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24.07.14 | Air Algerie/Swiftair | MD83 | Mali | Absturz


tristarfan

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  • 7 Monate später...

Triebwerkssensoren vereist, weil trotz Wetters kein Anti-Ice aktiviert worden war. Auto-throttle hat deswegen nicht genug Gas gegeben, Speed ging zurück, AOA über Stall hinaus, Flugzeug kippt brutal ab, Crew steuert mit Querruder dagegen und zieht am Höhenruder, macht also keine Recovery, weil sie die Situation nicht verstanden haben.

 

On Apr 2nd 2015 the French BEA released further preliminary information based on computations and assessments by the engine manufacturer.

 

The BEA reported that about 2 minutes after the aircraft levelled off at FL310 the EPR indications of the right hand engine became erroneous, another 55 seconds later the EPR indications of the left hand engine also became erroneous. These erroneous EPR indications are likely the result of pressure sensors located at the engine inlet having iced up.

 

Analysis of the data suggests that the related anti ice systems had not been activated during climb and cruise.

 

As result of the blocked pressure sensors and resulting incorrect EPR data autothrottle limited the thrust available at an value that was insufficient to maintain speed. Over 5:35 minutes the aircraft's indicated speed reduced from 290 to 200 knots, the angle of attack increased beyond stall. 20 seconds after the aircraft entered stall the autopilot disconnected causing the aircraft to abruptedly roll left to a bank angle of 140 degrees and a drop of the nose by about 80 degrees. The recorded data suggest that there has been no stall recovery done by the crew. Following the roll and nose down there are control inputs recorded to roll the aircraft right and pull the nose up.

 

The BEA reported that there had been 2 similiar occurrences before: On Jun 4th 2002 a Spirit Airlines MD-82 registration N823NK was in flight at FL330 in daylight out of clouds when power was lost in both engines due to overestimated EPR values due to ice crystals blocking both pressure sensors at the engine inlet, the crew descended the aircraft, activated the anti-ice systems and continued to destination, and on Jun 8th 2014 a Swiftair MD-83 registration EC-JUG was in level flight at FL330 in daylight above cloud layer, when the crew noticed the problem, engaged the anti-ice clearing the problem before reaching stall and continued to destination.

 

The investigation continues, the final report is estimated for December 2015.

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AOA über Stall hinaus, Flugzeug kippt brutal ab, Crew steuert mit Querruder dagegen und zieht am Höhenruder, macht also keine Recovery, weil sie die Situation nicht verstanden haben.

Und ich dachte, sowas könne mit einem "richtigen" Flugzeug nicht passieren, weil da die Piloten nicht durch Protections verdorben wären sondern noch richtig fliegen könnten?

Bearbeitet von fm70
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Und ich dachte, sowas könne mit einem "richtigen" Flugzeug nicht passieren, weil da die Piloten nicht durch Fly-by-Wire, Protections und ähnlichen Schnickschnack verdorben wären sondern noch richtig fliegen könnten?

Man könnte auch sagen, daß dieser Unfall einmal mehr die These bestätigt, daß besser alles vollautomatisch, oder - falls nicht möglich - alles manuell gesteuert werden sollte. Ein umfassendes FMS, das auch das Anti-Ice-System kontrolliert, hätte vielleicht dessen Aktivierung nicht 'vergessen', oder zumindest gewarnt. In diesem Fall hat ja zunächst das auto-throttle-system ungefragt den Schub reduziert, was zu einer Geschwindigkeitsabnahme führte, während der AP die Höhe zu halten versuchte, Das mußte zwangsläufig im stall enden. Ohne auto-throttle wäre wahrscheinlich gar nichts passiert.

 

Gruß

Manfred

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Interessanter Fall. Bei den Flugzeugen, die ich kenne (und ich kenne die MD80 auch ein wenig, wenn ich sie auch nie geflogen bin) muss das Engine Anti-ice im Reiseflug nicht eingeschaltet werden, wenn die Temperatur weniger als -40°C beträgt. Das war auf FL 310 wahrscheinlich der Fall.

 

Ich beobachte häufig bei Besatzungen aus warmen Ländern, dass sie sich nicht gewohnt sind, dass da auch noch so was wie Ice Protection ist, das man bedienen muss. Bei Spaniern in Afrika ist dies sicher auch ein begleitender Faktor zum Unfall.

 

Dani

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Interessanter Fall. Bei den Flugzeugen, die ich kenne (und ich kenne die MD80 auch ein wenig, wenn ich sie auch nie geflogen bin) muss das Engine Anti-ice im Reiseflug nicht eingeschaltet werden, wenn die Temperatur weniger als -40°C beträgt. Das war auf FL 310 wahrscheinlich der Fall.

...............

Dani

Nun, sie sind ja gerade - und vermutlich ohne aktiviertes anti-icing - durch 'wärmere' Lufschichten aufgestiegen, und die Vereisung der Sensoren geschah unmittelbar nach der Reduzierung auf Cruise-Power.

 

Verwunderlich finde ich, daß das Zurückfahren der Leistung durch auto-throttle, was ja - auch ohne korrekt arbeitende Anzeigen - akustisch und/oder physisch wahrnehmbar gewesen sein mußte, keine Aufmerksamkeit gefunden hat. Als Pilot muß ich doch gar nicht darüber nachdenken (müssen!), daß eine Leistungsverringerung im level-flight Geschwindigkeitsabnahme mit trend-vektor in Richtung 'stall'  bedeutet. Und, auch wenn heutzutage der AP 'der beste Freund des Piloten' zu sein scheint, im stall hat er nachweislich noch keinem geholfen.

 

Gruß

Manfred

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Ich vermute, dass die das gar nicht bemerkt haben. Bei der MD80 wird die Leistung nach EPR (Engine Pressure Ratio) eingestellt und auch die Limits beziehen sich auf dieses EPR. Wenn nun der Drucksensor am Triebwerkseingang vereist und keinen richtigen Wert misst, dann setzt der Triebwerkscomputer ein niedrigeres Limit für den maximal einstellbaren Schub. Solange man mit Auto Throttle fliegt, kriegt man nicht mehr Leistung als der Computer erlaubt. Erstaunlicherweise ist genau dasselbe ein paar Wochen vor dem Unfall bei Swiftair schon einmal passiert und die haben es trotzdem nicht bemerkt, traurig. Spricht nicht gerade für deren interne Kommunikation in Sachen Safety.

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Genau. Und als Mensch kann man nicht erkennen, ob die Triebwerke "normal" zurückgehen oder zu viel. Dafür muss man Instrumente betrachten. Die aber auch nicht immer das gelbe vom Ei sind (auf einem Airbus ist der gesamte Leistungsbereich nur ein Viertel eines Kreises, und EPR/N1/N2 ist oft nur wenig Unterschied zwischen Idle und Max).

 

Es ist auch nicht das erste Mal, dass Piloten im Stall nicht erkannten, dass das Vibrieren und Stottern ein Strömungsabriss ist. Es gab schon mehrere Unfälle, wo die Besatzung annahm, dass es sich um ein Motorenproblem handelte und deshalb noch mehr Leistung zurüch nahmen.

 

Es wäre auch hier wieder die gute alte Pitch/Power-Regel nötig. Wenn man also langsam fliegt, äussert sich das indem man die Nase wesentlich höher über dem (künstlichen) Horizont hat als normal. Das hätten die von Swiftair zweifellos auch sehen müssen.

 

Das mit der Vereisung aus unteren Luftschichten kann ich mir nicht vorstellen. Wenn die Vereisungsbedingungen unten vorgeherrscht hätten, hätten sie ja im Steigflug bereits Probleme gehabt. Ab -40°C ist Vereisung praktisch nicht mehr möglich. Im Gegenteil, wenn man bei solchen Temperaturen das Anti-Ice-System einschaltet, kann sich die Bedingung derart verschlechtern (die Temperatur wird wärmer), dass Vereisung erst recht möglich ist.

 

Ich hätte gerne eine FL/Temperatur-Karte von diesem Tag.

 

Dani

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Die Regel mit -40°C bringt Dir aber nichts, wenn Du ein Opfer des "Ice Crystal Icing" wirst. Haben wir doch erst vor wenigen Wochen hier im Forum besprochen: http://www.flightforum.ch/board/index.php?/topic/94864-interessanter-artikel-zum-thema-high-altitude-ice-crystal-icing-can-cause-engine-failure/

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Dann dürfte aber die -40°C-Regel nicht mehr angewendet werden. Soviel ich weiss, gilt die immer noch, und sie befindet sich den Büchern (OMA und OMB) von unzähligen Airlines und anderen Operators.

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Beim Ice Crystal Icing geht es übrigens primär um Eisansammlung im Engine Core. Da würde das Einschalten des Engine Anti-Ice nichts nützen.  Bei letzterem werden nur die Probes und die Eintrittskanten beheizt. Ich zweifle, ob es sich beim Swiftair-Fall um Ice Crystal Icing handelt. Auf FL310!

Bearbeitet von Danix
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ja, absolut möglich. Aber das Core Icing hat nichts mit Probe Icing zu tun! Bei einem Core Icing passiert ein Flame out. Hier wurde die EPR-Probe vereist, weshalb das Triebwerk weniger Leistung gab. Es gab weniger Leistung, weil die Signale vom EPR-Sensor falsch waren. Das Triebwerk war - aller Voraussicht - völlig intakt.

 

Als wahrscheinlichste Möglichkeit sehe ich, dass durch Konvektivität die Temperatur wesentlich wärmer war als normalerweise auf FL 310. ISA wäre 31 x 2 = 62-15 = 47. Also -47°C. Wenn nur ISA +10 herrschte, dann war Anti-Ice notwendig. 

 

Deshalb möchte ich eine FL/Temp-Karte von diesem Tag sehen. Das wäre der entscheidende Link.

 

Dani

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Das kann ich schon nachvollziehen. Allerdings: Was wenn einfach solche Eiskristalle die Drucksonde der EPR-Anlage verstopft haben? Leistung hat das Triebwerk allerdings schon gebracht und lange nicht alle Triebwerkstypen sind so anfällig für core-icing. Ich vermute, dass die JTDs der MD80-Serie weniger anfällig sind als modernere Triebwerke mit einem deutlich höheren Nebenstromanteil.

 

Bzgl. Temperaturen findest Du beim Averhald Satellitenbilder mit Temperaturangaben für die Wolkenschichten. Ist nicht ganz was Du suchst, aber schon ein Anfang.

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