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"Do you declare emergency?" - Was sind die Folgen?


Eagle

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Hallo zusammen

 

vor längerer Zeit ist es mir passiert, dass gleich nach dem Start von Basel-Mulhouse aus im Steigflug die Oeltemperatur einer PA-28 rasant nach oben in einen "unangenehmen" Bereich rutschte. Level-Off und Leistungsreduktion auf 2200 rpm brachten die Oeltemperatur wieder in einen akzeptablen Bereich. Ich habe darauf dem Tower mein Problem mitgeteilt und die Rückkehr zum Platz angekündigt. Der Tower fragte mich gleich "do you declare an emergency" was ich verneinte, da ich über genügend Höhe verfügte und den Flughafen problemlos mit weniger als 2000 rpm im Sinkflug erreichen konnte, und dadurch die Oeltemperatur nicht mehr anstieg. Ich habe daraufhin sofort die Landeerlaubnis erhalten (war nicht viel los auf dem Platz zu der Zeit) und durfte mir die Piste selber aussuchen (das einzige Mal, dass ich auf der 08 landen durfte! :-)

 

Meine Frage: was wäre eigentlich geschehen, wenn ich tatsächlich eine Emergency deklariert hätte? Was wären die Folgen gewesen (offizielle Untersuchung des Vorfalls? Kosten dafür? Kosten für allf. Go-Arounds von Airlinern?). Wie wäre so ein Fall in dieser Hinsicht auf einem Schweizer Platz behandelt worden?

 

Gruss

 

Eagle

 

P.S. der Grund für den Temperaturanstieg war übrigens eine Fledermaus, die sich am Vorabend in den Lufteinfuhrstutzen verkrochen hatte, sich mit den Krallen verhakt und verendet war. Allerdings war sie so tief drin, dass sie beim Pre-Flight Check von aussen nicht sichtbar war...

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Hoi Eagle

 

Gerne erzähle ich Dir von zwei nicht allzu erfreulichen Erlebnissen aus meiner Fliegerkarriere:

 

1. Anflug auf Bern ohne Funk, hatte keine Modulation. Nach dem Setzen von 7600 und dem Entschluss nach Ecuvillens auszuweichen hat mich LSZB Tower aufgerufen ich solle IDENT Sqwaken. Gesagt getan. Dann hat der Tower mich mit Blindcalls reingenommen und ich bin ohne Probleme gelandet (Seither nur mit Handfunkgerät unterwegs und schon wieder mal gebraucht).

 

Guckst Du hier (die drei letzten Bilder): http://www.begi.org/pics/2003/bern-sion/index.html

 

2. Auch Bern, komischer Geruch im Flugzeug nach Take Off und wieder Feuerwehr am Pistenrand. War dann nur etwas Öl das beim Nachfüllen auf den Motor gelaufen ist und bei Erwärmung zu Geruch geführt hat.

 

Beide male habe ich nicht explizit ein Emergency deklariert, trotzdem hat der Tower die Feuerwehr avisiert. Das finde ich auch gut so, schlussendlich zahle ich mit der Landetaxe jedesmal auch für diesen "Service". Trotzdem Danke dass die Feuerwehr da war ;) Habe dann meine Papiere vorweisen müssen und die Sache war (auch finanziell) erledigt. Mein Fazit: Bei Ungewissheit lieber einmal zu viel als zu wenig.

 

Gruss Philipp

 

Übrigens: Es ist hier üblich mit seinem richtigen Namen zu Unterschreiben, mir ist es eigentlich egal aber es gibt hier einige die etwas Heikel reagieren. Nur so als Tipp ;)

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Gast Roland Tenger

Hallo Eagle

 

Auch mein Sohn hatte einmal ein Feuerwehr Aufgebot neben der Piste:

 

Nach dem T/O ist ein Benzinstrahl beim Tankdeckel ausgetreten, mit Shortapproach eine schnelle Landung durchgeführt. Ueberhaupt keine Folgen !

 

Gruss Roland

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Beide male habe ich nicht explizit ein Emergency deklariert, trotzdem hat der Tower die Feuerwehr avisiert. Das finde ich auch gut so, schlussendlich zahle ich mit der Landetaxe jedesmal auch für diesen "Service". Trotzdem Danke dass die Feuerwehr da war ;) Habe dann meine Papiere vorweisen müssen und die Sache war (auch finanziell) erledigt. Mein Fazit: Bei Ungewissheit lieber einmal zu viel als zu wenig.

 

Ging mir auch so ähnlich. War mit meinem Fluglehrer unterwegs, gerade bei E vorbei, da hörte ich meinen Fluglehrer nicht mehr über das Intercom. Da hab ich mir noch nicht so viel dabei gedacht. Ich hab mich dann beim Tower abgemeldet und mich gewundert, dass der nicht reagiert hat. Beim 2. mal ging's dann aber.

Einen Moment später ist mir aufgefallen, dass die Tankanzeige 0 anzeigte, Ampmeter im negativen Bereich. Ich habe meinen Fluglehrer darauf aufmerksam gemacht und der meinte: Umkehren.

Als ich den Tower gerufen habe: Keine Reaktion. Gehört hat man den restlichen Verkehr aber noch. Mein Fluglehrer hatte irgendwie mein Headset im Verdacht. Haben ein paar Sachen probiert. Dann hab ich mein Handfunkgerät genommen... Hören ging, aber mehr als mein Rufzeichen hat der Tower wohl nicht mitgekriegt, der Akku gab jedes mal beim Senden den Geist auf - obwohl ich das Gerät vor dem Flug überprüft hatte und es nichts von 'BAT' angezeigt hat.

Dann kam ich bald mal auf die Idee, alle unnötigen Verbraucher abzuschalten. Beim Abschalten des Landinglights ging dann 'alles' wieder. Schlussendlich haben wir uns normal angemeldet und erwähnt, dass wir Probleme hätten mit dem elektrischen. Als ich beim Approachcheck das Landinglight wieder einschaltete, fiel der Funk wieder aus. Da wurde mir langsam klar, was wirklich das Problem war (in der Luft ist man wirklich immer halb so schlau - beim Fluglehrer hatte irgendwie einen Kurzen vermutet, auf die Idee dass der Alternator futsch ist und die Batterie fast leer sind wir erst nicht gekommen).

Ohne Landinglight verlief dann alles ganz normal, aber wir wurden dann auch von der Feuerwehr und einem 'Follow me' car begrüsst und anderer Verkehr wurde auf Distanz gehalten.

Jetzt lade ich mein Funkgerät öfter auf, Memoryeffekt hin oder her.

Generell hatte ich schon recht viel Pech in meiner kurzen Fliegerkarriere, bei meinem 270er Solo hatte ich z.B. ne kaputte Batterie in Wangen Lachen (falls der hier mitliest, vielen Dank dem Piloten der mir mit der externen Stromversorgung geholfen hat) und als ich von der Voice noch kaum was kannte war mal der Sendeknopf (!) beim Fluglehrer kaputt und der Tower wurde schon ganz nervös, weil wir seine Ausweichanweisung nicht bestätigten, bis ich mich dann halt getraut habe :)

 

MFG Patrick

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Hallo

 

Zur Situation in Bern-Belp:

Die Notfalldienste sind im AIP publiziert, sie stehen grundsätzlich zur Verfügung, wenn ein Flugzeug ein Problem oder eine Notlage meldet.

Der Pilot muss dazu nicht zwingend einen "emergency" deklarieren, aufgrund von den technischen Problemen die er mir meldet entscheide ich, ob die Feuerwehr alarmiert wird oder nicht. Dabei verfahren wir getreu dem Motto: Lieber einmal zuviel, als zuwenig. Und schliesslich haben schlimme Katastrophen auch meist eine kleine Ursache oder fangen mit einem kleinen Problem an (Bsp: SR111)

 

Für den Piloten oder Flugzeughalter entstehen durch eine Alarmauslösung keine zusätzlichen Kosten, es ist ein Service der sozusagen in der Landetaxe inbegriffen ist.

 

Eine missbräuchliche Verwendung einer Notmeldung oder eine bewusste Irreführung wäre natürlich eine Situation, die der Flughafenbetreiber dazu bewegen könnte, einen Piloten zur Kasse zu bitten.

 

Gruss aus Belp

 

Hansruedi

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Hallo Hansruedi

 

besten Dank für Deine klare Antwort! Was mich interessieren würde ist, ob in einem solchen Fall irgendwelche Abklärung getroffen werden müssen, sprich: angenommen die Temperatur-Anzeige hat einen einfachen mechanischen Defekt, d.h. zB die Nadel klemmt (oder ist verbogen oder irgend so etwas ;-) - für den Piloten ist dies ziemlich schwierig zu eruieren: egal was er versucht (Leistungsreduktion, Sinkflg, Leerlauf etc.) die Temperaturanzeige bleibt im roten Bereich: wird anschliessend eine Untersuchung angeordnet, resp. wird eine Emergency registriert und verlangt eine genauere Abklärung, oder ist die Frage des Lotsen nach "do you declare..." lediglich eine Frage nach der persönlichen Einschätzung des Piloten der Situation?

 

Merci für Eure Antworten und...

... sorry für den "Eagle" als Absender (war mein erstes Posting hier ;-)

 

Thomas

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Hallo Thomas

 

Es ist in meinem Arbeitsumfeld eher eine Nachfrage nach der Einschätzung des Piloten.

Es soll vielleicht auch eine Art den Piloten die Hemmungen nehmen, dass sie eingestehen technische Probleme zu haben. Diese Hemmschwelle ist sehr hoch.

 

Eine Frage die sich mir auch immer wieder stellt in diesem Zusammenhang:

Wie weit soll ich als Fluglotse in technische Probleme eingreifen. Für manche klingt es besserwisserisch, wenn ich nachfrage ob dies oder jenes schon probiert wurde... andererseits weiss ich aus eigener Erfahrung, dass man unter Stress manchmal die einfachsten Dinge nicht überlegt. So gesehen könnte es auch hilfeich sein, wenn man nachfragt...

 

Gruss

Hansruedi

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...Wie weit soll ich als Fluglotse in technische Probleme eingreifen. Für manche klingt es besserwisserisch, wenn ich nachfrage ob dies oder jenes schon probiert wurde... andererseits weiss ich aus eigener Erfahrung, dass man unter Stress manchmal die einfachsten Dinge nicht überlegt. So gesehen könnte es auch hilfeich sein, wenn man nachfragt...

 

Hoi Hansruedi

 

Finde es hilfreich, wenn ich vom Fluglotsen einen Hinweis auf einen möglichen Fehler erhalte, hat mit Besserwisserei nichts zu tun. Ein Beispiel als Computer-Superuser:

 

Kunde: Mein Bildschirm geht nicht!

Superuser: Haben Sie ihn denn eingeschaltet?

Kunde: Wofür halten Sie mich? Ich bin doch nicht doof!

Superuser: Dann schaten Sie ihn doch bitte aus.

Kunde: Ah, jetzt funktionierts wieder.

 

So kann es auch im Cockpit gehen. Aber als wichtigstes finde ich die Emergency Checkliste zu konsultieren, damit kann man sich schon recht weit vor "dummen" Pannen schützen.

 

Gruss

 

Philipp

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Hallo zusammen

 

Wenn ein Pilot in einer Notlage ist, dann sollte er einen Emergency deklarieren. Sobald dieses eine Wort gesagt ist, stehen uns viel mehr Möglichkeiten zur Hilfe. In einer Notlage müssen wir nach bestem Wissen und Gewissen dem Piloten helfen. Dies bedeutet, dass etwas was normal nicht erlaubt ist plötzlich legal sein kann.

 

Wenn die Umstände so stehen oder die Reaktionen des Piloten so sind, dass wir annehmen müssen dass hier eine Notlage besteht, so können wir auch von uns den Fall als Emergency behandeln, ohne dass der Pilot dies so meldet. Aber eben, dann muss es schon offensichtlich sein.

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Hallo Thomas

 

Es ist in meinem Arbeitsumfeld eher eine Nachfrage nach der Einschätzung des Piloten.

Es soll vielleicht auch eine Art den Piloten die Hemmungen nehmen, dass sie eingestehen technische Probleme zu haben. Diese Hemmschwelle ist sehr hoch.

 

Eine Frage die sich mir auch immer wieder stellt in diesem Zusammenhang:

Wie weit soll ich als Fluglotse in technische Probleme eingreifen. Für manche klingt es besserwisserisch, wenn ich nachfrage ob dies oder jenes schon probiert wurde... andererseits weiss ich aus eigener Erfahrung, dass man unter Stress manchmal die einfachsten Dinge nicht überlegt. So gesehen könnte es auch hilfeich sein, wenn man nachfragt...

 

Gruss

Hansruedi

 

Hansruedi

 

Als Single Pilot in einer Notlage ist man furchtbar allein, da ist man sehr froh um den Fluglostsen der verständnisvoll mitdenkt. Gute, unkomplizierte, vorausschauende Kommunkation ist alles.

 

Ich hatte mal auf einem Nachtflug in einer Cessna 172 über Los Angeles folgendes positive Erlebnis:

 

Flug von KSAN nach KCMA, dunkle Nacht, aber klar. Erfordert Crossing von KLAX.

Alarmsignal "Low voltage"

Checkliste herausgekramt und abgearbeitet, komme zum Punkt: Recycle Masterswitch. Die Kommunikation mit ATC ging dann etwa so:

 

"SoCal I need to recycle my masterswitch, will leave frequency for a minute. N5213F"

"13F, SoCal, what is the problem?"

"I have a low voltage alarm, 13F"

"13F switch off your transponder this needs a lot of energy" (aha, daran habe ich auch gedacht, aber nicht getan, weil doch essentiell in einem dicht beflogenen Flugraum?)

Recycle brachte keine Verbesserung.

Gemäss Checklist: landen.

"SoCal, no improvement, I would like to land at Torrance, 13F"

"13F, you have 20 Miles to Torrance and 15 Miles to John Wayne, do you prefer John Wayne?"

"affirm(ative), will go to John Wayne, 13F"

"13F roger, John Wayne is at 040 12 miles, do you declare emergency?"

"negative, I would just like to make a precautionary landing, 13F"

Nach 2 Minuten fiel mein gesamtes Cockpit aus, zumindest alles was Strom braucht, daher auch kein Funk möglich. Dramatische Stille bei meinen drei Passagieren.

Im Anflug auf John Wayne (KSNA) überlege ich mir die logischste Piste, entscheide mich für 19R und drehe in den Downwind ein. Zwei Widebodies im Final. (Gut haben die Licht, mich können sie ja nicht sehen). Auf Höhe Tower bekomme ich ein Grünes Licht. Ich verlängere meinen Downwind etwas, um eine Minute Abstand zu bekommen und drehe dann in die Base. Die Landung ohne Flaps war kein Problem, ich habe 800m Piste. Für das Rollen wieder Freigabe mit Lightgun vom Tower, Eskorte von der Feuerwehr.

Der Vorfall hatte keinerlei administrative Konsequenzen, kein Bericht, nichts.

Die Ursache war ein defekter Alternator.

Am nächsten Morgen habe ich mir ein tragbares Funkgerät gekauft, das ich seither immer (immer) dabei habe.

Ich bin dem Lotsen heute noch dankbar für seinen vorausschauenden Dialog. Nicht auszudenken, wie schwierig die Situation geworden wäre, wenn er die erste Frage nicht gestellt hätte und mir beim weiteren, einsamen Troubleshooting dann plötzlich der Funk ausgefallen wäre, ohne dass irgendjemand von meiner Notlage gewusst hätte.

 

Gruss Herbert

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Bei einem Notfall, der kann technischer, meteorologischer, navigatorischer oder medizinischer Natur sein, werden wir dem Piloten jede mögliche Unterstützung zukommen lassen. Dabei ist es wichtig, den Piloten zu Unterstützen, ohne ihn jedoch mit ständiger "Funkerei" unnötig zu belasten. Der Pilot braucht auch Zeit, um sich dem Fliegen und Troubleshooting zu widmen, dabei stören ständige Hinweise und Frage des Fluglotsen. Wir werden also versuchen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen "Tipps und Anweisungen geben" und "in Ruhe arbeiten lassen" finden müssen.

Dabei kann es auch mal vorkommen, dass der Pilot ein Holding wünscht, um in Ruhe seine Emergency-Procedures abarbeiten zu können.

 

Wir können vom Piloten nicht erwarten, dass er gleich zu Beginn schon entscheiden kann, ob er unverzüglich anflliegen will, welche Landebahn er braucht, ob er allenfalls auf einen anderen Flugplatz ausweichen will etc.

 

Wir lassen ihm Zeit für diese Entscheidungen und bereiten uns unterdessen mental darauf vor, flexibel und unkompliziert auf seine Wünsche einzugehen und wenn nötig kurzfristig andere Flugzeuge fernzuhalten.

 

Bei der zuteilung von Unterstützung spielt es für uns keine Rolle, ob der Pilot nun wörtlich einen "Emergency" deklariert oder nicht. Eine Rolle spielt es höchstens dann, wenn Vorschriften für den normalen Flugverkehr missachtet werden müssen.

 

Beispiele:

  • Ein Hubschrauber will anstatt auf dem Heliport auf der Wiese daneben landen
  • Ein IFR-Anflug muss tagsüber von Süden auf die Piste 34 in Zürich anfliegen

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Bei jeder schwierigen Situation ist die Unterstützung durch die Fluglotsen wichtig und wertvoll. Ein ganz grosser Unterschied zwischen "Emergency deklariert" oder einfach Probleme gemeldet war/ist für mich vor allem folgendes : Wenn ich Emergency deklariert habe brauche ich kein Holding, Heading, Landepiste etc zu wünschen sondern informiere ATC was ich machen werde und erhalte dann dort volle Unterstützung. Eine Hauptaufgabe der ATC ist es dann also, den restlichen Verkehr "aus dem Weg zu räumen" um mir möglichst gute und sichere Bedingungen für mein Vorhaben zu schaffen.

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Euch allen ganz herzlichen Dank für die vielen und interessanten Antworten auf meine Frage hier im Forum! Ich wünsche Euch viele weitere interessante, spannende und erholsame Stunden in der Luft und auf dass keiner von Euch je wieder eine Emergency deklarieren muss ;-)

 

Liebe Grüsse

 

Thomas

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Gast Hans Fuchs
Diese Hemmschwelle ist sehr hoch.
Dies stimmt wohl und muss sofort hinterfragt werden.

 

Meiner Meinung nach sind es sicher nicht die möglichen finanziellen Konsequenzen, die zu dieser Haltung führen. Nicht wenige Notlagen sind ja ursprünglich auf Pilotenfehler zurückzuführen.

 

Wie ist das also in der Praxis, macht der Lotse eine Meldung an die Obrigkeit bei einem derartigen Vorkommnis?

 

Selbst im Angesicht des Todes haben manche Piloten dann doch noch mehr Angst vor den Behörden. Ich gebe zu, ich gehöre wahrscheinlich auch zu denen.

 

Hans

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Wie ist das also in der Praxis, macht der Lotse eine Meldung an die Obrigkeit bei einem derartigen Vorkommnis?

 

Hallo Hans

 

Tut mir leid, kann dir deine "Urängste" von den Behörden auch nicht ganz nehmen ;)

 

Bei einem Zwischenfall oder Unfall gehen auch Fluglotsen nach Checklisten vor, ein Punkt dieser Checkliste beinhaltet das Informieren gewisser Behördestellen. Ob ein Vorfall weiter untersucht wird, liegt im Ermessen dieser Behörden und nicht bei uns Fluglotsen.

 

Aus meiner Praxiserfahrung kann ich dich aber soweit beruhigen, dass sich die Behörden nicht sehr dafür interessieren, wenn die Alarmdienste nur vorsichtshalber aufgeboten werden und die Landung/Flug normal verläuft. Erst recht nicht bei privat operierenden Flügen.

 

Gruss

Hansruedi

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Hallo Zusammen

 

Ein sehr interessantes Thema. Ich möchte mal kurz auf die Sprache bei einem

Emergency zurückkommen.

 

In welcher Sprache findet die Kommunikation zwischen Lotse und Pilot statt.

In "ICAO"-English oder in der deutsch-schweiz auf deutsch? Wie sieht es in z.B.

Genf aus, nur English oder French oder sind immer auch deutschsprechende Losten

am Arbeiten (@Urs: Dich nehme ich da natürlich aus).

 

Im Ausland ist mir aufgefallen dass selbst auf International-Airports die Losten

z. T. nicht gut englisch können...

 

Nicht jeder spricht auch in einer Notlage fliessend English (oder teusche ich mich da :o )

 

Gruss

 

Michael

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Michael,

 

das mit der Sprache ist so eine Sache.

 

Normalerweise darf bei einem Notfall wenn nötig auch in der lokalen Sprache gesprochen werden (ist im ACC Genf über FL245 auch ein Problem, da wir schon ein paar Lotsen haben, die nie auf Französisch ausgebildet wurden).

Das ist insbesondere sinnvoll wenn's um's Erklären von Situationen usw. geht, die 'reine' Voice wird da trotzdem wohl auf Englisch stattfinden.

 

Gerade Privatpiloten kommen schnell an den Anschlag, wenn's im Stress darum geht Englisch zu sprechen (die Franzosen sowieso, deren Englisch ist ein ständiger Notfall :D :D :D ).

 

Betreffend ATC-Englisch: Eurocontrol schreibt eigentlich vor, dass Lotsen einen bestimmten Englisch-Standard haben sollten der über die Voice hinausgeht. Dies wird auch (wenn auch minim) während der Ausbildung vermittelt - jedenfalls in der Schweiz, inwiefern die anderen Staaten das schon anwenden weiss ich nicht.

 

Kurz: Bei einem Notfall geht's darum möglichst zu helfen. Daher wird die Sprache gesprochen, die für beide am angenehmsten ist (auch der Lotse steht unter Stress :rolleyes: ), zudem kann wenn nötig von der Voice abgewichen werden und Umgangssprache verwendet werden.

 

PS: im TWR Genf gibt's nur ein paar Lotsen, die Deutsch können. Sollte aber ein Deutschschweizer eine emergency haben und einer davon ist am Arbeiten, so wird wenn immer möglich dieser dann auch das Mikrophon übernehmen....

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Gast Hans Fuchs
ein Punkt dieser Checkliste beinhaltet das Informieren gewisser Behördestellen
Ok, dieser Punkt wird so wie befürchtet gehandhabt.

 

Es stellt sich nun die Frage: ist Vorschrift (vom BAZL aus?) und ist es auch sinnvoll?

 

Diese Frage geht insbsondere auch an das BFU. Wären nicht andere Massnahmen besser? z.b. ein unabhängiger integerer Ombudsmann, der nicht in erster Linie daran interssiert ist die Lizenz zu entziehen sondern mit dem fehlbaren Piloten die Sache analysiert, diskutiert und Aufklärung leistet, Nachschulungsbedarf abklärt und empfiehlt (auch verbindlich)?

 

Ich denke das könnte eben ein guter Beitrag zur Unfallverhütung sein, wenn ein Pilot der z.b. versehentlich in IMC geflogen ist, eben nicht automatisch damit rechnen muss, seine Lizenz entzogen zu bekommen, wenn er dies einem Lotsen bekannt gibt und Hilfe von unten anfordert.

 

Hans

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Der von Hans angesprochene Punkt dünkt mich auch noch sehr wichtig.

Möglicherweise "wills au de Grind nöd zuegäh", dass man einen Fehler gemacht hat und "sein Gesicht verlieren" könnte...

 

Ich gebe es ganz offen zu: ich bin ein junger Pilot, der seine Lizenz knapp 3.5 Monate hat. Ich habe keine Lust, diese aus einem dummen Fehler, den man nachträglich betrachtet, hätte verhindern können (wie z.B. von Hans gesagt, irrtümlicher Flug in IMC o.ä.) gleich wieder abzugeben.

 

Da wir gerade beim Thema sind: was für Gründe gibt es, dass einem die Lizenz abgenommen wird?

 

Michel

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  • 2 Wochen später...

Hallo

 

ich hatte vor einem halben Jahr einmal ein einschneidendes Erlebnis, genug Zeit seither, um hier niemanden namentlich erkenntlich zu machen.

 

 

Wir sind zu zweit über die Alpen nach Locarno, im Hinflug am Matterhorn auf FL 140 vorbei, dann den üblichen Anflug via Verbania. Das Wetter war in Grenchen, wie auch in Locarno CAVOK, Bodenwinde zwischen 3 und 5 Knoten, einzig die Druckdifferenz im Norden 1029, im Süden 1021. Es war also im voraus klar, dass es im Alpenraum einiges zum schütteln gab.

 

Meinen PAX habe ich vor diesem Flug noch nicht gekannt, er war etwa um die 20 Jahre alt und nach meinem Eindruck gesund und munter. Schütteln würde ihm nichts ausmachen, sagte er, also stand der Flugdurchführung nichts im Wege. Ueber 10'000ft erkundige ich mich in regelmässigen, kurzen Abständen immer wieder, ob bei den Mitfliegern alles i.O. sei, dass sie den kleineren Sauerstoffanteil durch gezieltes Durchatmen etwas kompensieren sollten. Bei ihm war alles ok und so sind wir in Locarno zufrieden gelandet.

 

Schon in Grenchen kündigte er mir an, dass er dann in Locarno etwas zu essen gedenke. In der Beiz nahm er aber von seiner Absicht wieder abstand und wir tranken dann ein 'Blöterliwasser'.

 

Danach sind wir wieder aufgebrochen, diesmal die kürzere Route via Bellinzona - Grimsel - Emmental. Wie zu erwarten war, ging die Schüttelei kurz nach dem TO wieder los. Wie beim Hinflug erfahren, war die Luft über FL125 wie abgestellt ruhig. Also versuchte ich, baldmöglichst wieder diese ruhigere Höhe zu erreichen. Erneut über 10000ft Richtung Grimsel weiter steigend fragte ich ihn, ob alles OK sei. Er antwortete mir, es sei ihm 'schlecht'. Ich fragte nach, ob es ihm vom Bauch herauf schlecht sei, so dass er ev. erbrechen müsse. Die Antwort war einfach, es sei ihm schlecht. Ich reichte ihm vorsichtshalber die Brechtüte. Wir hatten die ruhigere Flughöhe FL125 erreicht, Position nun südöstlich des Nufenenpasses. Ich dachte mir, dass sich das Problem damit von selber lösen werde.

 

Kurzum später verlor er das Bewusstsein, verdrehte die Augen und begann unregelmässig zu röcheln. Dies war eine schwierige Zeit für mich, denn ich konnte nicht abschätzen, ob er ein lebensbedrohliches Problem hatte. Reinen Sauerstoffmangel konnte ich mir aufgrund dieser Höhe nicht vorstellen, zumal wir im Hinflug problemlos noch höher geflogen waren. Nun gingen tausend Dinge durch meinen Kopf, sinke ich ab, bessert sich zwar der Sauerstoffgehalt, beginnt aber wieder extrem zu schütteln. Zudem konnte ich in diesem Gebiet nicht beliebig absinken. Ich begann mir die kürzesten Airports mit medizinischer Unterstützung, also Sion oder Bern zu berechnen. Ich entschied mich dann für Bern und leitete einen Sinkflug gegen den Grimselpass ein.

 

Auch da kam mir der Gedanke, soll ich und auf welcher Frequenz ( ZH FIS, Bern oder 121.5 ) soll ich einen Notfall deklarieren? Obwohl für mich diese Situation mit einem röchelnden Paxen nebendran sehr anspruchsvoll war, habe ich wohl instinktiv ruhig reagiert und erstmal das Flugzeug weitergeflogen. So nach fünf für mich langen Minuten kam er wieder zu sich und schaute mich verwundert an. Auf meine Frage, ob wir in Bern zwischenlanden sollten, oder doch wie geplant nach Grenchen meinte er, weshalb Bern?, wir fliegen doch nach Grenchen? Er scheint von alldem nichts mitbekommen zu haben, einzig nach der Landung in Grenchen war er über seine durchnässte Hose doch sehr überrascht.

 

 

Nun, wann ist es Zeit, Notfall zu deklarieren? Kann es auch mal zu früh sein?

 

 

Gruss

Heinz

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