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Schubumkehr - wie funktioniert das?


Thermikus

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Als ich diese Schubumkehr bei einer kleineren Maschine zum ersten mal so deutlich gesehen habe (da werden einfach so 'Schäufelchen' hinter das Triebwerk geklappt...), konnte ich's erst fast nicht fassen. Hätte gedacht die Klappen werden schlicht abgerissen und fliegen davon ;)

 

Vorsicht, nicht jeder Klapperatismus, der sich hinter das TW klappen lässt, ist eine Schubumkehr.

 

Gerade bei kleinen Jets mit Triebwerken am Heck gibt's ähnlich aussehende Systeme, die aber ganz anderen Zwecken dienen.

Das zu lösende Problem besteht darin, dass sich -aufgrund der Grössenverhältnisse- der Triebwerksauslass sehr nahe am Rumpf bzw. Leitwerk befindet. Dies ist, solange man sich genügend schnell bewegt, kein Problem, da genügend Kühlluft zwischen TW-Auslass und Flugzeugstruktur strömt.

Sobald das Flugzeug aber mit laufenden Motoren steht, kann die thermische Belastung des Heckbereichs (heutzutage meistens aus Kunststoff) die zulässigen Grenzen übersteigen.

Als Abhilfe haben nun einige dieser Flz-Typen Ablenkschaufeln, die, sobald das Flugzeug steht, ausfahren und den Abgasstrahl nach aussen -weg vom Rumpf- ablenken.

 

Es gibt auch Typen, die einen störend hohen Leerlaufschub haben, auch da gibt's gleichartige Systeme, die beim Rollen dafür sorgen, dass nicht dauernd auf den Bremsen gestanden werden muss

 

Da diese Deflektoren - im Gegensatz zu eigentlichen Schubumkehrern- nur bei Leerlaufschub zum Einsatz kommen, können sie auch entsprechend leichter gebaut sein.

 

Deiner Schilderung nach hast du ein derartiges System gesehen.

 

 

Gruss

 

Ruedi

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Diese schuberzeugende Düse wird bei den von Dietwolf angesprochenen Triebwerken beim Reversen dazu benutzt den Luftstrahl umzulenken.

reverser02dd1.th.jpg

 

 

Diese Skizze der Schubumkehr ist genau das, was ich hinterfragt hatte. Hier sieht man zwei Dinge deutlich: Erstens, dass der heisse Abgasstrahl umgelenkt wird und zweitens, dass die Umlenkung nach dem Austritt der Abgase aus der Düse erfolgt. Das bedeutet, dass die Bremswirkung des Abgasstrahles, der auf die Umlenkklappen der Schubumkehr trifft, stärker sein muss, als der Vorwärtsschub, der beim Setzen von Leistung für die Schubumkehr durch den Düsenstrom entsteht. Das ist mir zwar technisch nicht ganz verständlich - es muss aber wohl so sein.

 

Dietwofl (Thermikus):009:

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na ja, fast...

 

Jedoch darfst du nicht vergessen, das der Schub auf die Schaufeln wirkt, die anschliessend am Flugzeug "ziehen", und nicht auf die Umgebung (was Voerwaertsschub verursacht). Der umgelenkte Strahl wirkt hingegen tatsaechlich auf die umgebung, jedoch eben nicht nach hinten.

 

andreas

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Diese Skizze der Schubumkehr ist genau das, was ich hinterfragt hatte. Hier sieht man zwei Dinge deutlich: Erstens, dass der heisse Abgasstrahl umgelenkt wird und zweitens, dass die Umlenkung nach dem Austritt der Abgase aus der Düse erfolgt. Das bedeutet, dass die Bremswirkung des Abgasstrahles, der auf die Umlenkklappen der Schubumkehr trifft, stärker sein muss, als der Vorwärtsschub, der beim Setzen von Leistung für die Schubumkehr durch den Düsenstrom entsteht. Das ist mir zwar technisch nicht ganz verständlich - es muss aber wohl so sein.

 

Dietwofl (Thermikus):009:

 

 

 

Der Schub hat das Triebwerk trotzdem erst nach dem Umlenken verlassen. Das was du meinst, ist wahrscheinlich der visuelle Aspekt, da der Schub das normale Ende (s. Bild 1) des Triebwerks erreicht hat. Allerdings geht das Triebwerk mit ausgefahrenen Umkehrklappen noch weiter und schliesst eben diese mit ein (Bild 2). Der Schub befindet sich zwischen normalen Ende des Triebwerks und verlängertem Ende des Triebwerks (=Umlenkklappen) also immer noch im Triebwerk. Auch wenn man ihn sozusagen sehen kann, weil die Verbindung Triebwerk-Umkehrklappen innerhalb des Schubstroms liegt und diesen nicht umschliesst. Somit ensteht visuell der Eindruck, der Schub sei bereits am Ende des Triebwerks angelangt, bevor er auf die Umlenkklappen trifft.

Für die Erklärung, dass der Schub das Triebwerk noch nicht verlassen hat, folgende Vereinfachung: Stell dir bei ausgefahrenen Umlenkklappen eine Ummantelung des freien Bereichs zwischen normalen Ende des Triebwerks und den Umkehrklappen vor. Du würdest den Schub erst "sehen", wenn er nach der Umlenkung das Triebwerk verlassen hat. Diese Ummantelung hat aber keine Zweck, denn sie lenkt den Schub nicht, sondern ist wie gesagt, nur dazu da, den Schub zu verstecken bevor er umgelenkt wird.

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Das bedeutet, dass die Bremswirkung des Abgasstrahles, der auf die Umlenkklappen der Schubumkehr trifft, stärker sein muss, als der Vorwärtsschub, der beim Setzen von Leistung für die Schubumkehr durch den Düsenstrom entsteht. Das ist mir zwar technisch nicht ganz verständlich - es muss aber wohl so sein.

 

Nun gib's schon auf, Dietwolf, du machst den selben Überlegungsfehler wie alle, die sich in derartige physikalische Denksportaufgaben verbeissen.

Du betrachtest das Triebwerk für sich und die Umkehrvorrichtung für sich und glaubst dann, es gäbe hier etwas gegeneinander abzuwägen. Und genau diese Sichtweise ist eben falsch, du musst des Ganze betrachten. Es ist bei allen rückstosserzeugenden Gerätschaften so, dass für die Richtung des resultierenden Schubes einzig und allein entscheidend ist, in welche Richtung das beschleunigte Medium schlussendlich ausgestossen wird. Es spielt also hier nicht die geringste Rolle, in welcher Richtung sich die thermodynamischen Abläufe innerhalb des Triebwerkes abspielen.

 

Am anschaulichsten wird das wohl am Schwenkdüsentriebwerk des Harriers. Das TW als solches ist ja auch fix horizontal eingebaut, Haupt- und Nebenstrom werden dann aber auf schwenbare Düsen geleitet. Zeigen diese nach unten, steht der gesamte Schub zum senkrechten Abheben zur Verfügung, nach hinten geschwenkt erzeugen sie Vortrieb wie bei jedem anderen Jet.

 

Physikalisch betrachtet ist eben das, was allgemein als Triebwerk bezeichnet wird, in seiner "Kernaufgabe" lediglich ein Gaserzeuger, es ist erst die Austrittsdüse (und eine Schubumkehrvorrichtung gehört eben auch zur Düse!), in der der Schub als solcher entsteht.

 

Normalerweise ist natürlich diese Düse ein integraler und fixer Teil des Triebwerks, aber wie beim Harrier oder eben bei der Schubumkehr kann sie so gestaltet sein, dass sie die Richtung des Abgasstrahls und somit die Schubrichtung verändert.

 

 

 

Gruss

 

Ruedi

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Deiner Schilderung nach hast du ein derartiges System gesehen.

 

Möglich... Eigentlich ist es ganz einfach: Das System das ich meine, wurde offensichtlich beim Taxeln gecheckt (also 'Klappe davor, Klappe wieder weg). Wird der Reverser gecheckt oder nicht?

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Ich glaube ein wichtiger Aspekt wurde bisher (fast - siehe Hägars Posting) vergessen.

Das Triebwerk beschleunigt Luft. Die Luft trifft aber hinter dem Triebwerk auf eine stehende Luftmasse, an der sie sich 'abstossen' kann. Wäre hinter dem Flugzeug keine Luft, würde das Triebwerk (fast) keinen Schub erzeugen.

Wenn nun die Schubumkehr zwischen diese stehende Luft und das Triebwerk gehalten wird, kann folglich kein Vortrieb mehr erzeugt werden. Da sich die Umlenkung am Triebwerk selbst befindet, kann sich das Triebwerk auch nicht daran abstossen.

ABER: die Luft wird nach vorne umgelenkt und trifft *da* wieder auf stehende Luft an der sie sich abstossen kann :)

 

alles klar?

 

Gruss

Daniel

 

P.S.

Quizfragen:

* Montier mal hinter ein Triebwerk eine unendlich lange und leichte Röhre. Was passiert dann? (Voraussetzung: das Triebwerk ist bereits eine Zeitlang gelaufen)

* Warum funktionniert ein Raketentriebwerk im Weltall? da ist keine Luft - nur Vakuum.

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Die Luft trifft aber hinter dem Triebwerk auf eine stehende Luftmasse, an der sie sich 'abstossen' kann. Wäre hinter dem Flugzeug keine Luft, würde das Triebwerk (fast) keinen Schub erzeugen.

 

Das klingt zwar relativ einleuchend, stimmt IMHO aber nicht. Der Schub wird beim Austritt aus dem System erzeugt und nicht durch ein 'Abstossen' an der Luft dahinter. Darum funktioniert eben auch eine Rakete im Weltall.

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War das ein Citationjet und die bewegliche Klappe dieses schwarze Dinge hinterm Triebwerk (siehe Bild) ?

 

Ob es eine Citation war weiss ich nicht mehr, aber die Klappen sahen anders aus, IIRC zwei Halbschaufeln über und unter dem Triebwerk, die sich dann hinten über der Austrittsöffnung trafen. Sah für mich schon nach etwas aus, was den Schub nach vorn umlenkt.

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Wäre hinter dem Flugzeug keine Luft, würde das Triebwerk (fast) keinen Schub erzeugen.

 

Da irrst du dich gewaltig.

 

Die Sache ist hypotetisch, aber wenn hinter dem Triebwerk ein Vakuum herrschen würde, würde sich der Schub markant erhöhen !!

 

alles klar?

 

 

Gruss

 

Ruedi

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hmm.... das war dann wohl ein Schnellschuss voll daneben :004:

 

Das heisst dann aber andererseits auch, dass ein Düsentriebwerk vom Prinzip her ähnlich funktionniert wie ein Raketentriebwerk (abgesehen vom 'Antriebsmedium').

Folglich 'wirft' ein Triebwerk Luftteilchen mit einer bestimten Masse und einer bestimmten Geschwindigkeit hinten hinaus (Actio), was dann zu einem Vorwärtsimpuls des Triebwerkes führt (Reactio).

 

Das mit der Schubumkehr funktionniert so immer noch, da dadurch nur die Richtung der Luftteilchen umgelenkt wird und so auch die Impuls-richtung des Triebwerks sich ändert.

 

Die Aussage von Hägar kann ich mir aber im Moment noch nicht erklären....

[Nachtrag:]

Ich glaube ich bin ihm auf der Spur: Scheint alles mit den Gasen etwas komplizierter zu sein als in der Mechanik. Bin gerade bei Euler, Bernoulli, & Stokes angelangt.

 

muss mal darüber schlafen:006:

 

gute Nacht Daniel

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Das klingt zwar relativ einleuchend, stimmt IMHO aber nicht. Der Schub wird beim Austritt aus dem System erzeugt und nicht durch ein 'Abstossen' an der Luft dahinter. Darum funktioniert eben auch eine Rakete im Weltall.

 

 

Ganz genau! Du bist auf der richtigen Spur und hast das auch mit wenigen Worten einleuchtend ausgedrückt. Diese gas- oder thermodynamische Gesetzmässigkeit wollte ich ja immer wieder genervt (aber bisher erfolglos) unter die Leute bringen. Ein ganz einfaches Beispiel:

 

Du bläst einen Luftballon auf und lässt ihn nachher einfach los. Was passiert?

Der Luftballon fegt wie eine wildgewordene Hummel durchs Zimmer. Und warum? Weil die Luft mit hohem Druck und grosser Geschwindigkeit durch den engen Ballonhals entweicht und genau dort in dieser Düse (Engstelle) den Vortrieb erzeugt. Nicht etwas deshalb, weil sich die ausströmende Luft an der Umgebungsluft abstösst.

 

So ist es auch beim Düsenantrieb. Der Vortrieb entsteht durch die mit hoher Geschwindigkeit aus den Brennkammern expandierenden Gase in die Engstelle (Düse) im letzten Drittel des Triebwerkes und nicht durch Abstossen von der Umgebungsluft. Das Raketentriebwerk im Vakuum des Weltraumes ist ein exzellentes Beispiel für dieses Prinzip.

 

So - jetzt kommen wir zum hundertsten Mal wieder zur Schubumkehr. Wie Wilko Wiedemann (als fachkundiger Ex-Flugzeugmechaniker) bereits gesagt hatte, wird der Abgasstrahl nicht direkt hinter den Brennkammern umgeleitet sondern n a c h dem Austritt aus der Verengung (Düse). Er hat also bereits Schub erzeugt, wenn er auf die Umlenkklappen der Schubumkehr trifft. Da trotzdem eine Bremswirkung erzeugt wird, kann es nur so sein, dass die Kräfte der nach vorne umgelenkten und verwirbelten Luftmassen grösser sind, als des unter Reversekonfiguration erzeugten Triebwerkschubes.

 

Dietwolf (Thermikus):eek:

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So - jetzt kommen wir zum hundertsten Mal wieder zur Schubumkehr. Wie Wilko Wiedemann (als fachkundiger Ex-Flugzeugmechaniker) bereits gesagt hatte, wird der Abgasstrahl nicht direkt hinter den Brennkammern umgeleitet sondern n a c h dem Austritt aus der Verengung (Düse). Er hat also bereits Schub erzeugt, wenn er auf die Umlenkklappen der Schubumkehr trifft. Da trotzdem eine Bremswirkung erzeugt wird, kann es nur so sein, dass die Kräfte der nach vorne umgelenkten und verwirbelten Luftmassen grösser sind, als des unter Reversekonfiguration erzeugten Triebwerkschubes.

 

Dietwolf (Thermikus):eek:

 

Schlussendlich kann ich's dir auch nicht genau sagen, aber ich würde sagen, der Reverser wirkt wie eine Verlängerung der Düse, nur eben in einer anderen Richtung - genau wie bei den schon erwähnten Harrier-Düsen. Der Schub entsteht dort, wo der Luftstrom das System 'verlässt'. Stell dir das ganze mal mit einem Wasserstrahl vor. Die resultierende Schubkomponente ist dort, wo Wasser raus spritzt. Was ich mir jedoch vorstellen könnte ist, dass die Verluste gewaltig sind, wenn die Luftmasse ihre Richtung so dramatisch ändern muss.

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Das Ganze liesse sich mit etwas Physik berechnen und erklären, siehe elastischer Stoss. Ich habe mir aber ein einfaches Modell ausgedacht, das den Sachverhalt anschaulich macht:

 

Nehmen wir folgende Vereinfachungen an:

 

- Das Flugzeug ist ein Wagen auf Rädern

- Die vom Triebwerk beschleunigte Luftmasse wird durch eine Masse (z.B. einen Ball) dargestellt

- Als Triebwerk nehmen wir eine Person TW, die vorne auf dem Wagen steht

- Als Schubumkehr nehmen wir eine Person SU, die hinten auf dem Wagen steht

 

Was passiert nun, wenn TW den Ball, den er in der Hand hält (entspricht der noch ruhenden Luftmasse vor dem Triebwerk), nach hinten wirft? Richtig: der Wagen wird nach vorne beschleunigt, und zwar umso mehr, je schwerer die Masse des Balles ist und je stärker der Ball geworfen wird und umso weniger, je schwerer der Wagen (das Flugzeug) ist. Das ist das Rückstossprinzip.

 

Nun kommt der zweite Teil ins Spiel. Die Luft trifft auf die Schubumkehr, bzw. der Ball trifft auf die Person SU hinten auf dem Wagen. Würde SU den Ball einfach auffangen, sodass dieser sich nicht mehr bewegt, würde das gerade den vorher erzeugten Rückstoss wieder aufheben und der Wagen würde wieder zum stehen kommen.

 

Nun ist es aber so, dass die Luft aus dem Triebwerk an der Schubumkehr abprallt und zwar annähernd mit einem elastischen Stoss. Das heisst, jedes Luftteilchen prallt so von der Schubumkehr ab, dass es mit der selben Geschwindigkeit (relativ zum Fluzeug), aber in entgegengesetzter Richtung (also nach vorne) weiter fliegt.

 

Was müsste also unsere Person SU machen, um das selbe mit dem Ball zu erreichen? Sie müsste den Ball nicht nur auffangen, sondern ihn sogleich wieder mit der selben Geschwindigkeit, wie er ihn aufgefangen hat, nach vorne werfen. was auf das Selbe heraus kommt, wie wenn der Ball einfach an ihm abprallen würde.

 

Beim Auffangen wird also der Rückstoss des TW neutralisiert und beim Zurückwerfen wird ein Rückstoss in die andere Richtung erzeugt. Der Wagen fährt also Rückwärts, nachdem SU den Ball von TW aufgefangen und zurück geworfen hat (der Ball also quasi an SU abgeprallt/umgeleitet wurde).

 

Die Vortriebskraft von TW (des Triebwerks) und die Bremskraft von SU (der Schubumkehr) heben sich also nicht auf, wie man vielleicht annehmen könnte. Vielmehr entsteht durch das Abprallen der vom Triebwerk beschleunigten Luft (das Umleiten in entgegensgesetzte Richtung) an der Schubumkehr eine doppelt so grosse Kraft nach hinten. In der Summe resultiert eine einfache Rücktriebskraft/Bremskraft. Es spielt keine Rolle, wie die Luft nach vorne geleitet wird, ob sie an einem Blech abprallt oder über ein Rohr nach vorne umgeleitet wird. Das Resultat bleibt das selbe. Was alleine zählt ist, in welche Richtung die Luftmasse schlussendlich das Flugzeug verlässt, ohne weiterhin mit dem Flugzeug in Berührung zu kommen!

 

Beachte: Das Triebwerk muss recht stabil gebaut sein, damit es durch die Vortriebskraft und die entgegen gesetzt gerichtete und doppelt so grosse Rücktirebskraft, die an der Schubumkehr entsteht, nicht zerrissen wird!

 

Würde der ganze Schub eines Triebwerkes zu 100% nach vorne umgeleitet, so wäre diese Rücktriebskraft gleich der Antriebskraft (Leistung) des Triebwerks. In der Praxis wird allerdings die Luft seitlich nach vorne abgelenkt, sodass entsprechend weniger Bremskraft resultiert. Die nach den Seiten gelenkten Teile heben sich auf, der Rest wirkt noch bremsend. Zudem wird beim Mantelstromtriebwerken ja nur ein Teil der Luft umgelenkt, was die Bremswirkung weiter verkleinert.

 

Alles klar?

 

Übrigens stimmt es nicht, dass der Schub (also die Kraftwirkung) dort entsteht, wo die Luft entweicht, sondern dort, wo die Luft beschleunigt wird. Das ist also einerseits an den Schaufeln des Triebwerks (hauptsächlich dem Fan bei grossen Triebwerken) und doppelt so gross am Reverser, da dieser die vom Triebwerk beschleunigte Luft nicht nur stopt, sondern so beeinflusst (beschleunigt), dass sie mit der selben Geschwindigkeit in entgegengesetzte Richtung das System (Flugzeug) verlässt.

 

Beim Luftballon entsteht der Antrieb auch nicht an der Auslassöffnung, sondern am entgegengesetzten Teil im Ballon. An der Öffnung ist der Druck kleiner als an jeder anderen Stelle innerhalb des Ballons. Alle Kräfte innerhalb des Ballons haben genau gegenüber eine gleich grosse Kraft, die sie aufhebt. Nur eben dort wo die Öffnung ist, ist die Kraft (bzw. Druck) kleiner, sodass die gegenüberliegende Kraft den Ballon in die Richtung beschleunigt, die der Öffnung entgegen gesetzt ist. Es spielt keine Rolle, ob die ausgetretene Luft auf Luft trifft oder auf ein Vakuum, ausser dass der Ballon im Vakuum keinen Widerstand hat und der Druckunterschied zwischen innen und aussen grösser ist, der Ballon also noch schneller abzischen würde...

 

Experiment: Stell dich auf einen Wagen, der auf einer Seite eine Wand hat, und wirf einen Medizinball gegen diese Wand, fange ihn aber NICHT wieder auf! Frage: In welche Richtung bewegt sich der Wagen?

 

a) Entgegen der Wurfrichtung (Rückstossprinzip)?

b) Der Ball, der an die Wand prallt stopt den Wagen wieder?

c) Der Wagen bewegt sich in Richtung Wand (Umkehrschub-Prinzip)?

 

Die Antwort sollte nun leicht fallen. Wer kann das mal ausprobieren?

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Wabis, Du hast mit dem einfachen Beispiel des Wagens das Funktionsprinzip der Schubumkehr allgemeinverständlich und einleuchtend erklärt. Bei Deiner Aufgabenstellung a, b, oder c würde ich sagen, dass die Lösung b heisst. Der Mann auf dem Wagen wirft den Ball in Richtung Wand, die vor ihm auf dem Wagen befestigt ist. Durch den Wurf erzeugt er eine Rückstosskraft. Der Ball trifft auf die Wand und fällt dann herunter. Der Ball erzeugt also eine vorwärts gerichtete Aufprallkraft, die die Rückstosskraft des Wurfes neutralisiert. Richtig?

 

Wenn ich Laien das Prinzip des Segelfluges erklären möchte, gebrauche ich auch immer das Beispiel des Wagens, da die meisten Leute ähnlich dem Segeln auf einem Gewässer glauben, ohne Wind könne sich kein Segelflugzeug in der Luft halten. Ich sage dann: Stellt euch einen Eisenbahnwagen am obersten Punkt einer Gefällstrecke vor. Schiebt diesen Wagen leicht an und er wird ohne jeglichen Antrieb nur durch sein Gewicht die Gefällstrecke hinunter rollen und dabei immer schneller werden. Genau so ist es mit einem Segelflugzeug oder sogar mit einem Jumbo-Jet bei vier ausgefallenen Triebwerken. Wenn die Flugzeuge sich in einer bestimmten Höhe befinden, werden beide im Bahnneigungsflug ihre Geschwindigkeit halten oder sogar steigern können, indem sie Höhe in Fahrt umwandeln.

 

Gruss - Dietwolf (Thermikus);)

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Wabis, Du hast mit dem einfachen Beispiel des Wagens das Funktionsprinzip der Schubumkehr allgemeinverständlich und einleuchtend erklärt. Bei Deiner Aufgabenstellung a, b, oder c würde ich sagen, dass die Lösung b heisst. Der Mann auf dem Wagen wirft den Ball in Richtung Wand, die vor ihm auf dem Wagen befestigt ist. Durch den Wurf erzeugt er eine Rückstosskraft. Der Ball trifft auf die Wand und fällt dann herunter. Der Ball erzeugt also eine vorwärts gerichtete Aufprallkraft, die die Rückstosskraft des Wurfes neutralisiert. Richtig?

 

 

 

dem "allgemeinverständlich" und "einleuchtend" muss ich zustimmen, allerdings halte ich antwort c für richtig. dadurch daß der ball auf die wand trifft, neutralisiert sich der schub nach vorne, während durch das abprallen von der wand ein rückwärtsschub erzeugt wird.

 

so muss es sein wenn die zugrundeliegenden annahmen korrekt sind.

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Wabis, Du hast mit dem einfachen Beispiel des Wagens das Funktionsprinzip der Schubumkehr allgemeinverständlich und einleuchtend erklärt. Bei Deiner Aufgabenstellung a, b, oder c würde ich sagen, dass die Lösung b heisst. Der Mann auf dem Wagen wirft den Ball in Richtung Wand, die vor ihm auf dem Wagen befestigt ist. Durch den Wurf erzeugt er eine Rückstosskraft. Der Ball trifft auf die Wand und fällt dann herunter. Der Ball erzeugt also eine vorwärts gerichtete Aufprallkraft, die die Rückstosskraft des Wurfes neutralisiert. Richtig?

 

Jetzt könnte man sich streiten, ob Lösung b oder c richtig ist.

 

Es kommt darauf an, wie der Ball abprallt:

 

Lösung b ist richtig, wenn der Ball so weich ist wie ein mit Sand gefüllter Sack, dass er an der Wand nicht zurück prallt, sondern einfach an ihr herunter fällt. Ein Teil der Wurfenergie stoppt in diesem Fall den Wagen und ein Teil wird in Deformation und Wärme umgewandelt. Die starre Wand ist quasi der Ballfänger, der Wagen wird wieder gestoppt.

 

Lösung c ist richtige, wenn der Ball so elastisch ist, dass er so zurück prallt, dass sich sein Impuls vollkommen in die Gegenrichtung ändert. Die Wand hat den Ball also quasi aufgefangen und gleich wieder mit der selben Wucht in die Gegenrichtung zurück geworfen.

 

In der Praxis wird der Ball weder ideal abprallen, noch einfach an der Wand kleben bleiben bzw. herunter fallen. Es wird ein Zwischending zwischen Stop und vollständiger Schubumkehr sein. Also wird sich der Wagen insgesamt etwas in Richtung Ballwurf bewegen, also ist eher Lösung c richtig!

 

Noch ein Rätsel: Was würde passieren, wenn hinter einem Triebwerk die Luft in einen aufblasbaren Gummiballon geleitet würde? Würde das Flugzeug noch beschleunigt werden?

 

Nein! Die beschleunigte Luft würde im Ballon, der ja am Flugzeug bzw. am Triebwerk befestigt ist, wieder zum Stillstand abgebremst werden. Im Gummi des Ballon würde die ganze Energie gespeichert werden. Wenn man nun das Triebwerk abstellt, sodass die gespeicherte Luft wieder nach vorne entweichen kann, würde die Luft nach vorne beschleunigt und somit das Flugzeug nach dem Rückstoss-Prinzip rückwärts fahren.

 

Du siehst: Egal wie das System (Flugzeug) konstruiert ist, egal welchen Weg die Luft nimmt und was mit ihr alles innerhalb des Systems angestellt wird. Es zählt nur, in welcher Richtung sie das System verlässt. Das Flugzeug wird immer in die entgegen gesetzte Richtung beschleunigt.

 

Wenn die Luft in verschiedene Richtungen gleichzeitig das System verlassen kann, bestimmt der Mittelwert aller Impulse (Masse mal Geschwindigkeit) die resultierende Beschleunigungsrichtung. Wird also die am Reverser aufprallende Luft teils nach vorne, teils nach oben und teils nach unten abgelenkt, so heben sich die Impulse der austretenden Luft nach oben und unten auf und der Rest bremst das Flugzeug bzw. beschleunigt es rückwärts.

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Tadelloser und schlüssiger Kommentar, Walter (Wabis). Gegen uns ist Sisyphus geradezu ein Waisenknabe. Und wenn da so ein ganz unbelasteter Flugpassagier mitliest, denkt der, die spinnen wohl!

 

Aber mich (und Dich auch) interessiert eben nicht nur, dass etwas so ist, wie es ist, sondern warum es so ist - wie es ist!

 

Danke Dir und noch einen schönen Gruss!

 

Dietwolf (Thermikus):008:

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Dietwolf,

 

Es ist alles eine Frage der Systemgrenze.

Zieh eine Linie um Dein Triebwerk, inklusive Reverser.

Was innendrinn abgeht ist belanglos, nur was Deine Systemgrenzen überquert ist relevant, also was in das System ein- oder austritt.

Wenn Du nun schaust, hast Du Umgebungsluft die von vorne ins Triebwerk einströmt. Das gibt einen bestimmten Impulsstrom (Impulsstrom = Massenstrom x Geschwindigkeit) und das ist interessanterweise direkt eine Kraft (kg/s x m/s = kg x m/s^2 = N).

Dann hast Du im Vorwärtsschub-Fall die gleiche Masse pro Zeit (Massenstrom) die hinten wieder ausströmt, aber mit grösserer Geschwindigkeit. Gibt auch eine Kraft, aber eine grössere als vom Einlaufimpuls. Und diese Kraft wirkt auf das System nach vorne. Differenz gleich Schub des Triebwerks.

 

So, jetzt fährst Du mal den Reverser aus.

Eintritt bleibt gleich, Austritt nun etwas nach vorne gerichtet. Ergo ergibt sich ein Impulsstrom der nach vorne aus Deiner Systemgrenze austritt. Das gibt eine negativen Schubkraft.

Summe aus Eintritts- und Austrittsimpuls ist der Umkehrschub des Triebwerks.

 

Alles klar?

 

Der wesentliche Punkt ist, dass der Reverser den Austritts-Strom aus dem Triebwerk nach vorne umlenkt. Das gibt eine sehr grosse Kraftwirkung auf den Reverser selber. Weil er aber am Triebwerk befestigt ist, zieht er ergo sehr heftig nach hinten am Triebwerk.

 

Gruss

 

Philipp

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Phillip,

 

natürlich entsteht am Reverser eine nach hinten gerichtete Kraft. Aber, der Reverser ist in axialer Richtung fest mit den Schaufeln des Verdichters verbunden, und an diesen Schaufeln ensteht beim Beschleunigen der Luft eine Kraft nach vorne, welche die Kraft am Reverser aufhebt. Das bringt also nichts für den Umkehrschub, aber sicher hast du das auch gar nicht gemeint.

 

 

Viele Grüße!

 

Hans

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..... Schaufeln des Verdichters verbunden, und an diesen Schaufeln ensteht beim Beschleunigen der Luft eine Kraft nach vorne, welche die Kraft am Reverser aufhebt.....

 

Die Luft wird beim "Durchgang" durch den Verdichter nicht beschleunigt, sie Strömungsgeschwindigkeit bleibt plus/minus konstant. Wie der Begriff ja aussagt, wird die Luft ganz einfach verdichtet, d.h. komprimiert.

 

 

Gruss

 

Ruedi

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