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Mit Managern auf Reisen... [27 Pics]


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Servus allerseits! :)

 

Die Nacht war lang für die Piloten, als der Airbus A319CJ einsam und verlassen am Himmel über den Ländern der ehemaligen Sowjetunion seine Bahn gen Hong Kong zog. Am Morgen des darauf folgenden Tages sollte dort eine groß angelegte Vorstandssitzung von Volkswagen Asia stattfinden, zu der auch deutsche Manager anreisen sollten. Für solche Zwecke hat sich Volkswagen bereits vor einiger Zeit einen eigenen Airbus A319CJ angeschafft, der mit einer Reichweite von knapp 6500NM auch Hong Kong nonstop erreichbar machte.

Der 43jährige Flugkapitän Raimund Wegener und sein erster Offizier Thorsten Marburg, 31 Jahre alt, hatten bereits die komplette Route durchgeplant und auch das zu erwartende Wetter auf der etwas über 5000NM langen Strecke nach Hong Kong eingeholt und in die Planungen mit einbezogen. Vor allem aber würde der Airbus vollgetankt erst einmal von der relativ kurzen Runway 26 des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg hochkommen müssen. Das war die erste richtige Herausforderung des Tages, bevor sie die Maschine dann Stück für Stück immer höher auf die vorgesehene Reiseflughöhe von FL370 klettern lassen würden, sobald jeweils genug Treibstoff verbraucht war und die Windverhältnisse dies zuließen.

Zu Beginn der Reise war alles relativ stressig, und so blieb Wegeners DSLR dazu verdammt, ungenutzt im Cockpit zu liegen, während die Passagiere das Flugzeug bestiegen und erst einmal der Start und der Steigflug im dicht gefüllten Luftraum gen Berlin anstand. Erster Flightlevel sollte FL250 sein.

 

Nach dem Line up auf die 26, den Wegener mit gekonntem Einsatz seiner Bugradsteuerung noch etwas weiter als normal zum Pistenkopf hinauszog, kam von Braunschweig Tower auch prompt die Startfreigabe. Mit angezogenen Bremsen ließ er die Triebwerke auf volle TOGA-Leistung hochlaufen - den Schub würden sie auch brauchen, zumindest bis kurz nach dem Abheben. Bremsen los, und schon donnerte der A319CJ die Piste hinab, während die 0,5° Gefälle wenigstens ein kleines bisschen beim Beschleunigen halfen. Eine knappe Geschichte, aber kurze Zeit später hatten die Piloten den Airbus in Steigfluglage und reduzierten den Schub, um die Triebwerke zu schonen, während sich die Maschine langsam in den Himmel quälte.

Nach dem Überfliegen von Berlin-Tempelhof ging es schon kurz darauf in den polnischen Luftraum und immer weiter gen Osten. Irgendwann ging die Sonne langsam unter und hüllte die Maschine anfangs in ein goldig-rosanes Licht...

 

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Die Flugroute führte beständig nach Osten, also von der Sonne weg, sodass es allmählich dunkler wurde und der Airbus in einem violetten Licht erschien. Schon bald würden sie auch die letzten Sonnenstrahlen hinter sich gelassen haben. Wegener und Marburg waren schon länger zusammen auf dem A319 im Einsatz und mittlerweile per du. Während sie immer wieder Route, Wind und Treibstoffverbrauch und -menge überwachten, unterhielten sie sich angeregt über die letzten Football-Ergebnisse der Braunschweig Lions in der GFL. Während die Lions am 15. September die Weinheim Longhorns noch mit 55:26 geschlagen hatten, war der Sieg gegen die Marburg Mercenaries mit 26:21 deutlich knapper ausgefallen. Für den 6. Oktober stand dann noch das Match gegen die Stuttgart Scorpions an - beide Fans im Cockpit waren sich sicher, dass die Löwen auch das schaffen würden, auch wenn der erste Offizier so seine kleinen Zweifel hatte, die ihm der Mann auf dem linken Sitz neben ihm auch nicht wirklich austreiben konnte.

 

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Mittlerweile hatten sie nach einer sehr gemächlichen Kletterpartie FL350 erreicht, wo sich der leichte Rückenwind dann auch in der Geschwindigkeit über Grund und damit auch der eigentlichen Flugzeit positiv bemerkbar machte. Nun begann die Sonne auch wirklich mit ihrem Abschied, Flugzeug und Wolken wurden in ein violettes Licht getaucht, als der Manager-Bus an einigen CBs vorbeiflog, ungefähr bis auf die Reiseflughöhe von derzeit noch 35.000ft hinaufragten.

 

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Am Himmel über Russland und Kasachstan ist es recht einsam, weshalb auch der langsame Climb auf FL370 vom Lotsen prompt genehmigt und durchgeführt wurde. Links an der Maschine sogen noch einige Gewitterzellen vorbei, die dann einem über Kasachstan weitestgehend wolkenfreien Himmel weichen sollten. Der Flug verlief ereignislos, und im Grunde herrschte Langeweile im Cockpit, während die Passagiere hinten bereits hatten Nachtruhe einkehren lassen. Die Kabinenbeleuchtung war deutlich abgedimmt und Evelin Kaufmann, die Chefstewardess für die 24 Passagiere, gesellte sich zwischendurch mit zu den Piloten nach vorn auf den Jumpseat, um ein wenig zu plaudern und nach dem Wetter zu fragen, das sie erwarten würde. Schließlich legte auch sie sich ein wenig hin, der Aufenthalt in Hong Kong würde schließlich auch nicht mal eben ein Zuckerschlecken sein, gerade in Anbetracht der Zeitverschiebung.

 

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Stunden später über China, dem Land, das sich mittlerweile durch Massenexporte und eine starke Wirtschaft international einen Namen gemacht hat und immer stärker auf allen Märkten in den Vordergrund drängt. Marburg erinnerte sich laut an den Oktober 2006, als herauskam, dass "CMEC", ein chinesischer Automobilkonzern, den Smart nahezu exakt kopiert und für den Export nach Europa vorgesehen hatte. Und auch die Firma "Shuanghuan", so meinte er, baue einen Smart mit der Bezeichnung "S6" oder auch gerne "Noble" genannt. Die VW-Konkurrenz von DaimlerChrysler hatte damals rechtliche Schritte angekündigt.

Wegener und Marburg wussten, dass auch VW ein solch zweifelhaftes Vergnügen blühen konnte, und genau darum fanden auch die großen Bemühungen statt, sich mit den dort ansässigen Autokonzernen zu arrangieren. Darum flogen sie nun nach Hong Kong Chek Lap Kok, zum größten internationalen Flughafen der Region, einem schon lange etablierten Drehkreuz für den Flugverkehr im asiatischen Großraum, das 1998 den gefährlich anzufliegenden alten Flughafen Kai Tak abgelöst hatte. Dieser war mittlerweile u.a. einem großen Golfplatz gewichen.

 

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FL370, der auf diesem Flug noch das beste Zusammenspiel aus Wind und Treibstoffverbrauch offeriert. Über dem Westen Chinas ist es mittlerweile bedeckt und der Wind hat auch gedreht, während über Kasachstan die ganze Zeit bis zu 55 Knoten im Rücken den Flug beschleunigt hatten. Nun war die gewonnene halbe Stunde wieder dahin, aber die Planungen waren so angelegt gewesen, dass auch eine etwaige Verspätung von ein bis zwei Stunden keinem wehtun würde.

 

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Die einzigen Lichter am Himmel waren die des Airbus' und der Sterne, ansonsten war die Nacht wirklich absolut duster. Hier und da schimmerten durch die Wolkendecke mal ein paar Straßen und kleinere Städte durch, aber zu mehr sollte es einfach nicht reichen.

 

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Erst allmählich kam die Sonne wieder aus den Startlöchern und es zeigten sich allererste Anzeichen für den bevorstehenden Sonnenaufgang. Die Landung in Hong Kong würde zwar morgens stattfinden, allerdings wenn die Sonne bereits ein wenig höher stand.

 

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Die METARs der letzten Stunden hatten es schon angekündigt und die Crew war nicht wirklich erfreut über das, was zu erwarten stand. Tiefhängende Gewitterwolken im gesamten Luftraum um Hong Kong herum, dazu leichter bis mäßig starker Regen und Wind, der aus Ost-Südost über die Berge südlich des Airports herüberkam und sowohl Crew als auch den mittlerweile wieder aufgewachten Passagieren wahrscheinlich einen recht ruppigen Anflug bescheren würde.

 

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Nach dem Passieren des Airports von Macau klickte es im Funk und First Officer Marburg legte den A319 in eine Linkskurve. Beide Piloten hatten sich darauf geeinigt, dass der Herr vorne rechts diese Landung übernehmen sollte, Wegener würde hellwach mit von der Partie sein und ggf. eingreifen. Am Airport selbst war noch nicht extrem viel los. So hatten sie nun die Freigabe für einen direkten Linksturn zum Waypoint LIMES, sodass sich die frühzeitige Freigabe zum Sinkflug richtig lohnte, denn nun konnten die Piloten die sonst gerade bei sehr hohem Verkehrsaufkommen verwendete, 123,3NM lange SIERA 2A STAR für die Piste 07R einsparen und damit wieder Zeit gewinnen.

 

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Direct LIMES, zusammen mit der Freigabe auf 1700ft und der Anweisung, sich Zeit zu lassen, noch seien 4 Maschinen auf den Taxiways zur Piste 07R, die sollten vorher noch rausgehen. Marburg schien geradezu begeistert, als er sagte "Na toll Raimund, die wollen uns also echt aufm Anker dort durch diese Regenbrühe da vorne schicken?". Wegener wusste, dass das keine einfache Landung werden würde, aber er kannte seinen Kollegen gut genug um zu wissen, dass dieser seine Bedenken klar anmelden würde, wenn ihm dabei unwohl wäre.

 

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Nach LIMES folgte ein Linksturn auf den Radial 157° des VOR NLG inbound, bevor bei NLG D22 NM dann ein Rechtsturn auf 040° mit dem Intercepten des ILS07R ISR folgte.

 

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Wegener und Marburg brachten den Langstrecken-A319 in Landekonfiguration und kündigten der Kabine Turbulenzen im Endanflug an, die dann auch fast aufs Wort das Flugzeug in Beschlag nahmen und kräftig ins Schlingern brachten.

 

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Noch immer ging es recht ruppig zu, aber diesmal hatten beide Piloten die Maschine gut im Griff und konnten sie halbwegs stabil halten. FO Marburg bekundete nochmals seine ausgesprochen große Begeisterung über die Anflugverhältnisse und die 7km Sicht, die sich aber nur als 4-5 entpuppten.

 

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Was für ein Wetter... der Regen schlug kräftig gegen die Cockpitscheiben, sodass Wegener die Scheibenwischer einschaltete, während sein jüngerer Kollege neben ihm konzentriert weiter auf die Piste anflog.

 

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Sowohl der Autopilot als auch Autothrottle waren nun deaktiviert, alles wurde von Hand geflogen.

Als Folge kam Marburg etwas zu hoch und zu schnell herein, was aber bei 3.800m Piste kein Problem darstellen sollte.

 

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Und Flaaaaaaaaaaaaaaare... es dauerte einige Zeit, aber schließlich setzte sich die Maschine sanft auf die Piste und die Routine konnte wieder greifen. Die zuvor gearmten Spoilers fuhren raus, Schubumkehr dazu...

 

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... und schon sah die Tragfläche wie ein zerfressenes Etwas aus, was aber genug Widerstand erzeugte, um den Airbus so abzubremsen, dass die Maschine den Exit Kilo 4 zur Rechten noch gut erreichte und die Piste verlassen konnte, um dann parallel zur Piste via Kilo und Zulu 3 zurückzurollen.

 

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Am Business Aviation Centre angekommen parkte Wegener den A319 fachgerecht ein, während Marburg sich neben ihm von Anflug und Landung erholte. Die Fluggasttreppen und Limousinen waren bereits vom Cockpit aus zu sehen und würden gleich eintreffen, nachdem die Triebwerke komplett heruntergefahren waren und das Beacon Light abgeschaltet war.

 

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Nach einem letzten Check und dem Abschalten aller Systeme verließen dann auch die beiden Piloten das Flugzeug, um mit dem Crewbus dann auch langsam aber Sicher zum Hotel zu kommen. Dort eingetroffen checkten alle ein und die Manager legten sich nochmal kurz hin, um sich darauf dann schon wieder für das Meeting fertigzumachen. Geplant waren 3-4 Tage Aufenthalt, je nach Verlauf der Sitzungen. Der Kapitän und sein erster Offizier hingegen fielen nach dem notdürftigen Auspacken des Gepäcks und einer Dusche jeweils in ihre Betten. So ein Langstreckenflug ist kein Zuckerschlecken...

 

 

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Hallo Henning!

Ein wirklich wunderbarer Bericht! Vielen vielen Dank fürs Zeigen! Hat mir sehr gefallen.

Eine Sache würde mich noch interessieren: Was für ein System hast du?

 

P.S. Anbei noch ein persönlicher Verbesserungsvorschlag, an dem sich aber die Geschmäcker zerstreiten können: Ich mag es lieber, wenn man bei diesigen oder nebeligen Sichtverhältnissen den Luftfahrzeugschatten deaktiviert, da ich diesen harten Schlagschatten dann immer als störend empfinde.

 

Aber nochmal, wirklich gelungener Bericht!!! Wünschte ich könnte das auch so! :)

 

Lg Simon

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Das macht man auch nicht ;)

 

http://www.planningchart.de/Hongkong.gif

 

Hier siehst du die entsprechenden Meter-Fuss Umrechnungen

Meines Wissens kann man beim Airbus normalerweise bei Bedarf (eben z.B. in diesem Fall) alle Höhenangaben usw. auf Knopfdruck auch metrisch anzeigen lassen, sodass man sich die Herumrechnerei locker sparen kann - kann halt nur eben das Panel leider nicht, das meinte ich damit.

Na bin ich froh, dass in Hong Kong dann aber wieder in ft gerechnet wird...

Danke für die Karte, werd ich mir mal genauer anschauen. :)

 

 

Eine Sache würde mich noch interessieren: Was für ein System hast du?

P.S. Anbei noch ein persönlicher Verbesserungsvorschlag, an dem sich aber die Geschmäcker zerstreiten können: Ich mag es lieber, wenn man bei diesigen oder nebeligen Sichtverhältnissen den Luftfahrzeugschatten deaktiviert, da ich diesen harten Schlagschatten dann immer als störend empfinde.

 

Könnte man sich in der Tat drüber streiten, ja. Allerdings stelle ich nicht für jeden Screeniebericht etc. meinen FS um, von daher hab ichs so gelassen. Letzten Endes ists mit Schatten ja auch wieder ein Stück realistischer, dafür hab ich schon die Gebäudeschatten abgeschaltet. ;)

 

Zum System, das ist noch genau dasselbe wie das, was ich schon damals für diese beiden Berichte im Einsatz hatte:

http://www.flightforum.ch/forum/showthread.php?t=44160

http://www.flightforum.ch/forum/showthread.php?t=44200 (Systemdaten in Post Nr.3 )

 

 

@ Chris:

Aber gern, bin gespannt wohin es uns verschlägt! :)

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Hallo Henning,

 

Schöner Bericht!

 

Über Asien wird nach Metern und nicht Füssen gefolgen :)

 

Stimmt so nicht ganz:p In Metern wird meines Wissens nur in Russland + all den anderen Staaten dort oben:009: und in China geflogen!

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Meines Wissens kann man beim Airbus normalerweise bei Bedarf (eben z.B. in diesem Fall) alle Höhenangaben usw. auf Knopfdruck auch metrisch anzeigen lassen, sodass man sich die Herumrechnerei locker sparen kann - kann halt nur eben das Panel leider nicht, das meinte ich damit.

 

Das Panel von Ken Mitchell hat diese Funktion.

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Hallo Henning

 

Spannende Idee, abwechslungsreicher Bericht, stimmungsvolle Bilder und kurzweilige Texte - kurz: seit längerem wieder einmal ein wirklich sensationeller Bericht!

 

Frage an dich: Für welchen Bereich setzt du neben 'Flight Environment' auch noch 'Real Environment' ein?

 

Freue mich auf weitere Berichte von dir.

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Frage an dich: Für welchen Bereich setzt du neben 'Flight Environment' auch noch 'Real Environment' ein?

 

Hi Roli,

 

dankeschön für dein Lob! Find ich klasse, dass der Bericht dir so gefällt! :)

Real Environment Pro setz ich ergänzend zu Flight Environment ein, und zwar für Sonne und das Wasser. Flight Environment übernimmt dafür dann die Himmelstexturen und Wolken. ;)

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