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Begegnung mit Hanna Reitsch


D. Baumgaertner

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D. Baumgaertner

Nur wenige unserer Jugendlichen, am wenigsten jene aus der Schweiz, werden mit dem Namen "Hanna Reitsch" etwas anzufangen wissen. Ich gehöre zu jener Generation, die das Ende des 2. Weltkrieges als Kind noch mehr oder weniger bewusst erlebt hatte. Das Interesse an den Kriegsereignissen und an jenen, die damals als Akteure (insbesondere in der Luftfahrt) darin verwoben waren, war und ist in all den Jahrzehnten danach - bis heute - unverändert gross geblieben.

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Hanna Reitsch war eine berühmte Segelfliegerin und erprobte später neben Lastenseglern viele Zivil- und Kriegsflugzeuge, darunter auch den ersten flugfähigen Hubschrauber, der damals sogar schwebend in der Deutschlandhalle vorgeführt wurde.

 

Später testete sie unter anderem den ersten einsatzfähigen Düsenjäger der Welt, die zweistrahlige Messerschmitt Me 262, den fast schallschnellen Raketenjäger Me 163 und die für eine Versuchsreihe vorübergehend bemannte (in diesem Fall "befraute") hoch gefährliche Flugbombe V 1.

 

Bei einem Absturz mit einem Prototyp der Me 163 (ohne eingebautes Triebwerk) im Landeanflug trug sie schwerste Verletzungen davon, begann jedoch nach monatelangem Genesungsprozess erneut mit dem Fliegen. Soweit die Basisinformationen und nun zu meiner Geschichte aus der Mitte der Sechzigerjahre:

 

Ende August verbrachte ich eine Ferienwoche beim Baden am Ammersee, westlich von München. An einem späten Nachmittag spazierte ich nach dem Schwimmen vom Strandbad zu meiner Pension. Plötzlich kam mir eine kleine, völlig unauffällige ältere Dame entgegen. Wir grüssten uns freundlich, als die Frau unvermittelt lächelnd auf mich zutrat und mit dem Finger auf mein Segelfliegerabzeichen an meiner Jacke deutete, das ich damals mit jugendlichem Stolz trug.

 

Ich muss ein ziemlich verblüfftes Gesicht gemacht haben - denn sie stellte sich sofort als Hanna Reitsch vor. Mir war nun klar, dass die berühmte Fliegerin vor mir stand, über die ich schon so viel gehört und gelesen hatte. Wir sprachen etwa eine Viertelstunde über die Fliegerei - insbesondere über das Segelfliegen. Die Schlichtheit und Bescheidenheit dieser Frau hatte mich sehr tief beeindruckt. Nach einem freundlichen Händedruck trennten wir uns schliesslich und gingen unseres Weges. Mehr sein als scheinen - wie wahr!

 

Im Laufe der Jahre hatte ich noch viel über sie gelesen und auch diverse Filmbeiträge gesehen. Ein eigenartiges Gefühl hinterliess das Wissen, dass die Hand, die ich gedrückt hatte, in den Kriegsjahren mehrfach auch die Hand unseres unseligen "Führers" Adolf Hitler gedrückt hatte. Aber das schmälert ihre überragenden Leistungen im Dienst der Luftfahrt in keiner Weise.

 

D. Baumgaertner

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D. Baumgaertner

Hallo Lukas

 

Freut mich, dass Dir meine Beiträge Spass machen. Als Ausgleich zu meiner täglichen Arbeit mit Zahlen ist das Schreiben eine Entspannung und macht mir nicht die geringste Mühe. Es ist besonders befriedigend, Luftfahrtthemen und Erlebnisse auch aus früherer Zeit aufzugreifen und der Jugend nahe zu bringen. Die heutige Zeit ist schnelllebig und oberflächlich. Da geht manches Interessante vielleicht verloren. In diesem Sinne noch viel Freude an der Fliegerei.

 

Gruss! Dietwolf

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Hallo Dietwolf,

 

bei mir liegt seit ein paar Tagen das Buch "Fliegen, mein Leben" von Hanna parat zum lesen, und ich freue mich bereits darauf, es zu lesen. Aber erst muss ich noch mit Ernst Heinkels Buch fertig werden.

 

Du beschreibst treffend unsere schnellebige Zeit. Aber war das früher anders? Glaube ich nicht, aber vielleicht weniger oberflächlich. Ich glaube kaum, dass sich die Flugebegeisterten der 40erjahre wehmütig an die Zeiten errinnerten, als Farman und Bleriot in ihren Scheunen noch wacklige Fluggeräte bastelten. Dafür war die Zeit zu innovativ, die neuen Errungenschaften zu faszinierend.

 

Heute ist die Entwicklung zwar nicht stehengeblieben, doch die Neuerungen finden in Details statt, sie sind zu hochtechnisiert, als dass sie jemanden ohne detailiertes Fachwissen zu begeistern vermögen. Kurz: Heute ist die Geschichte langweilig geworden. Eine neue GPS-Technik ist eben nicht so abenteuerlich wie etwa der Umstieg von Propeller auf Düse.

 

Ich bin jemand, der diese Zeit nicht erlebt hat, und den Pionierzeiten etwas nachtrauert. Das kann ich mir zum Teil zurückholen, indem ich Bücher von Pionieren dieser Zeit verschlinge.

 

Besten Gruss, Marcel

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  • 2 Wochen später...
Damit sich vielleicht auch jüngere Forumsteilnehmer, denen Hanna Reitsch nicht mehr bekannt ist, ein Bild machen können.

 

Hier

 

Gruss

Andreas

 

 

Herzlichen Dank, lieber Kollege

 

für diesen ausgezeichneten Link! Wie ich schon in meinem Beitrag geschrieben hatte, war ich bei der Begegnung mit Hanna Reitsch tief beeindruckt von ihrer unauffälligen, bescheidenen und natürlichen Art. Diese stand so ganz im Gegensatz zu der heute weit verbreiteten Aufgeblasenheit, dem Angebertum und der Blufferei, die leider auch immer wieder auf einen (relativ kleinen) Teil unserer Fliegerkameraden übergreift. Grösse ist selten laut!

 

Bei weitem nicht alles, was von vielen heutigen Polit- und Wirtschaftsheinis schlecht geredet wird, ist wirklich schlecht!

 

Noch viel Spass beim Fliegen!

 

Dietwolf

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