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Juan Manuel Fangio


Thermikus

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Wer von uns Segelfliegern kennt sie nicht: Die altersschwachen, jedoch nahezu unverwüstlichen Seil-Rückholfahrzeuge, die das eingezogene Schleppseil von der Seilwinde wieder zur Startstelle der motorlosen Vögel zurück ziehen.

 

Ob alter Mercedes, Volkswagen, Opel, Ford oder ein anderes Exemplar: Es klappert, holpert, quietscht und rumpelt - aber die Autos laufen, als hätten sie tausende von Leben. Da wundere ich mich jedes Mal, welche Kleinigkeiten manchmal unsere modernen Fahrzeuge des täglichen Gebrauchs ausser Gefecht setzen können. Dagegen scheinen die alten Klapperkisten völlig immun zu sein.

 

Wenn ich in die Anfänge meines Segelflugsportes zurück blicke, dann taucht da wieder ein Erlebnis mit einem solchen Seilrückholfahrzeug auf, das ich wohl immer in Erinnerung behalten werde.

 

Dieses spezielle Exemplar war ein alter schwarzer Mercedes, um den sich heute passionierte Sammler wahrscheinlich eine handfeste Prügelei liefern würden. Und dieser Mercedes war in noch recht ordentlichem Zustand, als er uns von einem grosszügigen Mäzen überlassen worden war.

 

Nach einiger Zeit klapperte und rumpelte auch dieser Mercedes, aber er lief, dass es eine wahre Freude war. Und eine Freude war er auch für unserer kleinen rundlichen Kollegen Christoph, der zwar keinen Führerschein besass (wer von uns besass schon damals einen Führerschein), aber fahren konnte wie der Teufel.

 

Die dunkle Karre mit dem berühmten silbernen Stern hatte es ihm besonders angetan. Wenn Christoph nicht gerade in der Luft war, konnte man ihn so sicher wie das Amen in der Kirche im Seilrückholfahrzeug antreffen. Geradezu mit einer unglaublichen Wonne ratterte er damit über Stock und Stein. Vielleicht ist er heute deshalb in ärztlicher Behandlung bezüglich seiner Bandscheibe - ich weiss es leider nicht.

 

Eines Tages nach dem Ende des Flugbetriebes sollte unser Juan Manuel Fangio (mit diesem Spitznamen versehen nach dem wohl berühmtesten ehemaligen Rennfahrer der Welt) den besagten Mercedes in den Hangar zurück bringen.

 

Mit einem Schwung, den man seiner wohlgenährten Figur niemals zugetraut hätte, schwang er ich hinter das Steuer und brauste mit Caracho davon. Kaum war er hinter einigen Flugplatzbaracken verschwunden, gab es einen Riesenknall und dann stieg eine beachtliche Staubwolke auf.

 

Wir wurden alle bleich wie die Sichel des Mondes, die sich langsam über den Horizont schob. Im gemeinsamen Spurt stoben wir los und machten uns auf das Schlimmste gefasst.

 

Da lag unser Mercedes wie ein Käfer auf dem Rücken. Vom Fahrer keine Spur. Voller Hemmungen gingen wir näher heran. Der Innenraum - leer. Sollte etwa - nein dieser Gedanke war so grässlich, dass man ihn fast nicht zu Ende denken konnte. Sollte unser Christoph etwa flach wie eine Flunder unter dem Dach des Fahrzeuges liegen? Nein - das konnte und durfte nicht sein!

 

Unsere Blicke schweiften durch die Gegend und blieben plötzlich vor einem der Hangars auf einer zerknirscht am Boden sitzenden Gestalt haften. Es war unser Christoph - alias Juan Manuel Fangio! Wie durch ein Wunder war ihm nichts passiert. Noch nicht einmal einen Kratzer hatte der Glückspilz abbekommen.

 

Mit vereinten Kräften wuchteten wir unser lädiertes Auto wieder auf die Räder und starteten den Motor. Der lief, wie wir es von ihm auch nicht anders erwartet hatten - nur das Dach hatte eine ebenso markante wie scheussliche Beule abbekommen. Aber das störte uns weiter nicht, wenn nur das Schleppseil wieder problemlos von der Winde an den Start gezogen werden konnte.

 

Dietwolf (Thermikus):eek:

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Wunderschöne Geschichte, kurzweilig geschrieben, so macht das Lesen Freude. Ihr habt dem Christoph auch den passenden Spitznamen verpasst, mir ist so dunkel in Erinnerung dass Juan Manuel den Führerschein auch sehr spät machte, ich glaube dass der schon vorher Rennen fuhr.

Ein herzliches Dankeschön für diesen Beitrag und weiterhin Spass beim Hobby.

Hans

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