucht den Pförtnern ihr Anliegen zu schildern und zu erklären, dass sie abgeholt wird. Allerdings ist die Antwort des Pförtners zwar bestimmt schrecklich nett gemeint aber sie versteht kein Wort und tut deshalb unglaublich beschäftigt mit dem Handy -- pardon Natel.

 

Uff, da kommt einer, der auch suchend aussieht - und jetzt begreift auch der Pförtner was sie will. Jetzt Kloten - Sunny muss ein Bild für Götter sein: die Augen etwa tellergross aufgerissen, die Kinnlade am unteren Anschlag. Boah ey! Der Fluglehrer geht zielstrebig durch die Wartungshallen der grossen Maschinen, Sunny kann das alles gar nicht fassen "Und hier dürfen wir immer durchgehen?" was wiederum der Fluglehrer gar nicht fassen kann, was daran jetzt so besonders ist. "Ist doch nur ne Tripleseven von Air Namibia". Donnerwetter, in Sunnys Firma stehen keine "nur-Triplesevens" rum! Na gut, sie beschliesst, das Sightseeing auf später zu verschieben, weil der Fluglehrer irgendwas von Slots erzählt hat. Ausserdem scheint er nicht einen Bruchteil so begeistert zu sein wie Sunny und strebt einem kleinen Flugzeug dort hinten in der Ecke zu. Jetzt muss Sunny doch grinsen und überlegt, ob da wohl auch ein Warnschild "Vorsicht! Nicht drüberrollen!" steht. Die Grössenverhältnisse sind schon sehr beeindruckend, fast will sie wetten, ungestreift unter dem grossen Bruder durchrollen zu können. Zumidnest wenn man das Leitwerk ein ganz klein wenig einzieht...

 

Dann die Flugvorbereitung [Anm. des Autors: Text sinngemäss übersetzt, da Autor weder der gesprochenen noch der geschriebenen schweizer Sprache mächtig ist] "Nein, nein, wir fliegen nicht auf 3500 Fuss, sondern immer am oberen Maximum." Ja, Donnerwetter, die 3500 hat Sunny sich schon nicht ohne Grund rausgesucht! Aber immerhin macht sich das nächtliche stundenlange Starren auf die Karte bemerkbar und die maximal erlaubten Höhen sind schnell gefunden. Slot und komische militärische NOTAMS "Die DARFST Du nicht nur mitnehmen, die MUSST Du sogar mitnehmen" - zum Glück laufen sie auf der geplanten Strecke nicht Gefahr, von kriegsübenden Schweizern durchlöchert zu werden.

 

Eigentlich ist Sunnys Wissensbedarf für den Tag gestillt und das mit dem Fliegen könnte man ruhig auf später verschieben. Aber nix da: "Klar machst Du den Funk" Ja, hat der Kerl denn überhaupt eine Ahnung, WIE VIELE Frequenzen es hier gibt?!? Das ist nicht so wie auf den Sunny-Standard-Plätzen wo es EINE Frequenz und notfalls noch Radar gibt. Da ist ne ganze Zahlenpyramide. Die Wahl von APRON scheint nicht ganz falsch zu sein, der nette Towermensch schickt sie zumindest nicht weg. "OE-KF --- sorry HB-xxx Servu---- sorry Grüetz--- sorry Good Day (es geht doch nix über ein deutsch ausgesprochenes Grützi, dann lieber ein von Herzen kommendes "Good Day")." Reflexartig liest sie die Rollanweisung zurück und ihr deucht, dass das die komische Abkürzung ist, von der sie mal gehört hat. Während sie noch verzweifelt versucht aus der unergründlichen Miene des Fluglehrers zu schliessen, ob sei den richtigen Rollweg erwischt hat geht's schon weiter "Behind crossing MD-11 bla-fasel" Ja, Donnerwetter, ahnt der Kerl eigentlich wieviele Flugzeuge, die alle potentiell ne MD-11 sind, kreuzen könnten?!? Aber der Fluglehrer scheint zu wissen, welche die richtige ist und zeigt in die Richtung "O-FR ---- sorry H-xx auch-blafasel". Irgendwann sollte sie sich wirklich mal damit abfinden, dass das Flugzeug nicht die angestammte KFR ist!

 

Dann hier ne Abkürzung und dort auch, aber nicht wenn wir weiter so langsam rollen und überhaupt, dafür hier schneiden und dort dem folgen und überhaupt. Als Sunny dann am GAC ankommt ist der letzte Rest Orientierung verloren gegangen. Zum Glück zeigt der Gyro die Richtung an und - ah, da startet ja grad einer! Aber halt - dort hinten ist einer am Landen! Und überhaupt - waaaas isch waaas? Sie wirft einen verlegenen Blick auf die Karte, aber das hilft auch nicht weiter. Na, das wird ja eine prächtige Vorstellung, wenn sie dann auf irgendnem Rollweg startet! Zum Glück scheint sich der Fluglehrer hier auszukennen und wird sicher grössere Peinlichkeiten verhindern. Und trotzdem geht das ja nicht an, dass man noch auf dem Boden die Orientierung verliert. Ach hier! GAC ONE! Ach so, dann ist das dort hinten die 28, wo sie vermutlich starten werden. Gut, das ist schonmal beruhigend zu wissen, dass man wenigstens seine Piste finden wird - man wird ja bescheiden.

 

An der ausgewiesenen Run-Up-Position (was es so alles gibt auf der Welt, aber Sunny ist heute nimmer so leicht zu erschüttern) ist dann klar, welches die Piste 28 ist. Nach etwa ner halben Stunde Run-Up (okay, sie waren schon früher fertig) quakt es im Funk mit einem sehr italienischen Akzent, dass der Tower doch netterweise mal schauen soll, ob auch das Fahrwerk ausgefahren ist. Sunny und ihr Fluglehrer finden schon, der nette Lufthansa- Pilot auch, aber der Tower lässt sich nur zu einem "looking good" und dem Angebot ins "s'Chatschi" zu fliegen hinreissen. Was um Himmels Willen ist denn "s' Chatschi" schon wieder?

Nach einiger Zeit rücken diskret 2 Feuerwehrautos und die Polizei (was wollen die denn da? Etwa das böse Fahrwerk verhaften?) aus, obwohl der nette Italiener sagt, dass er inzwischen "three green" hat. Trotzdem kriegt er freie Bahn. Zur Erleichterung aller Beteiligten war aber wirklich nur das Birnchen kaputt und er "resumt to normal operation" und Feuerwehr und Polizei ziehen sich ebenso diskret wie sie gekommen sind auch wieder zurück.

 

"H-xx line up rwy 28" Hoppala, das ist ja Sunny, also nix wie hin und kaum auf der Piste auch schon "cleared for take-off". Sodele, das wäre geschafft, aber wie war das noch gleich mit der Abflugroute? Sunny erinnert sich nur noch, dass man nicht zu früh und nicht zu spät nach links wegkurven sollte. Wunderbar - und da vorne ist ja auch schon dieser See. Katzensee oder so? "s' Chatschi" meint der Fluglehrer und Sunny wird schlagartig klar, WO der Italiener mit dem potentiell defekten Fahrwerk hingeflogen ist!

 

Dann nach Grenchen. Spät aber doch immerhin noch bevor sie gefragt werden kann, ob sie die "runway in sight" hat findet Sunny die Piste. Das passt ja zum Anflugblatt, ziemlich lang und keine bösen Überraschungen im Anflug! Kurz vor der Schwelle sagt auf einmal im Funk oder so irgendjemand zu irgendjemand anderem "Go Around". Moment mal! Irgendjemand? Nein, nicht irgendjemand - das sind ja wir! Und die Idee kam nicht vom Tower sondern von dem freundlichen Herrn rechts von Sunny. Ja Donnerwetter, Sunny findet zwar, dass ihr Bedarf an Abenteuern für heute reichlich gedeckt ist aber gut. "Go Around. Mixture, Prop, Throttle" Hapuh, ein kurzes Dankesgebet an R., der ihr das ziemlich nachdrücklich beigebracht hat. Sodele, Speed hätten wir, dann Klappen hoch und steigen. Mist! Wie war gleich nochmal der Runway-Heading? Der Rest der Touch and Gos verläuft vergleichsweise ereignislos, und Sunny findet Grenchen einen schönen Platz.

 

Switch. Ein Abend im April, Fachsimpelei mit ein paar Kollegen, die schon länger in Kloten fliegen "Und wenn er Dich dann für die 28 cleart und er Dich dann auf die 34 recleart, biste echt am Schaffen, weil nämlich zu hoch.".

 

 

Switch zum Rückflug: Sunny ist also für die 28 gecleart und hat irgendwann dann auch mal aus dem Wirrwar der Pisten und Rollwege die richtige rausgefunden, Höhe passt wunderba--- "H-xx can you accept rwy 34?" Der Fluglehrer ist begeistert, Sunny weniger, aber klar, Ehrensache, dass man das acceptiert.

Huuuuiiii, so stürzen sich also Sunny und die H-xx vom Himmel nach einem spannenden Flug. Wie? Was? Und das war nur 1 Stunde 16 Minuten? Sunny kommt's eher wie eine mittlere Weltumrundung vor!

 

In diesem Sinne

 

Anne :004:

 

PS: Jegliche Ähnlichkeiten mit tatsächlich durchgeführten oder stattgefunden Flügen, Flugzeugen sowie Personen ist natürlich auf gar keinen Fall beabsichtigt und bestimmt nur zufällig *lüg*

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Jürg Tschanz

Hi Anne

 

Darf ich raten:

 

Flugzeugtyp TB20

Kennzeichen HB-KBH

Boarding Gate Werft 2

 

Gruss

Jürg

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Hallo Jürg,

 

*unschuldigschau* wie kommst den auf diese Idee? Dabei heisst doch mein Kollege in echt gar nicht Peter *fg* Und den Namen vom echten Peter hab ich gar nicht erwähnt ;)

 

*grinsend*

 

Anne

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Klasse! Klingt wirklich äußerst spannend!

 

Ich kenn da jemand, den sollte ich mal fragen ob er sich traut mit ernsthaften Landeambitionen in Sunnys TMA-Wirrwar einzufliegen :p

 

Berni

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