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09.01.2021 | PK-CLC | B737-500| Jakarta/WIII -Java Sea | Absturz während Climbout


danlu

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Wurde inzwischen gefunden, ist innerhalb von ca. 30 Sekunden von fast 11,000ft runter ins Meer gestürzt. Trümmer und Leichenteile geborgen, das Wasser ist lediglich um 15 Meter tief.

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Danke Andreas

Welches sind die Unterschiede der Kräfteeinleitung von den Flügeln in den Rumpf zwischen einer 737-500 und der 737 ... NG.

Gruss Bertil 

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Das weiss ich nicht im Detail, mir ist lediglich bekannt, dass diese Klammern erst mit der NG-Serie eingeführt wurden.

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4 hours ago, FalconJockey said:

innerhalb von ca. 30 Sekunden von fast 11,000ft runter ins Meer gestürzt.

Das entspräche dann einer Vertikalgeschwindigkeit von um 380 km/h, das könnte eventuell der ausbalancierten Freifallgeschwindigkeit von nicht mehr aerodynamischen Trümmerteilen entsprechen..

 

Nachtrag

 

Falls sie in-flight disintegriert wurde, dann muss beachtet werden dass

- mit dem Echo des Primärradars nur grössere Teile vermessen werden

- mit dem Sekundärradar (Antwort auf Sweep) nur - evtl kompakte- Teile vom ganzen Flugzeug für diese "gemessene" Fallzeit verantwortlich sind

- Ausgelöste Notsender mit GPS-Signalen: sowieso sehr kompakte Einheiten

 

Bearbeitet von cosy
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vor 2 Stunden schrieb cosy:

Das entspräche dann einer Vertikalgeschwindigkeit von um 380 km/h, das könnte eventuell der ausbalancierten Freifallgeschwindigkeit von nicht mehr aerodynamischen Trümmerteilen entsprechen..

 

Nachtrag

 

Falls sie in-flight disintegriert wurde, dann muss beachtet werden dass

- mit dem Echo des Primärradars nur grössere Teile vermessen werden

- mit dem Sekundärradar (Antwort auf Sweep) nur - evtl kompakte- Teile vom ganzen Flugzeug für diese "gemessene" Fallzeit verantwortlich sind

- Ausgelöste Notsender mit GPS-Signalen: sowieso sehr kompakte Einheiten

 

Die Daten sind angeblich vom ADS-B, die Teile in einem kleinen Gebiet. Deutet darauf hin dass die Maschine zum Großteil intakt gewesen ist. Heck oder ähnliches kann natürlich gefehlt haben. Abwarten.

 

Fred

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An anderer Stelle sagte jemand, die Maschine fiel wie ein Stein vom Himmel.

 

Wie ein Stein vom Himmel trifft es ungefähr. Ist aber auch nicht das erste Mal, wir hatten das gleiche Szenario mit einer derart hohen Rate of Descent über der Java See in 2014, Crash: Indonesia Asia A320 over Java Sea on Dec 28th 2014, aircraft lost height and impacted waters, loss of rudder travel limiter due to maintenance , oder in Kazan in 2013, Crash: Tatarstan B735 at Kazan on Nov 17th 2013, crashed on go-around, ich sehe auch Perm 2008, Crash: Aeroflot-Nord B735 at Perm on Sep 14th 2008, impacted ground while on approach to Perm und Rostov, Crash: Flydubai B738 at Rostov on Don on Mar 19th 2016, lost height on go around after stabilizer moved nose down following holding for 2 hours, in derselben Kategorie.

 

Diese Crashes in Russland führten sogar dazu, daß das russische MAK die CoA (Certificate of Airworthiness) der gesamten Boeing 737 Familie annulierte (von der -100 bis zur -900, die MAX gab es noch nicht) in 2015: Russia suspends airworthiness certification for Boeing 737s, but does not prohibit operation of 737s

 

Das MAK hat damals argumentiert, daß - obwohl sie menschliche Faktoren, insbesondere somatogravische Illusion als Ursache für den Crash in Kazan angeführt hatten im Schlußbericht - neue Erkenntnisse aufgetaucht sein, die Designfehler im Bereich der Pitch-Kontrolle der 737 Familie nahelegen und die die Unfallursache in Kazan darstellen könnten. Das MAK hat damals versucht, die Sache mit der FAA und Boeing zu klären, erklärte aber dann, daß sie keine zufriedenstellenden Antworten aus den USA erhalten hatten und deswegen nunmehr das CoA entziehen müssen (die russische Zivilluftfahrtbehörde hat sich aber darüber hinweggesetzt).

 

Bis heute ist nicht bekannt, was dieses Designproblem sein könnte. Weder MAK noch FAA noch Boeing haben je darüber gesprochen. Allerdings gibt es eine "Krankheit" in der Pitchkontrolle von Anfang an, seit der -100, deswegen vermute ich, daß es dieses Problem sein könnte (und ich bin mir sogar sehr sicher, daß dieses Problem beim Absturz der ET-302 ein signifikatner Contributing Factor war):

 

Wenn das Flugzeug vollkommen vertrimmt ist, also schwer nasenlastig, und die Crew daher mit den Elevators mit voller Kraft dagegenhalten muß, werden die Kräfte auf die Trim-Spindel so groß, daß die Spindel blockiert und damit der Trim nicht mehr bewegt werden kann. Dafür hatte Boeing sogar eine Checkliste entwickelt, wenn so etwas passiert und die Spindel blockiert:

 

1) Laß den Yoke los

2) Während die Nase schwingt, trimme wie ein Esel

3) korrigiere den Pitch mit dem Elevator

4) wiederhole von Punkt 1) solange bis das Flugzeug wieder im Trim ist

 

Diese Checkliste ist bis heute im wesentlich in Kraft, wenn auch in veränderter Form, die nicht mehr SO offensichtlich ist.

 

Jetzt taucht sicher die Frage auf, warum die ET-302? Die Crew hatte richtig erkannt, daß der elektrische Trim abzuschalten war und tat das auch. Danach aber rührte sich der Trim über 3 Minuten lang gar nicht, obwohl die Crew an der Grenze der menschlichen Belastungsgrenze am Elevator gezogen haben muß. Nach rund 3 Minuten hat die Crew dann leider den elektrischen Trim wieder eingeschaltet - und das erst besiegelte das Schicksal von Flug ET-302. Wir wissen aber nicht, was in diesen 3 Minuten passiert ist, der Preliminary Report sagt ja so gut wie nichts zum CVR aus und vor allem hält er in diesen 3 Minuten nichts fest, was die Crew gesprochen hat. Ich vermute, die haben - vielleicht zu zweit - versucht, das Trimrad zu drehen, ohne Erfolg. In Bodennähe und die Berge vor sich konnten sie aber auch die obige Checkliste nicht ausführen ...

 

So, nach diesem Riesenausflug: das Profil der Sriwijaya sieht all diesen letzten vertikalen Profilen verdammt ähnlich. Ich stelle daher die Frage, ob wir hier nicht wieder mit einem vertrimmten Flugzeug (Trim Runaway) zu tun haben (obwohl dies ganz klar keine MAX ist!), das von der Crew nicht mehr zu halten war.

 

Es spricht wenig dafür, viel dagegen: Wenn die Crew zieht am Elevator, ist automatisch der Trim Down gesperrt in der NG, zum Beispiel. Warum sollte der Trim nose down davonlaufen in dieser Phase des Steigfluges? 

 

Aber die gleiche Fragen gelten auch für Kazan, und dennoch ist auch dort passiert, der Trim lief auf Anschlag Nose Down und ließ der Crew keine Chance mit dem Elevator dagegen zu halten. Ebenso ist es definitiv in Rostov geschehen. In beiden Fällen hat das MAK aber seine Lieblingsdiagnose "somatogravic illusion" als Ursache festgestellt - die ich in jedem ihrer Unfallberichte finde - und geschlossen, die Crew habe den Trim Runaway selbst durch manuelle Trim-Eingaben verursacht. Aber einen objektiven Beweis dafür gibt es nicht (weil nicht vorhanden auf dem FDR).

 

Also könnte es theoretisch möglich sein, daß wir hier einen Trim Runaway vor uns haben. Das würde passen - denn mit einem Stall, oder Zerlegung des Flugzeugs im Flug, wären derartige Sinkraten gar nicht möglich. Das geht nur mit der Nase nach unten und Schub auf den Triebwerken). Und dann sinkt das Flugzeug schneller als jeder Stein fallen würde.

 

Eine andere Theorie, die passen könnte, wäre etwa Versagen der horizontal Stabilizer ähnlich wie es der Alaska Airlines MD-83 vor Los Angeles im Jahr 2000 passiert ist, wo durch mangelnde Schmierung der Trim-Spindel der Stabilizer von der Spindel abkam und damit frei beweglich war - und die Nase nicht mehr davor bewahren konnte, unkontrolliert nach unten zu gehen. Auch da landete die MD-83 mit hoher Geschwindigkeit im Wasser (ich erinnere mich mit Grauen, ich habe das Video damals live gesehen, als die Maschine plötzlich ausbrach und gefühlt in weniger als 5 Sekunden später im Wasser einschlug).

 

Servus, Simon

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2 hours ago, AustrianSimon said:

ob wir hier nicht wieder mit einem vertrimmten Flugzeug (Trim Runaway) zu tun haben (obwohl dies ganz klar keine MAX ist!), das von der Crew nicht mehr zu halten war.

Hatte nicht Larry Page berichtet, dass - ich glaube ein Review Team (experts) bei der Schwachstellenanalyse der Max geschrieben, dass das Spindeltrimmsystem (in allen 737)  eigentlich durch ein komplettes Neudesign abgelöst werden müsste?

COSY a. K. Bruno

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Der Birgenair Absturz des Flugs 301 im Jahr 1996 hatte ja wohl so ein ähnliches Flugprofil. Schutzkappe auf der Pitotsonde vergessen?

Bearbeitet von Baeriken
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vor einer Stunde schrieb Baeriken:

Der Birgenair Absturz des Flugs 301 im Jahr 1996 hatte ja wohl so ein ähnliches Flugprofil. Schutzkappe auf der Pitotsonde vergessen?

Wie wir ja inzwischen alle gelernt haben, führt sowas schlimmstenfalls zu einer falschen Fahrtanzeige, die sich schon  beim Start bemerktbar macht.

Und wenn ich mich recht erinnere, passierte der Birgenair-Absturz in der Nacht, während hier hellichter Tag war.

 

Gruß

Manfred

Bearbeitet von DaMane
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5 hours ago, DaMane said:

schlimmstenfalls zu einer falschen Fahrtanzeige, die sich schon  beim Start bemerktbar macht.

 

eine falsche Fahrtanzeige gehört zu den heimtückischsten und schwierigsten Problemen die man auf so einem Flugzeug haben kann (besonders beim Start). Erst recht wenn dadurch plötzlich irgendwelche andere Systeme aufgrund der falschen Daten reinpfuschen - so viel zu "schlimmstenfalls"

Bearbeitet von onLoad
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vor 6 Stunden schrieb DaMane:

Wie wir ja inzwischen alle gelernt haben, führt sowas schlimmstenfalls zu einer falschen Fahrtanzeige, die sich schon  beim Start bemerktbar macht.

Und wenn ich mich recht erinnere, passierte der Birgenair-Absturz in der Nacht, während hier hellichter Tag war.

 

Gruß

Manfred

 

Ja, richtig da war  schwarze Nacht. Bei dem Birgenair Absturz war zwar einer der zwei Geschwindigkeitsmesser

falsch, also hätte man wohl sofort Start abbrechen müssen, aber nachdem die stiegen hätten sie doch merken müssen das sie zu langsam wurden. Habe mich da mal vor vielen Jahren mit einem B753 Piloten kurz unterhalten, der sagte, nie und nimmer hätten die runter fallen müssen...

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vor 11 Stunden schrieb AustrianSimon:

Bis heute ist nicht bekannt, was dieses Designproblem sein könnte. Weder MAK noch FAA noch Boeing haben je darüber gesprochen. Allerdings gibt es eine "Krankheit" in der Pitchkontrolle von Anfang an, seit der -100, deswegen vermute ich, daß es dieses Problem sein könnte (und ich bin mir sogar sehr sicher, daß dieses Problem beim Absturz der ET-302 ein signifikatner Contributing Factor war):

 

Wenn das Flugzeug vollkommen vertrimmt ist, also schwer nasenlastig, und die Crew daher mit den Elevators mit voller Kraft dagegenhalten muß, werden die Kräfte auf die Trim-Spindel so groß, daß die Spindel blockiert und damit der Trim nicht mehr bewegt werden kann. Dafür hatte Boeing sogar eine Checkliste entwickelt, wenn so etwas passiert und die Spindel blockiert:

 

1) Laß den Yoke los

2) Während die Nase schwingt, trimme wie ein Esel

3) korrigiere den Pitch mit dem Elevator

4) wiederhole von Punkt 1) solange bis das Flugzeug wieder im Trim ist

 

Diese Checkliste ist bis heute im wesentlich in Kraft, wenn auch in veränderter Form, die nicht mehr SO offensichtlich ist.

 

Meinst Du das "roller coaster" ("yo-yo") Manöver? Das habe Boeing schon zu 707 Zeiten eingeführt und dürfte auf eine Boeing Eigenheit (Designproblem) hinweisen. Sobald der FDR ausgewertet sein wird, dürfte man hierzu (trim run-away) mehr erfahren.

 

Stefan

 

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vor 8 Stunden schrieb Baeriken:

Der Birgenair Absturz des Flugs 301 im Jahr 1996 hatte ja wohl so ein ähnliches Flugprofil. Schutzkappe auf der Pitotsonde vergessen?

Eher nicht, denn das Flugprofil bis ca. 10.000ft sah ganz normal aus. Das Problem schien aufgetreten zu sein als sie bei passieren von 10.000ft von 250 KIAS auf ihre normal climb speed beschleunigten. Was da wohl passiert ist? Loss of control durch....

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vor einer Stunde schrieb Manfred J.:

 

Ja, richtig da war  schwarze Nacht. Bei dem Birgenair Absturz war zwar einer der zwei Geschwindigkeitsmesser

falsch, also hätte man wohl sofort Start abbrechen müssen, aber nachdem die stiegen hätten sie doch merken müssen das sie zu langsam wurden. Habe mich da mal vor vielen Jahren mit einem B753 Piloten kurz unterhalten, der sagte, nie und nimmer hätten die runter fallen müssen...

D.h. heißt die Crew der Birgenair hätte wohl auch am "helligten Tag", wie der Manfred das hier deklariert, nicht gemerkt, dass die Boeing im Steigflug einfach "stehen geblieben" ist?

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1 hour ago, Manfred J. said:

 

Ja, richtig da war  schwarze Nacht. Bei dem Birgenair Absturz war zwar einer der zwei Geschwindigkeitsmesser

falsch, also hätte man wohl sofort Start abbrechen müssen, aber nachdem die stiegen hätten sie doch merken müssen das sie zu langsam wurden. Habe mich da mal vor vielen Jahren mit einem B753 Piloten kurz unterhalten, der sagte, nie und nimmer hätten die runter fallen müssen...

 

Wir müssen zwischen dem offiziellen Untersuchungsbericht unterscheiden, der der Crew Unvermögen vorwarf, und der tatsächlichen Ursache dieses Unfalls, die in einem Zivilprozess der Familien gegen Boeing zu Tage kam, und die einzig und allein Boeing für den Unfall verantwortlich machte, die Flugzeugsysteme - insbesondere der Autopilot - haben die Crew überrascht und in der kurzen zur Verfügung stehenden Reaktionszeit eine Recovery unmöglich gemacht. Die Ursache, und vor allem das damalige Gutachten das zu diesem Prozessausgang und zum Vergleich Boeings mit den Familien führte, wurden im Rahmen dieses Vergleichs unter Geheimhaltung gestellt.

 

Es gibt leider nur zwei kleine Zeitungsartikel, die ein wenig Licht ins Dunkel bringen:

 

http://www.berliner-zeitung.de/birgenair--hat-doch-ein-konstruktionsfehler-den-absturz-verursacht--die-legende-vom-billigflieger-16144694

https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7809611.html

 

Angesichts des offiziellen Schlußberichts fühlte Boeing sich völlig sicher und wollte den Prozess bis zum bitteren Ende durchfechten, sie waren sicher sie würden alle Ansprüche so abwehren können. Nachdem aber der Gutachter seine Erkenntnisse vorgelegt hat, hat Boeing SOFORT verglichen und ließ es auf kein Urteil mehr ankommen. Trotz dieses Prozessausgangs aber wurde der offizielle Schlußbericht nie geändert.

 

Jetzt beginne ich aus dem Nähkästchen zu plaudern - mir wurden die Inhalte des Gutachtens trotzdem bekannt, es bleibt aber mein journalistisches Geheimnis, wie ich dazu kam (ich kann das Gutachten auch nicht vorlegen, genau aus diesem Grund der vertraglichen Verpflichtungen aller an dem Prozess Beteiligten).

 

Das waren - übrigens in Übereinstimmung mit dem faktischen Teil des Schlußberichts, der erst ab der Analyse fehlerhaft und falsch wird - die Geschehnisse und Hintergründe an Bord der Birgenair:

 

Zunächst, das Cockpit war von Kapitän und First Officer sowie einem Kapitän auf dem Observer Seat (den ich O.Kapitän bezeichnen werde) bevölkert. Beim Startanlauf bemerkte der Kapitän, daß sein ASI nicht funktionierte, verglich den ASI des FO und den Standby, fand beide in Übereinstimmung, und wies den O.Kapitän an, die Geschwindigkeit des Standby ständig auszurufen. In Abwägung der Risiken eines Startabbruchs auf der von Felsen und Wasser umgebenen relativ kurzen Piste mit dem Risiko auch einer lateralen Runway Excurions, und der Fortsetzung des Starts, befand der Kapitän das Risiko des Startabbruchs war deutlich höher, und entschied daher den Start fortzusetzen, sie hatten ja zwei funktionierende Pitot Systeme.

 

Das Flugzeug stieg also sehr sicher und und voller Kontrolle auf Sicherheitshöhe. Jetzt begann der Kapitän die relevante Checkliste abzuarbeiten, die ihn anwies, sein Pitotsystem von Normal auf Alternate umzustellen. Der Kapitän tat dies und erhielt eine funktionierende Geschwindigkeitsanzeige. In der Zwischenzeit hatte der First Officer, Pilot Flying, "seinen" Autopiloten (also Autopilot #2) aktiviert, das Flugzeug war also vollkommen gesichert und entsprechend den Checklisten bereit, bis zum Ziel zu fliegen. Der Flug wurde also fortgesetzt.

 

Bislang keinerlei Probleme. Und erst JETZT beginnt das Verhängnis! Der Kapitän ruft als Resultat seiner Checkliste aus: "Alternate it is!" Darauf hin schaut der First Officer auf sein Panel und entdeckt auf seinem Pitot-Schalter die Stellungen Normal und Alternate. AP #2 ist immer noch aktiv. Im Steigflug auf Reiseflughöhe stellt der First Officer also seinen Schalter auf Alternate um. Und damit wurde das Verhängnis schon fast unabwendbar. Denn was war jetzt in Wahrheit passiert? Der Kapitän hatte seine Anzeigen (und den Input für den AP#1) auf den rechten Pitot Kanal umgestellt. Der First Officer hingegen stellte mit "Alternate" jetzt seinen funktionierenden rechten Pitot Kanal auf den fehlerhaften linken Pitot Kanal, damit erhielten sowohl AP#2 als auch der ASI die fehlerhaften Daten des linken Kanals. Entsprechend funktionierte jetzt seine ASI nicht mehr, der Autopilot kannte sich nicht aus und ging "schlafen" - mit anderen Worten, er schaltete nicht ab, kein AP Disconnect Wailer, er reagierte einfach nicht mehr, es blieb so unentdeckt, daß der AP nicht mehr funktionierte. Aber noch flog die Maschine stabil und korrekt im Steigflug, sie war ja noch richtig ausgetrimmt.

 

Etwa auf 7000 Fuß, wenn ich mich richtig erinnere, wachte aber der Autopilot wieder auf, sozusagen, er kannte sich jetzt wieder mit den Daten aus, und er sah, daß das Flugzeug im Stall war - das Staurohr war ja durch das Wespennest verlegt. Um den Stall zu verhindern, trimmte der Autopilot das Flugzeug entsprechend, der Trim lief also weit Richtung Nose Down.

 

Die Crew bemerkte nicht, daß der Trim lief. Die 757 hatte und hat kein Trimrad, es gab nur eine relativ kleine Anzeige des Trims in der zentralen Konsole, die man aber nur ablesen konnte, wenn man sich vom Pilotensitz aus verbog, um das Instrument abzulesen.

 

Als die Crew den Autopilot abschaltete und versuchte, den Pitch zu korrigieren, der inzwischen erreicht war, reichte die Elevator Autorität nicht mehr aus, um den nose down trim auszugleichen und das Flugzeug schlug im Wasser ein.

 

In der 757 gab es danach sofort Konsequenzen: die gleiche Beschriftung auf den Schaltern wurde geändert, heute heißt es nicht mehr Alternate, es wird hingegen klar, daß man auf das jeweils andere Pitotsystem umschaltet. Der AP kann nicht mehr schlafen, wenn so etwas passiert, schaltet er ab mit akustischer Warnung usw. Die Anzeige des Trims wurde geändert und vergrößert, sodaß sie heute von beiden Pilotensitzen ohne Verbiegung jederzeit abgelesen werden kann. Und wenn der Trim läuft, dann gibt es einen charakteristischen Ton im Cockpit, der der Crew sofort erlaubt einen laufenden Trim zu identifizieren (warum das erst später eingeführt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis, bei den DC-9 und MD-8x war das Standard seit den 1980ern).

 

Frage also: kennen wir nicht ein recht ähnliches Szenario aus zwei anderen Abstürzen? Hat also Boeing aus dem Absturz von Puerto Plata gelernt oder nicht? Hat man von einem eigenen Flugzeugtyp die Lektionen auf die anderen eigenen Typen übertragen? Hat man etwa die Lektionen, die Airbus in Learmonth und Perth lernen mußte, überhaupt gelesen und zur Kenntnis genommen?

 

Ich stelle damit keinen Bezug zum gestrigen Absturz her, wir wissen zu wenig, um solche Vergleiche zwischen der Sriwijaya und der Birgenair anzustellen - ich sehe die Parallelen nur zwischen der Birgenair, den A330 Upsets von Learmonth und Perth, sowie den MAX Abstürzen. Ich kann eine Ähnlichkeit von Sriwijaya und Birgenair weder ausschließen noch mit einiger Sicherheit herstellen.

 

Servus, Simon

 

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vor 30 Minuten schrieb AustrianSimon:

Bislang keinerlei Probleme. Und erst JETZT beginnt das Verhängnis! Der Kapitän ruft als Resultat seiner Checkliste aus: "Alternate it is!" Darauf hin schaut der First Officer auf sein Panel und entdeckt auf seinem Pitot-Schalter die Stellungen Normal und Alternate. AP #2 ist immer noch aktiv. Im Steigflug auf Reiseflughöhe stellt der First Officer also seinen Schalter auf Alternate um. Und damit wurde das Verhängnis schon fast unabwendbar. Denn was war jetzt in Wahrheit passiert? Der Kapitän hatte seine Anzeigen (und den Input für den AP#1) auf den rechten Pitot Kanal umgestellt. Der First Officer hingegen stellte mit "Alternate" jetzt seinen funktionierenden rechten Pitot Kanal auf den fehlerhaften linken Pitot Kanal, damit erhielten sowohl AP#2 als auch der ASI die fehlerhaften Daten des linken Kanals.

Ok, und wo ist da jetzt primär ein Systemfehler, außer der AP ohne ASI-Anzeige größer Stall rausfliegen hätte sollen?

 

Der Kapitän hat seine Abnormal Checklist und die Konsequenzen des Ausfalls nicht korrekt kommentiert, der FO hatte eine mangelhafte Systemkenntnis und die gesamte Crew hat nicht die Grundregel, die FMA laut abzulesen und zu bestätigen. Wie konnte der FO einfach so den AP aktivieren, wieso hat ihn keiner davon abgehalten, bei so einem Systemausfall? Das macht man einfach nicht. Wieso wurde der Start nicht abgebrochen, 80 Knoten ist nicht schnell.

 

Ich habe da eine komplett andere Meinung. Das waren einfach überforderte Wurschtler.

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41 minutes ago, FalconJockey said:

Ok, und wo ist da jetzt primär ein Systemfehler, außer der AP ohne ASI-Anzeige größer Stall rausfliegen hätte sollen?

 

Der Kapitän hat seine Abnormal Checklist und die Konsequenzen des Ausfalls nicht korrekt kommentiert, der FO hatte eine mangelhafte Systemkenntnis und die gesamte Crew hat nicht die Grundregel, die FMA laut abzulesen und zu bestätigen. Wie konnte der FO einfach so den AP aktivieren, wieso hat ihn keiner davon abgehalten, bei so einem Systemausfall? Das macht man einfach nicht. Wieso wurde der Start nicht abgebrochen, 80 Knoten ist nicht schnell.

 

Ich habe da eine komplett andere Meinung. Das waren einfach überforderte Wurschtler.

 

Der Systemfehler beginnt bereits mit der identischen Beschriftung der Schalter, die aber völlig verschiedene Auswirkungen und Systemzustände zur Folge haben.

 

Das Fehlen des Trimrads, des akustischen Signals des sich bewegenden Trims sowie die Unmöglichkeit, die Trimanzeige ohne Verbiegung abzulesen, ist ein signifikanter Faktor und ein Konstruktionsfehler. Man machte es der Crew de fakto unmöglich, rechtzeitig einen Trim Runaway zu erkennen.

 

Das Schlafen des Autopiloten (das nicht dokumentiert war) trug ein Übriges dazu bei, sowie das Wiederaufwachen ohne jede Anzeige/Signal, das der AP jetzt wieder werkelt und daher einer erhöhten Aufmerksamkeit bedarf.

 

Man kann sicher darüber diskutieren, ob der FO ausreichende Systemkenntnisse hatte um die Bedeutung der "Alternate" Beschriftung auf dem Pitot Schalter zu erkennen. In der Einschätzung von Boeing im Zuge des Prozesses hingegen war das kein Punkt, auf dem man eine Fortsetzung des Rechtsstreits hätte wagen können.

 

Aber der grundsätzliche Vorwurf aus dem Schlußbericht ist jedenfalls hanebüchern, daß die Crew zwischen gleichzeitiger Stall- und Overspeed Warnung nicht unterscheiden konnte und der falschen Warnung folgte. Sie folgte nicht mehr - denn der AP und Pitch Trim hatten diese Entscheidung längst getroffen und sind der falschen Warnung gefolgt und haben die Crew vor vollendete und in dieser Kürze der Zeit unkorrigierbare Fakten gestellt.

 

Nicht umsonst hat Boeing alle diese Dinge sofort danach (still und leise) korrigiert.

Bearbeitet von AustrianSimon
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