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Wenn der PIC das letzte Wort hat


Mikel24

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Hallo zusammen,

 

um auf den gestrigen Absturz erneut zu kommen sind mir einige Gedanken durch den Kopf gegangen bezüglich das der Pilot in Command immer das letzte Wort hat.

 

Mal angenommen:

 

Ich hätte seit ca. ein halbes Jahr meinen ATPL, würde bei bei einem Unternehmen welches in der Geschäftsfliegerei tätig ist fliegen, wäre seit drei Monaten im Besitz des Typeratings und fliege gerade mit einem der ältesten Piloten im Unternehmen.

 

Am Zielort herrschen die gleichen Bedingungen wie am gestrigen Tag in Samedan oder wie damals in Egelsbach, einige werden sich sicherlich noch dran erinnern können.

 

METAR LSZS 191340Z 20008KT 170V230 3000 -SN BR FEW025 BKN040 M06/M10 Q1002 NOSIG

 

Mein PIC würde den Anflug fortsetzen, obwohl er ganz genau weiß das er am Rande der Minimas fliegt, es aber schon Dutzent Male gut gegangen ist und es diesmal wieder gut gehen wird. Die Erfahrung zahlt sich halt aus....

 

Bevor es zum Unglück kommt, wie müsste ich mich meinem Cpt. als Frischling gegenüber verhalten? Man kann ihm ja nicht einfach das Ruder aus der Hand reißen.

 

Vor einigen Jahren ist genau das in Freiburg passiert, bei Dunkelheit, Nieselregen und Nebel wollte der PIC unbedingt in Freiburg (Homebase des Fliegers Beech King Air 350) landen. Sein Copilot der gerade seinen ATPL hatte kam genau wie der PIC dabei ums Leben.

 

Gruß Mike

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Das Problem geht wohl noch etwas weiter und ist in ähnlicher Weise auch in der Berufsschiffahrt zu beobachten:

 

Die vier goldenen Streifen stünden für die letztendlich absolute Verantwortung sowie Entscheidungsgewalt des Kommandanten (!) über angetrautes Gerät, Mannschaft und Fracht/Passagiere. Diese Veratwortung ist in den letzten 20 Jahren zwecks rein ökonomisch motivierter Präferenzen mehr und mehr zur Makkulatur verkommen. Mittlerweile werden Piloten sowie auch nautische Offiziere massiv unter Zeitdruck gesetzt und zunehmend unmenschlichen bzw. für die allgemeine Sicherheit fahrlässigen Dienstplänen unterworfen.

 

Fazit: Die aus der christlichen Seefahrt und Offizierstradition über Jahrhunderten erwachsenen Werte und allem voran das Kommando per se ist/sind wohl in vielen Fällen nur mehr rein formell - zumindest im zivilen Bereich.

 

Gruß

Johannes

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Kann mich dem was Iris sagte nur anschliessen. Do solltest eigentlich recht bald ein Gefuehl dafuer bekommen wie die Kultur in der Firma oder mit diesem speziellen Kapitaen ist.

 

In deinem Beispiel wuerde ich empfehlen, die Kommunikation permanent aufrecht zu halten: Frage und diskutiere. Was sind die Minimas fuer diesen Approach? Was ist das letzte Wetter? Was ist der Plan? What if's? etc. Je mehr du fragst, desto mehr bekommst Du ein Gefuehl dafuer, was der PF vorhat. Die meisten dieser Punkt sollten eh' schon im Briefing glasklar besprochen und geregelt werden.

 

Wenn waehrend des Approaches von diesem Vorgehen vom PF abgewichen wird, kannst Du von Incapaciation ausgehen (Ich zaehle "get-there-itis" zur incapaciation) und die Kontrolle uebernehmen.

 

Ich kann ihm ja nicht einfach das Ruder aus der Hand reißen

 

Es gibt verschiedene Techniken, wie Du das anstellen kannst, einschlaegige CRM Literatur hilft Dir da weiter. Letzten Endes bist Du lieber nachher im Chief Pilot Buero und erklaerst Dein Vorgehen als auf dem Friedhof.

 

Ciao,

Jens

:cool:

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Moin moin,

 

es ist immer wieder schön zu sehen wie teils Regeln unterschiedlich ausgelegt werden.

Wir hatten durch den Schnee BA poor auf der Bahn. Eine Lufthansa die sich gewagt hat sagte BA ist medium (to poor).

 

Einige Crews flogen an. Andere "motzten" rum und forderten einen neuen offiziellen runway report. Schön ist das immer im Holding Stack. 5 Flieger übereinander und der 6. ganz oben drauf sagt ready for approach :D

 

Also selbst innerhalb einer renomierten company gibt es unterschiede... Aber ich denke das CRM Training ist deutlich besser als bei einem ein Flugzeug executive Flugbetrieb.

 

lg

 

Johannes

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Speedbird_reloaded
Vor einigen Jahren ist genau das in Freiburg passiert, bei Dunkelheit, Nieselregen und Nebel wollte der PIC unbedingt in Freiburg (Homebase des Fliegers Beech King Air 350) landen. Sein Copilot der gerade seinen ATPL hatte kam genau wie der PIC dabei ums Leben.

 

Ich glaube aus dem Kopf zu wissen, dass es eine B200 war. Dieser Fall wird im aktuellen Fliegermagazin 1/2011 sehr gut und nachdenklich machend dargestellt.

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Ich glaube aus dem Kopf zu wissen, dass es eine B200 war. Dieser Fall wird im aktuellen Fliegermagazin 1/2011 sehr gut und nachdenklich machend dargestellt.

 

Hallo Simon,

 

habe gerade bei der BFU nochmal nachgeschaut, es war doch eine Beech 300 (350) King Air:005:

 

Gruß Mike

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Speedbird_reloaded
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Also erstens ist es schwierig, so kurz nach dem Absturz auf irgendwelche Ursachen zu schliessen. Ich akzeptiere das Thema als grundsätzliche Diskussionsgrundlage.

 

Da muss ich zweitens feststellen, dass vor allem Aviatik-Neulinge und Copiloten immer wieder Probleme damit haben und irgendwie "Angst" vor der Autorität des Kapitäns haben. Sie fürchten irgendwie immer, dass sie irgendwie von einem autoritären Captain übergangen zu werden. Diese Diskussionen sind vor allem in Airlines erhöht, wo viele FOs jung anfangen mit ihrer Karriere.

 

Interessant ist jedoch folgende Überlegung: Die meisten CRM-bedingten Unfälle passieren nicht, weil der Captain den First Officer übergangen hat, sondern weil der junge FO einfach wider sein Training, sein Wissen und sein Gefühl nie was gesagt hat. Er hat Todesangst gehabt, und er hat nicht den Mund aufgemacht. Und deshalb sind sie gestorben.

 

Die Unfälle, wo ein Captain dem FO das Wort verboten hat, die sind wohl sehr spärlich gesäht.

 

Glaubt mir, fast alle Captains auf der Welt sind extrem froh um jeden Hinweis des First Officers. Aber wenn er nichts sagt, dann können wir niemals herausfinden, ob der First Officer den Unfall verhindern hätte können oder nicht.

 

Dani

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dass vor allem Aviatik-Neulinge und Copiloten immer wieder Probleme damit haben und irgendwie "Angst" vor der Autorität des Kapitäns haben. Sie fürchten irgendwie immer, dass sie irgendwie von einem autoritären Captain übergangen zu werden.

 

dani, ist es nicht so, dass sie schlicht vor dem verlust des jobs (nicht autorität) angst haben. wird dann autorität mit 'er ist ja nur fo und ihm fehlt die erfahrung' verwurstelt. wem wird geglaubt?

 

gruss markus

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dani, ist es nicht so, dass sie schlicht vor dem verlust des jobs (nicht autorität) angst haben. wird dann autorität mit 'er ist ja nur fo und ihm fehlt die erfahrung' verwurstelt. wem wird geglaubt?

 

gruss markus

 

Dem ist eben wirklich nicht so. Und wenn du einen Job hast, wo der Captain das alleinige Sagen hat, dann bitte, bitte, sofort diese Firma verlassen, denn sie ist es nicht wert. Das ganze CRM-Konzept basiert auf mehrere Menschen, sonst könnte man ja auf den Team-Mitarbeiter (und ich spreche hier nicht nur von Co's, sondern auch der Kabine, den Bodenleuten, der Luftverkehrsleitung und und und) verzichten. Es ist heutzutage wirklich sehr, sehr selten geworden, dass die Kapitäne die Meinung eines voll ausgebildeten Piloten nicht akzeptieren.

 

In einem CRM-Szenario wie oben beschrieben geht es ja nicht drum, wer die richtige Meinung hat, sondern der First Officer muss natürlich Fakten liefern, die dem CMD helfen für seine Entscheidungsfindung. Es nützt also nichts zu sagen "Captain, ich glaube wir sollten umkehren", sondern "Captain, die Sicht ist 3000m und wir werden die Piste nicht vor Punkt So-und-so sehen." Oder am MAP "Go around" schreien. Wer ein ATPL gemacht hat, kennt sich sicher auch mit dem Interventions-Modell aus, das mehrstufig ist und jedem Team-Mitglied mehrere Eingriffsmöglichkeiten gibt, von "ich glaube hier geht was schief" bis "I have control".

 

Wer sich daran hält, wird in der Praxis wohl sehr wenig Probleme haben im Team.

 

Dani

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Wer sich daran hält, wird in der Praxis wohl sehr wenig Probleme haben im Team.

 

Wäre ja schön. Nur, wenn z.B. in einer Firma jeder irgendwelche mehr als grenzwertigen Anflüge macht, weil z.B. der Kunde das so will, möchte ich den FO dann sehen, dem auf die Schulter geklopft wird, weil er jedes mal wieder ne Diversion verlangt.

Irgend ein Druck muss ja wohl bestehen, wenn bei schlechtem Wetter mitten in den Alpen VFR in einem Jet geflogen wird. Spass an der Freud wird's nicht sein.

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wenn er jedes Mal eine Diversion verlangt, dann ist wahrscheinlich nicht das Wetter schuld, sondern die Art, wie diese Firma oder dieser Kunde operiert? Soll man als Pilot und als Mensch serienmässige Illegalität akzeptieren? Soll man sein Leben riskieren, nur weil man für sein Leben gern fliegen bzw. Pilot werden möchte? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute, die aus "miesen Verhältnissen" kommen, auch später Schwierigkeiten haben, sollten sie mal in eine seriöse Firma kommen.

 

Nein, so funktioniert es nicht. Fliegen ist kein Cowboy-Job, und das Leben ist immer mehr wert als alles andere auf der Welt.

 

Ein Problem, das junge Piloten auf der rechten Seite haben, ist natürlich abzuschätzen, was noch drin liegt und was nicht. Das macht ihnen zu schaffen. Dafür hilft aber nur seriöses Vorbereiten, und zwar sowohl fachlich als auch menschlich. Ich habe in meinem Leben auch schon am Minimum einmal geschluckt und erst dann den Go-Around eingeleitet (oder eben die Piste gesehen). Da stirbt noch niemand. Ohne Sicht einen Sichtanflug zu machen ist was ganz anderes.

 

Ich sehe beim vorliegenden Fall (Samedan) weniger ein Problem bei der CRM sondern bei den Behörden: Sie müssen entsprechende Vorschriften erlassen, dass die Unfallzahlen herunterkommen. Bei 3000m kann ein solcher Anflug nicht durchgeführt werden, da muss der TWR einschreiten. Und wieso erhöht man nicht den Trainingsaufwand, um in Samedan zu landen (was nützt eine Einweisung bei CAVOK?).

 

Dani

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Wenn ich mich richtig erinnere, gab es in den vergangenen ?15? Jahren in Zürich mindestens 2 Unfälle, die unter anderem auch auf einem Gefälle zwischen links und rechts beruhten: ALITALIA Stadlerberg und Bassersdorf. Zumindest beim ersteren hat der F/O etwas gesagt, wurde aber (falsch) korrigiert. Bei Basserdorf bin ich mir nicht sicher. Zumindest hat der F/O das Minimum ausgerufen, dann wurde weiter ge-CFIT-tet mit der Begründung: Ground contact.

 

Keiner ist gefeit, Fehler zu machen. Aber zu zweit, gegenseitig ernst genommen, sind schon einige Fehler aufgefangen worden! Speak up! Jeder F/O weiss aus seiner Ausbildung, wo die operationelle Mittellinie ist. Weicht man aus diversen Gründen davon ab, wird das kommuniziert. Und versucht, sobald wie möglich wieder auf die Mittellinie zu kommen. Links und rechts hat es eine zweite Spur, dann kommt der Pannenstreifen, dann etwas Grün...und dann eben nichts mehr Gutes!

 

Andreas

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wenn er jedes Mal eine Diversion verlangt, dann ist wahrscheinlich nicht das Wetter schuld, sondern die Art, wie diese Firma oder dieser Kunde operiert? Soll man als Pilot und als Mensch serienmässige Illegalität akzeptieren? Soll man sein Leben riskieren, nur weil man für sein Leben gern fliegen bzw. Pilot werden möchte? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute, die aus "miesen Verhältnissen" kommen, auch später Schwierigkeiten haben, sollten sie mal in eine seriöse Firma kommen.

 

Ob man das soll oder nicht, ist nicht die Frage. Ich persönlich bin einfach überzeugt, dass grenzwertige Anflüge in Samedan keine Ausnahme sind. Da gibt's wohl zwei Möglichkeiten, entweder man geht das Risiko ein, oder man macht diesen Job nicht bei einer Firma, die das getthereitis der Kundschaft über die Sicherheit der Piloten stellt.

 

Ich sehe beim vorliegenden Fall (Samedan) weniger ein Problem bei der CRM sondern bei den Behörden: Sie müssen entsprechende Vorschriften erlassen, dass die Unfallzahlen herunterkommen. Bei 3000m kann ein solcher Anflug nicht durchgeführt werden, da muss der TWR einschreiten. Und wieso erhöht man nicht den Trainingsaufwand, um in Samedan zu landen (was nützt eine Einweisung bei CAVOK?).

 

Ja, wenn doch die Crews keine grenzwertigen Anflüge machen, warum müssen denn die Behörden...? Ich stell mir das eigentlich relativ klar vor: In einem schnellen Jet brauche nun wirklich mehr als die absolute Mindestsicht für VFR und dementsprechend müsste ich die Piste ja lang, lang im Voraus sehen und den Weg für einen Go around auch.

Weil aber mit dieser Anforderung wohl den halben Winter kein Jet in Samedan landen würde, wird halt wohl ein bisschen selbstbau-IFR betrieben, das meistens auch gut geht, aber halt nicht immer.

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Nach einem Ausruf "go around" haben sofort die entsprechenden Massnahmen

zu erfolgen und zwar unabhängig davon, ob der PIC oder der COPI

den "go-around" ausruft. Ein einmal eingeleitetes Durchstartverfahren

wird konsequent ausgeführt und nicht unterbrochen (04.20.8 Operation

Manual).

 

...aus dem Bericht zum Stadlerberg (Alitalia-Absturz vom 14.11.1990).

 

Gruss Walti

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  • 3 Wochen später...
  • 2 Wochen später...
imho kommt hier der F/O direkt als Untergebener rüber :eek:

 

Ist er ja auch. Aber bitte den ersten satz nicht vergessen; bei incapaciation hat er als PIC zu uebernehmen.

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