Kollege Bussard

[Thermikus]

Wer in unseren Kreisen kennt sie nicht, diese prächtigen grau-braunen Kerle? Befinden wir uns am Boden, sehen wir die Bussarde meist geduldig auf einer extra für sie aufgestellten Stange, auf einem kahlen Ast eines hohen Baumes oder in einer anderen "Spitzenposition" sitzen. Sie lauern auf die Feldmaus, die sich aus ihrem unterirdischen Gang kurz an die Oberfläche wagt und dann im kühnen Sturzflug geschnappt wird. Meist sind die Vögel ziemlich scheu und machen sich aus dem Staub, sobald man ihnen näher kommt.

 

Wir Segelflieger halten meist sehr konzentriert nach diesen "Kollegen" Ausschau. Entdecken wir sie kurvend in grösserer Höhe, bedeutet das: Dort gibt es auch für uns etwas zu holen - nämlich Thermik. Was wir uns mit der genauen Beobachtung unserer Variometer und einer Portion Taktik oft mühsam erarbeiten müssen, liegt Kamerad Bussard in den Federn. Mit untrüglichem Gespür lokalisiert er Aufwinde und lässt sich dann von diesen - ständig kreisend - in die Höhe tragen.

 

Rauschen wir also nach dem Ausklinken unter gespannter Beobachtung unseres Varios suchend durch die Gegend und sehen einen oder mehrere der gefiederten Kameraden kurven, gibt es nur eines: Nichts wie hin. Und meistens funktioniert das dann ja auch. Das Variometer wechselt auf Steigen und ab geht die Post.

 

Plötzlich scheint dann das scheue Ferdervieh jegliche Hemmungen verloren zu haben. Wenn wir mit ihnen im gleichen Bart kurbeln, legen die es geradezu darauf an, mit uns auf engste Tuchfühlung zu gehen. Das äussert sich dann oft so, dass sie wacker dicht an unserer Tragflächenspitze mithalten, als gelte es, einen Wettbewerb zu gewinnen. Frech drehen sie den Kopf zu uns herüber, als wollten sie sagen; "Sieh mal, ich kanns ja viel besser als du". Oft sind sie so nah, dass man jede Steuerbewegung des breit gefächerten Schwanzes oder das kurze Aufstellen der Federn auf der Flügeloberseite sehen kann, wenn sich an einer Stelle die Strömung ablöst.

 

Manchmal kommt es auch vor, dass sie plötzlich links oder rechts vor einer unserer Tragflächen auftauchen, eine eckige Flugbewegung machen und sich über die Tragfläche nach hinten verabschieden.

 

Ich bin zwar kein Bussard-Psychologe. Aber es sieht ganz so aus, als betrachteten uns diese gefiederten Freunde und Helfer als eine Art von Kollegen, denen man einmal eine Lektion erteilen will, wie man sich nach allen Regeln der aviatischen Kunst durch die Lüfte bewegt. Vielleicht sollte man sich gelegentlich dankbar erweisen und ein saftiges Stückchen Fleisch mit einem Faden an der Tragflächenspitze hinterher ziehen. Kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft.............!

 

Dietwolf (Thermikus):008: