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Flaps bei Landung


Beginna

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Hallo liebe Experten,

 

bisher habe ich dieses Forum „nur“ gelesen und möchte an dieser Stelle gleich die offene und fachliche Atmosphäre hier loben.

 

Nun hab ich selbst mal zwei Fragen zum Ausfahren der Flaps von Airlinern bei der Landung.

 

Ich gehe hier davon aus, dass die Landebahn ausreichend lang ist. Wovon hängt es ab, ob man mit Flaps Full landet, oder eine niedrigere Stufe wählt (Flaps 3 bei Airbus bzw. 30 Grad bei der 737)? Bestimmt das der Pilot oder die Airline? Welche Vorteile hat denn eine Landung mit nicht voll ausgefahrenen Flaps – gibt es da ein besseres „Gefühl“ für das Flugzeug?

 

Und wie werden die Flaps ausgefahren bei sehr starkem (und böigem) Wind? Da kann es doch zu einem Konflikt zwischen den maximalen Speed-Limits der Flaps (insbesondere bei voll ausgefahrenen Flaps und einem relativ schweren Flugzeug) und einer zu niedrigen Ground-Speed kommen. Ich weiß, dass man nach IAS fliegt, aber wird bei böigem Wind nicht auch auf die Groundspeed geschaut - nicht, dass der Vogel bei plötzlicher Windstille zu schnell Richtung Boden fliegt. Wird dann mit weniger ausgefahrenen Flaps gelandet? Wenn dies der Fall ist, was ist das Minimum an ausgefahrenen Flaps?

Ich hoffe die Fragen bereiten euch kein Kopfschütteln, bin halt nur ein Stubenpilot.:cool:

 

Vielen Dank vorab und viele Grüße aus Berlin!

Mario

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Hallo,

 

bei viel Gegenwind und/oder stärken Böen landet man oft (wie immer je nach Muster) mit weniger ausgefahrenen Klappen, da diese einen hohen Widerstand erzeugen. Das Flugzeug "fühlt" sich dann nicht nur besser an, es ist auch leichter es zu kontrollieren. Bei uns (allerdings keine richtige Airline) obliegt diese Entscheidung allein dem Piloten, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass es woanders viel anders ist...

 

Dann gibt es Flieger wie die 737, die öfter mit 30 Grad als 40 Grad gelandet werden. Das hängt damit zusammen, dass die 40er beim Bobby mehr Schub brauchen (und damit der Anflug lauter wird und mehr Sprit verbraucht) und oft einfach nicht nötig sind.

 

Noch kurz was zu der zweiten Frage, ich glaube ich habe diese nicht richtig verstanden, aber ich versuche dennoch eine Antwort: Also die Ground Speed spielt allgemein keine große Rolle, da ja wie Du richtig sagtest nach IAS geflogen wird. Wenn nun die GS Null wäre aber die IAS ausreichend, wieso soll der Flieger runterfallen? Es gibt Flieger wie Scheibe Falke, Piper Cub oder auch C150, die fliegen Dir bei zu starkem Gegenwind "rückwärts" und bleiben dennoch sicher in der Luft... :D

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Genau.

 

Die Wahl der Klappen liegt in letzter Autorität wohl immer beim verantwortlichen Luftfahrtführer (aka Captain), aber er bekommt als Entscheidungsgrundlage die Procedures und Gesetzesbücher des Operators (Airline) und des Herstellers.

 

Weniger Klappen bei böigem Wetter wird oft nicht gewählt nur wegen den Böen, sondern falls es einen Windshear gäbe, hätte man mehr Steigleistung im Fall von Durchstart.

 

Beim Airbus ist dann auch noch die Triebwerksleistung und die Fly-by-wire-Flugcharakteristik anders bei weniger Klappen (wie ging das schon wieder? War das nur beim A321?).

 

Entscheidend kann auch sein, dass man bei weniger Klappen eine steilere Lage (Attiude, Nase über dem Horizont) hat und bei höheren Klappen eine tiefere. Man sieht ja oft Turboprops im Anflug, die fast die Nase unter dem Horizont haben. Bei Grossraumflugzeugen ist das auch wichtig bezüglich Aufschlagen des Hecks.

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Weiterhin haben manche Flugzeuge eine relativ geringe Marge zwischen Anfluggeschwindigkeit und maximaler Geschwindigkeit mit ausgefahrenen Landeklappen. Fährt man die Klappen also nicht ganz aus, hat man eine höhere Marge zur limitierenden Geschwindigkeit, falls man eine Böe erwischt. Auf dem ERJ145 ist es so, dass die maximale Geschwindigkeiten für Klappen 40 bei 145 KIAS liegt (man möge mich korrigieren), die Vref meist um die 120 bis 130 KIAS. Schlägt man dann bei einem Anflug mit viel Wind noch eine Korrektur von 10 oder 15 Knoten auf, ist man schnell am Limit. Daher macht dann ein Anflug mit Flaps 22 mehr Sinn. Bei Anfügen nach CAT II und CAT IIIa wird ebenfalls Flaps 22 genutzt, dann aber wegen der verbesserten Kontrollierbarkeit im Falle eines Triebwerksschadens (und Go-Around).

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Die oben genannten Gründe sprechen für weniger Klappen bei starkem Wind. Die Argumente sind durchaus valide und viele Kollegen gehen so vor.

 

Es gibt allerdings auch Gründe für hohe Klappenstellung gerade bei starken Windböen wie etwa Föhn in Innsbruck. Die hohen Klappen haben deutlich mehr Widerstand. Damit ist eine höhere Leistung der Triebwerke erforderlich um den Anflugwinkel einhalten zu können.

 

Etliche Triebwerke regieren bei höherer Last schneller auf Eingaben der Piloten. Unter starken Windschwankungen wird es damit leichter stabile Anflüge zu fliegen.

 

Manche Kollegen fliegen bei turbulentem Wetter zwar mit niedrigen Klappen fahren dafür aber ihre Luftbremsen im Anflug aus. Die Methode vereinigt die Vorteile von niedrigen Klappen und hoher Triebwerksleistung. Ist allerdings nur bei wenigen Modellen möglich. (Fokker 70/100, Avro)

 

Wolfgang

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Das mit der IAS, die ja den eigentlichen "Auftrieb" generiert (drum muss man in Samaden auch nicht mit einer höheren IAS anfliegen, da beide Teile (IAS und Auftrieb) gleich "falsch" sind dort. Aber die TAS ist höher....) und der GS kommte bei leichten Flugzeugen mit Kolbenmotoren wenig zur Geltung.

 

Aber: schweres Flugzeug (= träge gegenüber der Erde) und Jettriebwerke, die eine langsamere Reaktion auf Thrust/Poweränderungen aufweisen PLUS böiger Wind: Beispiel: Approachspeed (IAS) = 130. Gemeldete Gegenwindkomponente auf Piste: 15 kt mit Böen bis 30 kt. Annahme: der Wind auf 1000 ft GND sei genau gleich. Ergo, mit IAS 130 hat man eine GS von +/- 115 kt. Fällt der Wind jetzt plötzlich zusammen (Gusts sind ja nicht immer nur von vorne, sondern auch von hinten...), wird die IAS subito von 130 kt auf 115 kt zusammenfallen, da sich das Flugzeug eben gegenüber der ERDE schon immer mit 115 kt bewegt hat. Bis dieses träge Schiff wieder mit Schub auf 130 kt beschleunigt wird, dauert es einen Moment.

 

Deshalb wird im FMS etc. der gemeldete Wind eingegeben, sodass die Automatik eine gesunde GS rechnet, die dann, in abnehmendem Masse gegen das Terrain, entsprechend die geforderte APP Speed erhöht.

 

Was den Nachteil hat, dass man auf relativ gesunder Höhe eine riesen Marge auf die Speed bei der Landung hat (das Increment ist wegen der meist höheren Gegenwindkomponente in 1000 ft dort noch hoch), aber dann das Increment dauernd abnimmt. Ergo kommt man mit einem relativ tiefen Powersetting auf 100 ft an, und genau dann kommt die befürchtete Böe, und das Treibwerk muss aus einem tieferen Zusatand hochgedreht werden (Heutezutage nicht mehr sooo kritisch wie bei den früheren Straight-Triebwerken)

 

Andreas

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Allgemein kann man aus der ATPL Theorie sagen:

 

- Niedrigere Flaps -> bessere Steigleistung im Go Around Fall, aber längere landing distance -> könnte an terrainkritischen Plätzen mit ausreichend Bahn gewählt werden.

 

- Viel Flaps -> schlechtere Go Around Leistung, aber kürzere landing distance -> terrainunkritische Plätze und kurze Pisten

 

 

cheers

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@ Beginna

 

Mario, google mal nach "ground speed mini function"

 

 

Ganz oben findest du dann eine gute Erklärung, und etwas weiter unten, bei

 

 

"eingabe vom windspeed beim realen Airbus 320" noch weitere Erläuterungen.

 

 

Gruß!

 

Hans

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