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10.03.19 | ET-AVJ | ET302 | Boeing 737 MAX 8 | Addis Abeba (HAAB) | Absturz kurz nach Start


ErnstZ

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Frank Holly Lake

Hier kommen jetzt die harten Fragen vor dem Kongress, die der Dennis Muilenburg heute beantworten muss. Und auf den Punkt gebracht.

 

Drei zentrale Punkte

In einer Mitteilung zählt Boeing auch noch einmal die wichtigsten Änderungen auf, die man an der Flugsteuerungssoftware MCAS der 737 Max vorgenommen hat.

 

MCAS zukünftig

-So wird es künftig die Daten beider Anstellwinkelsensoren abgleichen und sich nur einschalten, wenn beide übereinstimmen.
-Das System wird auch nicht wieder und wieder anspringen, sondern nur einmal.
-Zudem wird es jederzeit von den Piloten manuell übersteuert werden können. All das ist nicht neu.

 

Spannend werden dagegen drei Punkte bei Muilenburgs Befragung:


1. «Wie zum Teufel ist das passiert?»

Der Vorsitzende des Ausschusses des Repräsentantenhauses, Peter DeFazio, machte bereits klar, dass er von Muilenburg grundlegende Erklärungen hören will. «Wie zum Teufel ist das passiert?», fragt DeFazio.
So wird der Boeing-Chef womöglich erklären müssen,
warum das Unternehmen für einen anderen Flieger bereits ein sicheres MCAS entwickelt hatte,
bei der 737 Max aber auf die Absicherungen verzichtete.


-Er wird etwas dazu sagen müssen, warum Piloten nichts vom MCAS wussten.
-Und er wird sich dazu äußern müssen, warum Boeing nach dem Absturz der 737 Max von Lion Air im Oktober 2018 nicht entschlossener reagierte und den Absturz einer Max in Äthiopien im März 2019 nicht verhinderte.

 

2. Wie äußert sich der Boeing-Chef zur FAA?

Boeing steht nicht allein in der Kritik. Die US-Luftfahrtbehörde FAA sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, die Zertifizierung der 737 Max Boeing zu großen Teilen selber überlassen zu haben.
Erst am Dienstag berichtete die Zeitung Wall Street Journal zudem, bei der FAA habe es nach dem Lion-Air-Absturz Überlegungen gegeben, einzuschreiten.
Warum fliegt dieses Flugzeug immer noch?», fragte demnach ein Ingenieur der FAA bei einer Besprechung drei Tage nach dem Lion Air Unglück.

Die FAA kam laut dem Bericht zu dem Schluss, dass die gleiche Fehlfunktion wieder auftreten könnte.
Dennoch groundete die FAA  den Flieger nicht, sondern erinnerte Piloten lediglich daran, wie sie vorzugehen in solch einer Notfallsituation haben.
Boeing-Chef Muilenburg könnte in der Befragung nun an Punkte geraten, an denen er entweder sein Unternehmen oder die Behörde mehr belastet.
Allerdings ist Boeing auf die FAA angewiesen, um die 737 Max wieder in die Luft zu bekommen.

 

3. Wie schlägt sich Muilenburg persönlich?

Muilenburg hat sich seit den Unglücken selten öffentlich geäußert. Wird er nun vor dem Kongress einen souveränen Auftritt hinlegen? Das kann auch entscheidend für seine eigene Zukunft als Boeing-Chef sein. Seinen Posten als Verwaltungsratsvorsitzender musste er bereits abgeben.

 

Grüße Frank

 

Quelle

https://www.aerotelegraph.com/was-bei-der-befragung-des-boeing-chefs-spannend-wird

 

 

Bearbeitet von Frank Holly Lake
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Frank Holly Lake
Dienstag, 29.10.2019   20:05 Uhr 
 

Ein Jahr nach dem ersten von zwei Abstürzen einer Boeing 737 Max mit vielen Todesopfern hat sich der Chef des Flugzeugbauers, Dennis Muilenburg, einer Anhörung in Washington gestellt. "Wir wissen, dass wir Fehler und einige Dinge falsch gemacht haben", räumte Muilenburg am Dienstag im Handelsausschuss des US-Senats ein.

 

Ein Senator bezeichnete die 737 Max als "fliegende Särge".

 

Für Ärger sorgte ein erst kürzlich bekannt gewordener interner Informationsaustausch von 2016, in dem der damalige Cheftestpilot berichtete, die MCAS Software habe im Flugsimulator verrückt gespielt. Er habe die Aufsichtsbehörden über Trainingsanforderungen ausgetrickst, schrieb der Pilot nach Unterlagen, die der Nachrichtenagentur Reuters vorlagen. Der Ausschussvorsitzende Roger Wicker hielt dem Boeing-Chef vor, solche Äußerungen offenbarten ein "verstörendes Ausmaß an Lässigkeit und Leichtfertigkeit".

 

"Diese beiden Unfälle passierten unter meiner Aufsicht"

Muilenburg erklärte, die Software sei falsch eingeführt worden. Zum Beispiel habe Boeing während des jahrelangen Zulassungsverfahrens die FAA gut ein Jahr lang nicht darüber informiert, dass ein bestimmter Fehlfunktionsalarm nicht als Standard, sondern nur als aufpreispflichtiges Extra angeboten wurde.

 

Senator Wicker hatte vergangenen Woche erklärt, dass die 737 MAX "nur fliegen wird, wenn 99,9 Prozent der amerikanischen Öffentlichkeit und der amerikanischen Politik davon überzeugt sind, dass sie absolut sicher ist."

 

Schließlich wurde Muilenburg auch gefragt, warum die Boeng 737 Max nicht bereits nach dem Absturz der Lion-Air-Maschine außer dienstgestellt wurde. Seine Antwort: "Könnten wir die Uhr zurückdrehen, würden wir eine andere Entscheidung treffen."

 

Quelle Reuters .

Grüße Frank

Bearbeitet von Frank Holly Lake
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Ganze Anhörung findet man auf uTube und Net. dauert aber deren volle 3Std:50!

Ich erspare mir Übersetzung da ich doch vermute, dass unsere Flight-Mitglieder gut English parlieren..

 

Komplette Anhörung Muilenberg's vor Kongressausschuss 3.50

 

 

 

Aber hier drei kurze Ausschnitte (3x5Minuten) des Hearings mit CEO Muilenburg vor dem Ausschuss:

Muilenburg windet sich und muss vom Vorsitzenden mehrmals ermahnt werden auf Fragen zu antworten. ("Please answer the question!")
 

 

 

Aufschlussreich auch Bemerkung Senator Blumenthal's (CT): "Boing kam kurz nach den beiden MAX-Abstürzen in mein Office und verlangten ein "Pilotenirrtum-Resultat" (der Untersuchung!).

 

Ehrlicherweise muss aber auch berücksichtigt werden, dass bei einer Firm der Grösse Boeing's, 100Milliaren Umsatz und rund 155'000 Mitarbeiter, Gewinn 10Milliarden) der CEO nicht jeden Test geschweige denn Angestellte überprüfen kann. Daher muss man Muilenburg's Ausweichen auf Fragen gewisses Verständniss entgegen bringen.  Aber: Als CEO hat er nun mal die Verantwortung für alles, er ist der ausführende Mann, CEO und war sogar bis vor sehr kurzem in Personalunion auch noch deren President.

 

Mitleide ist trotzdem fehl am Platze: Seine Bezüge wurden sehr kräftig erhöht auf über 23 Millionen $ pa., monatlich also fast deren 2 Millionen $..

 

 

Gruss

jens ?️

 

 

 

Bearbeitet von kruser
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9 hours ago, kruser said:

"Boing kam kurz nach den beiden MAX-Abstürzen in mein Office und verlangten ein "Pilotenirrtum-Resultat" (der Untersuchung!).

Korrupt , nicht nur bis über beide Ohren, sondern sogar und inklusive bis zum Heiligenschein!!!

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9 hours ago, kruser said:

Seine Bezüge wurden sehr kräftig erhöht auf über 23 Millionen $ pa., monatlich also fast deren 2 Millionen $..

Die wird er bald aus der Zelle heraus an seine Anwälte überweisen.

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War prophetisch, was Richard Aboulafia, ein exzellenter Kenner der Luftfahrtbranche in einem Kommentar im Forbes Magazine zum Abgang des damaligen Boeing CEOs McNerney geschrieben hat..im Jahr 2015...

 

"..

 

Boeing Will Pay High Price For McNerney's Mistake Of Treating Aviation Like It Was Any Other Industry ..

 

Yesterday’s announcement that Jim McNerney was retiring as Boeing CEO wasn’t a major surprise – everyone knew he’d leave within a year or so – but it was rather abrupt and the timing was unexpected. He probably jumped, but there are certainly reasons to believe that he may have been nudged along in his move.

 

Under McNerney, Boeing’s stock price did very well. Cash flow was generally strong, and investors like short-term metrics like these. But he also leaves behind a toxic legacy that future leadership will need to deal with.

 

The company continues to lose tens of millions of dollars on each 787 it builds. These recurring production losses (on top of 787 development costs) stood at over $26 billion in January and will likely reach $30 billion, and possibly beyond.

 

Boeing is using a 1,300 aircraft accounting block for the 787. Let’s assume that 1,000 future 787s will bear this burden (that is, let’s assume the company starts breaking even on each jet it builds just after it delivers its 300th Dreamliner). That means a $30 million tax on each of these 1,000 planes, in order to break even on the program.

 

This terrible drag on profitability would have been partly avoided if Boeing management had taken a different approach to labor. Rather than the McNerney formula of eliminating pensions, cutting wages, and shifting production to new facilities, the company could have proposed a partnership with their workers. After all, productivity improvements often come from the shop floor. That means getting the people who build aircraft to figure out ways to reduce scrap, improve work flow, and eliminate defects.

 

To encourage the process improvements that happen in a factory, a workforce should be incentivized with profit sharing or other compensation. At a minimum, machinists and engineers need to feel that their work is valued. Taking away pensions at a time of record sales is a terrible way to motivate workers to go the extra mile.

 

McNerney’s focus on the company’s stock price and cash flow at the expense of the long term wasn’t merely due to short-sightedness and greed. It was also likely due to a misunderstanding of how the aviation industry works. If a CEO comes from a different industry and doesn’t try to learn what makes aviation distinct, he’s likely to apply a one-size-fits-all template. For example, he might conclude that, as in many other industries, competition from China and other low cost manufacturers is creating tremendous cost pressures. McNerney’s previous CEO post was at 3M, a company that does face pressures from lower-cost producers. During tough labor negotiations, Boeing executives often cited competition from China as a rationale for their hard line on terms.

 

Yet aviation is not like other industries. There are certainly cost pressures, but this is a capital-intensive business with very high barriers to entry. Labor costs just don’t matter as much compared with other industries, and most producers and major subcontractors are domiciled in high cost countries.

 

China has been trying to enter the aircraft business for decades, with exactly zero signs of progress at the prime level (or even the major subcontractor level). Last year, China was the ninth largest supplier of aircraft components to the US, just behind Australia. Instead, this is an industry based on experience. This is why nobody, except Brazil’s Embraer , has successfully entered this business since World War Two.

 

An experienced and motivated workforce, therefore, is the most important asset a company has. McNerney failed to recognize this important fact, and the company has suffered as a result.

 

Dennis Muilenberg, the incoming CEO, is an aerospace industry veteran and a respected engineer. He needs to learn the unique dynamics of the commercial side of the business, but given his very strong industry background he should be able to make Boeing a better company. But he will also need to cope with that $30 billion 787 deferred costs overhang and a Boeing jetliner labor-management relationship that’s worse than anywhere else in the aerospace industry…"

 

https://www.forbes.com/sites/richardaboulafia/2015/06/24/boeing-mcnerney-and-the-high-price-of-treating-aircraft-like-it-was-any-other-industry/#16088a52579c

Bearbeitet von Falconer
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Am  25.10  gab es wieder zwei reale Testflüge der Testmaschine  N7201S, eine 737 Max 7.  (der 19/20-te seit März)  

 

Insgesamt 3,5 Stunden Flug auf 12000 - 18000 ft mit sehr vielen Geschwindigkeits-variationen  (330-130kts) und Langsamflug.

 

https://www.flightradar24.com/data/aircraft/n7201s/#229c07ad

 

https://flightaware.com/live/flight/N7201S

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vor 10 Stunden schrieb cosy:

Korrupt , nicht nur bis über beide Ohren, sondern sogar und inklusive bis zum Heiligenschein!!!

Es ist die pervertierte Raffgier und geringe Weitsicht der "Manager" die dieses Unternehmen soweit gebracht haben. Und das ist in westlichen Unternehmen weit verbreitet.

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Na, so krass würd ich dies nicht ausdrücken. Natürlich will/muss Firma Gewinn machen. Jede Firma. (Ausnahme staatliche "Firmen" und Bauern, die werden seit 100J von   u n s   durchgefüttert, er- und gezwungenermassen)

 

Haupt- und Grundproblem Boeing's war und ist, dass die B737 nochmals, zum xxxten mal, weiter entwickelt und zwei ganz neue Treiber verpasst wurden  obwohl  diese neuen Treiber  nicht  mit dem Typ B737 harmonierten, der Flieger so flugunfähig wurde. - Um all dies zu elliminieren verpasste man  im Geheimen (!!)  eine (defekte) Software welche es auch ermöglichte Piloten von der 737NG oder änlich direkt,  ohne  Umschulung, (Kosten!) auf der MAX fliegen zu lassen.

 

All diese nun aufgezeigten Schritte zeigen aber, dass die Maxime "safty-first" ausgewechselt wurde in "$$$-first". Diese Auswechslung ergingen sich über Jahre, Jahrzehnte, unmerklich. Zeichen von "Geiz ist geil" und spare-sparen bis die Schwarten krachen. Hier haben diese nun "gekracht". 

 

Man muss sich fragen, ob bei andere Modellen ebenfalls in dieser Art und Weise geplant/gebaut wurden?  

Die Frage ist heute noch unbeantwortet.

 

 

Gruss

jens

 

 

 

 

Bearbeitet von kruser
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vor einer Stunde schrieb kruser:

.

 

All diese nun aufgezeigten Schritte zeigen aber, dass die Maxime "safty-first" ausgewechselt wurde in "$$$-first". Diese Auswechslung ergingen sich über Jahre, Jahrzehnte, unmerklich. Zeichen von "Geiz ist geil" und spare-sparen bis die Schwarten krachen. Hier haben diese nun "gekracht". 

 

Man muss sich fragen, ob bei andere Modellen ebenfalls in dieser Art und Weise geplant/gebaut wurden?  

Die Frage ist heute noch unbeantwortet.

 

 

 

 

 

 

 

Sieht so aus als ob Du recht behalten würdest:

 

Warum soll die Fliegerei heutzutags so selbstverständlich geworden sein?  (  "Traum des Fliegens"  ,vor kaum 150 Jahren ) - Niemand hätte es dazumals auch nur entfernt für möglich gehalten, dass Hinz & Kunz  eines Tages durch die Welt fliegen mögen,  wie heutzutags. Und dann auch noch billig!

 

Mir fällt das "superkritische Profil" aus der Strömungslehre ein:

Fliegerei ist immanent immer noch superkritisch. Die Budgets dermassen zusammenzustreichen wie hier bei Boeing, muss sich rächen.

 

Anders bei der Autoindustrie mit ihren Werkstatt-Rückholungen, wenn was schief läuft:  Auch dort werden die Dinge zusammengespart,  bis die Schwarten krachen:

Jedoch: Autos stürzen nicht ab;  sie verunfallen bloss -  superkritisch genug...?

 

Gruß Richard

 

Bearbeitet von reverser
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Aus dem Manager Magazin "Boeing, das Versagen von Dennis Muilenburg".

Einige Punkte wurden auch hier so gesehen.
Safety definitiv nach $$$.

Markus

"Unge­naue Zah­len kann Den­nis Mui­len­burg (55) gar nicht lei­den. Wenn der Boe­ing-Chef bei ei­nem Po­di­ums­ge­spräch zu hö­ren be­kommt, er fah­re ja mit sei­nem Renn­rad 120 Mei­len pro Wo­che, muss er das rich­tig­stel­len: „Tat­säch­lich sind es fast 140 Mei­len pro Wo­che“, kor­ri­giert er, „über 10.000 Mei­len im Jahr.“ Es darf ru­hig ein biss­chen mehr sein bei die­sem as­ke­ti­schen, stets um Selbst­kon­trol­le be­müh­ten Mann – pri­vat wie be­ruf­lich.
Mui­len­burgs Nei­gung, kräf­tig in die Pe­da­le zu tre­ten, fiel schon vor ei­ni­gen Jah­ren auf. Bei Luft­fahrt­kon­fe­ren­zen brach­te der Jung­ma­na­ger sein Rad mit, lan­ge be­vor so was chic war. „Wir fan­den das da­mals et­was merk­wür­dig“, er­in­nert sich ein deut­scher Air­line-Ve­te­ran.
Sei­ne ge­schäft­li­che Dy­na­mik trat erst rich­tig her­vor, als Mui­len­burg Mit­te 2015 an die Spit­ze von Boe­ing rück­te. Plötz­lich wirk­te der tra­di­ti­ons­rei­che Flug­zeug­bau­er, ge­grün­det 1916, auf­ge­dreht wie ein Start-up. Un­ter dem neu­en CEO ver­drei­fach­te sich der Ak­ti­en­kurs. Die Um­satz­ren­di­te hob ab auf zwei­stel­li­ge Wer­te – da­von kann der Erz­ri­va­le Air­bus nur träu­men.
Nicht ein­mal der Ab­sturz ei­ner Boe­ing-Ma­schi­ne des neu­en Typs 737 Max Ende Ok­to­ber 2018 in In­do­ne­si­en stopp­te den Hö­hen­rausch. Erst nach dem Crash ei­ner wei­te­ren 737 Max am 10. März die­ses Jah­res in Äthio­pi­en riss die Sträh­ne.
Aus­ge­rech­net der Best­sel­ler 737 Max muss jetzt am Bo­den blei­ben, bis alle Ur­sa­chen der Ab­stür­ze ge­klärt sind und das Mo­dell – nach Ände­run­gen – wie­der zu­ge­las­sen wird. Die Ent­schä­di­gun­gen für die Hin­ter­blie­be­nen der Op­fer, vor al­lem aber Ein­nah­me­aus­fäl­le und die Kom­pen­sa­tio­nen an die Air­lines dürf­ten Boe­ing ei­nen zwei­stel­li­gen Mil­li­ar­den­be­trag kos­ten. Hin­zu kommt der Image­scha­den, denn vie­les spricht da­für, dass – wie es US-Pi­lo­ten in ei­ner Kla­ge­schrift for­mu­lier­ten – Boe­ing „be­währ­te De­sign- und In­ge­nieurs­me­tho­den bei­sei­te­ge­las­sen hat“, um schnell mit der Max-Ent­wick­lung fer­tig zu wer­den und Markt­an­tei­le zu si­chern. Die Ab­stür­ze, die 346 Men­schen das Le­ben kos­te­ten, sei­en „tra­gisch und ver­meid­bar“ ge­we­sen, heißt es in der Kla­ge­schrift.

[images/co-mm-2019-011-0073-02-62869-bi]

Rück­tritt des Chefs? Was zu er­war­ten ge­we­sen wäre, ist aus­ge­blie­ben. Der Bör­sen­wert von Boe­ing hält sich auf ei­nem er­staun­lich ho­hen Ni­veau (sie­he Gra­fik „Boe­ings Hö­hen­rausch“ ). Die Ak­tie no­tiert im­mer noch gut zwei­ein­halb­mal hö­her als zu Mui­len­burgs An­tritt.
Da­bei hät­te die Fi­nanz­welt mehr denn je Grund, den Gi­gan­ten aus Se­at­tle kri­tisch zu be­trach­ten, und das nicht nur we­gen der im Raum ste­hen­den Mit­schuld an den Ab­stür­zen.
Der Boom der Com­pa­ny in den letz­ten Jah­ren war wo­mög­lich eine Schein­blü­te. Das Ma­nage­ment hat be­denk­lich nach­ge­hol­fen. Boe­ing baut – ohne dass es groß auf­fällt – auf Bi­lan­zie­rungs­me­tho­den, die Kos­ten der Ge­gen­wart in die Zu­kunft ver­schie­ben. Ken­ner be­kla­gen zu­dem den Ein­zug ei­ner frag­wür­di­gen Fir­men­kul­tur, mit viel Här­te nach in­nen und au­ßen, aber we­nig Platz für Selbst­kri­tik. Vor al­lem aber wirkt die Füh­rungs­spit­ze von ei­nem ein­zi­gen Kal­kül be­herrscht: es gilt, dem Ka­pi­tal­markt zu ge­fal­len – um fast je­den Preis.

Auf­stieg der Schlei­fer

Die Bör­se hält ge­ra­de die­ser Tage eine War­nung pa­rat: Ge­ne­ral Electric (GE). Der Misch­kon­zern, alt­ehr­wür­dig wie Boe­ing, galt lan­ge Zeit als an­be­tungs­wür­di­ger Mus­ter­be­trieb; als Be­weis für die Über­le­gen­heit ker­ni­ger Ma­na­ger ohne Ner­ven. GE-Kai­ser Jack Welch gab einst die Pa­ro­le „stretch Goals“ aus. Er und sei­ne Nach­fol­ger stretch­ten und stretch­ten. Bis sie über­dehn­ten. Seit An­fang 2017 hat GE rund drei Vier­tel sei­nes Bör­sen­werts ver­lo­ren – 205 Mil­li­ar­den Dol­lar, auf­ge­löst in pu­res Nichts. Ist Boe­ing wo­mög­lich der nächs­te Fall, ein „GE mit Flü­geln“?
Von Haus aus bringt Den­nis Mui­len­burg ei­gent­lich kei­ne An­la­gen mit, um die Bo­den­haf­tung zu ver­lie­ren. Er wuchs auf ei­ner Farm in Iowa auf – Mais und So­ja­boh­nen bis zum Ho­ri­zont – und melk­te je­den Mor­gen die Kühe, viel ge­er­de­ter geh­t's nicht. Er meis­ter­te ein hand­fes­tes Stu­di­um, wur­de Luft- und Raum­fahr­tin­ge­nieur, sein En­tree bei Boe­ing. Als er spä­ter vom Kon­struk­teur zum Ma­na­ger mu­tier­te, fand sein Va­ter das du­bi­os. Wenn der Sohn ihm sein Tag­werk als Füh­rungs­kraft schil­der­te und von al­ler­lei Mee­tings be­rich­te­te, hak­te der Alt­bau­er ir­ri­tiert nach: „Aber Den­nis, was hast du heu­te wirk­lich ge­ar­bei­tet?“

[images/co-mm-2019-011-0072-01-62869-bi]

KUL­TUR­SCHOCK Ja­mes Mc­Ner­ney lern­te das Ma­na­gen vor al­lem bei Ge­ne­ral Electric – und nahm die rau­en GE-Sit­ten zu Boe­ing mit
Mui­len­burgs ers­ter För­de­rer bei Boe­ing steht eben­falls für So­li­di­tät: Alan Mul­al­ly (74), lan­ge Chef der Kern­spar­te Ver­kehrs­flug­zeu­ge und ab 2006 CEO von Ford. Mul­al­ly, des­sen Name eng mit dem Er­folgs­mo­dell 777 ("Triple Se­ven") ver­knüpft ist, gilt bei Ken­nern als der letz­te Boe­ing-Gran­de vom al­ten Schlag: ein lei­den­schaft­li­cher Tech­ni­ker, dazu part­ner­schaft­lich im Um­gang mit Zu­lie­fe­rern und Mit­ar­bei­tern.
Doch Mui­len­burg hat wohl mehr vom Geist der neu­en Ära auf­ge­so­gen, als das Un­ter­neh­men von der West­küs­te be­gann, sich 3900 Ki­lo­me­ter ost­wärts zu ori­en­tie­ren: an der Wall Street.
Die Ba­sis da­für leg­te die Fu­si­on mit dem Kon­kur­ren­ten Mc­Don­nell Dou­glas 1997. Der Rüs­tungs­spe­zia­list war der klei­ne­re Part­ner, setz­te sich aber mit sei­ner schnei­di­gen Kul­tur durch. Mc­Don­nell-Dou­glas-Boss Har­ry Stone­ci­pher (83), der bei Boe­ing erst ope­ra­ti­ver Chef (COO) wur­de und spä­ter CEO, kün­dig­te an, er wol­le die „Fa­mi­lie Boe­ing“ in ein „Team Boe­ing“ um­mo­deln. Der Un­ter­schied? „Im Team muss je­der Leis­tung brin­gen, in der Fa­mi­lie nicht.“
Stone­ci­pher stürz­te 2005 über eine Lie­bes­af­fä­re am Ar­beits­platz, in den pu­ri­ta­ni­schen USA bis heu­te ein Kün­di­gungs­grund. Sein Nach­fol­ger Ja­mes Mc­Ner­ney (70) war ein Erbe im Geis­te. In 19 Jah­ren als GE-Ma­na­ger hat­te Mc­Ner­ney von Guru Welch per­sön­lich ge­lernt, was Per­for­mance be­deu­tet. Er leg­te sich mit Ge­werk­schaf­ten an. Und schmiss, als es eng wur­de, eine ver­nünf­ti­ge Stra­te­gie über Bord.
Ein ehe­ma­li­ger Flug­zeug­ein­käu­fer er­in­nert sich, wie Mc­Ner­ney ihm ein­mal ei­nen hal­ben Abend lang er­zähl­te, er wer­de den Ever­green 737 durch ein kom­plett neu­es Mo­dell er­set­zen. „Er sag­te im­mer wie­der“, er­in­nert sich der Zeit­zeu­ge, „dass er nichts von ei­ner Neu­auf­la­ge der 737 hält.“ Tat­säch­lich war das Mo­dell schon da­mals ver­al­tet, sei­ne An­fän­ge rei­chen zu­rück in die 50er Jah­re.
Doch dann kün­dig­te Air­bus eine neue, sprit­spa­ren­de Va­ri­an­te des 737-Ri­va­len A320 an, und der Boe­ing-Stamm­kun­de Ame­ri­can Air­lines woll­te die­se A320­neo kau­fen. Mc­Ner­ney pfiff auf sei­nen Plan ei­ner Neu­ent­wick­lung. Ei­lig lan­cier­te er das nächs­te 737-Re­make, die ver­häng­nis­vol­le 737 Max.

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Ver­mut­lich hat­te sei­ne Ent­schei­dung auch eine per­sön­li­che Kom­po­nen­te. Als Mc­Ner­ney noch bei GE war und die Trieb­werks­spar­te führ­te, hat­te er Ame­ri­can Air­lines eben­falls als wich­ti­gen Kun­den und ver­lor ei­nen Groß­auf­trag der Flug­li­nie an den Kon­kur­ren­ten Rolls-Roy­ce. Zwei­mal bei dem­sel­ben Kun­den zu ver­lie­ren – für je­man­den wie Mc­Ner­ney nicht vor­stell­bar.

Zah­len­spie­le für die Bör­se

Mui­len­burg kri­ti­siert sei­nen Vor­gän­ger mit kei­nem Wort. War­um soll­te er sich auch von ihm ab­set­zen? Als CEO hat er we­nig ge­än­dert. Nur an der Ar­beits­front lenk­te der Neue ein, schloss lang­fris­ti­ge Ver­ein­ba­run­gen ab und be­en­de­te da­mit die ewi­gen Streik­wel­len. Der Un­ter­schied zwi­schen dem ak­tu­el­len Chef und dem vor­he­ri­gen liegt in den Di­men­sio­nen: bei Mui­len­burg sind die An­kün­di­gun­gen noch viel, viel grö­ßer.
Mil­li­ar­den rei­chen ihm nicht, um das Po­ten­zi­al von Boe­ing zu be­schrei­ben. Das Markt­vo­lu­men der Luft- und Raum­fahrt in den nächs­ten zehn Jah­ren ta­xiert er auf 8,1 Bil­lio­nen Dol­lar, und na­tür­lich ist aus sei­ner Sicht sein La­den der ers­te An­wär­ter, da­von zu pro­fi­tie­ren. Es geht ihm nicht nur um schnö­den Luft­ver­kehr, wie man ihn schon kennt. Boe­ing, ver­spricht Mui­len­burg, wird als Ers­ter ei­nen Men­schen si­cher zum Mars und zu­rück brin­gen. Auf der Erde sei­en Pas­sa­gier­flü­ge mit fünf- bis sechs­fa­cher Schall­ge­schwin­dig­keit rea­lis­tisch.
Fast schon mick­rig wirkt da­ge­gen sein Plan, aus dem Her­stel­ler von In­dus­trie­gü­tern ei­nen füh­ren­den Dienst­leis­ter zu ma­chen. Schon in we­ni­gen Jah­ren soll Boe­ing mit Flug­zeug­war­tung 50 Mil­li­ar­den Dol­lar Um­satz er­zie­len, rund die Hälf­te der heu­ti­gen Ein­nah­men. Da­mit al­ler­dings geht er in den Clinch mit sei­nen ei­ge­nen Kun­den – Air­lines wie Luft­han­sa oder Del­ta, die selbst mit War­tungs­töch­tern den Markt be­ar­bei­ten.
Dem Bör­sen­kurs ha­ben die Vi­sio­nen of­fen­bar gut ge­tan. Beim Hö­hen­flug spielt aber auch mo­der­nes Fi­nan­ci­al En­gi­nee­ring eine Rol­le. Un­ter Mui­len­burg sind Ak­ti­en­rück­käu­fe zur jähr­li­chen Rou­ti­ne ge­wor­den, wo­durch au­to­ma­tisch der Ge­winn pro Ak­tie steigt – und da­mit meist auch der Ak­ti­en­kurs. Kri­ti­ker se­hen dar­in eine Art Do­ping. Der ge­push­te Kurs sug­ge­riert mehr Leis­tungs­fä­hig­keit, ohne dass die Fir­ma wirk­lich fit­ter ge­wor­den ist.

[images/co-mm-2019-011-0073-03-62869-bi]

ZWANGS­PAU­SE Sämt­li­che 737 Max – hier bei Sou­thwest Air­lines – sind zum Still­stand ver­ur­teilt. Der Scha­den geht in die Mil­li­ar­den.
Nütz­lich für das Fort­kom­men ist wohl auch eine ei­gen­tüm­li­che Bi­lan­zie­rungs­me­tho­de, die Mui­len­burg nicht neu ein­ge­führt hat, aber gern nutzt. Boe­ing zählt zu den we­ni­gen US-Un­ter­neh­men, die zum so­ge­nann­ten Pro­gram-Ac­coun­ting grei­fen. Da­bei wer­den – grob ge­sagt – die Ein­nah­men und Kos­ten beim Bau und Ver­kauf von Flug­zeu­gen über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum ge­glät­tet.
Übli­cher­wei­se fal­len bei neu auf­ge­leg­ten Flug­zeu­gen zu­nächst Ver­lus­te an, weil die ers­ten Ex­em­pla­re meist zu Vor­zugs­prei­sen ver­kauft wer­den und die Pro­duk­ti­on an­fäng­lich nicht op­ti­mal läuft. Air­bus be­rück­sich­tigt die­se Start­ver­lus­te, so­bald sie an­fal­len. Boe­ing hin­ge­gen über­schlägt, wie sich Kos­ten und Ver­käu­fe bin­nen zehn Jah­ren ent­wi­ckeln wer­den, und rech­net Jahr für Jahr Durch­schnitts­wer­te ab.
Die­ses Vor­ge­hen ist in den USA le­gal, aber um­strit­ten. Denn es bie­tet we­nig Trans­pa­renz und öff­net ein wei­tes Tor zur Will­kür. Wer weiß wirk­lich, zu wel­chen Sum­men ein Flug­zeug in zehn Jah­ren her­ge­stellt und ver­kauft wer­den kann?
Hin­zu kommt, dass Boe­ing schon mal Ver­kaufs­er­war­tun­gen nach oben schraubt, wenn die Rech­nung nicht auf­geht. Das ist al­le­mal an­ge­neh­mer, als Ab­schrei­bun­gen vor­zu­neh­men und da­mit den Ge­winn zu drü­cken. „Vie­le Skep­ti­ker se­hen in Pro­gram-Ac­coun­ting nichts an­de­res als ei­nen Weg, nicht exis­tie­ren­de Ge­win­ne in der Ge­gen­wart zu ver­bu­chen“, re­sü­miert der nie­der­län­di­sche Luft­fahrt­ana­lyst Dhier­in Be­chai.
Im ver­gan­ge­nen Jahr hat die Me­tho­de das Er­geb­nis der Spar­te zi­vi­le Flug­zeu­ge um rund eine Mil­li­ar­de Dol­lar bes­ser aus­se­hen las­sen als bei so­for­ti­ger Ver­rech­nung. Das je­den­falls deu­tet ein Ver­gleich von Pro­gram-Ac­coun­ting und eher klas­si­schem Unit-Cost-Ac­coun­ting an, den Boe­ing un­auf­fäl­lig pu­bli­ziert. Die stol­zen Ge­winn­zah­len des Kon­zerns sind leich­ter zu fin­den.
Die Kehr­sei­te der froh­ge­mu­ten Rech­nung zeigt sich in ei­ner an­de­ren Zahl. Boe­ing schiebt der­zeit mehr als 20 Mil­li­ar­den Dol­lar de­fer­red Costs vor sich her – Las­ten, die der ei­ge­nen Bi­lanz­lo­gik nach jetzt nicht rein­pas­sen und spä­ter ver­rech­net wer­den sol­len.

[images/co-mm-2019-011-0074-02-62869-bi]

LETZ­TER GRUSS An­ge­hö­ri­ge von Op­fern des Un­glücks­flugs der Lion Air trau­ern an der Ab­sturz­stel­le. Die zwei 737-Max-Crashs bin­nen sechs Mo­na­ten kos­te­ten 346 Men­schen das Le­ben.
Ei­nen ent­schei­den­den Bei­trag für den Wohl­stand von Boe­ing sol­len zu­dem die Zu­lie­fe­rer bei­steu­ern. Mui­len­burg hat dazu eine zwei­te Run­de der Agen­da PFS ("Part­ne­ring for Suc­cess") auf­ge­legt. Vie­le Be­ob­ach­ter hal­ten den Na­men für in­fam. Es gehe nicht um Part­ner­schaft, son­dern um bru­ta­les Ab­pres­sen von Ra­bat­ten. So­gar Top­zu­lie­fe­rer wie United Tech­no­lo­gies (UTC), mit 67 Mil­li­ar­den Dol­lar Um­satz ge­wiss kein Schwäch­ling, se­hen sich be­droht. Als Ab­wehr­maß­nah­me ver­ab­re­de­te UTC eine Fu­si­on mit dem Wett­be­wer­ber Ray­the­on.
Mui­len­burgs Här­te zielt auch nach in­nen. Der Fa­mi­li­en­geist sei end­gül­tig Ge­schich­te, sa­gen Ken­ner. Im Boe­ing-Haupt­quar­tier in Se­at­tle herr­sche das Prin­zip von Be­fehl und Ge­hor­sam. Ein­wän­de, und sei­en sie noch so kon­struk­tiv ge­meint, wol­le kei­ner hö­ren.

Spar­wut statt Fort­schritt

Hat hier ein durch und durch fi­nan­z­op­ti­mier­tes Un­ter­neh­men an der Si­cher­heit ge­spart? Mui­len­burg be­strei­tet das ve­he­ment.
Doch klar ist, dass die ver­un­glück­ten 737 Max auch des­halb ab­stürz­ten, weil die Pi­lo­ten mit dem Sta­bi­li­sie­rungs­pro­gramm MCAS nicht zu­recht­ka­men. Die­ses elek­tro­ni­sche Sys­tem war die güns­tigs­te Lö­sung, um eine Schwä­che der Ma­schi­ne – sie bricht bei be­stimm­ten Ma­nö­vern nach oben aus – zu be­he­ben. An­de­re Lö­sun­gen, re­gel­rech­te Um­bau­ten, wä­ren teu­rer ge­we­sen.
Der Un­wil­le der Boe­ing-Obe­ren, in die mo­derns­te, best­mög­li­che Tech­nik zu in­ves­tie­ren, zeigt sich in ei­nem Vor­gang, den die „Se­at­tle Times“ ent­hüll­te. 2014 wies die US-Flug­auf­sicht FAA Boe­ing dar­auf hin, dass bei der 737 Max das Alarm­sys­tem für die Crew – im Kern die An­zei­gen im Cock­pit – nicht den neu­es­ten Re­gu­la­ri­en ent­sprach. Boe­ing lehn­te aber eine kom­plet­te Übe­r­ar­bei­tung ab und kam da­mit durch. Der Flug­zeug­bau­er ar­gu­men­tier­te da­bei auch mit Kos­ten. Das kom­plet­te Neu­de­sign sei „un­prak­ti­ka­bel“ und mit zehn Mil­li­ar­den Dol­lar Auf­wand zu teu­er.
Vor­der­grün­dig stützt die Wall-Street-Ge­mein­de Boe­ing. Prak­tisch kein US-Ana­lyst emp­fiehlt der­zeit den Ver­kauf der Ak­tie. Alle hal­ten sich dar­an fest, dass der Kon­zern vie­le pro­fi­ta­ble Pro­duk­te und ein fet­tes Or­der­buch be­sitzt.
Und doch sind die Groß­in­ves­to­ren ner­vös ge­wor­den. An­fang Ok­to­ber muss­te Mui­len­burg sei­nen Pos­ten als Chair­man des Ver­wal­tungs­rats ab­ge­ben. Er sol­le sich ganz auf sei­ne Auf­ga­ben als CEO kon­zen­trie­ren, hieß es. Was nichts an­de­res be­deu­tet, als dass er nur noch Kon­zern­chef auf Be­wäh­rung ist. Der neue Chair­man, Da­vid Cal­houn (62), kommt vom Fi­nanz­in­ves­tor Blacks­to­ne, ein kla­res Si­gnal. Die Ka­pi­tal­ge­ber wol­len das Dra­ma jetzt selbst ent­schär­fen. Pi­kant auch, dass Cal­houn ehe­mals GE-Ma­na­ger war, im Zu­lie­fer­be­reich für zi­vi­le Flug­zeu­ge. Er kennt das Me­tier, tech­nisch und fi­nanz­tech­nisch.
Die Ri­si­ken sind in der Tat ge­wal­tig. Kei­ner weiß, wann die 737 Max wirk­lich wie­der­kommt. Und was ist, wenn auf­fliegt, wie viel Wunsch­den­ken hin­ter der Bör­sen­sto­ry steckt?
Frag­lich auch, ob Boe­ing schon ge­nug Leh­ren dar­aus ge­zo­gen hat. Si­cher­heits­re­le­van­tes soll künf­tig schnel­ler nach oben ge­mel­det wer­den. Wich­ti­ger wäre wohl eine An­sa­ge in die an­de­re Rich­tung. Mui­len­burg an alle: Es gibt Wich­ti­ge­res als den Ak­ti­en­kurs und den nächs­ten Bo­nus"


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Ein weiteres Hearing im US Kongress gestern...

 

da geht es schon sehr zur Sache...

 

 

Hier ein Bericht dazu aus der Seattle Times...

 

"...

 

In a tense and revelatory hearing Wednesday, a U.S. House committee presented startling new evidence from internal Boeing documents showing that, before the first crash in 2018, some company engineers had discovered that a failure in a new flight-control system could be “potentially catastrophic” — information that was dismissed and never communicated to regulators.

 

Another document showed that this catastrophic potential was reiterated in a presentation to the Federal Aviation Administration (FAA) seven weeks after the Lion Air crash of a 737 MAX in Indonesia killed 189 people. Boeing decided pilots could deal with it and continued to let the airplane fly. But less than three months later, after a similar erroneous activation, another 157 people died on an Ethiopian Airlines MAX.

 

Those revelations set the stage for an intense five-hour grilling of Boeing CEO Dennis Muilenburg on details of the design, certification and marketing of the MAX during a second consecutive day of Congressional testimony.

 

The hearing was punctuated by repeated calls by members of the House Transportation and Infrastrucutre Committee for Muilenburg to step down.

 

“I think it’s pretty clear to me, to the families of the victims and to the American public that you should resign and do it immediately,” said Rep. Jesus Garcia, D-Ill.

 

With the new evidence displayed on slides in front of Muilenburg, the hearing turned into a relentless critique of Boeing’s management and its culture that will intensify the sense of crisis around the MAX…."

 

https://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/in-five-hour-grilling-over-737-max-crashes-house-panel-reveals-boeing-memos-and-calls-on-ceo-muilenburg-to-resign/

Bearbeitet von Falconer
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In dem Hearing gestern sind drei wichtige Dokumente aufgetaucht (hatte das im anderen Fred geposted). Die Dokumente beweisen, dass zahlreichen Personen innerhalb Boeing bereits vor den Abstürzen die potenzielle Gefahr von MCAS klar war.

 

Aus der Anhörung des Kongresses:

Die Komiteemitglieder ... verwiesen auf ein anderes internes Dokument, das vor den Abstürzen datiert war, und stellten fest, dass "eine langsame Reaktionszeit" auf eine MCAS-Störung "das Versagen zu katastrophal heraufstufte". In diesem Dokument wurde "langsam" als länger als 10 Sekunden definiert.

 
In einer anderen email hat ein Boeing-Ingenieur schon 2015 vor einer katastrophalen MCAS Fehlfunktion aufgrund eines einzelnen AOA Sensorfehlers gewarnt.
 
Boeings Management wusste also um die Gefährlichkeit von MCAS und hat bewusst entschieden, dieses FCC-Design unverändert auszuliefern und MCAS in der Sicehrheitsanalyse / FAA und den Schulungsunterlagen / Piloten zu verschweigen.
Da ist jetzt der Staatsanwalt gefragt. Fahrlässige Tötung x 346, Betrug...
 
 

 
Bearbeitet von spornrad
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Bei all den schönen Hearings sollte man nicht vergessen dass es der KONGRESS war der die Gesetze so gemacht hat wie sie jetzt sind.

Auf Druck der Industrie und von Boeing natürlich.

Aber der Kongress hat dem Druck nachgegeben, trotz sehr vieler Warnungen !

 

Im Oktober 2018, kurz vor dem Lion-Absturz, stimmte der Kongress noch ein Gesetz um die Kontollmäglichkeiten des Staates und der FAA noch weiter einzuschränken !

Artiikel aus der NYT:

 

"Boeing Shaped a Law to Its Liking. Weeks Later, a 737 Max Crashed.
The government has been handing over more responsibility to manufacturers for years. The new law makes it even harder for regulators to review Boeing’s work.

With a few short paragraphs tucked into 463 pages of legislation last year, Boeing scored one of its biggest lobbying wins: a law that undercuts the government’s role in approving the design of new airplanes.

For years, the government had been handing over more responsibility to manufacturers as a way to reduce bureaucracy. But those paragraphs cemented the industry’s power, allowing manufacturers to challenge regulators over safety disputes and making it difficult for the government to usurp companies’ authority.

Although the law applies broadly to the industry, Boeing, the nation’s dominant aerospace manufacturer, is the biggest beneficiary. 

In a stark warning as the bill was being written, the Federal Aviation Administration said that it would “not be in the best interest of safety.”

A labor group representing agency inspectors raised concerns that the rules would turn the F.A.A. into a “rubber stamp” that would only be able to intervene after a plane crashed “and people are killed,” according to internal union documents reviewed by The Times.

Weeks after the law was passed, a Boeing 737 Max jet crashed off the coast of Indonesia, killing everyone on board. A second Max crashed in Ethiopia less than five months later, and the plane was grounded.

https://www.nytimes.com/2019/10/27/business/boeing-737-max-crashes.html

 


 

 

Bearbeitet von guy
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Frank Holly Lake

Im Kongress ging es um ein Boeing Papier von 2018 und die nächste Bombe platze:

 

Ein leitender Boing Ing. schrieb in einer Design Anforderung::

Konstruktion unter Zeitdruck  ,,, Unter Vorbehalten eines leitenden Ingenieurs wegen den Lagekorrektor MCAS - und eigenen Designrichtlinien. 

"MCAS darf weder ein Recovern aus dem Sinkflug stören" noch "Steuerbefehle der Piloten überlagern" schrieb er in einer Warnung.

 

Greg Stanton, Kongress-Abgeordneter aus Arizona, hat bei der Muilenburg-Anhörung vor dem US-Kongress ein brisantes Dokument aus dem Juni 2018 vorgelegt, in dem Boeing neue MCAS-Vorgaben absteckt.
"Boeing wusste vor den Abstürzen um die Risiken der Trimmautomatik"und hat nicht einmal seine eigenen Designanforderungen befolgt", schlussfolgerte Stanton.

Quelle AERO

Grüße Frank

 


 

 

 

 

 

 

 

 

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8 hours ago, Frank Holly Lake said:

"MCAS darf weder ein Recovern aus dem Sinkflug stören" noch "Steuerbefehle der Piloten überlagern" schrieb er in einer Warnung.

 

Bilde mir ein genau das vor gefühlten 80 Seiten in einem der Threads postuliert zu haben..

 

Das MCAS werden sie jetzt gefixed haben, und mit weniger Mächtigkeit wird auch diese Problematik halbwegs in Ordnung sein..

 

aber das ist der eigentliche Designflaw in Wirklichkeit..wenn Alles andere jetzt funktioniert auch ( mit dual sensor input etc etc etc)

 

De Facto haben sie einen "Stick Pusher" per Stab Trim konstruiert…und das ist das eigentliche "No,No"..der Flieger kommt nose-down vertrimmt, in einer nicht vom Piloten verursachten "out of trim" Condition aus einem Upset raus…und das ist das eigentlich nicht Akzeptable an der ganzen Sache...

 

sie haben sich mit dem MCAS "rausgeschwindelt" daraus, entweder ein grösseres Höhenruder einzubauen , und/oder einen Stick Pusher…mit einem normalen Stick Pusher hätte es ganz sicher ein neues Type Rating für die Crews gebraucht, weil das wäre eine massive Änderung zur NG gewesen...

Bearbeitet von Falconer
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2 hours ago, Falconer said:

De Facto haben sie einen "Stick Pusher" per Stab Trim konstruiert…und das ist das eigentliche "No,No"..

Gerd: 100% d'accord. Noch schlimmer: einen Stick Pusher, den man nicht übersteuern kann! Deshalb die Betonung des JATR auf "stall identification system" alias Stick Pusher.

 

Richtig crazy ist noch das hier:

Bei Fehlauslösung soll laut Boeing der Pilot innerhalb 3 s abschalten. Aber bei korrekter Auslösung soll das Ding 10 s lang 2.5 ° trimmen. Wie soll bei korrekter Pilotenreaktion (laut Boeing) MCAS jemals tun, was es soll? Wenn es immer nach 3s  vom super-aufmerksamen Piloten als "runaway" abgeschaltet wird?

 

Wie Peter Lemme so schön schreibt: Der Schwanz wackelt mit dem Hund....

Zynisch könnte man sagen, nach dem Fix ist das grösste Risiko mit der MAX jetzt ein Stall. Weil die Piloten mehr Angst vor MCAS als vor einem Stall haben.

Das ganze Design ist so vergurkt, dass ich echt gespannt bin, ob die Kiste so einfach wieder zugelassen wird.

Bearbeitet von spornrad
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Frank Holly Lake

Tipp aus einem anderen Forum.

Der hier bringt es auf den Punkt, war selber  mal Pilot.

Auch da sieht Boeing nicht gut aus und wird ganz schön an die Wand gedrückt.

13 Minuten die sich lohnen finde ich

https://www.facebook.com/RepAnthonyBrown/videos/526183884604709/

 

Grüße Frank

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1 hour ago, IFixPlanes said:

5:25
Nein Mr. Braun! Der Stabilizer ist Secondary Flight Control...

 

 

Hast Schon Recht...

 

aber mit dem MCAS habens bei Boeing den Stab ein bissel zu sehr auf "primary" umgemodelt….

Bearbeitet von Falconer
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2 hours ago, IFixPlanes said:

Der Stabilizer ist Secondary Flight Control...

Hi Ingo, ich glaub das stimmt hier so nicht. Bei den verstellbaren Höhenflossen ist die Autorität grösser als die des Höhenruders. Das macht sie zur "primary flight control" .

Sieh mal zB hier:

https://www.skybrary.aero/index.php/Flight_Controls Flight control systems are subdivided into what are referred to as primary and secondary flight controls. Primary flight controls are required to safely control an aircraft during flight and consist of ailerons, elevators (or, in some installations, stabilator) and rudder. Secondary flight controls are intended to improve the aircraft performance characteristics or to relieve excessive control loading, and consist of high lift devices such as slats and flaps as well as flight spoilers and trim systems.

 

Mit Höhenruder allein (ohne Stabilizer) als Primary Control könntest du den Speed envelope eines Jet-Transports nicht abdecken.

Gruss

 

Bearbeitet von spornrad
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2 hours ago, spornrad said:

Bei den verstellbaren Höhenflossen ist die Autorität grösser als die des Höhenruders. Das macht sie zur "primary flight control" .

 

Genau diese auch Boeing internen Begriffsverirrungen liegen wohl an der Wurzel des MCAS Problems..

 

Für Boeing Begriffe war MCAS per ( Auto) Stab Trim ein firmeninterner Paradigmenwechsel..sowas hätten die früher nie gemacht...

Bearbeitet von Falconer
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Leeham hat einen hochinteressanten Artikel über die älteste Version eines MCAS-artigen Systems, und zwar in der B707-400 !

Wenig bekannt, die hatte einen "stick nudger". Im Gegensatz zu MCAS war der aber vernünftigerweise am Höhenruder integriert...

https://leehamnews.com/2019/11/01/a-basic-mcas-system-was-installed-in-the-boeing-707-in-the-1960s/#more-31553

 

...In this respect Airbus has a distinct advantage with the A320neo family, who’s digital flight control software can be amended, to a limited extent, to take into account varying aerodynamic profiles. 

Airbus’ decision to incorporate a fly by wire control system in the 1980s was a bold but ultimately wise decision.

It is still not clear when the 737MAX will return to service or what additional modifications will be required by the FAA and EASA.   The various investigations underway internally within Boeing and separately by the US Government and associated parties, such as EASA, will ultimately bring about seismic changes to procedures.  The lessons learnt during this period will only make current and future generation aircraft safer for the travelling public however we should also remember that many of the problems encountered today were first resolved 60 years ago.

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vor 2 Stunden schrieb spornrad:

Hi Ingo, ich glaub das stimmt hier so nicht. Bei den verstellbaren Höhenflossen ist die Autorität grösser als die des Höhenruders. Das macht sie zur "primary flight control" .

Der Stabilizer ist Primary Flight Control?
Wenn du das so dann brauchen wir nicht weiter zu debattieren.
Das sind Grundlagen!

Bearbeitet von IFixPlanes
OMG
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