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Schwebeleistungskurve


Speedbird_reloaded

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Hallo zusammen,

mich beschäftigt zur Zeit ein seltsames Problem. Bei der sogenannten Schwebeleistungskurve (Propellerflugzeug) wird die benötige Leistung (power required) über der TAS aufgetragen. Das Minimum der Kurve stellt nun den Punkt der maximalen Reichweite dar. Legt man eine Tangente an die Kurve durch den Ursprung, erhält man mit dem Berührpunkt den Punkt der längsten Flugdauer. Bei einem Jet ist dies genau andersrum, nur dass nach oben der Schub T abgetragen wird. Wenn ich beide Punkte auf die horizontale Achse projiziere, erhalte ich jedoch beim Prop für die maximale Flugdauer eine größere TAS als für die maximale Reichweite.

Kann das vielleicht jemand erklären? Das widerspricht meinem Logikverständnis.

Danke schonmal.

P.S. Ich vermute, dass irgendwie die Formel P = T * TAS das ganze beeinflusst.

 

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Simon,

 

Das kann ich Dir erklären, aber nicht jetzt, ich habe keine Zeit. ......Irgendwann in den nächsten Tagen.

Gruss

Philipp

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Also dann,

 

Die beiden Kurven stellen den genau gleichen Sachverhalt in unterschiedlicher Auftragung dar.

 

Das obere Bild zeigt den Luftwiderstand (als Kraft, Einheit: Newton) in Abhängigkeit der Fluggeschwindigkeit. Der Luftwiderstand entspricht logischerweise dem Schub welcher erforderlich ist, um im Horizontalflug die Geschwindigkeit beizubehalten. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit wird der Luftwiderstand minimal. Das ist dort, wo der tiefste Punkt auf der Kurve liegt, also wo die Kurve eine horizontale Tangente hat. Bei diesem Punkt ist auch das Verhältnis Auftrieb zu Widerstand maximal, denn der Auftrieb ist ja bei allen Punkten der Kurve gleichgross, nämlich so gross wie das Fluggewicht. Ergo ist beim geringsten Widerstand das Verhältnis Lift/Drag maximal. Dieser Punkt ist deshalb auch der Punkt wo die Gleitzahl maximal wird, also die Geschwindigkeit dort entspricht der Geschwindigkeit des besten Gleitens.

Soweit mal zum oberen Diagramm.

 

Das untere Diagram kann aus dem oberen berechnet werden ohne zusätzliche Informationen. Statt der Luftwiderstandskraft wird die Luftwiderstandsleistung (bzw. die Schubleistung, welche benötigt wird um den Luftwiderstand zu überwinden) aufgetragen (Einheit W oder meinetwegen kW). Die Leistung lässt sich für jeden Punkt der Kurve berechnen durch Multiplikation der Luftwiderstandskraft mit der zugehörigen Vorwärtsgeschwindigkeit. Leistung ist ja bekanntlich Arbeit pro Zeit. Arbeit wiederum ist Kraft mal Weg. Somit ist Leistung = Kraft mal Weg pro Zeit oder eben, weil Weg pro Zeit ja Geschwindigkeit ist, Leistung = Kraft mal Geschwindigkeit.

Berechnet man also für jede Geschwindigkeit der Kurve im oberen Diagramm die erforderliche Leistung und trägt diese wiederum über der gleichen Geschwindigkeit auf, so erhält man die Kurve wie im unteren Diagramm dargestellt.

Diese Kurve weist zwei spezielle Punkte auf:

Der tiefste Punkt der Kurve, dort wo also die erforderliche Leistung minimal ist (horizontale Tangente), befindet sich bei der Geschwindigkeit des geringsten Sinkens. Normalerweise kennt man diese Geschwindigkeit nur für Segelflugzeuge, aber grundsätzlich existiert sie für alle Flugzeuge.

Legt man eine Tangente vom Ursprung des Diagramms an die Kurve, so berührt sie an jener Stelle, wo das Verhältnis zwischen Leistung und Geschwindigkeit minimal ist. Das ist anschaulich, es gibt keinen andern Punkt auf der Kurve der ein besseres Verhältnis Leistung/Geschwindigkeit aufweist, sonst müsste er ja unterhalb der Tangente liegen.

Dividiert man nun beide Werte durch die Geschwindigkeit erhält man Widerstand. Somit wird klar, dass an diesem Punkt der Widerstand minimal ist. Die Tangente berührt also bei der Geschwindigkeit des geringsten Widerstand oder eben auch des besten Gleitens.

Es ist aus dieser Betrachtung auch noch klar, dass V_minSink immer kleiner ist als V_bestGlide.

 

Soweit zur reinen Aerodynamik.

 

Jetzt kommt der Antrieb ins Spiel!

Die Art des Antriebs (Propeller oder Jet) spielt eine grosse Rolle.

Propellertriebwerke (egal ob Kolbenmotor oder Turbine) geben Wellenleistung an den Propeller ab. Der Fuelflow ist in erster Näherung etwa proportional zur Motorleistung (bzw. Wellenleistung). Das ist zwar nicht ganz korrekt, denn es würde voraussetzen, dass der Wirkungsgrad des Motors (oder der Turbine) konstant bleibt bei unterschiedlicher Leistung. Aber als Vereinfachung wird dies hier mal angenommen. Nimmt man ausserdem noch an, dass sich der Propellerwirkungsgrad ebenfalls nicht verändert, so lässt sich sagen, dass sich der Fuelflow in etwa proportional zur Schubleistung verhält. Somit wird der Fuelflow bei Propellerantrieb minimal sein bei der Geschwindigkeit für das geringste Sinken, dem tiefsten Punkt der Leistungskurve. Diese Geschwindigkeit entspricht somit der Geschwindigkeit für max. Endurance, denn es dauert bei dieser Geschwindigkeit am längsten, bis die Tanks leer sind.

Bei der Geschwindigkeit mit dem besten Verhältnis von Geschwindigkeit zu Leistung wird am meisten Distanz pro verbrauchten Treibstoff zurückgelegt. Dies ergibt sich beim Propellerantrieb bei der Geschwindigkeit des besten Gleitens.

 

Bei Jetantrieb sieht es anders aus. Bei Jettriebwerken ist der Fuelflow in erster Näherung proportional zum Schub, also der Schubkraft.

Betrachten wir nun das obere Diagramm, wird klar, bei der Geschwindigkeit des besten Gleitens ist der erforderliche Schub minimal und somit auch der Fuelflow bei Jetantrieb. Somit entspricht die Geschwindigkeit des besten Gleitens beim Jet auch in etwa der Geschwindigkeit für max. Endurance.

Legt man nun im oberen Diagramm eine Tangente vom Ursprung an die Kurve, so berührt sie an der Stelle, wo das beste Verhältnis zwischen Vorwärtsgeschwindigkeit und Schub herrscht. Somit ist dort auch das Verhältnis zwischen Brennstoffverbrauch und zurückgelegter Distanz am besten, d.h. bei dieser Geschwindigkeit erreicht der Jet seinen best Range.

 

Zusammenfassend:

Jet: Fuelflow proportional zum Schub. V_max Endurance = V_min Drag = V_best Glide, V_max Range beim Berührungspunkt der Tangente vom Ursprung an die Drag-Kurve.

Propeller: Fuelflow proportional zur Leistung. V_max Endurance = V_min Power = V_min Sink, V_max Range = V_min Drag = V_best Glide

 

Alles klar? :008: Alles ganz einfach, oder? :)

 

Viele Grüsse

 

Philipp

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Von Triebwerken verstehe ich nicht viel. Deshalb diese Zusatzfrage:

 

Bei den modernen Strahltriebwerken mit einem hohen Nebenstromanteil treibt doch eine Turbine ein großes Schaufelrad an. Das ist doch im Prinzip eine ähnliche Konstruktion wie bei einem turbinengetrieben vielblättrigen Propeller, nur dass beim Strahltriebwerk die Konstruktion noch ummantelt ist.

 

Müsste man dann nicht bei diesen moderne Strahltriebwerken auch davon ausgehen, dass der Fuelflow annähernd proportional zur Wellenleistung ist?

 

 

Gruß!

 

Hans

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Boah, ich bin erstmal erschlagen.

Es ist aus dieser Betrachtung auch noch klar, dass V_minSink immer kleiner ist als V_bestGlide.

Wieso ist dies denn im zweiten Diagramm eben nicht erfüllt? Meiner Meinung nach ist das zweite Diagramm falsch beschriftet. Sieht auch mein Professor so ;)

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Boah, ich bin erstmal erschlagen.

 

Wieso ist dies denn im zweiten Diagramm eben nicht erfüllt? Meiner Meinung nach ist das zweite Diagramm falsch beschriftet. Sieht auch mein Professor so ;)

Dein Professor sieht richtig. Jetzt schaue ich erstmals überhaupt die Beschriftung richtig an (wer lesen kann ist im Vorteil). Ja klar, da steht ein fertiger Seich, das zweite Diagram ist falsch beschriftet! Im zweiten Diagramm (Leistungsbedarf), bei PR_min muss es richtig heissen max. endurance und nicht max. range und die Speed an der Stelle muss heissen max endurance speed. Wie oben wortreich beschrieben, gilt dies - näherungsweise - für Propellerantrieb.

V_max Range für Propeller ist näherungsweise bei L/D max. (d.h. bei best glide), also beim Berührungspunkt der Tangente vom Ursprung, d.h. dort wo der Jet ungefähr best endurance hat.

 

Gruss

 

Philipp

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Bei Turbopfan-Antrieb ist die Schubkraft proportional zum Fuelflow, beim Turboprop–Antrieb jedoch proportional zur Schubleistung.

 

Warum das so ist, habe ich bisher noch nirgends gelesen und ich finde auch keine auf physikalische Gesetzmäßigkeiten gestützte Begründung für diesen Unterschied, denn egal um welchen Antrieb es sich handelt, für den unbeschleunigten Horizontalflug muss eine Schubkraft her, die gleich groß wie die Luftwiderstandskraft ist. Diese Schubkraft wird bei beiden Antrieben nach dem gleichen Prinzip erzeugt, indem Luft nach hinten beschleunigt wird. Das geschieht entweder durch einen Fan oder durch einen Propeller, angetrieben durch eine Turbine mit der entsprechenden Wellenleistung und Fuelflow.

 

Es macht doch wenig Sinn, einfach nur nach Rezept mit Diagrammen zu arbeiten, ohne die physikalischen Zusammenhänge dazu verstanden zu haben.

 

Es wäre wirklich prima, wenn jemand diese Lücke schließen würde.

 

Gruß!

 

Hans

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Ich habe mal meine amateurhaften Paint Shop Kenntnisse bemüht und die Fehler von oben korrigiert. Stimmt das so?

 

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Bei der Ermittllung der Geschwindigkeit für die längste Flugdauer aus der Kurve Leistungsbedarf in Abhängigkeit von der TAS sehe ich eine Schwierigkeit.

 

Wenn man von längster Fludauer spricht, dann geht es in der Praxis um viele Stunden. Während dieser Zeit nimmt die Masse des Flugzeugs erheblich ab, wenn ich bedenke, wieviel Tonnen Treibstoff z.B. eine 777 laden kann. Die Kurve gilt jedoch für eine konstante Flugmasse, und die habe ich während des Fluges nicht. Deshalb habe ich Bedenken, aus der Kurve die Geschwindigkeit für die längste Flugdauer zu entnehmen. Um wirklich am längsten in der Luft zu bleiben, müsste man während des Fluges immer wieder die TAS dem Gewicht anpassen, wahrscheinlich verringern.

 

Vielleicht irre ich mich auch. Mal sehen, was die Fachleute dazu sagen.

 

Gruß!

 

Hans

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Hans,

 

Das ganze ist sowieso nur eine Näherung und stimmt nicht genau. Es geht bei der ganzen Geschichte darum, die fundamentalen Zusammenhänge aufzuzeigen und nicht um Genauigkeit.

Die dargestellten Kurven zeigen die Aerodynamik, sprich den erforderlichen Schub bzw. die erforderliche Schubleistung und zwar für eine konstante Masse, konstante Luftdichte und konstante Konfiguration. Somit schon mal eine Momentaufnahme.

Unter den obigen Voraussetzungen, aber nur dann gilt, dass V_min Sink = V_min Power = SQRT(CL^3/Cd^2)_max

und

V_min drag = V_best glide = (Cl/Cd)_max

 

Die zweite Annahme betrifft die Triebwerke. Hier wird für alle Geschwindigkeiten bzw. unterschiedlichen Schub oder variierende Leistung ein konstant bleibender Wirkungsgrad vorausgesetzt für Strahltriebwerk bzw. Motor, Turbine und Propeller. Auch dies trifft nicht zu sondern ist eine ziemlich grobe Vereinfachung.

 

Es ist somit aussichtslos, mit diesen paar fundamentalen Zusammenhängen direkt auf die Planung eines Langstreckenfluges losgehen zu wollen.

 

Gruss

 

Philipp

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Ok Philipp,

 

aber dann halte ich es für besser, auf Beschriftungen wie z.B "maximale Endurance" ganz zu verzichten, wenn es sich dabei nur um die halbe Wahrheit handelt.

 

Gruß!

 

Hans

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